Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Altersarmut: “Sehenden Auges ins offene Messer gerannt”
- »Es geht um organisierte Kriminalität der Reichen und Mächtigen«
- Die Deflation ist ein Meister aus Deutschland – und die EZB ist sein Opfer
- “Wir wiederholen die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre”
- Eurokrise: Staats- oder Marktversagen?
- Öffentlich-Private-Partnerschaften – Des Kaisers neue Kleider?
- Länderspezifische Konzernberichte: EU-Kommissionsvorschlag enttäuscht auf ganzer Linie
- Exklusiv: Die geheimen Abschiebepläne der EU
- Deutschlands Führungsrolle
- Lobbyismus in Schulen: Wenn der silberne Stern im Physikheft prangt
- Diskussion um Fallpauschalen in Kliniken
- Protest in Frankreich: Die neuen Nachtwächter von links
- Pressefreiheit in der Türkei: “Wir werden kämpfen und gewinnen”
- SPD-Umfragetief: Müntefering lobt Gabriel als “sehr verantwortlich”
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Altersarmut: “Sehenden Auges ins offene Messer gerannt”
Jedem zweiten Deutschen, der 2030 in Rente geht, droht die Altersarmut. Die Absenkung der Renten ist eine der Ursachen dafür, insbesondere weil die Riester-Rente gefloppt sei, sagt Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Gesamtverbands, im DLF. Ohne Reformen wird das Rentensystem gegen die Wand fahren.
Dirk-Oliver Heckmann: Der Westdeutsche Rundfunk, der hat unter Berufung auf eigene Recherchen und Berechnungen gemeldet: Jedem zweiten Deutschen, der 2030 in Rente geht, droht die Altersarmut. Ist das eine seriöse Einschätzung? Das habe ich vor dieser Sendung Ulrich Schneider gefragt, den Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Gesamtverbands.
Ulrich Schneider: Das ist eine seriöse Einschätzung. Man kann jetzt über die eine oder andere Zahl noch mal nachgrübeln, aber in der Richtung stimmt es und es ist auch nicht dramatisiert oder übertrieben. Es ist im Übrigen auch eine Rechnung, die selbst Frau von der Leyen schon mal vor einigen Jahren so aufgemacht hat, um deutlich zu machen, wir brauchen Reformen im Rentensystem, sonst fährt dieses System gegen die Wand.
Quelle: Deutschlandradiodazu: Widerstand in der CDU gegen neue Rentenpläne
Hessens Finanzminister Schäfer nennt Vorstöße von SPD und CSU für höheres Rentenniveau „unbezahlbar“. Auch Unionsfraktionschef Kauder warnt vor einem „irren Rentenwahlkampf“. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer stoßen mit ihren Forderungen nach einem höheren gesetzlichen Rentenniveau auf Widerstand in der CDU. Nach dem Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, hat sich auch Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) von den Vorstößen distanziert. Zwar gebe es Anlass, über Wege zu einer ausreichenden Alterssicherung zu reden. Nun aber sei eine Debatte entbrannt, „die so tut, als gebe es das Demographieproblem nicht mehr“, warnte er im Gespräch mit Journalisten. Dabei sei „klar, dass Lösungen über die gesetzliche Rentenversicherung unbezahlbar werden“.
Auch parteitaktisch hält Schäfer nichts von den Vorstößen für eine höhere gesetzlichen Rente. Er rate davon ab, „täglich eine andere Sau durchs Dorf zu treiben“. Am Ende werde es darum gehen, „wem man zutraut nicht nur auf Tagesfragen zu reagieren, sondern auch die Herausforderungen der nächsten 15 Jahre zu lösen“. Unionsfraktionschef Kauder hatte zuvor gewarnt, niemand solle ein Interesse an einem „irren Rentenwahlkampf haben“.SPD-Chef Gabriel hatte verlangt, noch vor der vor der Bundestagswahl die Rentenformel zu ändern, um für ein höheres Rentenniveau zu sorgen. Falls die Union nicht mitmache, werde die SPD dies „bei der Bundestagswahl zur Abstimmung stellen“. Daraufhin forderte Seehofer, der die Debatte am Freitag angestoßen hatte, ebenfalls eine schnelle Reform.
