Hinweise des Tages

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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Corporate Media Gatekeepers Protect Western 1% From Panama Leak
  2. IMF Internal Meeting Predicts Greek ‘Disaster’, Threatens to Leave Troika
  3. Flucht
  4. US-Truppen in Osteuropa: “Damit muss Russland sich nicht gefährdet fühlen”
  5. Spanien verfehlt sein Defizitziel
  6. Italien und die Fünf-Sterne-Bewegung: Rebellion für Recht und Ordnung
  7. Die traurige Wahrheit über die Riester-Rente
  8. Armutsrisiko von Erwerbslosen weiter gestiegen
  9. Einsatz für den Frieden: Der gute Mensch von Pfaffenhofen
  10. «EinMann gegen Drohnen» – Klage von Wolfgang Jung vor dem BVerwG Leipzig
  11. Die Kriegswunden sind noch immer offen
  12. Panne bei Übung: CIA vergisst Sprengstoff in Schulbus
  13. Ein diplomatisches Fiasko für die UNO
  14. Massenkonsum: Der wahre Preis von Lebensmitteln
  15. Kommentar Anschläge in Brüssel: Fragwürdiges Bashing
  16. Merkel
  17. Agentur-Ideen für die Zukunft der SPD: Abwärts ist das neue Vorwärts
  18. Bleiben Sie ARD-aktuell gewogen
  19. SWR über bislang unveröffentlichten “Innovationsreport” vom “Spiegel”: “Wir überhöhen unsere Wichtigkeit”

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Corporate Media Gatekeepers Protect Western 1% From Panama Leak
    Whoever leaked the Mossack Fonseca papers appears motivated by a genuine desire to expose the system that enables the ultra wealthy to hide their massive stashes, often corruptly obtained and all involved in tax avoidance. These Panamanian lawyers hide the wealth of a significant proportion of the 1%, and the massive leak of their documents ought to be a wonderful thing.
    Unfortunately the leaker has made the dreadful mistake of turning to the western corporate media to publicise the results. In consequence the first major story, published today by the Guardian, is all about Vladimir Putin and a cellist on the fiddle. As it happens I believe the story and have no doubt Putin is bent.
    But why focus on Russia? Russian wealth is only a tiny minority of the money hidden away with the aid of Mossack Fonseca. In fact, it soon becomes obvious that the selective reporting is going to stink.
    The Suddeutsche Zeitung, which received the leak, gives a detailed explanation of the methodology the corporate media used to search the files. The main search they have done is for names associated with breaking UN sanctions regimes. The Guardian reports this too and helpfully lists those countries as Zimbabwe, North Korea, Russia and Syria. The filtering of this Mossack Fonseca information by the corporate media follows a direct western governmental agenda. There is no mention at all of use of Mossack Fonseca by massive western corporations or western billionaires – the main customers. And the Guardian is quick to reassure that “much of the leaked material will remain private.”
    What do you expect? The leak is being managed by the grandly but laughably named “International Consortium of Investigative Journalists”, which is funded and organised entirely by the USA’s Center for Public Integrity. Their funders include

    • Ford Foundation
    • Carnegie Endowment
    • Rockefeller Family Fund
    • W K Kellogg Foundation
    • Open Society Foundation (Soros)

    among many others. Do not expect a genuine expose of western capitalism. The dirty secrets of western corporations will remain unpublished.
    Quelle: Craig Murray

    Anmerkung Jens Berger: Craig Murray ist übrigens ehemaliger britischer Botschafter und laut seiner Vita vollkommen unverdächtig, Staaten, die Menschenrechtsverletzungen begehen, in Schutz zu nehmen.

  2. IMF Internal Meeting Predicts Greek ‘Disaster’, Threatens to Leave Troika
    Today, 2nd April 2016, WikiLeaks publishes the records of a 19 March 2016 teleconference between the top two IMF officials in charge of managing the Greek debt crisis – Poul Thomsen, the head of the IMF’s European Department, and Delia Velkouleskou, the IMF Mission Chief for Greece. The IMF anticipates a possible Greek default co-inciding with the United Kingdom’s referendum on whether it should leave the European Union (‘Brexit’).
    “This is going to be a disaster” remarks Velkouleskou in the meeting.
    According to the internal discussion, the IMF is planning to tell Germany that it will abandon the Troika (composed of the IMF, European Commission and the European Central Bank) if the IMF and the Commission fail to reach an agreement on Greek debt relief.
    Thomsen: “Look you, Mrs. Merkel, you face a question: you have to think about what is more costly, to go ahead without the IMF–would the Bundestag say ‘The IMF is not on board?’, or [to] pick the debt relief that we think that Greece needs in order to keep us on board?”
    Remaining in the Troika seems an increasingly hard sell internally for the IMF, because non-European IMF creditor countries view the IMF’s position on Greece as a violation of its policies elsewhere of not making loans to countries with unsustainable debts.
    In August the IMF announced it would not participate in last year’s €86 billion Greek bailout, which was covered by EU member states. IMF Chief Christine Lagarde stated at the time that the IMF’s future participation was contingent on Greece receiving “significant debt relief” from creditors. Lagarde announced that a team would be sent to Greece, headed by Velkouleskou.
    Thomsen said internally that the threat of an imminent financial catstrophe is needed to force the other players into a “decision point”. For Germany, on debt relief, and In the case of Greece, to accept the IMF’s austerity “measures,” — including raising taxes and cutting Greek pensions and working conditions. However the UK “Brexit” referendum in late June will paralyse European decision making at the critical moment.
    Quelle: Wikileaks

