Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/AM/AT)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Die Schäuble-Show gegen die Steuerflucht
- Panama Papers
- Mindestlohn sollte nicht für Flüchtlinge gelten
- Große Mehrheit sagt: Arbeitnehmer sollten so viel Einfluss haben wie Arbeitgeber
- Das große Renten-Vergessen
- Steuerzahler zahlen Millionen für Schlecker-Pleite
- Sozialer Protest in Frankreich und Großbritannien
- Podemos sagt Nein zu rechtslastigem Pakt
- TTIP droht Referendum in den Niederlanden
- Afrikas Ausplünderung
- So halfen saudische Agenten den 9/11-Terroristen
- Aufstand der Scheinheiligen
- Bernie Sanders: Der Underdog kann es selbst kaum fassen
- Im Zweifel für die Kanzlerin: der Nonsens-Konsens der Leitmedien im Fall Böhmermann
- Das Letzte: “Beeindruckender Präsident”
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Die Schäuble-Show gegen die Steuerflucht
Die Führung von Konten für Briefkastenfirmen ist bei deutschen Banken gang und gäbe. Umso erstaunlicher ist, wie es Deutschlands Finanzminister gelingt, trotz dieses Versagens den Skandal zur eigenen Profilierung zu nutzen. Wolfgang Schäuble, so macht er die Öffentlichkeit glauben, ist in Wahrheit ein eiserner Vorkämpfer gegen das Geschäft mit dem schmutzigen Geld. Dafür präsentierte er zunächst einen 10-Punkte-Plan. Das klang schon mal gut, auch wenn nur erfolglose alte Vorhaben genannt waren.
Sodann versprach er mit seinen Kollegen aus Frankreich, Spanien, Italien und Großbritannien, dass Schluss sein soll mit anonymen Briefkastenfirmen. Ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte die Inszenierung am vergangenen Samstag in Washington. Da präsentierte der Minister anlässlich des Frühjahrstreffens von IWF und Weltbank ein von allen G20-Staaten unterzeichnetes Communiqué, mit dem sogar die chinesische und die russische Regierung versprechen, „Transparenz“ beim Eigentum an Firmen jedweder Art zu schaffen und gegen alle „Jurisdiktionen“ vorzugehen, die dabei nicht mitmachen. Dies sei schließlich „der Schlüssel“ im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche, erklärte Schäuble.
Dumm nur, dass dieselben Akteure das gleiche Programm 2009 schon einmal beschlossen hatten. Auch damals, beim G20-Gipfel in London, versprachen sie, gegen die Steuerfluchtländer vorzugehen. Ein weltweiter Transparenz- Standard sollte entstehen, und Verweigerern drohten Sanktionen. Die praktische Wirkung war jedoch gleich Null. Zwar unterschrieben alle Steuerfluchtländer entsprechende Verträge. Aber ihrem Geschäft tat das keinen Abbruch. Selbst die britischen Jungferninseln, wo 20 Mal mehr Scheinfirmen als Einwohner gemeldet sind, gerieten so auf die „weiße Liste“ der OECD.
Quelle: Harald Schumann im TagesspiegelAnmerkung JK: Wer ernsthaft glaubt, Schäuble würde irgendetwas tun, was der deutschen Oligarchie ernsthaft schadet, glaubt vermutlich auch an den Weihnachtsmann und an den Osterhasen.
- Panama Papers
- Wir zerrütten den Rechtsstaat
Hans Richter, 68 Jahre alt, ist einer der profiliertesten Wirtschaftsstrafrechtler der Republik. Als Leiter der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wirtschaft in Stuttgart hat er jahrzehntelang wegen krimineller Machenschaften in Unternehmen und Banken ermittelt: im Fall des Autoherstellers Porsche, bei der Landesbank LBBW und auch nach der Insolvenz des Drogeriemilliardärs Anton Schlecker.
ZEIT ONLINE: Herr Richter, was haben Sie gedacht, als die sogenannten Panama Papers veröffentlicht wurden?
Hans Richter: Ich habe gedacht: Na endlich!
ZEIT ONLINE: Weil die Papiere die grenzenlose Gier einiger Eliten öffentlich gemacht haben, wie jetzt viele meinen?
Richter: Nein, den Begriff der Gier halte ich in diesem Zusammenhang für unangebracht. Sicherlich gibt es Manager, Banker und Privatpersonen, die von Gier getrieben sind. Ich selbst habe einige dieser Menschen kennenlernen dürfen. Das eigentlich Anstößige an diesen Veröffentlichungen ist aber etwas Anderes.
ZEIT ONLINE: Nämlich?
Richter: Der Skandal ist, dass die Verschleierung von Vermögen im Ausland noch immer nicht in die Illegalität gedrängt wurde. Dass es noch immer systematisch möglich ist, auf diese Weise Geld und sonstiges Vermögen zu verstecken.
ZEIT ONLINE: Sie sagen also, die Politik ist das Problem – nicht die gierige Elite?
Richter: So ist es. Es ist doch zwingend, dass Manager, Banker, Unternehmer die Grenzen des Rechts ausloten. Das ist auch nicht zu verhindern oder gar zu verurteilen. Zum Problem wird das erst dann, wenn der Gesetzgeber zu viele Grauzonen offen lässt, in denen unklar ist, was strafrechtlich relevant ist und was nicht. Das zwingt die Bevölkerung immer öfter dazu, nicht mehr mit dem Recht zu argumentieren, sondern in den Kategorien von Ethik und Moral.
Quelle: ZEITAnmerkung JK: Leider muss man es immer wieder betonen: Die Machtlosigkeit der Justiz gegen den grassierenden Steuerbetrug der herrschenden Eliten ist politisch gewollt.
- Panama – das Wegschauen der Regierungen hat System
Seit vielen Jahren ist bekannt, welch unglaubliche Summen an privatem Finanzvermögen offshore gehalten werden. Schätzungen sprechen von 21.000 bis 32.000 Milliarden US-Dollar. Während den Staaten jährlich weltweit hunderte Milliarden Dollar durch Steuerbetrug der Reichen und Superreichen verloren gehen, nimmt man in Europa lieber den Sozialstaat ins Visier oder plant wie in Österreich Kürzungen bei der finanziellen Unterstützung für die Schwächsten der Gesellschaft.