Quelle: FAZAnmerkung unseres Lesers J.A.: Bis heute haben Seehofer und Gabriel nur von Rentenerhöhungen geraunt, ohne konkrete Pläne auf den Tisch zu legen. Das scheint der Trick gewesen zu sein: beide konnten sich sozial geben in der sicheren Gewissheit, daß die CDU sofort widersprechen würde. Und dann können die kleineren Koalitionspartner CSU und SPD natürlich nichts machen… Daß die Aussagen und Vorstellungen der CDU inhaltlich völliger Unsinn sind, spielt leider keine Rolle.
- »Es geht um organisierte Kriminalität der Reichen und Mächtigen«
Rede von Sahra Wagenknecht in der Aktuellen Stunde des Bundestages am 13.04.2016 zu den Panama Papers
Es ist schon beeindruckend, welche Hyperaktivität die Bundesregierung plötzlich entfaltet. 10-Punkte Plan, Forderungen nach „weltweiter Transparenz“ und Verbot von Briefkastenfirmen. Es ist wirklich bemerkenswert, wie Sie versuchen, die Öffentlichkeit für blöd zu verkaufen. Wollen uns ernsthaft weismachen, dass sie erst durch die Panama Papers entdeckt haben, dass Briefkastenfirmen zur Steuerhinterziehung, Geldwäsche und für andere kriminelle Handlungen missbraucht werden? Während die Regierung hier den Robin Hood im Kampf gegen die großen Steuerhinterzieher gibt, hat sie real alles dafür getan, dass die Geldwäsche- und Steuerhinterziehungsmafia auch in Zukunft völlig unbehelligt ihren dunklen Geschäften nachgehen kann.
Quelle: YoutubeHinweis: Den Text der Rede gibt es hier.
dazu: Panama? Deutschland!
Fabio De Masi sieht in der Bundesregierung den zentralen Bremsklotz bei der Bekämpfung von Steueroasen
Nur 63 Menschen besitzen so viel wie die Hälfte der Weltbevölkerung. Das haben die nicht erarbeitet. Wenn eine Minderheit ein immer größeres Stück vom Kuchen verlangt, muss sie der Mehrheit etwas wegnehmen. Bereits Jesus wusste: Eher wird ein Kamel durch ein Nadelöhr gehen als ein Reicher ins Paradies kommen. Der arme Jesus konnte aber nicht wissen, dass es dafür Steueroasen gibt. Wie solche Schattenfinanzplätze funktionieren, zeigen uns die »Panama Papers«. Bei dem Leak geht es um Milliarden schmutzigen Geldes – auch für Terrorismus. Banken unter Kontrolle des Islamischen Staates nutzen weiterhin das SWIFT-System für internationalen Zahlungsverkehr und können daher leicht Geld waschen.
Quelle: Fabio De Masi, Neues Deutschlanddazu auch: Geschäftszweck: globaler Betrug
Was ist der Einbruch in eine Bank gegenüber der Gründung einer Bank? Im Lichte der Panama Papers ist diese Frage von Bertolt Brecht überholt. Heute ist es viel einfacher, eine Briefkastenfirma zu gründen. Unser Autor erklärt, warum das so ist.
Eine Briefkastenfirma ist eine juristische Person mit dem Segen irgendeines Piratenstaats. Die Scheinklitsche darf so ziemlich alles, was eine natürliche Person auch machen darf, nur (noch) nicht wählen. Und mit einem solchen Tarnunternehmen lassen sich alle denkbaren kriminellen Schweinereien anstellen. Und wie reagiert unsere Politik? Die Verantwortlichen von Berlin bis Stuttgart sind vom Ausmaß der Aufdeckungen völlig überrascht, sehen “Handlungsbedarf” (Politiksprech), um Steuerflucht und Terrorgefahr zu bekämpfen – und tauchen schnell wieder ab. Wirtschaftskriminalität war noch nie ein beliebtes Thema unter Politikern.
