ver.di fordert Stopp des Verkaufs der Postbank – Wo bleibt die bundesweite Bewegung gegen die Privatisierung?
Da kann man der Gewerkschaft nur fest die Daumen drücken, dass sie Erfolg damit hat: Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) will den eingeleiteten Verkauf der Postbank stoppen. „Wir fordern die Bundesregierung und den Vorstand der Deutschen Post auf, die Verkaufsverhandlungen für die Postbank zu beenden“, sagte ver.di- Vorstandsmitglied Uwe Foullong der Wirtschaftszeitung „Euro am Sonntag“. Das Institut sei in seiner jetzigen Struktur wettbewerbsfähig. Eine Fusion würde 20 bis 25 Prozent der Stellen kosten. „Einen besseren Schutz vor Übernahmen bietet ein fusioniertes, größeres Institut auch nicht. Wir haben zuletzt bei ABN Amro gesehen, dass selbst eine Bilanzsumme von 70 bis 100 Milliarden Euro eine Übernahme nicht verhindert“, sagte Foullong. Von Hermann Zoller
Die Postbank-Mutter Deutsche Post hatte den Verkaufsprozess für das Bonner Institut zuletzt intensiviert. Unter den potenziellen Bietern sollen Finanzkreisen zufolge neben der Deutschen Bank auch die spanische Bank Santander, die holländische ING und die britische Lloyds TSB sein. Über eine Dreierlösung aus Dresdner Bank, Commerzbank und Postbank werde dagegen derzeit nicht verhandelt.
ver.di kämpft an vielen Fronten gegen die Privatisierungs-Manie in Deutschland. Andere Organisationen und Bürgerinitiativen sind ebenfalls eifrig bemüht, diesen Wahnsinn zu stoppen – durchaus mit Erfolg. Leider ist daraus aber noch keine bei der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger verwurzelte breite Bewegung geworden, die die Wurzel dieses Übels anpackt und ein allgemeines Umdenken bewirkt. Die Stimmung in der Bevölkerung ist günstig, um eine politisch wirksame bundesweite Aktion wachsen zu lassen. Es sind aber meist noch Einzelaktionen, die hier den Verkauf von Wohnungen, dort eines Wasserwerkes verhindern. Selbst bei der Privatisierung der Bahn hält sich der Kreis der sichtbaren und vernehmbaren Kritiker in Grenzen.
Jetzt kommen die Autobahnen dran. Ein weiterer Wahnsinn. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, den Bau von Straßen privaten Investoren zu übertragen. Der Staat, also alle Bürger müssen in jedem Fall die Kosten tragen – zuzüglich der Gewinne der Unternehmen. Also: was soll das? Als Antwort lässt sich eigentlich nur vermuten: die regierenden Politiker betreiben bewusst eine Politik, die den Geldbesitzern eine mehr als gute Verzinsung ihres Kapitals garantiert. Kann das die Aufgabe einer vom Volk gewählten Regierung sein?
In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg versucht der Krankenhauskonzern Helios, sich weitere Häuser anzueignen. An Geld scheint es dem Gesamtunternehmen Fresenius/Helios nicht zu mangeln, so hat man jedenfalls per Pressemitteilung verlauten lassen und hinzugefügt, dass man sich auch nach Osteuropa und vor allem nach China ausbreiten wolle. Bei 15 Prozent ausgewiesenem Gewinn kein Wunder, dass der Konzern vor Kraft strotzt. – Was ihn aber nicht davor schützt, von einer Heuschrecke gefressen zu werden.
Richtig ist, dass sich in vielen Krankenhäusern ein großer Reformstau angehäuft hat, dass es an Personal fehlt, dass sie dramatisch unterfinanziert sind. Nach den Angaben der Obersten Landesgesundheitsbehörden fehlen den Krankenhäusern im Durchschnitt 135 Euro pro Krankenhausfall. Das ist aber kein Naturgesetz. Das sind die Versäumnisse der Politik, der Bundesländer und der Bundesregierung. Man hat hier bewusst, so muss man vermuten, ein Problem sich entwickeln lassen, um dann als Lösung die Kapitalspekulanten als die rettenden Engel einfliegen zu lassen.
Gerade für die Gewerkschaften müsste es eine zentrale Aufgabe sein, noch stärker gegen die Privatisierung – zu der auch teilweise die „Förderung des Ehrenamtes“ gehört – aktiv zu werden. Nicht zuletzt geht es neben den grundsätzlichen Bedenken gegen Privatisierungen öffentlicher Einrichtungen und neben den begründeten Interessen der dort Beschäftigten um zentrale Fragen der sozialen Sicherheit und des allgemeinen Lebensstandards aller Menschen.
Anmerkung WL: Zur Information: Der Bund besitzt direkt keine Anteile mehr an der Deutsche Post AG. Der Anteil der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) an der DPAG liegt nunmehr bei 30,6 %. Der Anteil der frei an der Börse gehandelten Aktien liegt bei 69,4 %.
Im Juni 2004 brachte die Deutsche Post AG die Deutsche Postbank AG an die Börse. Ca. 33,2 % der Postbankaktien wurden direkt an Privatanleger und institutionelle Investoren emittiert. Gleichzeitig begab die Deutsche Post AG auf einen Teil des von ihr gehaltenen Aktienkapitals der Postbank eine Umtauschanleihe mit dreijähriger Laufzeit. Die Umtauschanleihe wurde im Juli 2006 vorzeitig von der Emittentin gekündigt, so dass sich der frei handelbare Aktienanteil der Deutsche Postbank AG auf 49,9 % erhöht hat.
Zur Geschichte der Privatisierung der Post siehe die Darstellung des Bundesfinanzministeriums.