    Dazu Alexis Tsipras:

    Quelle: Alexis Tspiras auf Twitter

    und: Streit zwischen IWF und EU: Endspiel um Griechenlands Schulden
    Griechenland ist noch nicht gerettet – und der Streit zwischen IWF und den Europäern spitzt sich zu. In einem Gastbeitrag erwartet Griechenlands Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis einen Showdown zwischen dem Währungsfonds und Deutschland. […]
    Für den Laien sieht es so aus, als drehe sich der Streit zwischen IWF und EU-Kommission nur um einige gepfuschte Zahlen. Aber der Hintergrund ist zutiefst politisch und hat Auswirkungen über Griechenland hinaus.
    Der IWF hat recht: Die Kommissionszahlen gehen nicht auf. Es ist Heuchelei, wenn die Kommission so tut, als wolle sie ein “Sparpaket light”, während ihr Nein zu einem Schuldenerlass bedeutet, dass die griechische Regierung im Haushalt einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung erzielen muss. Das bedeutet noch härteres Sparen.
    Die schlechte Rechenkunst der Kommission hat politische Gründe: Bei einer Korrektur müsste Merkel zugeben, 2010 im Bundestag ein unhaltbares Versprechen gegeben zu haben: dass das insolvente Griechenland jeden Cent mit Zinsen zurückzahlen würde. Dieses Eingeständnis wäre heute politisches Gift für die angeschlagene Kanzlerin.
    Sind die IWF-Zahlen besser? Thomsen und Velculescu sprechen sich für genau das Ziel aus, das ich vergangenes Jahr der Troika vorgeschlagen hatte: einen Primärüberschuss von 1,5 Prozent.
    Quelle: Yanis Varoufakis auf SPIEGEL Online