Quelle: Kontext: WochenzeitungIn der Gesamtausgabe von Kontext lesen sie diese Woche unter anderem:
- Öde Landschaften: Was im Stuttgarter Pressehaus passiert, ist übel, aber nicht originell. Mit der Fusion zur StZN ahmt Verleger Richard Rebmann nur nach, was andernorts schon Praxis ist. Ein Überblick über eine Zeitungslandschaft, die mehr und mehr verödet.
- Ohne Sinn und Verstand: Erfurt und Stuttgart haben etwas gemeinsam: Zeitungen werden fusioniert, Redakteure entlassen. Ein Gespräch mit Sergej Lochthofen, dem früheren Chefredakteur der “Thüringer Allgemeinen”, über den neuen Stuttgarter Weg, den Aufschrei der Thüringer Politik und die Seele einer Zeitung.
- Die Gockel-Retterin: Skandalthema Kükenmord: Inga Günther kämpft dagegen – und gegen die Vorherrschaft der Agrarkonzerne. Sie züchtet das “Öko-Huhn der Zukunft”. Schmeckt gut, ist glücklich und gesund.
- Schlupflöcher schließen: Armin Renz hat eine Briefkastenfirma. Jährlich liefert er bis zu einer Million reale Anlagen für Briefe und Pakete. Schwarzgeld und Geldwäsche kommen ihm nicht in den Kasten. Und den Ruf seines Familienunternehmens will er sich von Scheinfirmen nicht kaputt machen lassen.
- Jugend gibt Orientierung: So stachlig wie der Igel in ihrem Logo will auch die Grüne Jugend Baden-Württemberg sein. Deshalb positioniert sie sich als Wächterin des “ökologischen, emanzipatorischen und progressiv-sozialen Profils” der Gesamtpartei. Erst recht während der komplizierten Koalitionsverhandlungen mit der CDU.
- Der heimliche Ehrenvorsitzende: Günther Oettinger hat eine Rechnung offen mit Baden-Württemberg, seit er vor sechs Jahren auf Druck der Kanzlerin nach Brüssel rotieren musste. Jetzt wittert er die Chance, sein Image zu polieren: als brückenbauender Strippenzieher.
- Zyniker und Philanthropen in Hellas: Zehntausende Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten versauern in griechischen Flüchtlingsgettos. Die auffälligsten Sammelstellen des politischen Versagens will Athen nun verlagern ins Hinterniemandsland der Provinz. Ein Bericht von den Abgründen der Politik und der Hilfe der kleinen Leute.
- Die Deflation ist ein Meister aus Deutschland – und die EZB ist sein Opfer
Was wir in diesen Tagen in Europa erleben, ist eine Tragödie historischen Ausmaßes. Ein Land namens Deutschland kämpft nahezu geschlossen gegen die wirtschaftspolitischen Konsequenzen seiner eigenen Fehler, macht aber alle anderen, nur niemals sich selbst verantwortlich für das, was geschehen ist. Insbesondere die christlichen Parteien, die jahrzehntelang dem deutschen Volk eingeredet haben, die Unabhängigkeit der Zentralbank sei eine der wichtigsten Errungenschaften einer Demokratie überhaupt, zeigen mit ihren blindwütigen Angriffen auf die EZB und deren Zinspolitik, dass sie keinerlei Prinzipien und Gesetze kennen, wenn es um ihre primitiven Parteiinteressen geht. Das intellektuelle Niveau der Angriffe ist zwar unterirdisch, die mangelnde geistige Potenz wird aber aufgewogen durch die beinahe täglich zunehmende politische Brutalität, die sich mehr und mehr auch persönlich gegen den Präsidenten der EZB, Mario Draghi, richtet.
