Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/AT)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Ausgeblendete Wahrheit
- Die Hochzeit der Kriegstreiber
- Aufruf zur Friedensdemo in Berlin
- SPD und Union einigen sich auf kleine Steuerreform
- Die Wiederentdeckung der Fiskalpolitik – erste Risse im neoklassischen Paradigma?
- Vorstände im Dax verdienen im Mittel 57-mal so viel wie durchschnittliche Beschäftigte
- Menschenrechtsverstöße deutscher Konzerne: Zu Hause hui, im Ausland pfui
- Merkel deutet TTIP-Ablehnung als Antiamerikanismus
- Abschottung, ein gutes Stichwort
- Nobelpreisträger Stiglitz: “Italien wird schon bald aus der Eurozone aussteigen”
- Schredder vom Dienst
- Das neue Pearl Harbor
- Die offene Schuld – Griechenland und die deutschen Kriegsverbrechen
- Die AfD: Unsozial und rückwärtsgewandt
- “Die Nebentätigkeit war Steinbrücks Haupttätigkeit”
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Ausgeblendete Wahrheit
Todenhöfer-Interview authentisch. Westen rüstet Islamisten in Syrien aus. (…)
Wackelige Bilder aus dem Inneren eines Fahrzeugs zeigen den unbefestigten Weg von Jürgen Todenhöfer und seinen Begleitern in einen Steinbruch. »Wir sollten dort nicht hinunterfahren, es könnte eine Falle sein«, ist eine Stimme zu hören. Schnitt. Dann sieht man einen Mann, dessen Gesicht mit einem schwarzen Schal bis zur Nasenspitze vermummt ist: Entspannt sitzt der deutlich schwergewichtige Interviewpartner namens Abu Al-As auf einem niedrigen Stuhl oder Hocker und beantwortet die Fragen seines ausländischen Gastes. Am Revers eine Handgranate, ein Walkie-talkie.
Das Interview sei authentisch, sagt ein Kollege der libanesischen Tageszeitung Al-Safir im Gespräch mit junge Welt. Oppositionelle und Armee in Aleppo hätten bestätigt, dass der deutsche »ehemalige Parlamentsabgeordnete« (Todenhöfer) »bei Ramussa« im Süden Aleppos durch die Verteidigungslinie der syrischen Streitkräfte in das Gebiet unter Kontrolle der Nusra-Front (heute: »Jabha Fatah Al-Scham«, Front zur Eroberung der Levante) gefahren sei. »Ohne militärische Begleitung, auf eigenes Risiko.«
Die Sprache des Nusra-Kommandanten sei »einfach«, so der Kollege weiter, der die arabischen Antworten des Mannes verfolgt hat. Er spreche einen für Aleppo typischen Dialekt, stamme also aus der Region. Er benutze keine Terminologie, wie sie Dschihadisten gewöhnlich verwenden. Daraus ließe sich schließen, dass er »nicht in den Religionsschulen der Nusra ausgebildet« worden sei, wie bei den hochrangigen Kadern der Nusra-Front üblich. Dass Abu Al-As Goldschmuck trage, sei nicht ungewöhnlich für Männer der Region, die Art seines Auftretens lasse den Schluss zu, dass es sich »möglicherweise« um einen lokalen Stammesführer handeln könne. Viele verschiedene Gruppen und Personen hätten sich der Dschihadistenmiliz angeschlossen. Die Aussagen, die der Mann gemacht habe, seien nicht neu.
Als Journalist hätte er weitere Fragen gestellt, so der Al-Safir-Reporter. »Interessant wäre, woher die ausländischen Geheimdienstkräfte gekommen sind, die nach der Blockade der Castello-Straße durch das syrische Militär Mitte Juli (im Interview ist die Rede von der »Road«) bei ihnen waren«, so der Kollege. In dem Interview sagt Abu Al-As: »Als die ›Road‹ gesperrt war und wir belagert wurden, hatten wir Offiziere aus der Türkei, Katar, Saudi-Arabien, Israel und Amerika hier.« Sie seien »Experten« gewesen, zuständig für den Umgang mit Raketen sowie Aufklärungsarbeit, insbesondere die Auswertung von Satellitenbildern und von Aufnahmen thermischer Überwachungskameras.