  3. Flucht
    1. Die europäische Lösung (II)
      Massive internationale Proteste begleiten den Beginn der EU-Massenabschiebung von Flüchtlingen in die Türkei. Vom heutigen Montag bis zum Mittwoch sollen die ersten 750 Flüchtlinge von den griechischen Inseln an die türkische Küste abtransportiert werden; mehr als 5.400 weitere sind in den EU-“Hotspots” auf den Inseln interniert, um sie daran zu hindern, sich späteren Abschiebemaßnahmen zu entziehen. Mehrere UNO-Stellen haben die EU-Maßnahmen, die maßgeblich von der Bundesregierung durchgesetzt worden sind, öffentlich als völkerrechtswidrig kritisiert; Berlin und Brüssel bewegen sich mit dem Festhalten an der Massenabschiebung auf einen offenen Konflikt mit den Vereinten Nationen zu. Internationale Hilfsorganisationen haben ihre Tätigkeit in den Haft-“Hotspots” aus Protest eingestellt: Man wolle nicht zum Komplizen der EU-Machenschaften werden, heißt es. Auf den griechischen Inseln wie auch auf dem Festland eskalieren die Flüchtlingsproteste; die Regierung in Athen rechnet mit massivem Widerstand gegen die Massenabschiebung. Um diese dennoch sicherzustellen, hat Berlin deutsches Personal auf die griechischen Inseln entsandt – Bundespolizisten sowie Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Die Bundesregierung misst dem völkerrechtswidrigen Vorgehen strategische Bedeutung bei.
      Am heutigen Montag startet die EU die Massenabschiebung von Flüchtlingen aus Griechenland in die Türkei. Berichten zufolge sollen bis Mittwoch mindestens 750 Flüchtlinge von griechischen Inseln wie Lesbos und Chios an die türkische Küste zwangsverbracht werden. Die EU-Grenzbehörde Frontex hat dazu mehrere türkische Schiffe gechartert. 400 Frontex-Beamte, unter ihnen 30 deutsche Polizisten, wurden am Wochenende allein auf Lesbos erwartet, um dort die völkerrechtswidrigen Maßnahmen einzuleiten. Um den zu erwartenden Widerstand zu brechen, sollen die Flüchtlinge zum Abtransport in die Türkei einzeln von jeweils einem Polizisten auf die Schiffe geführt werden. Bis gestern waren bereits über 6.100 Menschen in den völlig überbelegten “Hotspots” auf den griechischen Inseln interniert worden, um sicherzustellen, dass sie sich ihrer Abschiebung nicht entziehen. In der Türkei sind “Registrierungszentren” eingerichtet worden, um persönliche Daten und Fingerabdrücke der Flüchtlinge zu erfassen. Die Betroffenen haben damit faktisch keine Chance mehr, jemals in der EU Zuflucht zu erhalten. In den Orten an der türkischen Küste, an denen sie vom heutigen Montag an an Land gebracht werden, haben am Wochenende die ersten Demonstrationen gegen ihre bevorstehende Ankunft stattgefunden: Die Flüchtlinge sind in der Türkei ebenso wie in der EU nicht willkommen.
      Quelle: German Foreign Policy
    2. Augen zu und durch
      Trotz Menschenrechtsverletzungen und Schüssen auf Flüchtlinge: EU beharrt auf Massenabschiebung in die Türkei
      Die EU und die griechische Regierung halten trotz wachsender Kritik daran fest, ab Montag Flüchtlinge von den griechischen Inseln in die Türkei abzuschieben. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür sollte das Parlament in Athen am Freitag im Eilverfahren verabschieden. Dazu gehörte vor allem die Anerkennung der Türkei als »sicherer Drittstaat«. Nach dem zwischen der EU und Ankara vereinbarten Abkommen sollen alle Flüchtlinge, die nach dem 20. März »illegal« Griechenland erreicht haben, zwangsweise in die Türkei zurückgebracht werden. Einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP zufolge sollen allein am Montag 500 Menschen abgeschoben werden. »Noch ist völlig ungewiss, was am kommenden Montag geschehen wird«, sagte ein Offizier der griechischen Küstenwache der Deutschen Presseagentur. »Werden sich die Menschen freiwillig aus den Lagern abtransportieren lassen? Werden wir sie in Handschellen legen müssen? Wird es zu Aufständen kommen? Und was tun wir dann?«
      Quelle: junge Welt
    3. Auf der Flucht im eigenen Land
      Türkische Armee und kurdische Rebellen liefern sich in Südost-Anatolien blutige Kämpfe, sogar in den Wohngebieten mehrerer großer Städte herrscht Krieg. Mittlerweile sollen etwa 350.000 kurdische Binnenflüchtlinge unterwegs sein. Zehntausende versuchen ihren Alltag in Midyat zu bestreiten. Die Kleinstadt Midyat im Südosten der Türkei, eine Insel der Ruhe im Kriegslärm von Südostanatolien. Vom Stadtrand aus ist entfernter Geschützdonner aus der südlichen Nachbarstadt Nusaybin zu hören, wo sich kurdische Rebellen und türkische Sicherheitskräfte schwere Kämpfe liefern.
      Quelle: Deutschlandfunk
    4. Appell: „ZÜGE DER HOFFNUNG“ für Flüchtlinge in Griechenland
      Sofortiger Einsatz der freien Eisenbahn-Kapazitäten der Deutschen Bahn AG auf der Verbindung Athen – Thessaloniki – Berlin
      Die Lage für die mehr als 50.000 Flüchtlinge, die in Griechenland gestrandet sind – darunter mehr als 10.000 in Idomeni auf den Feldern am Grenzzaun – spitzt sich in diesen Tagen auf drei Ebenen zu: Erstens weil es in Griechenland nicht genügend Übernachtungen und Plätze für Flüchtlinge gibt und die Camps auf den Inseln zunehmend den Charakter von Haftanstalten annehmen. Zweitens weil Griechenland von der EU und insbesondere von der Regierung in Berlin massiv unter Druck gesetzt wird, die Türkei als „sicheres Drittland“ anzuerkennen, um unmittelbar im Anschluss Abschiebungen im großen Stil durchzuführen. Drittens weil die Türkei Tag für Tag dokumentiert, dass sie nicht gewillt ist, die Menschenrechte umfänglich zu respektieren und ihrerseits Flüchtlinge an den Grenzen abweist, im Land selbst inhaftiert und viele wieder abschiebt – auch in Länder, in denen ihnen Tod und Folter droht.
      Quelle: Faktencheck Hellas
  4. US-Truppen in Osteuropa: “Damit muss Russland sich nicht gefährdet fühlen”
    Die Stationierung einer weiteren Panzerbrigade der USA in Osteuropa sei keine Provokation gegenüber Russland, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, im DLF. Es sei ein Schritt, der die osteuropäischen Partner beruhige und “keine Gefährdung für Russland”. Gleichzeitig bleibe die Tür für Gespräche offen. […]
    Arnold: Es ist ein völlig normaler Vorgang, dass die NATO in allen NATO-Partnerländern übt. Auch die Bundeswehr beteiligt sich daran. Und ich meine, es ist doch klar. Der Konflikt um die Ukraine bestätigt doch eigentlich die osteuropäischen Länder, wie wichtig es für sie war, Mitglied der NATO zu werden. Die NATO schafft für die Osteuropäer Sicherheit, so wie sie für uns auch 50 Jahre lang zur Zeit des Kalten Krieges eine Gewähr für unsere Sicherheit war.
    Dobovisek: Müssen die osteuropäischen Partner, unsere osteuropäischen Nachbarländer geschützt werden vor Russland?
    Arnold: … Putin weiß sehr wohl, was der NATO-Artikel fünf bedeutet, nämlich ein Angriff auf ein einzelnes Land löst die kollektive Verteidigung aus. Und insofern wäre ich da eher ein bisschen gelassen. Aber ich muss deren Historie natürlich auch sehen und verstehen und ich muss das Ziel der russischen Administration, hybride Kriege zu führen … das ist ja in Russland durchaus auch wissenschaftlich und militärisch vorbereitet und wird dort diskutiert. Hybride Kriege heißt eben nicht unbedingt, mit Panzern in ein Nachbarland einzumarschieren, sondern Gesellschaften von innen heraus zu destabilisieren. Und am Ende kommen dann die kleinen grünen Männchen wie im Donbass. Diese Sorgen müssen wir insbesondere bei den Esten schon sehr ernst nehmen, weil dort eben diese 26 Prozent russischstämmige, Russisch sprechende Menschen leben, und die dürfen nicht infiziert werden durch Putins Propaganda. Und deshalb machen die sich dort Sorgen und deshalb versuchen wir wirklich, die Balance zu halten: Sorgen aufnehmen, deutliche Zeichen, auf der anderen Seite aber auch Russland gegenüber gesprächsbereit zu bleiben.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung unseres Lesers D.G.: Eine beschönigende, einseitige und auch propagandistische Sichtweise des eindeutig provokativen Vorgehens der USA, das auch aufgrund der jüngsten öffentlichen Äusserungen von NATO Oberbefehlshaber Breedlove genau als solches geplant ist (und vermutlich auch ungeachtet eventueller deutscher Bedenken umgesetzt wird.).
    Kaum zu glauben, aber so wie dieser SPD Verteidigungspolitiker kann doch nur argumentieren wer unterstellen will, dass Russland (=Putin) die baltischen Staaten, womöglich auch Polen und Tschechien annektieren könnte, wenn es nicht durch Aufrüstung und Stationierung von NATO-Panzern an der russischen Grenze davon abgeschreckt wird. Empfiehlt man sich damit als glaubwürdiger Gesprächspartner für eine echte Konfliktlösung in Europa? Sicher nicht, man demonstriert aber eine verantwortungslose Haltung im SPD-Establishment, das einen weiteren Absturz dieser Partei bei kommenden Wahlen erwarten lässt!