Woher kommt die europäische Deflation, die den Kern des Problems ausmacht und in deren Gefolge die EZB die Zinsen auf Null senkte? Ist sie vom Himmel gefallen? Hat die EZB sie verursacht? Haben andere Länder in Europa sie zu verantworten? Diese einfachen Fragen müssten auch kritische Medien in Deutschland jeden Tag stellen und jeder, der intellektuell auch nur halbwegs ehrlich ist, kann sie auch sofort beantworten. Aber statt sie zu beantworten, machen die meisten deutschen Medien das Spiel mit und erwecken den Eindruck, hinter dem Irrsinn könne doch noch irgendein Sinn stecken (so gerade der Spiegel in einer langen Geschichte).
Quelle: flassbeck-economicsdazu: Die Bundesregierung kämpft gegen die Schwerkraft
Die Konjunkturäpfel fallen tonnenweise von den Bäumen, die Bundesregierung aber bestreitet jeden Zusammenhang mit der Schwerkraft. So und nicht anders muss man das aktuelle Verhalten der Bundesregierung in ihrem angeblichen Kampf für die Interessen der deutschen Sparer und Privatvorsorger gegenüber der EZB und Mario Draghi beschreiben. Weil die Bundesregierung über das Gesetz der Schwerkraft ihrer eigenen Politik nicht sprechen möchte (oder – noch schlimmer – das Gesetz der Schwerkraft nicht einmal kennt) stürzt sie sich auf Mario Draghis vollkommen harmlose Antwort auf die Frage eines Journalisten in einer Pressekonferenz, wonach Helikoptergeld ein „interessantes Konzept“ sei, um das Bild eines EURO-Kulturkampfes an die Wand zu malen.
Quelle: Erik Jochem auf flassbeck-economicsdazu auch: Kritik an Draghi ist noch keine Lösung
Die Kritik an der Europäischen Zentralbank ist groß. Aber sieben prominente Ökonomen fragen: Wo bleibt die konstruktive Antwort auf die Krise Europas? Die Eurozone verharrt weiter in einer tiefen, vor allem makroökonomischen Krise. Eine robuste Weltwirtschaft und der fallende Ölpreis haben Europas Wirtschaft eine Zeit lang gestützt. Doch spätestens jetzt zeigt sich, dass sich die Eurozone nur durch viel entschiedeneres eigenes Handeln aus der Krise ziehen kann. Eine Antwort, die neuerliche Lockerung der Geldpolitik durch die Europäische Zentralbank (EZB), wurde in Deutschland meist scharf und zu einseitig attackiert. Geldpolitisches Nichtstun scheint die bevorzugte Option vieler in Deutschland.
Quelle: FAZ - “Wir wiederholen die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre”
Yanis Varoufakis und Oskar Lafontaine warnen gemeinsam vor Krieg und Wirtschaftsdiktatur
Zum Auftakt des Kommunalwahlkampfs in Hannover hatte die Partei “Die Linke” zwei prominente Redner zusammen auf eine Bühne in der Innenstadt gebracht: den früheren griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis und den saarländischen Oppositionsführer Oskar Lafontaine. Sie warnten vor Abschottungstendenzen, vor einer Wirtschaftsdiktatur und vor einem großen Krieg. Der Kapitalismus habe zwei große Krisen erlebt: Die Weltwirtschaftskrisen ab 1929 und ab 2007, erklärte Varoufakis. Beide Male sei die Wall Street in New York kollabiert. Und in Folge beider Krisen seien die europäischen Staaten aufeinander losgegangen. “Werden wir die Lektion noch lernen?”, fragte er. “Wir haben derzeit eine Wiederholung der 1930er Jahre. Eine Krise aus New York kommt nach Europa und fragmentiert uns.” Die Europäer müssten sich dagegen stemmen und solidarisch miteinander sein. […]
Weltweit herrsche heute ein Oligarchenkapitalismus, ergänzte Oskar Lafontaine in seiner anschließenden Rede. Dabei sei die westliche Variante klar stärker als der Oligarchenkapitalismus des Ostens. Im Kampf zwischen den USA und Russland gehe es nicht um Demokratie. Der russische Präsident Wladimir Putin sei das Feindbild der USA, weil er anders als sein Vorgänger Boris Jelzin die russischen Rohstoffe nicht den USA überlassen wollte. “Es geht immer nur um Rohstoffe, um Leitungen und Absatzmärkte, nicht um Frauenrechte.”