Quelle: Karin Leukefeld in junge Welt - Die Hochzeit der Kriegstreiber
Womöglich bedarf es keiner besonderen Betonung, aber immer wenn ein Präsident der Vereinigten Staaten sein Amt antritt, wird die Ausrichtung seiner Außenpolitik in Übereinstimmung oder Abgrenzung zu der Politik seines Vorgängers entwickelt. Bei der außenpolitischen Bilanz von US-Präsident Barack Obama handelt es sich um eine Art Gemischtwarenladen. Er verantwortete das fortgesetzte militärische Engagement in Afghanistan und im Irak — sinnlose, gewaltsame Versuche, diese Länder unter Kontrolle zu bringen. In Libyen förderte er einen Regimewechsel und regionales Chaos durch eine NATO-Bombardierung. Seine militärischen Handlungen trugen in Syrien zu den schrecklichen Zuständen bei, aufgrund derer Millionen fliehen müssen. Laut seines stellvertretenden Nationalen Sicherheitsberaters Ben Rhodes, ordnete er „ohne Bedenken“ Drohnenschläge in Jemen, Pakistan und Ostafrika an, durch die wahllos Hunderte getötet wurden. Und um dem allem die Krone aufzusetzen, haben die Spannungen mit Russland und China nicht zuletzt aufgrund unnötiger amerikanischer Provokationen und heftigem Säbelrasseln ein Allzeithoch erreicht. (…)
Diese Studie will in keiner Weise nahelegen, Trump sei der bessere Kandidat. Er fördert Angst und Hass und ist vermutlich dazu in der Lage, Bomben auf jeden abzuwerfen, der es wagt, ihn zu kritisieren. Was die Außenpolitik anbelangt, wollen sowohl Trump als auch HRC die amerikanische Rolle als globaler Führer wiederherstellen. Aber Trump ist zu unberechenbar und nicht vertrauenswürdig genug für die etablierten Hardliner im Außenpolitikapparat. Diese Leute wissen, was sie an HRC haben und sie sind begierig, mit ihr zusammenzuarbeiten. Mittels einer Analyse der Autoren des EAP-Berichts, mithilfe von Aussagen der HRC-Berater und von ihr selbst will diese Studie den Wandel im amerikanischen Außenpolitikgefüge und seine Folgen, sollte Hillary Clinton zur Präsidentin gewählt werden, herausarbeiten.
Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.Anmerkung Christian Reimann: Die vollständige Studie in deutscher Fassung ist hier nachlesbar.
- Aufruf zur Friedensdemo in Berlin
Rund 200 Organisationen rufen für kommenden Samstag zur Friedensdemonstration in Berlin auf. Koordinator Reiner Braun erklärt, warum diese wichtig ist und was er von Angela Merkel einfordern würde, wäre diese eine magische Fee, die Wünsche erfüllt.
Herr Braun, für den 8. Oktober 2016 rufen Sie gemeinsam mit der Friedensbewegung zu einer Demonstration auf dem Berliner Alexanderplatz auf. Die Veranstaltung trägt den Titel “Die Waffen nieder! Kooperation statt NATO-Konfrontation, Abrüstung statt Sozialabbau”. Vom Krieg hört man doch höchstens in den Medien. In Deutschland ist alles friedlich. Warum braucht es da Protestveranstaltungen?
Kriege finden erst einmal in der Realität statt und allein an 17 dieser Kriege ist Deutschland aktiv beteiligt. Für viele andere liefern wir Waffen. Die Berichterstattung in den so genannten Qualitätsmedien glänzt seit jeher durch eine verzerrte Wiedergabe. Ihnen geht es doch im Wesentlichen um die Bildung und Pflege von Feindbildern, siehe Putin oder Assad, um die Legitimation der eigenen Kriegsbeteiligung und um Aufrüstung. Medien mit umfassender kritischer oder Antikriegsberichterstattung finden sich ja immer seltener und wenn, dann im Internet. Deutschland ist friedlich? – Davon kann ja wohl kaum die Rede sein, es sei denn, wir vergessen: Den Drohnenkrieg von deutschem Boden.