    Dazu: Verhältnis zu Russland: Deutsche Doppelmoral zu neuen US-Truppen in Osteuropa
    Die Bundesregierung will die Spannungen mit Russland abbauen, während man neue Spannungen mit Russland aufbaut. Sie verteidigt die Truppenaufstockung der USA im Osten Europas, weil sich die osteuropäischen NATO-Staaten von Russland “bedroht fühlen” würden. Eine konkrete Bedrohung gibt es nicht. Dass noch mehr US-Soldaten nahe Russland noch mehr Ärger provozieren, sieht die Bundesregierung nicht. Gleichzeitig will man durch Gespräche Ärger abbauen… Beißt sich die Katze nicht in den Schwanz?
    Quelle: Jung & Naiv via YouTube

  5. Spanien verfehlt sein Defizitziel
    Das Land hat die EU-Defizitmarke 2015 weit verfehlt: 5,16 statt 4,2 Prozent. Die spanische Regierung will nun die Regionen stärker kontrollieren. […]
    Das schlechte Abschneiden 2015 war vorhersehbar. Das vergangene Jahr war ein Superwahljahr mit Regional-, Kommunal- und schließlich gesamtspanischen Wahlen. Die Regierung des konservativen Mariano Rajoy lockerte die Zügel, um den sozialen Kahlschlag der vergangenen Jahre vergessen zu machen. Für 2016 arbeitete die Regierung gar – trotz scharfer Kritik aus Brüssel – einen Haushalt aus, der Mehrausgaben im Sozialbereich und Steuersenkungen versprach. Es half alles nicht. Die Konservativen wurden an den Urnen abgestraft, verloren die meisten Regionalregierungen, viele Rathäuser und die absolute Mehrheit im Parlament in Madrid.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Dazu würde ich gerne noch mal den O-Ton Merkel hören, wie toll die Austeritätspolitik funktioniert hat und wie großartig Mariano Rajoy gearbeitet hat. Und dann verstehe ich nicht, warum die taz den Artikel mit “Nach der Eurokrise” überschreibt – wir sind immer noch mittendrin.