Im weltweiten Offshore-Betrugssystem der wirtschaftlichen Eliten ist Panama kein Einzelfall. Seit Jahren ist bekannt, dass das Land rund 350.000 geheime Briefkastenfirmen beherbergt. Doch selbst mit dieser unglaublichen Zahl liegt das Land noch hinter Hongkong und den British Virgin Islands. Letztere lagen 2013 weltweit auf dem unglaublichen 4. Platz was die Summe an ausländischen „Direktinvestitionen“ betrifft.
Ironischerweise sind die British Virgin Islands auf einer „weißen Liste“ der OECD zu finden. Panama selbst ist „nur“ an 13. Stelle der Rangliste der intransparentesten Finanzplätze. All das zeigt, dass das globale Finanzsystem in weiten Teilen noch immer eine Transparenz-Wüste ist. Wie ist das möglich?
Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.atAnmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie hierzu erneut das Interview von Jens Wernicke mit Wolf Wetzel über den „Panama-Scoop“.
- Wie die “Panama Papers” Clinton schaden
Die “Panama Papiere” bringen Hillary Clinton in Bedrängnis: Wieso sind dort so viele Unternehmer zu finden, die dem Polit-Paar Clinton nahe stehen oder standen? Einmal mehr muss die Präsidentschaftsbewerberin ihr Verhältnis zum großen Geld erklären.
Was haben der Rechtsaußen-Brusttrommler Donald Trump und der US-Sozialist Bernie Sanders gemeinsam? Der republikanische wie der demokratische Präsidentschaftsbewerber reiten auf einer Welle des Establishment-Hasses unter den US-Wählern. Trump ist von einer Kandidatur für die Republikaner kaum noch abzuhalten und auch Sanders konnte die demokratische Präsidentschaftsfavoritin Hillary Clinton bislang überraschend stark unter Druck setzen. Nun geben die “Panama Papers” Sanders weitere Munition, um Clinton bei den Wählern als Teil ebenjenes Establishments zu diskreditieren – als Mitglied der Washingtoner Elite und Freundin des großen Geldes.
Wie die “Süddeutsche Zeitung” und die US-Mediengruppe McClatchy berichten, tauchen in den geleakten Unterlagen der Panama-Kanzlei Mossack Fonseca mehrere Wegbegleiter und großzügige Spender der Clintons auf. Den Unterlagen zufolge seien weder die Clintons noch die in den Papieren entdeckten Firmen der Clinton-Spender in illegale Aktivitäten involviert, heißt es in beiden Berichten. Dennoch zeigten sie eine fragwürdige Nähe von Hillary und Ex-Präsident Bill Clinton zu teils dubiosen Unternehmern.
Quelle: n-tvdazu: Wo sind all die Amis in den Panama Papers?
Es besteht für US-Bürger nur ein geringer Anreiz, Vermögen – ob legales oder illegales – in ausländischen Briefkastenfirmen zu verstecken.
Ana Owens, eine Anwältin für Steuerrecht einer renommierten Verbraucherschutz-NGO in den USA, sagt über die in den Panama Papers enthüllte Mossack Fonseca: „Dies ist eine Firma unter Tausenden auf der Welt und es gibt Hunderte, wenn nicht gar Tausende solcher Firmen in den USA. […]
Wenn eine Firma in den USA genau dasselbe für Dich tun kann wie diese Firma in Panama, dann kannst Du auch gleich die in den Staaten nehmen. Und es ist absolut legal.“ Der winzige Bundesstaat Delaware an der Ostküste der USA ist die Hochburg der US-amerikanischen Steueroasen. Mit dem Ziel, Firmen aus dem benachbarten New York abzuziehen, wurde die unternehmerfreundlichste Gesetzgebung in den USA geschmiedet.
Mit größtem Erfolg: mehr als die Hälfte aller börsennotierten US-Firmen hat heute ihren Sitz in Delaware. Es gibt mehr im Bundesstaat eingetragene Firmen als Einwohner. In Wilmington, der größten Stadt Delawares, haben 285,000 Firmen ihren Hauptsitz in einem einzigen kleinen Gebäude, Natasha del Toro vom Fusion Magazine hat in weniger als fünf Minuten eine Briefkastenfirma für ihre Katze Suki eröffnet – die ganze Absurdität des Briefkastensystems in a nutshell.
Quelle: Die Freiheitsliebe
- Wir zerrütten den Rechtsstaat
- Mindestlohn sollte nicht für Flüchtlinge gelten
Kein Mindestlohn und gering bezahlte Praktika: So sollen dem Chef des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung zufolge Flüchtlinge in den Jobmarkt integriert werden.
Der Mindestlohn soll erst mal nicht für Geflüchtete gelten. Das schlägt der neue Chef des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach, vor. “Eine temporäre Aufhebung des Mindestlohns, um diese Menschen in Arbeit zu bringen, begleitet von Sprachkursen und anderen Qualifikationsmaßnahmen, ist sinnvoll”, sagte er der Nachrichtenagentur dpa in Mannheim. Allerdings solle dies keine Dauerlösung sein, “sondern der Schritt in den Arbeitsmarkt hinein”. Auch Praktika, die zunächst geringer bezahlt sind, hält Wambach für sinnvoll.
Um die Sprachkenntnisse zu verbessern, seien zwar Sprachkurse wichtig, allerdings könne es auch helfen, die neue Sprache beim Arbeiten selbst zu lernen, so Wambach weiter: “Natürlich werden Sprachkurse benötigt, aber auf der Arbeit zu sein und mit Kolleginnen und Kollegen zu tun zu haben, ist eine gute Form, um schneller in die Sprache hineinzukommen.” Beim Thema Integration habe die Bundesrepublik aus Wambachs Sicht viel nachzuholen.