Die ungeheure Aufrüstung im Umfang von zusätzlichen sechs Milliarden Euro. Waffen, die angeschafft werden, werden auch eingesetzt.
Die innere Militarisierung, die an die Diskussion um die Notstandsgesetzgebung erinnert und den Boden für den grundgesetzwidrigen Einsatz der Bundeswehr im Inneren bereitet – übrigens auch gegen Streikende und Flüchtlinge.
Und last but not least: Von Frieden kann nicht gesprochen werden, solange Atomwaffen auch auf deutschem Boden lagern.
Mit dem Begriff “friedlich”, der für mich auch “gerecht” impliziert, wäre ich gerade angesichts des Umganges mit den Flüchtlingen, die unserer Kriege wegen zu uns fliehen müssen, sehr vorsichtig; und auch angesichts der rund acht Millionen Menschen mit prekären Arbeitsplätzen und der vielen Millionen Arbeitsloser. Für Protest gibt es mehr als genug Gründe, für Friedensaktionen erst recht oder wollen wir bald in einer europäischen Armee dienen und in Syrien mittöten?
Quelle: Reiner Braun zu Demo am 8. Oktober [PDF] - SPD und Union einigen sich auf kleine Steuerreform
Union und SPD haben sich nach Angaben des Handelsblattes und der Bild-Zeitung auf die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgeschlagene Mini-Steuerreform zum 1. Januar 2017 geeinigt. In Koalitionskreisen hieß es am Mittwochabend, damit könne Schäubles Gesetzentwurf kommende Woche vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Dieser sieht vor, dass die Bürger im kommenden Jahr um insgesamt 6,3 Milliarden Euro entlastet werden.
Die Summe ergibt sich aus der Korrektur der sogenannten kalten Progression in Höhe von 2,3 Milliarden Euro und einer Erhöhung der Steuerfreibeträge für Erwachsene und Kinder. Unter kalter Progression werden “schleichende Steuererhöhungen” verstanden: Arbeitnehmer rutschen auch dann in eine höhere Steuerbelastung, wenn sie nur zum Inflationsausgleich mehr Geld bekommen. Das Handelsblatt berichtet zudem, der Steuergrundfreibetrag solle von derzeit 8652 Euro auf 9000 Euro im Jahr 2018 steigen. Die SPD habe durchgesetzt, dass der Kinderzuschlag für Familien mit geringem Einkommen um zehn Euro erhöht werde.
Außerdem soll das Kindergeld ab 2017 um zwei Euro erhöht werden. Familienministerin Schwesig hatte auch Verbesserungen für Alleinerziehende gefordert und Schäubles Entwurf deshalb zunächst abgelehnt.
Quelle: Süddeutschedazu: Kinderzuschlag und Kindergeld: Paritätischer kritisiert Regierungspläne für „Mini-Steuerreform“ als „Farce“
Als „unglaubliche Farce“ bezeichnet der Paritätische Wohlfahrtsverband die Koalitions-Pläne, den Kinderzuschlag für Geringverdiener um lediglich 10 Euro und das Kindergeld sogar nur um 2 Euro anzuheben. Es sei familien- und armutspolitisch nicht vermittelbar, dass Kinder von Spitzenverdienern auch weiterhin deutlich höher gefördert werden als Kinder von Normalverdienern und Hartz-IV-Bezieher beim Kindergeld sogar ganz leer ausgehen, kritisiert der Verband.
„Diese halbherzige Mini-Anpassung bei Kinderzuschlag und Kindergeld wird weder die Armut von Familien wirksam bekämpfen, noch die Kluft zwischen armen und reichen Familien spürbar verringern. Im Gegenteil: Die soziale Ungleichheit in dieser Gesellschaft wird weiter verfestigt. Die Pläne der Bundesregierung stellen für alle Eltern ohne Spitzeneinkommen eine regelrechte Provokation dar“, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.
Der Verband weist daraufhin, dass bereits heute die monatliche Nettoentlastung durch die steuerlichen Kinderfreibeträge für Spitzenverdiener um rund 100 Euro höher liegt als das Kindergeld, das Normalverdiener erhalten. Familien im Hartz-IV-Bezug gehen ganz leer aus, da das Kindergeld nach aktueller Rechtslage komplett auf den – nach Ansicht des Verbandes deutlich zu niedrigen und nicht bedarfsgerechten – Regelsatz angerechnet wird.