    „passend“ dazu: Spanien – Krise treibt Suizide auf neuen Rekord
    Die Zahl der Selbstmorde nahm seit 2007 deutlich um 20% zu und ist die häufigste Ursache eines nichtnatürlichen Todes
    “Ein Mann in den Sechzigern begeht in Valencia Selbstmord, bevor er aus seiner Wohnung geräumt wurde”, titelte die spanische Lokalzeitung “Levante” vergangene Woche. Es war das Räumungskommando, das den 66-jährigen Mann fand. Er hatte sich in der südostspanischen Stadt das Leben genommen, bevor er auf die Straße gesetzt wurde. Er konnte seit dem vergangenen November die Miete nicht mehr bezahlen.
    Quelle: Telepolis

  6. Italien und die Fünf-Sterne-Bewegung: Rebellion für Recht und Ordnung
    Als bei den letzten italienischen Nationalwahlen im Februar 2013 die Fünf-Sterne-Bewegung 25,55 Prozent der Stimmen für das Abgeordnetenhaus errang und somit besser als alle anderen Parteien abschnitt, erwischte das Ergebnis Politiker und Journalisten völlig unvorbereitet. Niemand hatte geglaubt, dass die offiziell erst 2009 gegründete Bewegung ein solches Resultat erzielen könnte.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung Albrecht Müller: insgesamt eine gute Sendung, einschließlich der Aufklärung über den politischen Charakter der heutigen Regierung Italiens.

    dazu: Italienische Opposition fordert Renzi wegen Korruptionsaffäre zum Rücktritt auf
    In der Korruptionsaffäre um die Ministerin für wirtschaftliche Entwicklung, Federica Guidi, gerät nun auch Italiens Regierungschef Matteo Renzi unter Druck. Die Opposition forderte am Freitag den Rücktritt des Ministerpräsidenten. Guidi hatte am Abend zuvor ihr Amt aufgegeben, nachdem Ermittlungen gegen ihren Lebensgefährten eingeleitet worden waren. Dieser wird verdächtigt, seine Beziehung zu Guidi missbraucht zu haben, um Einfluss auf die Regierung auszuüben.
    Die Opposition warf Renzis Kabinett vor, trotz gegenteiliger Beteuerungen ebenso empfänglich zu sein für Korruption und Vetternwirtschaft wie die Vorgängerregierungen. Der Skandal sei der jüngste in einer Reihe von “riesigen Interessenkonflikten” für die Regierung, und die Verantwortung hierfür liege letztendlich bei Renzi, sagte der Chef der rechtspopulistischen Lega Nord, Matteo Salvini.
    Es sei an der Zeit, dass die Regierung abdanke, erklärte die Bewegung Fünf Sterne des Ex-Komikers Beppe Grillo. Auch die linke Opposition gab dem Regierungschef eine Mitschuld an der Affäre und verlangte weiterführende Ermittlungen.
    Quelle: Stern

  7. Die traurige Wahrheit über die Riester-Rente
    Zu bürokratisch, zu teuer und damit unlukrativ – der Ruf der Riester-Rente ist seit Jahren ramponiert. Nur ein Produkt galt als positive Ausnahme. Doch auch dieses offenbart jetzt eklatante Schwächen. Wer seinen guten Namen verbrennen will, muss ihn möglichst öffentlichkeitswirksam mit einer Altersvorsorge verknüpfen. Zwei prominente Personen der Zeitgeschichte haben dies schmerzhaft erfahren.
    Der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm erlebte sein Desaster dank des Satzes, “die Rente ist sicher” – den er der Republik im Jahr 1986 ins Gedächtnis brannte. Bis heute wird der CDU-Politiker immer wieder hämisch zitiert.
    Sein Nachfolger Walter Riester erlebt den Gipfel des Desasters in diesen Tagen. Er hat seinen Namen für das wichtigste staatlich geförderte Altersvorsorge-Produkt hergegeben – und büßt spätestens jetzt dafür.
    Der Ruf der Riester-Rente ist seit Jahren angeschlagen. Zu bürokratisch, zu teuer und damit unlukrativ, lautet das vernichtende Urteil vieler Experten. Jetzt erlebt die Idee einen weiteren Tiefschlag. In dieser Woche wurde bekannt, dass auch die letzte von Kritikern akzeptierte Riester-Variante einen unangenehmen Haken besitzt. […]
    Plötzlich neue Gebühren vor der Auszahlungsphase
    Die “Stiftung Warentest” hat herausgefunden, dass Fonds- und Banksparpläne künftig nicht mehr so kostengünstig sind wie bislang gedacht. Vor Auszahlung der privaten Rente können je nach Anbieter neue Gebühren anfallen, was auch diese Riester-Option deutlich unattraktiver macht. Wer “riestern” will, muss in jedem Fall hohe Kosten in Kauf nehmen.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung André Tautenhahn: Walter Riester wird angesichts seiner gut dotierten Werbevorträge kaum darunter leiden, seinen Namen mit einem gescheiterten Altersvorsorgeprodukt verknüpft zu haben.

    dazu: Union streitet über die „Lebensleistungsrente“
    Die Sicherung einer Mindestrente für Niedrigverdiener steht im Koalitionsvertrag. Unternehmer halten davon wenig. Auch in der Union rumort es. Doch der CDU-Arbeitnehmerflügel will an der Lebensleistungsrente festhalten.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unseres Lesers H.B.: Die heute-show rechnet die „Lebensleistungsrente“ nach, 16 Euro mehr für eine Handvoll Leute, das war’s.

