Rechtsruck
Der Wahlerfolg des FPÖ-Kandidaten Hofer in Österreich hat die etablierten Parteien und den Qualitätsjournalismus aufgeschreckt. „Welch ein Rechtsruck!!!“, rufen sie jetzt. Aber was ist ein Rechtsruck? Aus Sicht der Linken sind die wichtigsten Kennzeichen des Rechtsrucks ein Abbau des Sozialstaates und die Befürwortung des Krieges. Die neoliberalen Einheitsparteien und der neoliberale Mainstream-Journalismus übersehen, dass sie den Rechtsruck verkörpern, der sich seit Jahren in Europa vollzogen hat. Von Oskar Lafontaine.
Rentner, Arbeiter, Angestellte und Arbeitslose, die in zunehmendem Maße Protestparteien wählen, haben diesen jahrzehntelangen Rechtsruck längst bemerkt, weil sie bei sinkenden oder stagnierenden Löhnen, Renten und schrumpfenden sozialen Leistungen die Leidtragenden sind. Und wenn Soldaten in den Interventionskriegen ihr Leben lassen, dann sind es nicht die Kinder der politischen und journalistischen Eliten oder gar der Oligarchen.
Die neuen Rechtsparteien in Europa, die rassistisch und nationalistisch sind, haben nicht zuletzt deshalb Erfolg, weil sie einen Stopp der Zuwanderung fordern und so bei Rentnern, Arbeitern, Angestellten und Arbeitslosen den Eindruck vermitteln, als wüssten sie, dass Zuwanderung unter den gegenwärtigen Bedingungen immer auch Konkurrenz um Arbeitsplätze, Wohnungen und soziale Leistungen bedeutet und von den neoliberalen Parteien als Vorwand benutzt wird, um die Löhne weiter zu drücken – was entsprechende Forderungen von Arbeitgebern und Unionspolitikern beweisen.
Die AfD in Deutschland ist ein Beispiel dafür, wie bei dieser Wahrnehmung das wahre Gesicht dieser Rechtsparteien, die in Wirklichkeit zum neoliberalen Parteienblock gehören, verschwindet. Weil sie scheinbar die Ängste derjenigen aufgreift, die Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz oder eine preiswerte Wohnung zu finden, oder deren Geld am Monatsende nicht reicht, um die Rechnungen zu bezahlen, wird übersehen, dass Rentner, Arbeiter, Angestellte und Arbeitslose vom Regen in die Traufe kämen, wenn Petry, Storch und Co regierten. Das beweisen die Diskussionen und Forderungen in der AfD-Programmdiskussion – auch wenn einzelne Forderungen im letzten Programmentwurf aus wahltaktischen Gründen nicht mehr auftauchen:
- Kein Mindestlohn
- Privatisierung der Arbeitslosenversicherung
- Privatisierung der Unfallversicherung
- Privatisierung von Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge
- Verlängerung der Lebensarbeitszeit
- Niedrige Staatsquote
- Keine Erbschaftssteuer
- Keine Vermögenssteuer
- Senkung der Einkommenssteuer für die oberen Zehntausend
- Abschaffung der Gewerbesteuer
- Keine Gemeinschaftsschule
- Aufrüstung der Bundeswehr
- Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke
Der neoliberale Rechtsruck und die damit verbundene soziale Ausgrenzung von vielen Millionen, ja Milliarden Menschen weltweit ist der Nährboden für das Aufkommen nationalistischer und rassistischer Parteien.