Quelle: Telepolis - Eurokrise: Staats- oder Marktversagen?
Wenn es wahr ist, dass die Märkte von den Regierungen vor den Folgen einer irrationalen Übertreibung gerettet wurden, wie kann man dann einen institutionellen Rahmen fordern, in dem die gleichen Märkte die Regierungen disziplinieren sollen? […]
Die Debatte über die Zukunft der Eurozone macht deutlich, dass eine fundamentale Entscheidung getroffen werden muss: Wollen wir eine Währungsunion, in der die Finanzmärkte das Sagen über das wirtschaftliche und politische Schicksal der Mitgliedsstaaten haben? Solch ein Regime erfordert eine kollektive Rationalität der Finanzmärkte als Aufseher für Regierungen, für die bisher keine überzeugende Evidenz geliefert wurde. In der Medizin würde niemand eine Therapie verschreiben, deren Effekte derart unklar wären. […]
Für das langfristige Überleben der Eurozone geht es daher um die Entscheidung zwischen der „Marktdisziplin“ und einer von der europäischen Ebene ausgeübten „politischen Disziplin“. Derzeit sind beide Alternativen nicht sonderlich attraktiv. Aber es sollte klar sein, dass die „Marktdisziplin“ kein Mechanismus ist, der sich aus dem Zusammenspiel einer Vielzahl von kleineren Akteuren ergibt. Das globale Vermögen ist hochgradig konzentriert. Eine Oxfam-Studie hat gezeigt, dass im Jahr 2015 nur 62 Einzelpersonen genauso viel Vermögen wie 3,6 Milliarden Menschen hatten – das ist die untere Hälfte der gesamten Menschheit. Wegen großer Vermögensverwaltungsfirmen wie BlackRock oder Goldman Sachs ist die tatsächliche Machtkonzentration an den Finanzmärkten sogar noch größer. Daher würde die „Marktdisziplin“ für die Eurozone de facto ein Regime der Plutokratie bedeuten.
Quelle: Peter Bofinger auf MakronomAnmerkung unseres Lesers M.M.: Dass Bofinger im neoliberalen SVR eine Stimme der Vernunft, also ein Außenseiter ist, ist ja schon lange bekannt. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass er vorher schon mal öffentlich so deutlich und aggressiv gegen seine Kollegen angeschrieben hat. Die Lage muss echt schlimm sein.
- Öffentlich-Private-Partnerschaften – Des Kaisers neue Kleider?
Die (Weiter)Entwicklung und Finanzierung der öffentlichen Dienstleistungen und der öffentlichen Infrastruktur ist seit Jahrzehnten ein politisch heiß umstrittenes Thema. Staatsschulden und verschärfte Budgetregeln erschweren derzeit eine öffentliche, kreditbasierte Finanzierung und schaffen Anreize, privates Kapital zur Erfüllung dieser Aufgaben heranzuziehen. Diese sogenannten Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) werden als Teil der Lösung der Finanzierungsprobleme für öffentliche Infrastruktur und öffentliche Dienstleistungen beworben. Tatsächlich sind sie aber Teil des Problems.
Quelle: Blog Arbeit und Wirtschaft - Länderspezifische Konzernberichte: EU-Kommissionsvorschlag enttäuscht auf ganzer Linie
Die EU-Kommission hat heute ihren lange angekündigten Vorstoß für öffentliche Konzernberichte vorgestellt. Nach einer ersten Durchsicht zeigt sich, dass dieser die schlimmsten Befürchtungen noch übertrifft. Deshalb muss die EU-Kommission diesen dringend mit einem ernstzunehmenden Vorschlag ergänzen, um verlorene Glaubwürdigkeit wiederherzustellen.