  8. Armutsrisiko von Erwerbslosen weiter gestiegen
    Buntenbach: Integration in den Arbeitsmarkt muss nachhaltiger werden
    Zu den aktuellen Arbeitsmarktzahlen sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach am Donnerstag in Berlin:
    „So erfreulich der weitere Rückgang der Arbeitslosigkeit im März ist, so bedrückend ist das steigende Verarmungsrisiko von Erwerbslosen. Zwar ging die Zahl der Kurzzeitarbeitslosen zurück, doch stieg zugleich die Zahl der Hartz IV-Empfänger.
    Quelle: DGB

    dazu: Arm und reich „Ungleichheit ist unverzichtbar“
    Wie sieht die Zukunft des Sozialstaats aus? Der DDR-Forscher Klaus Schroeder beklagt die Debatte über die Ungleichheit. Wichtige Punkte fehlen, sagt er.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers H.K.: „Die Ungleichheit in Deutschland ist produktiv, weil sie Anreize bietet, Risiken einzugehen, Unternehmen zu gründen, sozial aufzusteigen und viel zu arbeiten“, sagt der promovierte Soziologe und habilitierte Politikwissenschaftler.“ Aber sicher doch. Die wohnungsbaupolitischen Brennpunkte wie Prenzlauer Berg sind voll von Start up – Unternehmen. Armut beflügel ungemein. Und die Banken können sich kaum beherrschen, solchen Unternehmensgründungen Geld zu leihen. Kein Wunder, dass dieser Unfug in der FAZ veröffentlicht wird.

    Anmerkung unseres Lesers S.W: Ungleichheit ist gut, denn die sei Triebfeder für den Wohlstand. Die Armen sind nicht so arm, die Reichen sind nicht so reich. Wer etwas anderes behauptet macht Propaganda für die extremen politischen Ränder. Ärmere Menschen sterben nicht früher weil sie arm sind, sondern weil sie sich um nichts kümmern. Zusammenfassung: Abgehobener Professor macht neoliberale Propaganda. – Traurig dass so jemand Studenten unterrichten darf.

  9. Einsatz für den Frieden: Der gute Mensch von Pfaffenhofen
    Der gute Mensch von Pfaffenhofen – das klingt dick aufgetragen, ist aber eine durchaus angemessene Beschreibung: Bernd Duschner hat 1999 die Hilfsorganisation “Freundschaft mit Valjevo” gegründet, ein kleiner Verein, der Großes leistet.
    Bernd Duschner, Mitte 60, ist ein äußerst mitfühlender und engagierter Mensch, einer, der zupackt. Seit 17 Jahren leitet er einen kleinen Verein, der Großes leistet. “Freundschaft mit Valjevo” nennt er sich, gegründet als humanitäre Antwort auf den NATO-Bombenkrieg gegen Serbien 1999. Seitdem schafft Bernd Duschner auf eigene Faust Hilfsgüter in Kriegsgebiete und holt von dort kranke Kinder zur medizinischen Versorgung nach Deutschland. Jetzt will er dem 15-jährigen Mohamad im syrischen Damaskus helfen, der an einem Knochentumor leidet. In Damaskus selbst kann für den Jungen nichts getan werden, dort ist die medizinische Versorgung infolge des jahrelangen Bürgerkriegs desolat.
    Seine humanitäre Arbeit finanziert der Verein aus Spenden. Zum Sammeln für Mohamad haben die Mitglieder überall in Pfaffenhofen Plakate aufgehängt. Darauf das Foto eines schmächtigen Jungen mit dunklem Haarschopf, der schüchtern in die Kamera lächelt, darunter der Aufruf: „Wir möchten ein Zeichen für Menschlichkeit und Frieden in Syrien setzen und dem schwerkranken Mohamad aus Damaskus die dringend notwendige Operation bei uns in Deutschland ermöglichen.“
    Ein kleiner Verein, der Großes leistet
    Quelle: BR

    Anmerkung Albrecht Müller: Auf diese Hilfsorganisation und den Bericht im Bayerischen Rundfunk weisen wir hin, weil „Freundschaft mit Valjevo“ Beispielhaftes leistet. Ich war auf Einladung von Bernd Duschner und der von ihm gegründeten Hilfsorganisation schon zweimal in Pfaffenhofen. Die NachDenkSeiten verdanken ihm eine Reihe von interessanten Hinweisen und Materialien.

  10. «EinMann gegen Drohnen» – Klage von Wolfgang Jung vor dem BVerwG Leipzig
    Am Dienstag, den 5. April 2016 wird in Leipzig vor dem Bundesverwaltungsgericht die Klage von Wolfgang Jung gegen die Bundesrepublik Deutschland in 3. Instanz verhandelt. Wolfgang Jung, der Herausgeber der Luftpost, seit 6 Jahrzehnten unbeirrt in der Linken-, Gewerkschafts- und Friedensbewegung aktiv, kämpft seit Jahrzehnten dafür, dass von dieser Region Kaiserslautern/Ramstein kein Krieg mehr in die Welt getragen wird und aus der Region Frieden ausgeht.
    Quelle: Seniora.org