Quelle: Paritätischer Wohlfahrtverband - Die Wiederentdeckung der Fiskalpolitik – erste Risse im neoklassischen Paradigma?
Über lange Zeit galt die Fiskalpolitik im ökonomischen Mainstream als nutzlos, ja sogar schädlich. Nun mehren sich selbst hierzulande die Stimmen, die eine aktivere Fiskalpolitik verlangen. Das ist in höchstem Maße verwunderlich, da diese Forderung so gar nicht zum neoklassischen Paradigma passen will.
In den letzten Wochen und Monaten sind die Rufe nach einer expansiveren Fiskalpolitik immer lauter geworden, ausgelöst unter anderem durch die immer noch relativ schwache wirtschaftliche Erholung seit der „Großen Rezession“ von 2008/2009 (insbesondere im Euroraum und in der EU, aber ebenso in Japan und selbst in den USA) bei gleichzeitig wachsenden Zweifeln an der Wirksamkeit der Geldpolitik (allein). Interessant ist, dass die Forderung nach einer stärkeren Rolle für die Fiskalpolitik, die im angloamerikanischen Sprachraum schon seit geraumer Zeit erhoben wird (vgl. zuletzt etwa Christopher Sims, konservativer Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger 2011, hier), nun auch auf den deutschsprachigen Raum überzugreifen scheint.
„Hallo Finanzpolitik (Tschüss Geldpolitik?)“ (faz-net.de), „Die Geldpolitik ist am Ende, jetzt kommt Fiskalpolitik“ (dzbank.de), „Fiskal- statt Geldpolitik? Paradigmenwechsel in der Wirtschaftspolitik“ (risknet.de), „Comeback der Finanzpolitik“ (nzz.ch), „Die Grenzen der Geldpolitik“ (neuewirtschaftswunder.de), „Das Ende der Geldpolitik“ (godmode-trader.de), „Schlüssel zum Aufschwung liegt in Fiskal- und weniger in Geldpolitik“ (wallstreet-online.de), „Finanzpolitische Unterstützung: Das große Comeback?“ (lombardodier.com), so oder ähnlich lauten die Schlagzeilen von Beiträgen in den letzten Wochen, in denen eine Wiederbelebung der Fiskalpolitik gefordert oder zumindest erwartet wird. Wie Kai Tschauder erst kürzlich auf Makroskop (hier) berichtete, scheint selbst Ex-Bundesbankpräsident Axel Weber inzwischen eine aktivere Fiskalpolitik nicht mehr rundweg abzulehnen (siehe auch hier).
Dies ist sehr erstaunlich, da die herrschende Lehre der Fiskalpolitik im Allgemeinen nicht sehr zugetan ist. Noch nicht einmal die äußerst erfolgreichen fiskalischen Interventionen in allen international bedeutenden Volkswirtschaften in der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 (in Deutschland etwa die Konjunkturpakete I und II), die zweifellos eine weltweite Depression verhindert haben, konnten einen (dauerhaften) Meinungsumschwung hin zu einer positiveren Bewertung der Fiskalpolitik bewirken.
Quelle: Makroskop - Vorstände im Dax verdienen im Mittel 57-mal so viel wie durchschnittliche Beschäftigte
Vorstände von Dax-Unternehmen verdienen im Mittel 57-mal so viel wie die durchschnittlichen Beschäftigten in ihrer Firma. Dabei reicht die Bandbreite im Dax 30 vom 17- bis zum 141-fachen. Das zeigt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Die Autorinnen der Untersuchung empfehlen konkrete Transparenzvorschriften im Deutschen Corporate Governance Kodex, um die große Ungleichheit zwischen Topmanagern und den übrigen Beschäftigten abzubauen.