Öffentliche länderspezifische Berichtspflichten für Konzerne (siehe Details hier) wären der Anfang ernsthafter Bemühungen, um Steuervermeidung und illegale Willkür-Steuergeschenke aufzudecken (wie etwa bei LuxLeaks) und einzudämmen. Diese Berichtspflichten würden für alle Länder, in denen Konzerne aktiv sind, wichtige Kennzahlen über deren Wirtschaftsaktivität, Gewinne und Steuerzahlungen offenlegen. Im EU-Bankensektor gibt es schon ähnliche Pflichten, und vor wenigen Wochen legten französische NGOs eine Studie vor, die das Ausmaß der Gewinnverlagerungen anhand dieser Daten aufzeigte. Ein Ergebnis etwa war, dass die Tochterunternehmen auf den Kaiman-Inseln der vier untersuchten französischen Banken €45 Mio. Gewinn erzielt haben – ohne einen einzigen Angestellten (siehe hier). Um solche Untersuchungen auch für andere Wirtschaftssektoren vorzunehmen, müssten öffentliche länderspezifische Berichtspflichten eingeführt werden.
Quelle: Blog Steuergerechtigkeit - Exklusiv: Die geheimen Abschiebepläne der EU
Die EU erwägt 80.000 Flüchtlinge nach Afghanistan abzuschieben, legt ein im März geleaktes Geheimpapier offen. Nun bestätigt die EU-Kommission die Abschiebepläne und betont, die Ausweisung abgelehnter Asylbewerber auch aus Afghanistan entspreche dem Geist europäischer Migrationspolitik.
Seit Monaten steht Ankara wegen seiner Flüchtlingspolitik im Kreuzfeuer der Kritik. Türkische Behörden würden Abschiebungen in Krisengebiete wie Syrien oder Afghanistan genehmigen, lautet der Vorwurf von Menschenrechtsorganisationen. Doch damit steht die Türkei nicht allein, wie ein geheimes Dokument der EU-Kommission zeigt, das der Organisation Statewatch im März zugespielt wurde. Das Strategiepapier belegt, dass auch die Europäer planen, Massenabschiebungen an den Hindukusch zuzulassen.
Quelle: Euractivdazu: Türkei: Schachzüge mit Flüchtlingen
Flüchtlingscamp für sunnitische Syrer soll inmitten eines alevitischen Gebietes entstehen
In der südtürkischen Provinz Kahramanmaras, in der überwiegend alevitische Kurden leben, soll neben einem alevitischem Dorf ein Containercamp für 27.000 sunnitische Syrer entstehen. Die Bevölkerung ist besorgt und protestiert. Viele sehen darin einen weiteren Versuch der türkischen Regierung, die kurdisch geprägten Gebiete zu islamisieren und die kurdische Kultur zu vernichten. Die Geschichte vom Zerfall des Osmanischen Reiches und die Entstehung des türkischen Nationalstaates sind geprägt von zahlreichen Massakern an der nicht-muslimischen Bevölkerung und der Assimilierung von ethnischen und religiösen Minderheiten.
Quelle: Telepolis - Deutschlands Führungsrolle
Deutschland wird die Zusammenarbeit mit Mexiko ausbauen und Polizei sowie Streitkräfte des Landes trainieren. Dies teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel am gestrigen Dienstag nach Gesprächen mit dem mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto in Berlin mit. Demnach soll nicht nur die ökonomische Kooperation mit dem Land ausgebaut werden; Mexiko ist traditionell eines der zwei wichtigsten Zielländer deutscher Firmen in Lateinamerika und wird insbesondere von deutschen Automobilkonzernen als Niedriglohnstandort zur Produktion für den lukrativen US-Markt genutzt. Auch im Bereich der inneren Repression und auf militärischem Feld werden die Beziehungen nun gestärkt. Der Ausbau der Kooperation erfolgt vor dem Hintergrund einer voranschreitenden Polarisierung auf beiden Seiten des Pazifik, die die westlichen Mächte und ihre regionalen Verbündeten gegen die Volksrepublik China positioniert. Zugleich sind mehrere Regierungen, die sich der westlichen Hegemonie verweigerten, entweder kürzlich abgewählt worden oder vom Sturz bedroht. Berlin stellt sich offensiv auf die Seite derjenigen Kräfte, die bereitwillig mit den Mächten des Westens kooperieren – wie Mexiko. Der mexikanische Präsident Peña Nieto erkennt im Gegenzug explizit Deutschlands “Führungsrolle” an.
