Von „vertrauensbildenden Maßnahmen“ zur kriegstreibenden Provokation. Eine Anmerkung zur Zustimmung Deutschlands zum NATO-Beitritt von Montenegro.
Es gab einmal einen Konsens in der deutschen Außenpolitik, dass es sinnvoll ist, den Konflikt zwischen West und Ost nicht anzuheizen, sondern Konflikte abzubauen. Dabei spielte der Begriff „vertrauensbildende Maßnahmen“ im Rahmen des Gesamtkonzeptes, „Wandel durch Annäherung“ zu erreichen, eine zentrale Rolle. Das alles ist vergessen. Es ist vor allem auch deshalb vergessen, weil es vermutlich in den zentralen wichtigen Fragen keine eigenständige deutsche Außenpolitik mehr gibt. Und den Willen zur dauerhaften Versöhnung mit den Russen auch nicht. Albrecht Müller
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Deshalb konnten aufmerksame Beobachter, die gestern in den Nachrichten über das Angebot zum NATO-Beitritt an Montenegro nach einer kritischen, wenigstens differenzierten Äußerung des deutschen Außenministers oder anderer Stellen der Bundesregierung suchten, nicht fündig werden. Ich fand eine Information des Auswärtigen Amtes vom 19. Mai (siehe Anhang), in der es gegen Ende heißt, Steinmeier habe Montenegro zu diesem entscheidenden Schritt gratuliert.
Die Aussöhnung mit Frankreich war vorbildlich, mit Russland wollen die Entscheidungsträger dies offensichtlich nicht. Sie setzen auf tief verwurzelte Ängste und Gefühle gegen Slawen im Allgemeinen und die Russen im Besonderen.
Auf den Vergleich der Versöhnung mit Frankreich zu der mit Russland komme ich zu sprechen, weil das Elsass und damit Frankreich hier vor der Haustür liegen und weil es wunderschöne Dokumente, auch literarische Dokumente, dieser Versöhnung gibt. Zur Lektüre eines einschlägigen Buches möchte ich ausdrücklich ermuntern: Jean Egen: Die Linden von Lautenbach. Eine deutsch-französische Lebensgeschichte.
Das Vorwort zur deutschen Ausgabe dieses Buches füge ich an. Schon dieses Vorwort zeugt von einem ganz anderen Geist als jenem, der heute die West-Ost-Konfrontation anheizt:
Vorwort zu: Jean Egen: Die Linden von Lautenbach [PDF]
Anhang:
Info des Auswärtigen Amtes vom 19.Mai 2016
NATO-Außenministertreffen in Brüssel: Beitrittsprotokoll für Montenegro unterzeichnet
Die Außenminister der 28 NATO-Staaten treffen sich am Donnerstag (19.05) und Freitag (20.05) zu Gesprächen in Brüssel. Im Mittelpunkt der Beratungen stehen die Vorbereitung des NATO-Gipfels in Warschau, die Herausforderungen der NATO im Süden und Osten sowie das Verhältnis zu Russland. Zum Auftakt der Beratungen unterzeichneten die Minister und Ministerinnen das Beitrittsprotokoll für Montenegro als 29. Mitglied des Verteidigungsbündnisses.
(…)
Montenegro soll 29. NATO-Mitglied werden
Darüber hinaus unterzeichneten die Vertreter aller 28 Mitgliedstaaten im Rahmen des Treffens das Beitrittsprotokoll für Montenegro. Nach der Ratifizierung des Vertrags durch die nationalen Parlamente soll der Balkanstaat 29. Mitglied des Verteidigungsbündnisses werden. Steinmeier gratulierte dem Balkanstaat zu diesem entscheidenden Schritt auf dem Weg zur vollständigen NATO-Mitgliedschaft.
Stand 19.05.2016