Wer die Verantwortung für die Geschicke eines großen Unternehmens mit zig tausend Arbeitsplätzen trägt, erbringt eine beachtliche Leistung und sollte anständig bezahlt werden. Dagegen wird kaum jemand etwas einwenden. Die Frage ist aber, wie hoch der Gehaltsaufschlag ausfallen darf. Eine Messgröße ist hier die sogenannte Manager to Worker Pay Ratio, auf die seit 2013 auch der Deutsche Corporate Governance Kodex Bezug nimmt. Wie hoch die Ratio – also das Verhältnis zwischen Vorstandvergütung und durchschnittlichem Verdienst im Unternehmen ausfällt –, muss von deutschen Unternehmen allerdings bislang nicht publiziert, sondern lediglich im Aufsichtsrat besprochen werden. Anders ist dies in den USA: Firmen müssen die Werte ab kommendem Jahr öffentlich ausweisen. Das soll künftig dazu beitragen, Gehaltsexzesse zu verhindern. (…)
Zentrales Ergebnis: Im vergangenen Jahrzehnt ist der Abstand zwischen Topmanagern und durchschnittlichen Beschäftigten deutlich angestiegen. 2005 bekam ein Vorstandsmitglied im Dax durchschnittlich 42 mal so viel wie ein Beschäftigter, 2011 erreichte die Ratio mit dem 62-fachen einen vorläufigen Höchststand. Dem jüngsten ermittelbaren Wert, der Manager to Worker Pay Ratio von 57, liegen Daten von 2014 zugrunde. Dabei reicht die Spanne vom 17-fachen bei Konsumgüterkonzern Beiersdorf (u.a. Nivea) über das 33-fache bei der Allianz oder das 81-fache beim Pharmakonzern Merck bis zum 141-fachen beim Autobauer Volkswagen (alle Werte in der Grafik auf Seite 5 der Studie). Drei Dax-Unternehmen weisen eine Ratio von mehr als 100 auf, nur zwei von weniger als 20. Vergleicht man die Jahre 2011 und 2014, fällt die Situation in den 25 Unternehmen, die in beiden Jahren im Dax waren, uneinheitlich aus: In zwölf wuchs der Abstand, in 13 ging er zurück. Bei VW beispielsweise vom 170- auf das 141-fache.
Quelle: Hans Böckler Stiftung - Menschenrechtsverstöße deutscher Konzerne: Zu Hause hui, im Ausland pfui
Ein Hauch von visionärem Humanismus umwehte Angela Merkel. “Wir wollen ein werte- und regelbasiertes Wirtschaftssystem”, sagte sie mit ernster Stimme. Das Problem besserer Arbeitsbedingungen sei “in vielen Ländern Asiens und Afrikas heute noch nicht zufriedenstellend gelöst”.
Diese Worte sprach die Kanzlerin nach dem G7-Gipfel im vergangenen Jahr auf Schloss Elmau. Es klang nach einem Versprechen, tatsächlich Anstrengungen für eine bessere Welt zu unternehmen. Es klang nach dem ehrlichen Bemühungen der reichen Staaten, in den globalen Handelsbeziehungen vermehrt auf soziale und ökologische Standards zu achten.
Der Handlungsbedarf ist unstrittig: Auch in Deutschland gibt es zahlreiche Unternehmen, die in ihren Lieferketten Menschenrechtsverletzungen billigend in Kauf nehmen. Von 1800 Menschenrechtsbeschwerden, die die Universität Maastricht im vergangenen Jahr ausgewertet hatte, waren auch 87 deutsche Unternehmen betroffen. Das Textilbündnis etwa, das Entwicklungshilfeminister Gerd Müller, CSU, ins Leben gerufen hat, funktioniert bis heute nicht.
Quelle: Spiegel Online - Merkel deutet TTIP-Ablehnung als Antiamerikanismus
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Gegnern eines EU-Freihandelsabkommens mit den USA indirekt Antiamerikanismus vorgeworfen. “Ich sage es mal ganz vorsichtig: Die Tatsache, dass ein Freihandelsabkommen, das wir mit Russland verhandeln würden, wahrscheinlich nur die Hälfte aller Diskussionen mit sich bringen würde, das muss uns doch zu denken geben”, sagte Merkel auf dem Tag der deutschen Industrie in Berlin mit Blick auf die Kritik an TTIP. Es stelle sich die Frage, ob es um die Sache oder um etwas ganz anderes gehe.
