„Mal Hand auf’s Herz: Haben Sie wirklich Hoffnung, dass Ihre Forderung zu Inhalt und Profil einer wirklich fortschrittlichen Alternative … aufgegriffen wird?
So schließt die Mail eines NachDenkSeiten-Lesers; er fährt fort: „Und wenn ja, von wem? Entsprechende Vorschläge oder Initiativen werden umgehend im Keim erstickt. Haben die globalen Eliten ihre “Festung” nicht längst auf einen Stand gebracht, der ohnehin jede auch nur am Horizont erkennbare Veränderung im Keim zu ersticken in der Lage ist (siehe Griechenland)? Immer wieder muss ich an Warren Buffetts Satz denken: “Wir haben einen Krieg Arm gegen Reich – und meine Klasse wird diesen Krieg gewinnen”. Er scheint Recht zu behalten…“ Albrecht Müller.
Wir geben die Mail wieder. Sie entspricht dem Grundempfinden und der Erfahrung vieler von uns Gleichgesinnten. – Meine Antwort auf die am Anfang gestellte Frage: Die Hoffnung habe ich zur Zeit nicht mehr und verstehe deshalb auch, dass sich kritische ZeitgenossenInnen gelegentlich davon verabschieden, gegen die Mächtigen an zu rennen. Und dennoch bleibt eigentlich nichts anderes übrig, als weiter zu machen, so wie der Leserbriefschreiber am Ende selbst meint. Trotz aller Ohnmacht, trotz der grassierenden Hoffnungslosigkeit.
Hier die Mail vom 6.5.2016:
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihren Artikel “Einen schlimmeren Rechtsruck als das rücksichtslose Durchboxen von TTIP, die Agenda 2010 und Kriegseinsätze gibt es nicht”!
Sie erklären mit klaren, verständlichen Worten, wie es um unsere Demokratie steht. Diesen Text sollte eigentlich auch jeder verstehen, der ansonsten mit Politik nicht “so viel am Hut” hat. Wenn ich könnte, würde ich Ihren Artikel als Flugblatt millionenfach vom Himmel regnen lassen – verbunden mit der Aufforderung an die (vermeintlichen) “Entscheidungsträger”, sich live vor laufenden Kameras z.B. mit Ihrem Team, Prof. Heiner Flassbeck oder anderen Nicht-Nur-Statisten einer Diskussion zu der Thematik zu stellen! Das wird aber ein Traum bleiben – selbst ohne Flugblätter. Ich möchte gern von Merkel, Schäuble und Gabriel hören, weshalb sie TTIP, CETA und TISA für erstrebenswert, Rüstungsexporte, Sozialabbau, extreme Vermögensungleichheit und Austeritätspolitik für alternativlos hält, warum sie die Autoindustrie weiterhin ihr Volk vergiften lassen, warum sie billigen, dass das griechische Volk regelrecht zugrunde gerichtet wird. Alles nur, damit “Links” nirgendwo einen Fuß an Land kriegt? Wie groß muss die Angst vor einer Politik sein, die einfach nur mehr Gerechtigkeit will? Oder sollte ich besser sagen, die Angst davor, dass das Wahlvolk merkt, um wie viel besser man leben kann, wenn eine Gesellschaft auch ohne Altersarmut, extreme Vermögensungleichheit, TTIP, CETA und TISA, Kriegsängste und immer neue Drangsalierungen durch die neoliberalen Politikstatisten existiert?
Frau Merkel zieht nicht die leiseste Konsequenz aus den TTIP-Leaks von Greenpeace. Alles andere hätte auch erstaunen müssen, zeigte es doch, dass die Dokumente ihr wirklich Neues aufzeigen. Sie bleibt bei ihrer Zustimmung für dieses Wirtschaftsdiktat, will es sogar noch schneller vorantreiben. Deutlicher kann man seinem Volk nicht zeigen, dass man es verachtet! Fast täglich erlebe ich frustriert in meinem Umfeld, dass selbst intelligente Menschen nicht willens oder – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage sind, sich mit Dingen wie Neoliberalismus, Sozialabbau oder TTIP zu beschäftigen, geschweige denn sich zu arrangieren, und sei es nur durch eine Unterschrift bei “Campact”. Trotzdem sind alle sich einig, dass die SPD sich selbst auf Null reduziert, wenn sie so weiter macht. Ich kann mir einfach nicht erklären, warum das so ist. Es geht schließlich um die Basis unserer Existenz! Kein Mensch möchte Genfood essen, durch Fracking verseuchtes Wasser trinken oder giftigen Feinstaub einatmen. Auch möchte niemand im Alter arm sein. Und trotzdem bleibt die große Mehrheit stumm und tatenlos gegenüber der Realpolitik! Was muss eigentlich passieren, damit die Menschen diese endlich hinterfragen?
Was ich mir ebenfalls nicht erklären kann, ist: Welches “Endziel” haben die Eliten? Gibt es überhaupt eines? Geht es vielleicht tatsächlich nur um “Bevölkerungsreduktion” damit sie die (noch verbleibenden) Ressourcen für sich allein haben? Aber bis zu welchem Grad des gesellschaftlichen Standes wird reduziert? Wer kauft all die Produkte, die zum Reichtum der Eliten beitragen, wenn erst alle am absoluten Existenzminimum angelangt sind? Autos kaufen keine Autos, Smartphones keine Smartphones. Ist der nächste Schritt dann Reich gegen Superreich? Was nützt am Ende den Superreichen all ihr Besitz, wenn die Erde ausgeplündert, verwüstet und drei Grad wärmer ist? Es erinnert mich an eine ebay-Aktion, bei dem ich den gewünschten Artikel am Ende für weit mehr als den Neupreis ersteigert habe, Hauptsache ich habe meine Mitbieter ausgestochen.
Bleibt irgendwie nur die Feststellung, dass Hoimar von Ditfurth wohl Recht hatte, als er sagte, dass alle Hochkulturen letztlich immer untergehen (ich glaube, es war in seinem “Apfelbäumchen-Buch” Anfang der 1980er Jahre). Der Mensch ist einfach nicht in der Lage, sein Können und Wissen nicht gegen seine eigene Art und seine eigene Umwelt (die die unverzichtbare Voraussetzung für sein Überleben ist!) einzusetzen. Vermutlich sind in unserem Hirn Habgier und Machtgelüste ausgeprägter, als logisches Denken.
Mal Hand auf’s Herz: Haben Sie wirklich Hoffnung, dass Ihre Forderung zu Inhalt und Profil einer wirklich fortschrittlichen Alternative irgendwann auch nur ansatzweise erkennbar aufgegriffen wird? Und wenn ja, von wem? Entsprechende Vorschläge oder Initiativen werden umgehend im Keim erstickt (siehe Griechenland). Haben die globalen Eliten ihre “Festung” nicht längst auf einen Stand gebracht, der ohnehin jede auch nur am Horizont erkennbare Veränderung im Keim zu ersticken in der Lage ist (siehe Griechenland)? Immer wieder muss ich an Warren Buffetts Satz denken: “Wir haben einen Krieg Arm gegen Reich – und meine Klasse wird diesen Krieg gewinnen”. Er scheint Recht zu behalten…
Trotzdem bleibe ich Förderer der NachDenkSeiten. Die für mich besten und wichtigsten Seiten des Internets – jeden Tag auf’s Neue!
Beste Grüße aus Hamburg,
R. L.