Die große Koalition will die Integration von Flüchtlingen mit mehr Jobs und Sprachkursen erleichtern. Vorgesehen ist zum Beispiel, für drei Jahre bei Asylbewerbern und Geduldeten auf die Vorrangprüfung zu verzichten, nach der ein Job zunächst einem deutschen oder europäischen Staatsbürger angeboten werden muss. Wambach begrüßte dieses Vorhaben. Außerdem sollen aus Bundesmitteln 100.000 zusätzliche “Arbeitsgelegenheiten” – quasi Ein-Euro-Jobs – geschaffen werden. Der ZEW-Chef sagte: “Das Ziel sollte sein, Flüchtlinge in qualitativ höherwertige Stellen hineinzubringen, aber Praktika oder geringfügige Beschäftigungen können der Einstieg sein.” […]
Quelle: Zeit OnlineAnmerkung unseres Lesers J.A.: Wer hat noch nicht, wer will noch mal? Diese wiederholte Forderung der Arbeitgeberlobbyisten ist unsäglich; man will die Arbeitsmarktkonkurrenz bei den Allerschwächsten noch weiter anheizen, den lächerlichen Mindestlohn noch weiter durchlöchern und die für alle Menschen irre wichtige Branchen Gesundheit und Pflege weiter zerstören. Ich wundere mich, warum nicht gleich Sklavenverhältnisse bzw. Arbeiten gegen Kost und Logis gefordert werden… aber letztendlich läuft das “Integrationsgesetz” der Regierungskoalition, mit 1-Euro-Jobs und der Förderung der Leiharbeit, auf genau dieselbe Zerstörung jeglicher Lohnuntergrenzen hinaus. Tatsächlich werden die Flüchtlinge in Leiharbeitsjobs doch bestens in die deutsche Realität integriert…
- Große Mehrheit sagt: Arbeitnehmer sollten so viel Einfluss haben wie Arbeitgeber
Sollten Arbeitnehmer am Arbeitsplatz genauso viel Einfluss haben wie Arbeitgeber? Ja, sagen die allermeisten Beschäftigten und verbinden mit „Betriebsrat“ oder „Mitbestimmung“ positive Assoziationen.
Arbeitnehmer sollten im Betrieb mitbestimmen – davon ist die große Mehrheit der Erwerbstätigen überzeugt, wie eine Analyse von Prof. Dr. Werner Nienhüser, Esther Glück und Dr. Heiko Hoßfeld von der Universität Duisburg-Essen zeigt. Die Forscher haben rund 1.900 Erwerbstätige – Arbeitnehmer und Arbeitgeber – nach ihren Einstellungen zur Mitsprache am Arbeitsplatz gefragt. In seiner von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Untersuchung ging das Team um den BWL-Professor Nienhüser zweigleisig vor, um besonders valide Antworten zu bekommen: Neben Antworten auf direkte Fragen erbaten die Forscher auch Assoziationen zu Schlüsselbegriffen der Mitbestimmung, weil diese Einblick in tiefer liegende Einstellungen zum Thema zulassen. Die genannten Assoziationen ließen die Wissenschaftler von den Befragten selbst als positiv, neutral oder negativ bewerten.
Der Anteil derjenigen, die finden, dass Arbeitnehmer mindestens gleich viel Einfluss haben sollten wie Arbeitgeber, liegt in der Befragung bei 65 Prozent. Noch deutlicher fällt die Gegenprobe aus: Der Aussage, dass Mitbestimmung falsch sei, stimmten nur 13 Prozent der Befragten zu. Dabei wurde nicht unterschieden zwischen betrieblicher Mitbestimmung und der Mitsprache in Aufsichtsräten. Die Auswertung der Assoziationen stützt das Ergebnis: Beim Stichwort „Mitbestimmung“ lag der Anteil positiver Assoziationen bei gut 67 Prozent, bei „Betriebsrat“ kamen sogar knapp 69 Prozent positive Nennungen.
Quelle: Hans Böckler StiftungAnmerkung Christian Reimann: Der Anspruch, mehr (auch innerbetriebliche) Demokratie zu wagen, hat also nichts an Aktualität und Attraktivität verloren.
- Das große Renten-Vergessen
Um kreative Umverteilungspolitik ging es 2001 bei der Riesterrente. Das ist geglückt – mit der Folge Altersarmut. Bei Anne Will wird deutlich, wie die Debatte sich seitdem gedreht hat. Da wäre Susanne Neumann, Putzfrau und Gewerkschaftsfunktionärin der IG Bau, als Beispiel für das „Besitzstandsdenken“ von Arbeitnehmern eingeladen worden. Gestern durfte sie über ihre Rentenanwartschaften berichten, die bei der an Krebs erkrankten Frau eine Erwerbsminderungsrente von 735 Euro bedeuten. Das ist unter heutigen Bedingungen noch nicht einmal schlecht. Frau Neumann hat eine kontinuierliche Erwerbsbiographie, außerdem noch Kindererziehungszeiten und Rentenansprüche aus einer früheren Ehe. Diese 735 Euro kommen dabei heraus, wenn die Politik besagte „Besitzstände“ kürzt. Den diversen Bundesregierungen seit dem Jahr 1989 kann man nicht vorwerfen, sie wären tatenlos geblieben. Der Umbau unseres Rentenversicherungssystems begann mit dem Rentenreformgesetz 1992, keineswegs erst im Jahr 2001 unter der Regierung Gerhard Schröders. Der 1982 geborene Porschen wird sicherlich zu jung sein, um sich an die damaligen Debatten zu erinnern. Diese standen unter einer Voraussetzung, die mit dem berühmten demographischen Wandel nur mittelbar etwas zu tun hatten. Es ging um eine schlichte ökonomische Frage: Wie können die Lohnkosten für die deutsche Exportindustrie reduziert werden?
Weil der Staat nicht die Löhne gesetzlich senken konnte, blieben nur die Sozialversicherungssysteme übrig. Über die Ausgestaltung dieser Lohnbestandteile verfügt der Gesetzgeber. Es ging darum, den wegen des demographischen Wandels zu erwartenden Anstieg dieser „Lohnnebenkosten“ zu reduzieren. Das betraf alle Zweige der Sozialversicherungen, aber die Rentenversicherung in besonderem Maße. In allen Sozialversicherungssystemen, egal wie man sie ausgestaltet, sind die Renten und Pensionen der mit Abstand teuerste Pfeiler.
Quelle: FAZAnmerkung unseres Leser J.A.: Eine bemerkenswert klare Analyse der falschen Verteilung über zu niedrige Löhne und der radikalen Umverteilung von unten nach oben. Warum stehen solche guten Artikel in der FAZ immer nur im Feuilleton, während die Wirtschaftslobbyisten die Ressorts Wirtschaft und Politik vollsudeln dürfen?
dazu: „Gesetzliche Rente robuster als die private Konkurrenz“
Deutschland diskutiert die Rente. Was bringt die private Vorsorge, wie gut ist die gesetzliche Rente? Arbeitsministerin Nahles preist ihre Vorzüge.