Zugleich äußerte sich Merkel optimistisch zu den TTIP-Gesprächen. “Bei gutem politischen Willen könnte man ziemlich viel erreichen.” Die Verhandlungen mit der US-Regierung sollten so weit wie möglich vorangetrieben werden. Gerade weil die Handelsabkommen Ceta mit Kanada und TTIP mit den USA mehr umfassten als nur den Zollabbau, seien sie für die Zusammenarbeit der Länder der freien Welt so wichtig.
Quelle: Zeit OnlineAnmerkung Christian Reimann: Der Verweis, TTIP-Ablehnung sei Antiamerikanismus, offenbart das scheinbar einfach gestrickte politische Denkvermögen der (zumindest noch amtierenden) Bundeskanzlerin und soll wohl die Kritiker zum Schweigen bringen. Hat sich Frau Merkel mit den Inhalten der TTIP-Ablehner auseinander gesetzt? Fehlanzeige! Stattdessen plappert sie einfach die Phrasen der TTIP-Befürworter nach – ohne Belege. Wieso z.B. sollten mittlere Einkommen in Zukunft durch Freihandelsabkommen profitieren?
- Abschottung, ein gutes Stichwort
Deutsche Institute klärten mal wieder auf. Brachten Licht ins Dunkle. Wenn die beiden Freihandelsabkommen nicht kommen, so erklärten das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, das ifo-Institut, das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und das Kieler Institut für Weltwirtschaft kürzlich in einer Gemeinschaftsdiagnose, dann würde die wirtschaftliche Zukunft Deutschland aufs Spiel gesetzt. Denn – und jetzt kommts! – Abschottung sei keine Alternative zur weltwirtschaftlichen Integration. Diese Mentalität zur Abschottung unterstellten die vier Denkfabriken den Gegendemonstranten, die TTIP und Ceta nicht wortlos hinnehmen wollen. Die würden dem Isolationismus nämlich neuen Auftrieb geben. Eine Exportnation wie Deutschland könne diese Haltung freilich nicht gebrauchen. Protektionismus sei keine Alternative zum Freihandel.
Man kann der Kritik an den Gegnern dieser Abkommen ja vieles nachsagen. Es sind ja auch, wie in jeder großen Masse, Spinner unter ihnen. Aber dass die Gegenbewegung zu diesem Generalangriff auf demokratische Strukturen auf irgendeine Art isolationistisch oder abschottend ist, das kann man nun wahrlich nicht behaupten. Im Gegenteil, es ist immer wieder von einem fairen Welthandel die Rede. Von einer globalen Ökonomie eben. Nur dürfe die nicht mit Handelsabkommen flankiert werden, die die Politik als Entscheider ausscheiden lassen, um dort die Führungsgremien großer Konzerne zu installieren. Man kritisiert auch die Subventionspolitik für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Europa, die auf afrikanischen Märkten zu Preisverfall dort heimischer Produkte führt. Aber eigentlich nie kommen darin Sätze vor wie: »Wir bleiben für uns!« oder »Deutsche Möhren den Deutschen!«
Quelle: Heppenheimer Hiob - Nobelpreisträger Stiglitz: “Italien wird schon bald aus der Eurozone aussteigen”
War es den Verantwortlichen in Politik und Zentralbanken im letzten Jahr noch gelungen, mittels eines groß angelegten Austeritätsprogramms den Verbleib Griechenlands in der Eurozone zu erzwingen, könnte Italien schon bald den gemeinsamen europäischen Währungsraum verlassen. Dies erwartet zumindest US-Volkswirt und Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz, der sich der “Welt” gegenüber skeptisch über die Zukunft des Landes in der Eurozone äußerte. “Den Italienern wird gerade klar, dass Italien im Euro nicht funktioniert”, erklärte der Autor des jüngst erschienenen Buches “Europa spart sich kaputt” gegenüber der in Berlin erscheinenden Tageszeitung. “Das ist für die Italiener emotional wirklich schwierig, und sie haben sich lange geweigert, diese Einsicht zu akzeptieren.” […]
Der Nobelpreisträger spricht davon, dass man sich in Deutschland bereits mit einem unausweichlichen griechischen Euro-Aus abgefunden hätte. Darauf, dass auch Italien schon bald nicht mehr der Eurozone angehören könnte, deuten Zahlen hin, die Politiker inner- und außerhalb der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone lange unter Verschluss gehalten hatten.
