Rot-Rot-Grün? – Die SPD fährt weiter auf den neoliberalen Gleisen.
Es folgt eine Kolumne von Oskar Lafontaine zu der Zustimmung des SPD-Konvents zu CETA. Albrecht Müller.
„Für viele ist nur ein totes CETA ein gutes CETA. Sie sind traumatisiert von den neoliberalen Erfahrungen und haben keine Lust darauf, dass die SPD und die Republik in den alten Gleisen, wenn auch mit von Gabriel angezogener Bremse, weiterfährt“, schreibt Heribert Prantl heute in der „Süddeutschen Zeitung“. „Viele Sozis sehnen sich danach, dass die SPD wieder Anschluss hat an eine der großen gesellschaftlichen Bewegungen der Gegenwart, wie sie die Anti-TTIP- und Anti-CETA-Bewegung darstellt. Diesen Anschluss findet Gabriel nicht, auch wenn er die kritischen Debatten über CETA noch so lobt.“
Die Zustimmung des SPD-Konvents zu CETA ist vergleichbar mit der Zustimmung zur Agenda 2010. Inhaltlich sind viele Mitglieder nicht überzeugt, aber dem Mann an der Spitze zuliebe werden die Bedenken heruntergeschluckt und ein Kurs mitgetragen, der den Grundwerten der Sozialdemokratie von Bebel bis Brandt fundamental widerspricht.
Beim Weltwirtschaftsforum in Davos 2014 hatte Gabriel die Kritik an Abkommen wie TTIP noch abgekanzelt: „Vielleicht ist es in Deutschland manchmal etwas schwieriger, weil wir ein Land sind, das reich und hysterisch ist.“ Es ist absurd, wenn er nun so tut, als sei das Abkommen mit den USA, TTIP, das er selbst lange Zeit gelobt hat, schlecht, das Abkommen mit Kanada, CETA, dagegen gut. CETA höhlt die Demokratie aus und bedeutet unter anderem:
- Konzerne können mit Sonderklagerechten gegen bestehende und geplante Standards im Umwelt-, Gesundheits-, Verbraucher- und Arbeitsschutz vorgehen. Die US-Konzerne werden über ihre kanadischen Töchter diese Chancen nutzen.
- An neuen Gesetzen sollen Ausschüsse mitwirken, ohne dass deren Befugnisse geklärt sind. Eine teilweise Entmachtung der demokratischen Instanzen von Bundestag und Bundesrat.
- Künftig muss der Staat erst nachweisen, dass Gentechnik, Pestizide und Chemikalien gesundheitsgefährdende Wirkungen haben. Bislang ist es umgekehrt: Um eine Zulassung zu bekommen, müssen die Konzerne den Nachweis erbringen, dass ein Mittel ungefährlich ist.
Die SPD fährt also in den neoliberalen Gleisen weiter und findet keinen Anschluss an die großen gesellschaftlichen Bewegungen unserer Zeit. Rot-Rot-Grün macht nur Sinn, wenn eine solche Regierung die Demokratie stärkt, den Sozialstaat wiederherstellt und eine friedliche Außenpolitik nach dem Vorbild Willy Brandts beginnt. Mit einer Partei, die an der Agenda 2010 festhält und den mit CETA verbundenen Demokratieabbau billigt, ist das nicht möglich. Eine LINKE, die sich auf eine solche Politik einließe, würde sich selbst erledigen.
In Österreich haben dagegen 90 Prozent der Mitglieder der Schwesterpartei der SPD, der SPÖ in einer Befragung gegen CETA gestimmt. Warum hat Gabriel nicht auch die SPD-Mitglieder befragt?