Quelle: FAZAnmerkung unseres Lesers J.A.: Und weil die gesetzliche Umlagerente besser ist als die “Privatvorsorge”, möchte Nahles die schlechtere Privatvorsorge ausweiten und die bessere gesetzliche Rente weiter schädigen. Logik á la SPD.
dazu auch: Die Riester-Rente muss weg
Der Staat verteilt großzügig Zuschüsse an Riester-Sparer. Das ist Geldverschwendung. Er sollte lieber das Niveau der gesetzlichen Altersvorsorge anheben.
Horst Seehofer hat vorgeschlagen, das Rentenniveau weniger stark abzusenken als geplant und gleichzeitig die staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge einzuschränken. Damit hat er sich heftige Kritik eingefangen. Sie kam unter anderem vom Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) , Marcel Fratzscher, und vom Präsidenten des Ifo-Instituts, Clemens Fuest .
Die Kritik überrascht nicht, weil Seehofer mit seinem Vorschlag einen Kurswechsel zu mehr Staat und weniger Finanzmarkt bei der Altersvorsorge fordert. Für die meisten Ökonomen ist das auch nach der Finanzkrise nur schwer zu schlucken. Doch die Erfahrung der letzten fünfzehn Jahre gibt Seehofer Recht. Das Konzept, die geringere staatliche Rente durch die Riester-Rente auszugleichen, ist gescheitert. Die Kosten haben einen großen Teil der Rendite aufgezehrt. Und in der Nullzins-Welt hat sich die Hoffnung, eine höhere Rendite als bei der gesetzlichen Rente zu erzielen, dann völlig zerschlagen.
Quelle: Peter Bofinger auf Spiegel OnlineAnmerkung JK: Leider geht auch Peter Bofinger Seehofers taktischem Wahlkampfmanöver auf den Leim. Jahrelang hat die CSU, die Zerstörung der gesetzlichen Rentenversicherung und die Absenkung des Rentenniveaus unterstützt und nun erkennt man ganz plötzlich, dass alles falsch war?
- Steuerzahler zahlen Millionen für Schlecker-Pleite
Der Untergang des Imperiums von Anton Schlecker wird die Steuerzahler einen hohen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Und die Bundesagentur für Arbeit ist nicht der einzige große Gläubiger. Die Steuerzahler bleiben auf einem hohen dreistelligen Millionenschaden aus der Schlecker-Pleite sitzen. Das ist gut fünf Jahre nach der spektakulären Insolvenz der Drogeriemarktkette so gut wie sicher. Der Löwenanteil des Schadens entfällt auf die Bundesagentur für Arbeit.
Der Zusammenbruch des einstigen Marktführers nach der Stellung des Insolvenzantrags am 23. Januar 2012 war so verheerend, dass die Bundesagentur für Arbeit monatelang Insolvenzgeld an mehr als 20.000 betroffene Beschäftigte zahlen musste. Allein die hohe Zahl der Betroffenen trieb den Schaden hoch.
Zwar hat die Bundesagentur rechtlich einen Anspruch auf Rückzahlungen aus der Insolvenzmasse, doch dass es dazu kommt, ist unwahrscheinlich. “Bisher sind keine Auszahlungen an die Insolvenz- und Massegläubiger erfolgt”, stellte ein Sprecher von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz am Donnerstag fest. Auch die künftigen Chancen sind gering. Schon im Herbst 2012 hatte Geiwitz bekannt gegeben, es drohe “Masseunzulänglichkeit” – ein juristischer Begriff, der signalisiert, dass die Gläubiger nur noch mit einer (in aller Regel minimalen) Rückzahlungsquote rechnen können.
Quelle: Welt Online - Sozialer Protest in Frankreich und Großbritannien
- Europas Jugend ist im Protest gespalten
Willkommen hier am 44. März“, heißt es zur Begrüßung auf dem Brüsseler Kunstberg. Dann werden kurz die Regeln für die Debatte erklärt. Schließlich ist die Bewegung neu hier in der Stadt. Die Hände schüttelnd nach oben recken heißt „Ja“, schütteln nach unten ist: „Nein“, Arme kreuzen bedeutet: „Geht gar nicht.“ Willkommen bei „Nuit debout“, der Nacht der Aufrechten. Die Protestwelle der Jungen, die sich gegen die neue Koalition der bürgerlichen Mitte aus Manschettenknopf-Siegelring-Bügelfalten-Bourgeoisie und Bio-Bürgern richtet, die ihre Politik unter dem Verweis auf das angeblich alternativlose Notwendige verkauft, hat nach Spanien und Frankreich nun auch Europas Zentrum erreicht – und trifft sich seit dem 9. April jede Nacht.
Von Madrid nahm die Bewegung der Indignados – der Aufrechten – ihren Ausgang. Und schwappte nun nach Frankreich über. Von dort übernahmen sie in Brüssel die Bezeichnung Nuit Debout – eigentlich „über Nacht wachbleiben“, frei übersetzt aber „Nacht der Aufrichten“. Rund 30 Diskutierende haben sich auf den Stufen des Kunstbergs eingefunden, die meisten unter dreißig. Unten glänzt die Stadt in der Sonne, in der Ferne funkelt das Atomium, links liegt die Königliche Bibliothek und im Rücken der Debattierrunde der Stadtpalast.
In Spanien hat sich der Protest der Indignados an der Sparpolitik in der Eurokrise entzündet, konkret am Räumen von Wohnungen säumiger Schuldner – die Aufrechten als Kalt-Enteignete. In Frankreich richtet er sich gegen die Arbeitsmarktreformen der sozialistischen Regierung – die Aufrechten als autonome Agenda-Gegner. In Belgien ließ die Immobilienkrise nur Banken taumeln, traf aber kaum die Eigner.
Quelle: FR Online - Breiten sich die französischen Sozialproteste auch in Deutschland aus?
Einige Besucher dachten zunächst an eine Theateraufführung, als sie im am Samstagabend am Mariannenplatz in Berlin-Kreuzberg ca. 90 Menschen sahen, die mit den Armen und Händen Zeichen gaben. Doch schnell stellte sich heraus, dass es sich um keine Kunstperformance, sondern um eine politische Aktion handelte. Es waren vor allem in Berlin lebende Franzosen, die die “Nuit Debout”-Aktionen auch in Deutschland etablieren wollen.