In Italien soll sich allein ein Drittel aller nicht mehr bedienter Bankkredite des EU-Raumes konzentrieren. In mehreren Medien war die Rede von einer Gesamtsumme von 360 Milliarden Euro, auf die sich die nicht bedienten Kreditverbindlichkeiten in dem südeuropäischen Land belaufen soll – damit sollen etwa 21 Prozent aller Kredite in Italien “faul” sein. Allein 80 Milliarden Euro davon sollen sich in den Büchern der UniCredit befinden. Dazu kommt eine Verschuldung der öffentlichen Haushalte in Höhe von 135 Prozent des BIP – bei anhaltend hoher Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Stagnation.
Quelle: RT Deutsch - Schredder vom Dienst
Gut zehn Jahre nach dem Tod von Mehmet Kubasik haben die Anwälte der Witwe und der Tochter des NSU-Mordopfers Strafanzeige gegen Geheimdienstler gestellt, die für die Vernichtung von Akten über V-Leute aus der Neonaziszene im November 2011 verantwortlich sind. Die Nebenklägerinnen im Münchner NSU-Prozess werfen einem Beamten, der unter dem Namen Lothar Lingen bekannt wurde, und weiteren, bislang unbekannten Mitarbeitern des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) Strafvereitelung, Urkundenunterdrückung und Verwahrungsbruch vor. Die Anzeige sei bei der Staatsanwaltschaft in Köln gestellt worden, teilten die Anwälte von Elif und Gamze Kubasik am Mittwoch mit. Das BfV residiert dort im Stadtteil Chorweiler. Der Kioskbetreiber Mehmet Kubasik war im April 2006 in Dortmund erschossen worden. Im November 2011 war nach dem Tod der mutmaßlichen Haupttäter ein Propagandavideo verschickt worden – der »Nationalsozialistische Untergrund« (NSU) brüstet sich darin mit der rassistischen Mordserie, der außer Kubasik acht weitere Männer zum Opfer gefallen sind. Nur wenige Tage nach der »Selbstenttarnung« des NSU hatte Lothar Lingen im BfV die Vernichtung der Akten über V-Leute in der militanten Neonaziszene Thüringens angeordnet. Von dort stammte auch das mutmaßliche Kerntrio des NSU. Die Identität einiger V-Leute ist bis heute unklar.
Erst am Donnerstag letzter Woche war bekanntgeworden, was der Beamte Lingen bereits im Oktober 2014 in seiner Vernehmung durch die Bundesanwaltschaft zugegeben hatte: Die Akten waren gezielt vernichtet worden, um Schaden vom Amt abzuwenden. Aus der damals protokollierten Aussage Lingens wurde nun im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags zitiert: »Mir war bereits am 10./11. November 2011 völlig klar, dass sich die Öffentlichkeit sehr für die Quellenlage des BfV in Thüringen interessieren wird. Die bloße Bezifferung der seinerzeit in Thüringen vom BfV geführten Quellen mit acht, neun oder zehn Fällen hätte zu der … Frage geführt, aus welchem Grunde die Verfassungsschutzbehörden über die terroristischen Aktivitäten der drei eigentlich nicht informiert worden sind.« Die »nackten Zahlen« hätten ja dafür gesprochen, »dass wir wussten, was da läuft«. Das sei aber nicht der Fall gewesen, hatte Lingen versichert. Er habe sich aber gedacht, wenn die Anzahl der »Quellen« nicht bekanntwürde, dann bliebe dem Amt vielleicht diese Frage erspart.
