Hinweise des Tages (2)
(KR/WL)
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- Platz da, die Privatschule-Kette kommt
Erst Berlin, dann die ganze Republik: Mit ihren Privatschulen zielt die Phorms AG auf Kinder ehrgeiziger Mittelschichtseltern – bald bundesweit. Die Gründer haben viel investiert, denn am Ende wollen sie mit Bildung gutes Geld verdienen. Ein Schulbesuch bei polyglotten Pionieren.
In die Aktiengesellschaft hinter den Phorms-Schulen haben 24 private Investoren 800.000 Euro gepumpt. Initiator Alexander Olek, vormals Gründer und Vorstandschef der Biotech-Firma Epigenomics und heute Aufsichtsratsvorsitzender von Phorms, gewann für seinen Plan unter anderen Rolf Schmidt-Holtz, Chef der Sony-BMG, und Antonella Mei-Pochtler, Senior Partner von der Boston Consulting Group. Dort arbeiteten einst auch Phorms-Vorstand Béa Beste sowie Ulrike Senff, die als “Human-Resources-Managerin” für die Schulkette nach Top-Pädagogen fahndet.
Zur Zeit koste ein Platz 1000 Euro im Monat, heißt es dann, und dass bei 25 Schülern, verteilt auf zwei Klassen, zwölf Prozent der Eltern 333 Euro Schulgeld und weniger zahlen (es gibt ein Stipendium), 16 Prozent einen Beitrag von 600 Euro und mehr entrichten und 72 Prozent zwischen 334 und 599 Euro aufbringen. Diese Verteilung werde sich jedoch im kommenden Jahr deutlich verschieben – unter anderem, weil dann mit Fördergeld zu rechnen sei und außerdem die Schülerzahl steigen werde.
Die größten Förderer dieser Privatschulform aber sind jene, die sie sich nicht leisten können. Es sind ihre Steuern, die von unten nach oben verteilt werden.
Quelle: Spiegel Online - Seid umschlungen, Millionen
Die ausgezehrten Hochschulen brauchen die Campusmaut dringend. Wirklich? Mal geben sie das Geld sinnvoll für Tutorien und Lehraufträge aus, mal kaufen sie davon Stühle, Schilder, Schließfächer – ein Kassensturz mit Spurensuche im größten Bundesland Nordrhein-Westfalen.
Quelle: Spiegel OnlineSiehe dazu auch:
Die Verwendung von Studiengebühren in NRW – eine Studie ohne Wert
Quelle: NachDenkSeiten - Entgeltumwandlung: Für gesparte Beiträge gibt es keine Rente
Wer einen Teil seines Gehalts in die betriebliche Altersvorsorge steckt, spart zwar Rentenbeiträge ein, bekommt aber auch weniger Rente.
Schätzungsweise neun Millionen Arbeitnehmer nutzen inzwischen die Möglichkeit, einen Teil des Monatsgehalts oder einer Sonderzahlung in die betriebliche Altersvorsorge zu stecken. Auf den ersten Blick hat das nur Vorteile: Die Einzahlungen sind steuer- und sozialabgabenfrei. Erst auf die Zusatzrente im Alter werden Steuern sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung fällig. Die Sache hat aber auch einen Haken: Für die eingesparten Rentenbeiträge gibt es später keine Rente.
Die steuerlich geförderte Entgeltumwandlung wurde 2002 gleichzeitig mit der Riester-Rente eingeführt. Sie sollte vor allem dazu beitragen, der damals stagnierenden betrieblichen Altersversorgung neuen Schub zu geben. Inzwischen ist die Zusatzvorsorge über die Arbeitgeber jedoch so weit wiederbelebt, dass der Rentenversicherung aufgrund der Entgeltumwandlung jährlich etwa 1,2 Milliarden Euro entgehen, wie das Bundessozialministerium errechnet hat. Dadurch haben sowohl die heutigen als auch künftige Rentner geringere Rentenansprüche – auch wenn sie die Entgeltumwandlung gar nicht nutzen.