In Frankreich besetzten in den letzten Wochen vor allem junge Menschen Nacht für Nacht die Plätze verschiedener Städte, um gegen eine Arbeitsmarktreform zu protestieren, die zu massiven Einschränkungen für die Rechte der Lohnabhängigen führt. Im Grunde ist es eine französische Version der Agenda 2010 und soll zur weiteren Flexibilisierung des Arbeitsmarktes führen. Die Opposition gegen dieses Gesetz ist sehr groß. Die Gewerkschaftenund Studierendenverbände haben sich ebenso wie verschiedene Jugendorganisationen und selbst Teile der sozialdemokratischen Regierungspartei dagegen ausgesprochen.
Quelle: TelepolisAnmerkung JK: Es ist klar, dass darüber in den deutschen „Qualitätsmedien“ nur am Rande berichtet wird. Auch über das nachfolgende wird natürlich nicht berichtet.
- 150.000 Menschen auf der Straße
Zehntausende Menschen haben am Samstag in London gegen die Kürzungspolitik des britischen Premierministers David Cameron demonstriert. Nach Schätzungen der Nachrichtenagentur Press Association und der kommunistischen Tageszeitung Morning Star zogen 150.000 Teilnehmer zum Trafalgar Square im Zentrum der britischen Hauptstadt. Die Polizei machte keine Angaben zu deren Zahl.
Zu dem Protestzug aufgerufen hatte die unabhängige Organisation People’s Assembly, die gegen Kürzungen im Sozialbereich kämpft. Zu den Teilnehmern gehörten Anhänger der oppositionellen Labour-Partei und linker Organisationen, Gewerkschafter sowie Mitglieder der Friedensbewegung. Bei der Kundgebung wurden auch Rufe nach einem Rücktritt des konservativen Regierungschefs laut.
»Der Kampf gegen die Austerität ist ein Kampf unserer Zeit«, sagte die Labour-Politikerin Diane Abbott. Die Politik von Camerons Regierung bedrohe das britische Gesundheitssystem NHS, den Wohnungsbau der Kommunen und die Zukunft junger Menschen.
Quelle: junge WeltAnmerkung Christian Reimann: Wenn die SPD-Spitze den Erkenntnisstand dieser Labour-Politikerin hätte, wäre hierzulande schon viel gewonnen. Aber mit dieser Parteispitze ist das offenbar vergleichbar mit dem Warten auf den Sankt Nimmerleinstag.
dazu: Anti-austerity protest: tens of thousands attend London march
An anti-austerity march in London has attracted tens of thousands of people wielding banners with slogans, expletive-filled placards and pig effigies.
Protesters descended on central London in hundreds of coaches on Saturday to voice their outrage at the cuts imposed on public services by David Cameron and his government.
Quelle: The Guardian
- Europas Jugend ist im Protest gespalten
- Podemos sagt Nein zu rechtslastigem Pakt
Fast 90 Prozent der Sympathisanten lehnten es ab, ein Bündnis aus Rechtsliberalen und Sozialisten zu stützen. Die große Mehrheit der Podemos-Basis zeigt keinerlei Bedürfnis, den Sozialisten den Steigbügel für eine Regierungskoalition mit neoliberalen Parteien zu halten. Das ergab eine für verbindlich erklärte Abstimmung.
Nur noch ein Wunder kann Neuwahlen am 26. Juni in Spanien verhindern. Denn Mitglieder und Sympathisanten der linken Bewegung Podemos (Wir können es) haben sich mit einer Mehrheit von 90 Prozent in einer für verbindlich erklärten Abstimmung klar hinter die Parteiführung gestellt. 150.000 Personen nahmen teil, gab Organisationssekretär Pablo Echenique am Montagmittag bekannt. Von offiziell registrierten 400.000 Sympathisanten durften 207.000 Personen abstimmen, die sich in den vergangenen zwölf Monaten an Aktivitäten auf der Podemos-Webseite beteiligt hatten.
Echenique sprach von einer »historischen« Abstimmung, da sogar etwa 40.000 Menschen mehr teilgenommen haben als bei der Wahl von Pablo Iglesias zum Parteichef. Als die Sozialistische Arbeiterpartei Spaniens (PSOE) ihre Mitglieder kürzlich – und das auch nur unverbindlich – über ihren Regierungspakt mit der neoliberalen Bewegung Ciudadanos (Bürger) abstimmen ließ, nahmen 50.000 Personen weniger teil. Dabei hat die PSOE mehr Mitglieder als Podemos aktive Sympathisanten. Das zeigte schon an, dass auch viele Sozialisten Probleme mit dem Bündnis haben, da mit ihm viele Wahlversprechen gebrochen werden.
Nun stimmten aber mehr als 88 Prozent der Podemos-Basis dagegen, diese Koalition durch Stimmenthaltung bei der Vertrauensfrage im Parlament an die Macht zu bringen, um sie der regierenden Volkspartei (PP) zu nehmen. Mehr als 90 Prozent sprachen sich dagegen für eine Koalition von Podemos und PSOE aus. Dies aber lehnt Sozialistenchef Pedro Sánchez ab, weil es die Unterstützung baskischer und katalanischer Parteien benötigt. Mit Podemos fordern sie, wie in Schottland über die Unabhängigkeit Kataloniens abstimmen zu dürfen.
Quelle: Neues DeutschlandAnmerkung JK: Bravo, es ist richtig keinen Pfifferling mehr auf die verwesenden Kadaver der Sozialdemokratie zu setzen.
- TTIP droht Referendum in den Niederlanden
Als Thierry Baudet nach dem „Nein“ der Niederländer zum EU-Ukraine-Vertrag vor anderthalb Wochen nach neuen Zielen gefragt wurde, nannte der Mitinitiator des Referendums neben dem Euro das geplante Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten (TTIP). Tatsächlich sammelt eine Gruppe aus vier niederländischen Nichtregierungsorganisationen schon seit Monaten Unterschriften für ein solches Referendum. 108.000 Menschen haben die Petition bisher unterzeichnet. Seit dem Ukraine-Referendum verzeichnet die Initiative „Plattform TTIP Referendum“ neuen Zulauf, teilen die Initiatoren mit. Allein in den vergangenen anderthalb Wochen haben sie im Internet 40.000 neue Unterschriften gesammelt.