    dazu: Presseinformation zum Drohnenprozess vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 5. April 2016, 9.30 Uhr
    Der pensionierte Lehrer Wolfgang Jung, Anwohner der Air Base Ramstein, hat die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesverteidigungsministerin, verklagt. Er will erreichen, dass die Bundesregierung die amerikanische Drohnenkriegführung über Ramstein kontrolliert und ggf. unterbindet. Er gibt die Webseite LUFTPOST heraus. Den Verfahrensverlauf hat er in der LUFTPOST dokumentiert. Der Prozess wird von der International Association of Lawyers Against Nuclear Arms – IALANA – unter- stützt.
    In dem Prozess geht es um den amerikanischen Drohnenkrieg, in dem die Air Base Ram- stein eine entscheidende Rolle spielt. Dort steht die SATCOM-Relaisstation, mit der die Si- gnale für die weltweite Drohnenkriegführung zwischen den Drohnenpiloten in den USA und den Drohnen übermittelt werden. Außerdem ist das Ramsteiner “603rd Air and Space Operations Center”, kurz AOC, Spitzname “Wolfshund” (s. dazu auch hier), in die Befehlskette der Drohnen-Einsätze für das EUCOM und das AFRICOM einbezogen. […]
    Quelle: Luftpost

  11. Die Kriegswunden sind noch immer offen
    Der eine schuldig, der andere unschuldig: Die Urteile des UNO-Tribunals in Den Haag gegen den bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic und den serbischen Ultranationalisten Vojislav Seselj schürten ethnischen Hass und tragen nicht zur Versöhnung auf dem Balkan bei, kommentiert Karla Engelhard. Auch der Weg in die EU werde dadurch für Serbien schwerer. Der Serbenführer Radovan Karadzic ist schuldig, der serbische Ultranationalist Vojislav Seselj unschuldig. So hat es das UN-Tribunal in den Haag entschieden. Zwei gegensätzliche Urteile deren Wirkung jedoch in eine Richtung geht. Sie schüren ethnischen Hass und tragen nicht zur Versöhnung auf dem Balkan bei.
    Quelle: Deutschlandfunk

    dazu: Freispruch für den Nationalisten Seselj – Schiffbruch auf der ganzen Linie
    Die Richter am Uno-Kriegsverbrechertribunal haben die Anklage gegen Seselj zerzaust. Das ist ein fetter Tolggen im Reinheft der Ankläger – aber auch des Gerichts als Ganzes.
    Vojislav Seselj ist ein unsympathischer Zeitgenosse: laut, ultranationalistisch, hasserfüllt und selbstgerecht. Sein Freispruch durch das Uno-Kriegsverbrechertribunal ICTY verstösst gegen das Gerechtigkeitsempfinden nicht nur der vielen Opfer der grossserbischen Aggressionspolitik. Wirklich überraschend ist er aber nicht – die Anklage war schlicht zu schlecht vorbereitet, als dass sie seine Schuld zweifelsfrei hätte beweisen können. Das Urteil der ICTY-Richter ist ein fetter Tolggen im Reinheft der Ankläger – aber auch des Gerichts als ganzem.
    Der Prozess gegen den Nationalistenführer war von Anfang an höchst problematisch. Im Gegensatz zu Karadzic und Mladic stellte sich Seselj zwar rasch dem Tribunal, doch danach verbrachte er unfassbare elf Jahre in Untersuchungshaft. Daran war Seselj natürlich mitschuldig, durch seine konsequente Obstruktion, die Einschüchterung von Zeugen und seinen erpresserischen Hungerstreik. Gleichzeitig ist unverständlich, weshalb die Anklage vier Jahre brauchte, um eine Klageschrift zu verfassen, die am Ende auf ganzer Linie Schiffbruch erlitt. Noch gravierender war, dass einer der Richter 2013 wegen Befangenheit vom Fall ausgeschlossen wurde, nachdem seine Kritik an einer Reihe von Freisprüchen für kroatische und serbische Angeklagte öffentlich geworden war. Damit unterminierte das Gericht seine eigene Glaubwürdigkeit und verzögerte den Prozess weiter. Die faktisch bedingungslose Freilassung Seseljs aus gesundheitlichen Gründen 2014 war eine indirekte Folge und liess das Gericht erpressbar erscheinen.
    Quelle: NZZ

  12. Panne bei Übung: CIA vergisst Sprengstoff in Schulbus
    Bei einem Routinecheck ist unter der Motorhaube eines Schulbusses in Amerika Sprengstoff gefunden worden. Er wurde dort von der CIA nach einer Übung vergessen. Die Gefahr für die Schüler soll sich aber in Grenzen gehalten haben. Unglaubliche Panne bei der CIA: Agenten des amerikanischen Auslandsgeheimdienstes haben während einer Trainingseinheit in Virginia versehentlich Sprengstoff in einem Schulbus liegen lassen. Das explosive Material befand sich noch unter der Motorhaube, als der Bus nach der Übung wieder Schüler transportierte, wie die CIA und die örtliche Polizei am Donnerstag mitteilten. Der Geheimdienst versicherte aber, es habe „keine Gefahr für die Passagiere“ bestanden.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung Paul Schreyer: Diese Meldung in der FAZ ist kein Aprilscherz. Die Washington Post berichtete ausführlich schon am 31. März. Auch die CIA äußerte sich zu dem Vorfall. “Vergessener” Sprengstoff im Schulbus … Man fragt sich, wo Geheimdienste ansonsten noch Dinge vergessen, die später explodieren können. Und man fragt sich, was der US-Auslandsgeheimdienst bei solchen Aktionen im Inland verloren hat.