Quelle: junge Welt - Das neue Pearl Harbor
Der 11. September 2001 markiert in vielerlei Hinsicht eine historische Zäsur. Nicht nur fanden in den USA furchtbare terroristische Attentate statt. Auch handelte es sich um den – nach jenem auf Pearl Harbor – überhaupt erst zweiten Angriff gegen die USA der auf deren eigenem Territorium. Seitdem wird „wegen 9/11“ Krieg – der sogenannte „Krieg gegen den Terror“ – geführt. Ein Krieg, der bereits Millionen Opfer gefordert hat und die Welt zunehmend in eine globale Krise führt, in der die NATO-Staaten unter dem Deckmantel des Kampfes für Frieden, Freiheit und Demokratie wahllos Ressourcenkrieg initiieren und längst zum Angriffspakt verkommen ist. Die Zweifel an den regierungsamtlichen Verlautbarungen und sogenannten Untersuchungen zu 9/11 waren von Anfang an groß. Paul Schreyer lieferte anlässlich des 15. Jahrestages der Attentate daher eine Liste der Halbwahrheiten und „vergessenen Fakten” für die NachDenkSeiten. Eine der wenigen wissenschaftlichen Aufarbeitungen zum Thema, geschrieben von Prof. David Ray Griffin, wurde nun ins Deutsche übersetzt und präsentiert in bestechender Klarheit und analytischer Schärfe, dass vieles an der bisher als Wahrheit vermittelten Regierungspropaganda nicht der Wahrheit entsprechen kann. Jens Wernicke sprach hierzu mit Oliver Bommer, dem Herausgeber und Übersetzer des Buches, der Wichtiges auch zur Stigmatisierung selbst der seriösesten Kritik als vermeintliche „Verschwörungstheorie“ zu berichten weiß.
Quelle: Hintergrund - Die offene Schuld – Griechenland und die deutschen Kriegsverbrechen
Argyris Sfountouris ist knapp vier Jahre, als die Deutschen seine Eltern ermorden. Wie durch ein Wunder überlebt er das Massaker von Distomo im Juni 1944. Er wächst in einem Schweizer Kinderdorf auf, wird Physiker, Lehrer, Entwicklungshelfer und Autor. Argyris kämpft gegen die Militärdiktatur und um Gerechtigkeit für die Hinterbliebenen von Distomo – und erlebt, wie Deutschland Entschädigungs- und Reparationszahlungen für die begangenen Kriegsverbrechen wahlweise als Betrugsversuch, als unredliche Trickserei oder gar als Ausweis einer generellen „händlerischen Gesinnung“ zurückweist. Im Falle des SS-Massakers von Distomo heißt es von deutscher offizieller Seite, es sei eine Handlung im Rahmen des Kriegsrechts gewesen. Patric Seibel erzählt in dem Buch „Ich bleibe immer der vierjährige Junge von damals“ die anrührende, politische Lebensgeschichte von Argyris Sfountouris, die vor dem Hintergrund der deutsch-griechischen Beziehungen hochaktuell ist. Und im folgenden Kommentar zeigt er, wie Deutschland sich aus der Verantwortung stiehlt.
Quelle: Westend Verlag - Die AfD: Unsozial und rückwärtsgewandt
Das Ergebnis der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern schockierte. Die AfD wurde zweitstärkste Kraft. Diese Partei setzt aber nicht nur auf offenen Rechtspopulismus und Fremdenhass. Sie ist auch eine Partei, die zutiefst unsozial ist und klar neoliberale Positionen vertritt. Sie will Steuern für Reiche senken, Renten- und Arbeitslosenversicherung zerschlagen und Alleinerziehende ausgrenzen – ein rückwärtsgewandtes Weltbild, das nicht in das 21. Jahrhundert passt.
Die AfD versucht, sich in den Medien als Partei der kleinen Leute darzustellen. Doch ist dem so? Bundesweit behauptet die AfD, für den Mindestlohn zu sein. Doch einzelne Landesverbände stemmen sich in ihren Wahlprogrammen dagegen. So fordert die AfD in Berlin die Abschaffung des Mindestlohns und behauptet, dieser zerstöre Arbeitsplätze. Dabei lehrt die Praxis das Gegenteil.
Quelle: Die Freiheitsliebe - “Die Nebentätigkeit war Steinbrücks Haupttätigkeit”
Gregor Hackmack kritisiert den Wechsel des SPD-Politikers Peer Steinbrück zu einer Bank. Der Geschäftsführer von abgeordnetenwatch.de sagte im DLF, “Herr Steinbrück will offenbar weiter Kasse machen”. Immerhin werde nun dessen Bundestagsmandat für einen motivierten Nachfolger frei.
Quelle: Deutschlandfunk