„Ein gigantischer Beschiss der Steuer- und Rentenzahler ist das!“

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

So die Feststellung einer Freundin der NachDenkSeiten. Dieses Verdikt bezieht sich auf die massive Förderung der privaten Altersvorsorge durch öffentliche Stellen, öffentliches Geld und das Geld der Beitragszahler. Sie hatte mich darauf aufmerksam gemacht, wie die Deutsche Rentenversicherung, die eigentlich für die Gesetzliche Rente zuständig ist und diese fördern sollte, immer wieder mit dem Geld der Beitragszahler Reklame für die Privatvorsorger macht. Ich hatte sie ergänzend darauf aufmerksam gemacht, dass auch die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA), dieser Ableger der Deutschen Rentenversicherung, aus öffentlichen Mitteln – genauer aus Töpfen des Bundesfinanzministeriums – bezahlt wird und die Arbeit für die Unternehmen der privaten Altersvorsorge erledigt. Ein klarer weiterer Fall von öffentlicher Subvention zu Gunsten privater Interessen. Albrecht Müller

Subvention der Privatvorsorge durch öffentlichen Betrieb Zentralen Zulagenstelle
Auch darauf machte uns ein Freund der Nachdenkseiten aufmerksam. Er ergänzte unseren Hinweis auf die Werbekampagne “Ihre Vorsorge”, die im wesentlichen auch von der Deutschen Rentenversicherung getragen wird:

Die (privaten) Riester-Renten und die Deutsche Rentenversicherung sind schon längst verbandelt – über die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen. Die ZfA überprüft die 11 Mio. Zulagenhöhen auf Staatskosten für die privaten Versicherungskonzerne. Speziell dafür wurde ein neues Prachtamt geschaffen, das den Privaten “kostenlos zur Verfügung gestellt wird”.
Die individuell bestimmten Zulagenhöhen variieren jährlich, da die Riester-Renten-Beiträge häufig gleich bleiben, aber das Gehalt sich verändert – oder umgekehrt, die Beiträge dynamisiert sind, aber das Gehalt gleich hoch bleibt.
Gehen Sie davon aus, dass jedes Jahr mindestens 8 Mio. Änderungsbescheide ausgestellt werden müssen. In 10 Jahren stimmen bei fast allen Riester-Sparern die ursprüngliche Zulagenhöhe, die bei 4% vom brutto voll ausgezahlt wird, und die tatsächlich gezahlte nicht mehr überein. Dies jährlich zu überprüfen und zu berichtigen ist u.a. Aufgabe dieses neuen Amtes, das wenigstens in Brandenburg (unnötige) Arbeitsplätze geschaffen hat.

Fortsetzung der Propaganda der Deutsche Rentenversicherung zu Gunsten der Privatvorsorge auch unter Schülern
Dazu schrieb die eingangs erwähnte Freundin der Nachdenkseiten:

Vor einiger Zeit hatte ich auf die Unterrichtsmaterialien vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft und den Lehrerpreis hingewiesen. Heute erhielt ich nun eine Pressemitteilung der gesetzlichen Rentenversicherung (Deutsche Rentenversicherung Bund) mit dem Hinweis auf ein Schulbuch zur Sozialversicherung und auf die Initiative “rentenblicker” im Internet. Schaffen die gesetzlichen Rentenversicherungsträger nun ein Gegengewicht zur Propaganda der privaten Versicherungswirtschaft? Erklären sie die Vorteile des Umlageverfahrens gegenüber “kapitalgedeckten” Modellen? Zeigt sich, warum auch junge Menschen für den Erhalt des solidarisch finanzierten Rentensystems bzw. für seine Wiederherstellung kämpfen sollten?
Vielleicht war das ursprünglich mal die Absicht der Initiatoren. Aber der gedankliche Mainstream hat leider auch vor diesem Projekt nicht Halt gemacht. Es werden zwar die Leistungen und die Funktionsweise der gesetzlichen Rentenversicherung einigermaßen anschaulich erklärt, was immerhin verdienstvoll ist. Leider sieht auch die Selbstdarstellung des gesetzlichen Rentensystems so aus, als ob sich die Einschnitte in das solidarische System und die Umleitung von Geld in die Kassen der Privatversicherer quasi naturgesetzhaft ereigneten (die übliche Arie über Demographie etc). Wie das Amen in der Kirche kommt der Hinweis auf die private und betriebliche Altersvorsorge als Lösungsansatz, angereichert um ein paar Prominente, die erklären, wie wichtig es ist, schon als junger Mensch fürs Alter zu sparen.
Ist das wohl mit dem Geld der Beitragszahler finanziert? Oder gibt es am Ende gar einen großzügigen Sponsor von privatwirtschaftlicher Seite?
 