Quelle: Ihre VorsorgeAnmerkung Martin Betzwieser: Danke für die Warnung. In der x-ten Wiederholung kommt hier die Ergänzung: Das betrifft auch alle anderen Sozialversicherungszweige. Jeder beitragsfrei umgewandelte Euro bedeutet:
- weniger Rente
- weniger Krankengeld
- weniger Übergangsgeld
- weniger Arbeitslosengeld I
- weniger Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes
- weniger Kurzarbeitergeld
Es ist also nicht mal ein Nullsummenspiel, sondern bei so genannten gebrochenen Erwerbsbiografien bzw. längeren Krankheiten ein Verlustgeschäft. Eigentlich logisch: Wieso sollten Menschen, die Sozialversicherungsbeiträge sparen, im Versicherungsfall so behandelt werden, als würden sie ungemindert Beiträge zahlen?
- Attac: Nein der Iren eröffnet Chance auf überfällige Kurskorrektur der EU
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat das sich klar abzeichnende Nein der Iren zum EU-Reformvertrag (Vertrag von Lissabon) begrüßt. “Der Vertrag hätte die neoliberale Schlagseite der Europäischen Union auf Kosten der Mehrheit der europäischen Bürgerinnen und Bürgern für lange Zeit festgeschrieben sowie die weitere Militarisierung der EU vorangetrieben”, sagte Gerold Schwarz, Sprecher der EU-Arbeitsgemeinschaft von Attac Deutschland.
Attac kritisierte allerdings auch die No-Kampagne der irischen Rechten, die auf eine falsch verstandene nationale Souveränität ausgerichtet war. “Wir lehnen den Vertrag ab, weil er falsche und nicht weil er zu viele gemeinsame Regeln festlegt. Um die negativen Folgen der neoliberalen Globalisierung für die große Mehrheit der Menschen abzumildern, brauchen wir den Schutz sozialer Rechte und Standards sowie Mindeststeuersätze und einheitliche Bemessungsgrundlagen in Europa”, sagte Sven Giegold vom bundesweiten Attac-Rat. Stattdessen hätte der Vertrag den Wettlauf der EU-Mitgliedsstaaten um die niedrigsten Sozialstandards, Löhne und Unternehmenssteuern festgeschrieben und fast ausschließlich die Interessen der Konzerne und Kapitalbesitzer bedient.
Quelle: attacAnmerkung WL: Nach dem Nein der Franzosen und der Niederländer zum EU-Verfassungsvertrag und der Ablehnung des „EU-Reformvertrages“ durch die Iren sollten die Regierungen und die EU-Kommission diese Signale endlich ernst nehmen. Hätte es in anderen Ländern auch Volksabstimmungen gegeben, so wären diese vielfach wohl auch negativ ausgegangen. Die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber der EU ist alles andere als positiv. Das liegt überwiegend nicht daran, dass ein vereintes Europa abgelehnt würde, sondern die Menschen spüren, dass innerhalb der EU die soziale Balance verloren gegangen ist.
- Debatte im Schweinsgalopp
Parlamentarisches Lehrstück: Der Verkehrsausschuss des Bundestages hat in der Vorwoche während einer Sondersitzung den Beteiligungsvertrag zur Bahn-Privatisierung “zur Kenntnis” genommen. Mehr war trotz großer Bedenken der Opposition und Warnungen vor Rechtsfehlern auch gar nicht mehr möglich. Die Koalition hatte es eilig, zuvor war im Parlament auch ein Versuch abgeschmettert worden, den Teilverkauf noch einmal zu verschieben. Stattdessen stimmten die Abgeordneten von Union und SPD zu – in Unkenntnis wichtiger Einzelheiten. Auszüge aus der Geschäftsordnungs-Debatte.
Quelle: Freitag - 70 Cent Honorar für einen Tag und 100 Patienten
Schlangen vor der Tür eines Kinderarztes im Vogtland – über Praxisbudgets und Selbstausbeutung. – In Ostdeutschland herrscht akuter Ärztemangel. Ein Grund: Die meisten Mediziner sind überaltert. In Sachsen, Brandenburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt ist ein Drittel der Hausärzte älter als 60. Nachwuchs gibt es kaum. Die niedergelassenen Ärzte im Osten werden bisher deutlich schlechter honoriert als ihre Kollegen im Westen.
