Die Gleichschaltung der Wissenschaft von der Ökonomie in Deutschland geht weiter
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) war bis vor wenigen Jahren unter den wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstituten in Deutschland das einzige Institut, von dem man des öfteren Analysen zu lesen bekam, die über die Interessen der Arbeitnehmerschaft nicht mit der üblichen Attitüde der Eliten hinweggingen und deren Autoren erkennbar dem keynesianischen Gedankengut offen und nahe standen. Auf Betreiben des Präsidenten Professor Dr. Klaus F. Zimmermann soll der Vertrag des Leiters der Konjunkturabteilung, Gustav Horn, nicht verlängert werden. Horn sprach sich häufig für die Stärkung der Binnennachfrage aus und hatte die Agenda 2010 kritisiert; Zimmermann ist ein engagierter Verfechter der Arbeitsmarktreformen einschließlich der Einführung eines so genannten Niedriglohnsektors. Mit dem Rauswurf von Horn wird auch das DIW ein Stückchen mehr auf neoliberale Richtung getrimmt.
Das DIW hat eine renommierte Tradition. Dafür stehen auch seine bisherigen Präsidenten. Dazu gehörten einmal Klaus-Dieter Arndt, der ehemalige Parlamentarische Staatssekretär beim Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller, der renommierte Ökonom mit Akzent Sozialpolitik und Verteilung, Professor Hans-Jürgen Krupp und Professor Lutz Hoffmann.
Bei Professor Zimmermann muss man zum Hintergrund noch wissen, dass er gleichzeitig Direktor eines privaten Forschungsinstituts, des IZA, Instituts Zukunft der Arbeit, in Bonn ist. Dieses Institut wird präsidiert von Dr. Klaus Zumwinkel, dem Chef der Deutschen Post AG. Diese hält sich das IZA. In der Regel sind solche Institute inzwischen schon häufig die Basis von besonderen Zusatzeinkommen für Professoren. Wir kennen das vom Ifo-Institut in München, dessen Präsident der Professor Hans-Werner Sinn ist, und z. B. vom Mannheimer Institut für die Erforschung des Alters, “mea”, dessen Förderer die deutsche Versicherungswirtschaft und dessen Leiter Professor Börsch-Supan ist. Professor Zimmermann war mir im Herbst des Jahres 2000 schon aufgefallen, als er über sein Bonner Institut dramatisierende Daten über die demographische Entwicklung lieferte, die damals vom “Spiegel” breit ausgewälzt wurden.
Von einer unabhängigen Wissenschaft der Nationalökonomie kann man in den Fällen dieser Verknüpfung nicht mehr sprechen. Die wissenschaftliche Beratung leidet unter dieser Entwicklung. Sie wird besonders leiden, wenn die besondere Stimme des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung nicht mehr zu hören ist.
Eines muss noch angemerkt werden: dass die Neoliberalen versuchen, die ihnen noch widersprechenden Stimmen abzuschalten, ist verständlich. Die Performance, die Leistung der Neoliberalen in der Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik ist miserabel. Sowohl die Krise in den 80er Jahren als auch den Niedergang der deutschen Volkswirtschaft in den 90er Jahren bis heute verdanken wir ihrem Einfluss.