Ausgerechnet wenige Tage vor dem Besuch des amerikanischen Präsidenten Barack Obama kommt damit aus den Niederlanden neuer Gegenwind für die ohnehin seit Monaten schwierigen Gespräche über TTIP. Obama wird am kommenden Sonntag gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die Hannover Messe eröffnen. Er will seinen Besuch nicht zuletzt dafür nutzen, um für das Abkommen zu werben. Schon am Samstag wollen die Gegner in Hannover gegen TTIP und das schon ausgehandelte Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta) demonstrieren.
Quelle: FAZAnmerkung JK: Natürlich ein Horrorszenario für die Neoliberalen. Solche grundsätzlichen Entscheidungen sollte man selbstverständlich nicht dem Volk überlassen. Entscheidungen darüber sind in den Parlamenten besser aufgehoben. Dort fragt man wenigstens nicht nach, über was man da überhaupt abstimmt und welche Folgen dies für Land und Bürger hat?
- Afrikas Ausplünderung
In Afrika südlich der Sahara leben heute gut eine Milliarde Menschen, Mitte des Jahrhunderts werden es mehr als doppelt so viele sein. Und diese Menschen werden tun, was zum Menschsein dazugehört: Sie werden nach einer würdevollen Existenz streben; nach einer Perspektive, das eigene Leben zu gestalten. Finden sich solche Perspektiven, dann kann die Zukunft des jugendlichen Wachstumskontinents Afrika tatsächlich sehr erfreulich aussehen. Es gibt allerdings Gründe dafür, den Optimismus vorerst noch zu zügeln.
Plünderung von Afrikas Ressourcen, Korruption, Staatsversagen: Das sind viel zitierte Phänomene, die nun durch das, was die Panama Papers hergeben, ein wenig konkreter an Gestalt gewinnen. Die Akten der Firma Mossack Fonseca illustrieren an Beispielen, wie einheimische Machteliten und ausländische Geschäftemacher die Erlöse aus Bodenschätzen über Briefkastenfirmen außer Landes schaffen, vorbei an der Mehrheit des Volkes, vorbei an den Steuerkassen. Zurück bleiben schwache, dysfunktionale Staaten und erniedrigte Völker.
Jedes Jahr fließen mindestens 53 Milliarden Euro auf illegalen Wegen aus Afrika heraus, manchen Schätzungen zufolge könnte es auch mehr als das Doppelte sein. Deutlich mehr jedenfalls als die Summe all dessen, was im selben Zeitraum an Entwicklungshilfe hineinfließt. Könnte es sein, dass die internationale Gemeinschaft, wenn es um die Bekämpfung von Armut (und, wie es neuerdings heißt, “Fluchtursachen”) geht, ein paar Prioritäten falsch gesetzt hat?
Korruption und Steuerbetrug in diesen Ausmaßen zerstören nicht nur unmittelbar die Funktionsfähigkeit staatlicher Organe, sie untergraben auch langfristig das Vertrauen in den Staat. Junge Menschen, die den Staat und seine Eliten vor allem als Plünderer erleben, suchen sich andere Loyalitäten. Es ist kein Zufall, dass islamistische Terrorgruppen oft und erfolgreich mit Kampfansagen gegen Korruption für sich werben.
Quelle: Süddeutsche - So halfen saudische Agenten den 9/11-Terroristen
Noch immer hält die US-Regierung ein Dossier über den 11. September 2001 zurück. Kurz vor Barack Obamas Besuch in Saudi-Arabien werden die Verwicklungen des Königreichs in die Terroranschläge bekannt.
Der Demokrat Bob Graham war achtzehn Jahre lang Mitglied des US-Senats und hatte dabei ein Jahrzehnt die Geheimdienste kontrolliert. Seit dreizehn Jahren ist er im Ruhestand. Jetzt, wenige Monate vor seinem 80. Geburtstag, hat er die USA erschüttert. In einem Interview mit dem Sender CBS verriet er letzte Woche ein Staatsgeheimnis.
Graham wurde auf die Hijacker angesprochen, die am 11. September 2001 vier Flugzeuge entführt und sie in das World Trade Center und das Pentagon gesteuert hatten: Hatten die Entführer im Vorfeld Hilfe bekommen? Ex-Senator Graham bestätigte: “Ja, von den Saudis.” Die Hilfe sei “substanziell” gewesen. Und er bestätigte ebenfalls, dass er mit “den Saudis” die dortige Regierung, einflussreiche Wohlfahrtsverbände und wohlhabende Einzelpersonen meinte. Fünfzehn der neunzehn Entführer stammten aus dem Königreich Saudi-Arabien. Die Attentäter ermordeten am 11. September 2001 fast 3000 Menschen.
Graham war von einem Reporter der CBS-Sendung “60 Minutes” interviewt worden. Thema war ein sagenumwobenes Geheimdossier, das die US-Regierung noch unter George W. Bush nach den Anschlägen unter anderem vom FBI verfassen ließ. Das 28 Seiten lange Dokument beleuchtet, wer die Entführer in den USA unterstützte. Es ist so brisant, dass es noch immer unter Verschluss gehalten wird.
Graham gehörte einer von zwei Kommissionen an, die klären sollten, ob die Sicherheitsbehörden der USA die Anschläge von New York und Washington hätten verhindern können. Die Mitglieder der Kommissionen durften das Geheimdossier nur einsehen. Darüber sprechen dürfen sie eigentlich bis heute nicht, ihr Wissen durfte nicht einmal in den Abschlussbericht der Kommissionen einfließen. Doch Graham und andere Mitglieder deuteten nun in Interviews an, was in dem Papier steht.