Quelle: Freitag - Hanna in Halberstadt
Sachsen-Anhalt liegt bei rechtsextremen Gewalttaten stets weit vorn. Viele junge Menschen weichen dem Druck der Neonazis und ziehen weg. – Es sind immer dieselben Gegenden, von denen der Bundesinnenminister berichtet, wenn er im Verfassungsschutzbericht das Kapitel zum Rechtsextremismus vorstellt. Auch diesmal fand sich Sachsen-Anhalt wieder mit an der Spitze der Negativstatistik, als Wolfgang Schäuble die neuesten Zahlen präsentierte. Über 17.600 Fälle von rechts motivierter Kriminalität wurden 2007 in der Bundesrepublik offiziell registriert, die Zahl der gewaltbereiten Rechtsradikalen wird auf 10.000 geschätzt. Gemessen an der Einwohnerzahl gab es nur noch in Brandenburg so viele rechte Straftaten wie in Sachsen-Anhalt.
Quelle: Freitag - An die Front gerufen, zum Gefecht befohlen
Während sich die Kriegsallianz, inklusive die Berliner Republik, gebetsmühlenhaft auf das in der UN-Charta verankerte Selbstverteidigungsrecht beruft, bestreiten ganze Legionen von Völkerrechtsprofessoren genau diese Argumentation und bezeichnen Operation Enduring Freedom schlicht als völkerrechtswidrig. Selbst Hans Rühle, ehemals Leiter des Planungsstabes beim Bundesverteidigungsminister, musste einräumen: “Die Beteiligung der Bundeswehr am Krieg in Afghanistan ist – die Klage der Linksfraktion und zweier Unionsabgeordneter vor dem Bundesverfassungsgericht belegt dies – verfassungsrechtlich und völkerrechtlich umstritten. Dabei ist die Völkerrechtswidrigkeit des Krieges in Afghanistan längst keine esoterische Mindermeinung vermeintlich konfuser deutscher Berufsquerulanten mehr, sondern eine in der internationalen Völkerrechtslehre durchaus verbreitete Sicht der Dinge.”
Quelle: Freitag - Kriegsgewinne
Berlin kündigt erneut eine Aufstockung der Besatzungstruppen in Afghanistan an. Wie das Verteidigungsministerium bestätigt, wird noch vor Beginn der Sommerpause eine neue Obergrenze für das Bundeswehr-Mandat bekannt gegeben. Laut Berichten können ab dem Herbst bis zu 4.800 deutsche Soldaten an den Hindukusch entsandt werden. Das Mandat soll zudem gleich um zwei Jahre verlängert werden statt wie bisher um eines. Zugleich ziehen deutsche Rüstungsunternehmen immer höhere Gewinne aus dem Krieg am Hindukusch und aus den Operationen der Bundeswehr. Zum 1. September übernimmt die Düsseldorfer Rheinmetall AG die Leitung im Gefechtsübungszentrum des Heeres. Dort werden vor ihrer Entsendung nach Afghanistan die Bundeswehr-Truppen regelmäßig trainiert; davon profitiert Rheinmetall mit jeder Mandatsaufstockung mehr. Der Konzern hat seinen Umsatz im vergangenen Jahr ohnehin schon deutlich gesteigert, nicht zuletzt aufgrund des Krieges am Hindukusch. Rheinmetall gehört seit den Zeiten des Kaiserreichs zu den ersten Adressen der deutschen Rüstungsindustrie und lieferte bereits Militärgerät für beide Weltkriege.
Quelle: german-foreign-policy.com - Scheibenkleister – Kabarett auf Westerwelle-Niveau
Es ist Donnerstag, 23 Uhr, und die ARD-Kabarettshow “Scheibenwischer” sorgt für ein Befinden, das etwa in der Mitte zwischen Wut und Wachkoma liegt – man könnte es gelähmtes Entsetzen nennen, atemloses Gähnen oder schlicht Trübsinn. Was da gezeigt wird, ist so fad und brav wie eine Regierungserklärung von Angela Merkel und ebenso scheinheilig, eitel, gemein.
Quelle: KONKRET