Eine dezente Manipulation zu Gunsten von Managern in Grundschulen und der Auflösung der Schulbezirke
Einer unserer Leser macht uns auf einen Artikel in der letzten „Zeit“ aufmerksam. Es geht dabei nur um eine sanfte Irreführung. Dennoch ein Kandidat für unsere Rubrik „Manipulation des Monats.“
Hier der Text der Mail:
„Sehr geehrte Redaktion! Ihre Analysen der Zeitungstexte haben mich dazu gebracht, Texte anders zu lesen. Ein typisches Beispiel aus „Die Zeit“: “Die beste Zeit des Lebens” Albrecht Müller.
Ein mir befreundeter Grundschullehrer hat sich sehr über dieses Text-Produkt gefreut, da seine Profession scheinbar gelobt wird. Der Artikel ist jedoch ein typisches Beispiel, wie Lehrer und Eltern hinters Licht geführt werden. Das vorausgehende Lob ist nur dazu da, um auf die von der Bertelsmann-Stiftung vorgeschlagenen pädagogischen Prinzipien, die am Ende des Artikels dargelegt werden, positiv eingestimmt zu sein. Zu Beginn des Textes wird der interessierte Leser (Lehrer) eingelullt, um dann am Ende elegant auf die neoliberale Schulwelt eingestellt zu werden.
Schulen sollen so funktionieren, wie das an den Unis sich über den Bolognaprozess schon eingestellt hat. Zitat: „Um Leistungsabstürze zu verhindern und Lehrer auf Mindeststandards zu verpflichten, braucht eine Schule also eine starke Führung mit Managementqualitäten.“ Denn, so die Untermauerung der These: „Personalplanung oder Profilentwicklung sind … in den meisten Grundschulen noch ein Fremdwort.“ Das läuft, wie in den Bertelsmanngutachten zu lesen ist, darauf hinaus, dass die Schulleiterin keine Pädagogin mehr sein muss, sondern jemand, der von außen kommend, weit besser bezahlt wird, um den Schulalltag zu managen. Dazu passt die Bertelsmannforderung, die „Die Zeit“ dezent in den Artikel einbaut, die Schulbezirke für Grundschulen abzuschaffen, damit die Schulen zueinander in Konkurrenz treten müssen. Die Folgen werden verharmlost, ohne jedoch eine Untersuchung dazu als Beleg zu nennen. Und nicht zuletzt wird der externen Überprüfung das Wort geredet (siehe PISA und andere). Die Überprüfungskriterien sind dann diejenigen, die den Interessen der Wirtschaft dienen.
R. B.
P.S.: Helfen Sie mit, dass immer mehr Zeitgenossinnen/en „Texte anders lesen“. Wenn Sie es schaffen, pro Woche einen Menschen dafür zu gewinnen, Texte anders zu lesen, hinter die Kulissen zu schauen, und ihn damit davor bewahren, sich einlullen zu lassen, dann wird der Kreis der kritisch Mitdenkenden so groß, dass man öfter auf Gleichgesinnte trifft. Das wäre ein spürbarer Fortschritt.
Sie sehen übrigens am Thema Manipulation/Meinungsmache, dass sich wirklich etwas tut. Dass wir täglich von vielen Seiten manipuliert werden, dass Politik über weite Strecken aus Meinungsmache besteht, dass man viele politischen Äußerungen und Vorgänge gar nicht versteht, wenn man die Manipulationsabsicht und -methoden nicht sieht, das war vor fünf Jahren noch kein gängiges Thema. Dass die Reformen vor allem eine Reformlüge sind, war damals kaum erkannt. Das hat sich geändert. Auch das ist ein großer Fortschritt und Grund zum Optimismus.