Quelle: Welt Onlinedazu: 28 Pages
Former Sen. Bob Graham and others urge the Obama administration to declassify redacted pages of a report that holds 9/11 secrets
Quelle: CBS NewsAnmerkung Christian Deppe: Wer über den 11.09.2001 nicht sprechen will, sollte über den IS schweigen. CBS veröffentlichte am 10.04.2016 ein Interview zu einem Aspekt der angeblichen Anschläge von 19 arabischen Terroristen auf das WTC und das Pentagon. Das Interview behandelt die geheimnisvollen 28 Seiten, die zwar Bestandteil der Aufklärung der Ereignisse durch einen Senatsausschuss sind, jedoch von Präsident Bush von der Veröffentlichung ausgenommen wurden. Sie behandeln die Finanzierung und Unterstützung der angeblichen Terroristen durch saudi-arabische Gelder und Personen. Das Interview wie auch viele andere Veröffentlichungen machen deutlich, dass es in den USA eine breite Bewegung gibt, die nicht nur auf die Veröffentlichung der Seiten dringt, sondern mit einer großen Fülle von Belegen und Argumenten eine neue Untersuchung der Vorfälle vom 11.9. fordert. …
Seit dem 11.9. halten der Terror und die Abwehr des Terrors die Welt in Atem, mit allen negativen Folgen für die Demokratie, die Bürger- und Freiheitsrechte. Basierend auf einem unfassbaren Verbrechen und anhaltendem Betrug wurden und werden Kriege angezettelt, Menschen gezielt getötet, Länder verwüstet und die Verfassungen ausgehebelt. Unsere Politiker, die es besser wissen werden, schweigen und lassen es zu, dass die Welt in den Sog eines Dauerkriegs gerät, der von manchen als Beginn des 3. Weltkriegs bezeichnet wird (s. z.B. die Interviews mit Niels Harrit). - Aufstand der Scheinheiligen
Brasiliens Kongress zeigt sein wahres Gesicht. Die Mehrheit der Abgeordneten hat nicht nur für die Absetzung von Präsidentin Dilma Rousseff votiert. Die Parlamentarier haben mit verfassungsrechtlich fragwürdigen Mitteln das havarierte Staatsschiff Brasilien auf einen strammen Rechtskurs gebracht.
Die meisten Abgeordneten beriefen sich bei der Stimmabgabe auf Gott und die Familie. Jair Bolsonaro verteidigte gar in flammenden Worten einen der schlimmsten Folterer der Militärdiktatur. Andere warnten vor der kommunistischen Gefahr, die von der linken Arbeiterpartei PT ausgehe. Der PT gehört Rousseff ebenso an wie Ex-Präsident Lula.
Rousseff soll die Haushaltszahlen geschönt und illegal Spenden eingesetzt haben. Doch es geht auch um etwas anderes: Ihr knapper Wahlsieg vor zwei Jahren täuschte darüber hinweg, dass ein großer Teil der brasilianischen Gesellschaft strukturell konservativ gesinnt ist.
Der Einfluss evangelikaler Kirchen, die im größten Land Lateinamerikas beständig an Einfluss gewinnen, war nun auch in den Auftritten vieler Abgeordneter unübersehbar – ebenso wie die Scheinheiligkeit, die vielen dieser Prediger eigen ist. “Gott erbarme sich unseres Landes!”, rief ausgerechnet der mächtige evangelikale Parlamentspräsident Eduardo Cunha, der vor dem Obersten Bundesgerichtshof wegen Korruption angeklagt ist. Er soll 40 Millionen US-Dollar Schmiergelder kassiert haben und mehrere Konten in der Schweiz besitzen.
Gegen 60 Prozent der 594 Kongressmitglieder laufen Verfahren, unter anderem wegen Korruption, Stimmenkauf, Entführung und Mord. Als “Orgasmus eines verfaulten Systems” bezeichnete der Kolumnist Clovis Rossi in der Zeitung “Folha de Sao Paulo” den Amtsenthebungsprozess gegen Rousseff.
Quelle: Spiegel Onlinedazu: Behind Brazil’s ‘Regime Change’
Brazil and China shunned President George W. Bush’s unipolar foreign policy; each supported a more multipolar view of the world. So Washington’s neoconservatives began to strengthen ties with Brazil’s center-right opposition. Politically, this opposition comprised conservative social democrats (PSDB), Democrats, and Lula’s more liberal allies, juridical authorities and military leaders. Economically, it featured the narrow elite, which reigns over an unequal economy polarized by class and race, as well as conservative and highly concentrated media conglomerates owned by a few families, including Marinho brothers’ Grupo Globo. The demonstrators represent a multitude of groups, such as Free Brazil movement, neoliberal activists, Students for Liberty, Revolted Online etc. – but several have cooperated with or been funded by, the Koch brothers, the John Templeton Foundation, National Endowment for Democracy and many others.
Quelle: consortiumsnewsAnmerkung JK: Ein weiterer, mit Hilfe der alten Eliten Brasiliens, durch die USA inszenierter, Regime Change?
- Bernie Sanders: Der Underdog kann es selbst kaum fassen
Der Weg zu Lisa Flythe führt vorbei an einem schäbigen Wellblechzaun, einer verbeulten Mülltonne und einer verrosteten Eisentür. Das Gebäude an der Achten Straße in Brooklyn lässt an einen Schuppen denken, der kurz vor dem Abriss steht. In den Jahren der Prohibition wurde hier illegal Alkohol ausgeschenkt, später betrieben Mütter aus der Nachbarschaft einen Windelservice; heute aber stehen Kartons mit Bernie-Sanders-Plakaten und Bernie-Sanders-Buttons kreuz und quer auf dem ganzen Boden verteilt. An einer Wandtafel steht, was “Team Bernie New York” am nötigsten braucht: Es fehlen Fahrradständer, Snacks, Erste-Hilfe-Kästen, Kaffeefilter.
Drei Kilometer entfernt, im Betonambiente der Downtown Brooklyns, haben die Wahlhelfer Hillary Clintons die elfte Etage eines Hochhauses bezogen, dessen Hauptmieter die Banker von Morgan Stanley sind. Wer nicht angemeldet ist, kommt nur bis zum Rezeptionisten; der Versuch, sich anzumelden, scheitert: Oben geht niemand ans Telefon.
So spontan und chaotisch es bei den Sanders-Leuten zugeht, so abgeschottet arbeitet der Clinton-Stab. Zwei Kandidatenbüros, zwei Welten – exemplarisch für den Kontrast zwischen den Rivalen.
Quelle: der standarddazu: „Change“ diesmal ohne Geld von oben
Es ist schon beeindruckend, was sich nach mehreren Jahrzehnten demokratischer Entleerung, institutionalisierter Menschenfeindlichkeit und forcierter ökonomischer Ausgrenzung aktuell in den Vereinigten Staaten beobachten lässt. Wer hätte gedacht, dass das Land, in dem sich der Neoliberalismus unter allen westlichen Ländern in seiner rohesten und rücksichtslosesten Variante durchgesetzt hat, eine Bewegung hervorbringt, die aktuell einen Mann zumindest zum gefühlten Präsidenten macht, der etwas tut, von dem man im Mainstream der meisten europäischen Länder derzeit nur träumen kann: die zentralen und drängendsten gesellschaftlichen Probleme unverblümt und ohne Bückling vor den herrschenden Kreisen auf die Agenda zu setzen, um so die Köpfe der Menschen zu defragmentieren und ein kollektives Bewusstsein zu schaffen, das sich so einfach nicht mehr beseitigen lassen wird.