Als Quellen finden Sie unten die Links zum Thema “private Altersvorsorge” auf der rentenblicker-Seite und die Schülermaterialien für den Unterricht.

Quelle 1: www.rentenblicker.de
Quelle 2: www.rentenblicker.de: Arbeitsblätter zum Thema Altersvorsorge für Jugendliche und Berufsstarter [PDF – 760 KB]

Soweit das Zitat. Ich habe selbst den ersten Link angeklickt und folgendes Einschlägige gefunden:

Früh vorsorgen zahlt sich aus
Sparen lohnt sich. Denn ihr profitiert von den Zinsen. Außerdem solltet ihr euch überlegen, ob die Riester-Rente oder die betriebliche Altersversorgung etwas für euch ist.

Zinsen machen Leute
Es ist wichtig, zusätzlich zur gesetzlichen Rente auch privat vorzusorgen. So könnt ihr sicherstellen, dass ihr euren Lebensstandard auch im Alter haltet. Und je früher ihr mit der Altersvorsorge anfangt, desto mehr Geld bekommt ihr später ausbezahlt.

Wie sehr diese mit öffentlichen Mitteln betriebene Reklame zu Gunsten privater Interessen ein „gigantischer Beschiss“ ist, konnten wir vor einer Woche sogar in der Süddeutschen Zeitung und im Focus lesen:

Gebühren fressen Zulagen: Die Riester-Abzocke
Viele Riester-Sparer füttern ein Monster namens Finanzindustrie: Ihre staatlichen Zulagen kommen nicht der Altersvorsorge zugute, sondern wandern in die Tasche der Anbieter.
Quelle: SZ

Riester-Rente: Viele Verträge zu teuer
Die Riester-Rente gilt aufgrund üppiger Zuschüsse des Staates als wichtige Altersvorsorge. Hohe Vertragskosten drücken jedoch auch die Rendite.
Quelle: FOCUS

Seit Jahren weisen wir auf diesen Umstand hin. Seit Jahren informieren wir darüber, dass die Riester- und Rürup-Förderung vor allem großen privaten Interessen dient. Jetzt immerhin hat diese Erkenntnis die Spalten bundesweiter Medien erreicht. Jetzt wäre es an der Zeit,

  • dass die Deutsche Rentenversicherung ihre Propaganda zu Gunsten der privaten Konkurrenz einstellt,
  • oder hilfsweise zumindest nur noch solche Riester-Produkte empfiehlt, die nahezu ohne Kosten auskommen. Das sind Banksparpläne von einigen Sparkassen und Banken. In diesen Fällen kommen die eingezahlten Beiträge einschließlich der von uns Steuerzahlern gezahlten Zulagen fast vollständig dem Sparer zugute. Sie erhalten eine vernünftige Rendite von 4 bis 5%, Sie sind flexibel und Sie laufen kein Risiko.

Die Banken verdienen an diesen Plänen nicht sehr viel Geld, die Rentenversicherungskonzerne sowieso nicht. Deshalb werden Riester-Banksparpläne wenig angeboten. In ganz Berlin soll es keine einzige Bank geben, die dieses vernünftige Produkt anbietet. Umso wichtiger wäre es, dass eine Einrichtung wie die Deutsche Rentenversicherung – wenn sie schon meint, für die private Konkurrenz Reklame machen zu müssen – ein solches Produkt empfiehlt und auch konkrete Hinweise gibt.

Fragen Sie, wenn Sie Interesse haben, Ihre eigene Bank und Sparkasse nach diesem Produkt.

Wenn diese ein solches mit minimalen Kosten arbeitendes Produkt nicht anbietet, dann wenden Sie sich an die Sparkasse Pfullendorf-Messkirch. Das ist der Spitzenreiter unter den vernünftigen Anbietern.

Nachtrag: diese Empfehlung ändert nichts an der Grundeinstellung, dass die Riester-Förderung der falsche Weg ist. Es wäre richtig, die Gesetzliche Rente und das Umlageverfahren auszubauen. Solange dies noch nicht geschehen ist, müssen sich die Einzelnen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten orientieren.

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