Quelle: German Foreign Policydazu: Flucht in den Tod
In den ersten drei Monaten des Jahres sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration mehr als 172.000 Flüchtlinge und Migranten an Europas Küsten angekommen. Mehr als 700 Menschen bezahlten ihren Fluchtversuch mit dem Leben. Wie gehen die Überlebenden und trauernde Angehörige mit dem Tod um? Eindrücke aus Kabul.
Waris Aslami kann sein Smartphone nicht aus der Hand legen, auf dem er die letzten Bilder seines toten Sohnes gespeichert hat. Das letzte Foto zeigt den zweijährigen Jungen nach der Obduktion. Auf einem Metalltisch in einem Krankenhaus in der türkischen Hafenstadt Izmir. Der kleine Mohammed Yusuf starb in den Armen seines Vaters. Im Mittelmeer.
Quelle: Deutschlandradiodazu auch: Alltag nach Abzug der Deutschen
Seit dem Abzug der Bundeswehr gibt es in den afghanischen Nordprovinzen keine Sicherheit mehr – stattdessen Bandenkriminalität, stillgelegte Schulen und aufgegebene Entwicklungsprojekte. Felder, Bewässerungskanäle, dazwischen Lehmbauten. Am Stadtrand von Kundus scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Ländlicher Friede. Zumindest auf den ersten Blick. Mohammed Anif, ein korpulenter Mann Mitte Fünfzig mit Turban steht am Rand eines Maisfelds. Vorsichtig späht er zwischen die langen Stauden. Besser kein Risiko eingehen, meint er.
Quelle: Deutschlandradio Kultur - Lobbyismus in Schulen: Wenn der silberne Stern im Physikheft prangt
Unternehmen und Wirtschaftsverbände engagieren sich gern in deutschen Schulen. Manchmal vielleicht etwas zu gern. Auf den ersten Blick scheinen ihre Schulmaterialien anschaulich, verständlich und genau auf die Bedürfnisse der Schüler zugeschnitten zu sein. Auf den zweiten entpuppen sie sich als einseitige Inhalte, versteckte Werbung, Lobbyismus. Die Energiebranche schickt ihre Experten in die Klassen, die örtlichen Banken veranstalten einen Schulwettbewerb und international tätige Pharmaunternehmen publizieren kostenlose Arbeitshefte für den Chemieunterricht.
„Es ist eine Überflutung von Materialien, unentgeltlich oder subventioniert, die die Unternehmen heutzutage an Schulen geben“, meint Heinz Jacobs. Der pensionierte Lehrer ist Vorsitzender des Vereins „Ökonomie im Unterricht“, der sich in erster Linie an Lehrkräfte richtet und sich zum Ziel gesetzt hat, die wirtschaftliche Bildung im Unterricht zu fördern. Jedes Jahr veranstaltet der gemeinnützige Verein eine Sommerakademie im rheinländischen Bad Honnef, wo etwa 50 Ausbilder der Studienseminare referieren und gemeinsam mit Lehrerinnen und Lehrern Unterrichtskonzepte diskutieren. Für den Wirtschaftsunterricht stellt der Verein in Kooperation mit der Hans-Trappen-Stiftung ausgearbeitetes Material zur Verfügung.