Bernie Sanders Wahlkampf kann man getrost als Aufklärungskampagne sehen, in der die Breite der Bevölkerung darauf aufmerksam gemacht wird, dass es sich bei den Vereinigten Staaten um keine Demokratie, sondern eben eine Oligarchie handelt, in der Wahlen gekauft werden und die Walton Milliardärsfamilie (Walmart) beispielsweise mehr Vermögen besitzt, als die unteren 40% der US-Bevölkerung zusammen. Sanders erinnert in seiner Kampagne an jüngere US-Kriege und jahrzehntelange Regime Changes, die die Welt verwüstet haben und holt auf diese Weise das nach, was im Geschichtsunterricht gern ausgelassen wird. Er legt den Finger unnachgiebig in die Wunde der explodierten Ungleichheit, der enormen Armut und zerfallenden Infrastruktur und des tiefgreifenden Rassismus im Land. Dabei vertritt er einen konsequenten inklusiven gesellschaftlichen Ansatz, der die unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen und benachteiligten Minderheiten zusammenführt (als Antithese zu Trumps Rassismus und Misanthropie, die die Überspitzungen eines verrohten Zeitgeistes darstellen, der über lange Jahre von oben angestiftet wurde). Und er ruft die Menschen dazu auf, dass sie füreinander eintreten und sich dabei einem Establishment entgegenstellen, das egoistische und verheerende Interessen verfolgt.
Quelle: Maskenfall - Im Zweifel für die Kanzlerin: der Nonsens-Konsens der Leitmedien im Fall Böhmermann
Die Ausführungen der Bundeskanzlerin klangen nachvollziehbar und um eines ihrer Standardworte zu bemühen, geradezu „alternativlos“. Nicht die Politik, sondern die Justiz sei in einem Rechtsstaat für ein Beleidigungsverfahren zuständig, und mit der „Ermächtigung“ der Staatsanwaltschaft sorge man dafür, dass der Fall genau dorthin verlagert werde, wohin er gehöre. Das war gleich doppelt falsch und ein überaus durchsichtiges Manöver. […]
Tatsächlich basierte das gesamte rhetorische Konstrukt der Kanzlerin bei ihrer Erklärung zum Fall Böhmermann auf einer Unwahrheit, und es wäre nur billig gewesen, wenn die Leitmedien des Landes ihr dafür en gros die Leviten gelesen hätten. Statt dessen gab es eine merkwürdig breite Allianz der Zustimmung, die Merkel für ihr Vorgehen erntete. So nimmt SZ-Kommentator Heribert Prantl, selbst studierter Jurist, die Politikerin am Freitag schon mal vorsorglich gegenüber Kritikern in Schutz: „Dass die Justiz den Fall Böhmermann/Erdogan prüfen soll, (…) klingt so, als würde die Kanzlerin Böhmermann quasi ans Messer liefern. Aber das ist Unsinn. Die Übergabe der Causa an die Justiz ist kein Kotau vor Erdogan (wie dies auch die SPD meint), sondern der Gang der Dinge in einem Rechtsstaat. Der Fall kommt jetzt aus der Sphäre der Opportunität in die Sphäre der Legalität. So ist es Recht.“ Wirklich?
Die FAZ spricht angesichts der auch im Ausland gängigen Ansicht, die Kanzlerin habe vor Erdogan gekuscht, von einem „Trugschluss“ und bringt eine ganz neue Merkel-freundliche Lesart in die Debatte: „All diejenigen nämlich, die fordern, dass Angela Merkel den ZDF-Moderator vor einem Prozess schützen müsse; die Vertreter aus dem Kulturbetrieb oder dem Showbusiness, die meinen, dass sei allein ein Fall für eine publizistische Debatte – was es selbstverständlich auch ist -, reden einem Obrigkeitsstaat das Wort, in dem Politiker alle Macht haben, jemanden zu verfolgen oder zu schützen.“ Und auch Spiegel Online („Eine Lektion in Sachen Rechtsstaatlichkeit“) fiel am Freitag auf den Hütchen-Trick der Kanzlerin und ihre Nur-die-Ermächtigung-kann-die-Staatsanwaltschaft-einschalten-Gebetsmühle herein: „Mit der Übernahme des Falles durch die Justiz besteht nun die Chance, dass endlich rational über ihn geredet werden kann. Die Kanzlerin hat heute den ersten Schritt unternommen.“ Das war Nonsens, aber bei etlichen Leitmedien Konsens. Dabei war die Faktenlage klar und mühelos zu recherchieren.
Quelle: Meedia - Das Letzte: “Beeindruckender Präsident”
Sigmar Gabriel lobt Ägyptens Präsident Al-Sissi, dessen Regime mit harter Hand regiert. Sind Gabriel Aufträge für die Wirtschaft wichtiger als die Menschenrechtslage? […]
Dabei hat Gabriel die prekäre Menschenrechtslage im Land am Nil durchaus offen angesprochen. Und über die stotternde Wirtschaftsentwicklung haben Minister und Präsident gesprochen, auch über die Perspektivlosigkeit der großen jungen Bevölkerung in Ägypten. “Die Stabilität in Europa hängt mit der Stabilität in Ägypten zusammen”, lässt Gabriel die Journalisten wissen. Das Dilemma, zwischen diesem Sicherheitsinteresse und der deutlichen Kritik an der Brutalität des Herrschers manövrieren zu müssen, lässt sich nicht so einfach auflösen. Beides in der Öffentlichkeit mit gleichem Gewicht zu versehen, ist Gabriel jedenfalls nicht gelungen. Denn trotz der Bemühungen, die Menschenrechte nicht unter den Tisch fallen zu lassen, dürfte bei den ägyptischen, staatsnahen Medien eben doch vor allem der Satz mit dem “beeindruckenden Präsidenten” hängen bleiben.
Quelle: Zeit Onlinedazu: Beeindruckende deutsche Diplomatie
Quelle: Klaus Stuttmann