Quelle: FR Online - Diskussion um Fallpauschalen in Kliniken
Die Krankenhausfinanzierung muss nach Ansicht von Gesundheitsexperten ungeachtet der jüngsten gesetzlichen Strukturreform weiterentwickelt werden. Anlässlich einer öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss am Mittwoch in Berlin über einen Antrag der Fraktion Die Linke (18/6326) beklagten Experten, auch in ihren schriftlichen Stellungnahmen, vor allem ausbleibende Investitionen der zuständigen Länder in die Häuser sowie das fehlende Pflegepersonal. Umstritten sind die 2003 eingeführten Fallpauschalen, mit denen stationäre Krankenhausbehandlungen abgerechnet werden. Mehrere Experten warnten nachdrücklich vor einer Rückkehr zum Prinzip der Selbstkostendeckung. Dies würde zu Intransparenz und unkalkulierbaren Kosten führen.
Die Linke fordert eine Krankenhausreform, die am Gemeinwohl orientiert ist und den Häusern eine bedarfsgerechte Finanzierung ermöglicht. Der wichtigste Schritt zur Verbesserung der Strukturqualität sei mehr Personal. So müsse eine verbindliche Personalbemessung schnellstmöglich eingeführt werden.
Quelle: Bundestag - Protest in Frankreich: Die neuen Nachtwächter von links
Die Nuit-debout-Bewegung mitten in Paris lässt sich nicht räumen. Tausende demonstrieren gegen die politischen Verhältnisse. Am Mittwoch ist auf der Pariser Place de la République der 44. März. Seit die neue Bewegung Nuit debout hier demonstriert, funktioniert auf dem Platz alles anders – auch die Zeitrechnung. Nicht nur die Regierungspolitik, sondern buchstäblich alles, was mit der bestehenden Ordnung zu tun hat, darf und soll hier infrage gestellt werden. Fast zwei Wochen lang schon herrscht auf dem Platz ein kreatives Chaos. Überall wird improvisiert. Es gibt eine Art Kantine, in der man den Preis für Essen und Getränke selbst festlegt. Per Lautsprecher werden Leute gesucht, die beim Aufräumen helfen. Obwohl die Polizei den Platz am Montag geräumt hat und nun jeden Morgen räumen will, richtet sich der Protest mit der Selbstverwaltung ein.
Quelle: tazdazu: Das Gegenteil von Pegida
Keiner weiß, ob die basisdemokratische Bewegung Nuit debout etwas Nachhaltiges bewirkt. Immerhin driftet der Protest diesmal nicht nach rechts ab.
Quelle: taz - Pressefreiheit in der Türkei: “Wir werden kämpfen und gewinnen”
Angela Merkel sei die “einzige verbliebene Unterstützerin von Erdogan”, kritisiert die Journalistin Dilek Dündar. Die Frau des in der Türkei angeklagten Chefredakteurs der oppositionellen Zeitung “Cumhuriyet” spricht derzeit in Europa über die eingeschränkte Pressefreiheit in ihrem Land. Dilek Dündar ist grundoptimistisch. Ihr Mann Can Dündar ist einer der bekanntesten und renommiertesten Journalisten und Dokumentarfilmer der Türkei. International bekannt wurde er aber erst vor einigen Monaten, nachdem der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ihn persönlich wegen angeblichen Hochverrats anzeigte. Dündar hatte türkische Waffenlieferungen an Islamisten aufgedeckt. Der Prozess gegen ihn und seinen Hauptstadt-Korrespondenten läuft noch. Ihnen droht eine lebenslange Haft. Aber Dilek Dündar verliert nicht ihren Optimismus:
Quelle: Deutschlandradio Kultur - SPD-Umfragetief: Müntefering lobt Gabriel als “sehr verantwortlich”
Die SPD verliert in den Umfragen, Sigmar Gabriel steht unter Druck. Partei-Promis stellen sich schützend um ihren Chef, darunter auch Ex-Chef Müntefering.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung J.K.: Einer der Hauptprotagonisten der neoliberalen Agenda 2010 stellt sich hinter Gabriel. Das ist nun wirklich keine Überraschung und dies zeigt, die SPD hat noch immer nichts kapiert.