  13. Ein diplomatisches Fiasko für die UNO
    Der Streit um die seit 1975 von Marokko beherrschte Westsahara ist wohl einer der am längsten ungelösten internationalen Konflikte. Und es deutet nichts darauf hin, dass sich das ändert. Im Gegenteil: Nach einem sprachlichen Fehltritt von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon droht sogar ein Bruch zwischen der UNO und Marokko. Eine größere Demonstration hat Marokko wohl noch nicht erlebt. Drei Millionen Menschen waren es nach offiziellen Angaben, die Hauptstadt Rabat war an diesem Sonntag Mitte März ein Meer von roten Fahnen, Transparenten und Menschen aus allen Schichten und Parteien, so wie diese junge Frau: “Ich bin als Bürgerin zu diesem gigantischen Marsch gekommen, um meine Verbundenheit mit der marokkanischen Sahara zum Ausdruck zu bringen.”
    Quelle: Deutschlandfunk
  14. Massenkonsum: Der wahre Preis von Lebensmitteln
    Anderthalb Kilo Frühkartoffeln für gerade mal 1,29 Euro, der Pflücksalat mit 1,49 Euro diese Woche sogar im Angebot. Ein regelrechtes Schnäppchen, was da aus mancher Wochenendeinkaufstüte auf den Küchentisch kullert. Gut, die Erdbeeren mit 3,99 Euro pro Kilo sind derzeit noch etwas teuer, aber es ist ja auch noch nicht so richtig Erdbeersaison. Doch wie kommen eigentlich diese Preise zustande und spiegeln sie den wahren Wert des Produkts wider? Was die Banane, das Steak oder der Brotlaib kosten, bestimmen vor allem Angebot und Nachfrage, manchmal auch Subventionen, Quoten oder Spekulationen. Was nicht im Preis steckt, sind Leistungen, die der Natur bei der Herstellung abgerungen werden. Das kann zum Beispiel die Entnahme von sauberem Wasser sein oder die Nutzung von fruchtbarem Ackerland. Auch für den Ausstoß von schädlichen Chemikalien, Gasen oder luftverschmutzenden Partikeln bei der Produktion zahlen in der Regel weder der Produzent noch der Verbraucher.
    Quelle: Spiegel Online
  15. Kommentar Anschläge in Brüssel: Fragwürdiges Bashing
    Halb Deutschland macht sich über die belgischen Terrorfahnder lustig. Dabei fällt auch hierzulande die Bilanz der Ermittler mager aus.
    Irgendwie war schon immer klar: Außer Schokolade, Pommes und Bier kriegen die Belgier nichts auf die Reihe. Dies ist – kaum überspitzt – die deutsche Reaktion auf die Pannenserie, die die Suche nach den Terroristen von Brüssel überschattet. „Polizei kommunizierte per WhatsApp, Abdeslam war zu müde für Verhör“, machte sich Spiegel Online lustig. Wer in Brüssel lebt und den Terror miterlebt hat, kann über derlei Schlagzeilen allerdings nicht lachen. Denn zum einen waren die vermeintlichen SPON-Exklusivmeldungen ziemlich alt; zum anderen fragt man sich, was denn eigentlich Deutschland tut, um Belgien aus der Patsche zu helfen. Und da fällt die Bilanz ziemlich mager aus. Außer ein paar netten Worten und der Mahnung, Informationen endlich besser auszutauschen, fiel Bundesinnenminister Thomas de Maizière nicht viel ein. Deutschland selbst gibt keine Informationen an die Polizeibehörde Europol weiter.
    Quelle: Eric Bonse in der taz
  16. Merkel
    1. Die Wendekanzlerin
      Ganz ähnlich ist es in der Flüchtlingskrise, in der Merkel einen der dramatischsten Kurswechsel in der Geschichte der Republik hingelegt hat. Von der Aussage – im Interview mit Anne Will im vergangenen Herbst –, man könne “die Grenze nicht schließen”, bis zu den Ergebnissen des jüngsten EU-Gipfels ist es ein sehr weiter Weg. Es stimmt schon: Niemand hat einen Stacheldraht quer durch die Ägäis gezogen. Es gibt auch keine Obergrenze in Deutschland. Dafür kreuzen dort jetzt aber Flottenverbände der Nato. Und wer sich trotzdem auf den Weg nach Griechenland macht, der wird in ein Lager gesteckt und dann in die Türkei zurückgeschickt.
      Im Ergebnis wurden zwei Schutzwälle um Deutschland gezogen, die für die meisten Flüchtlinge unüberwindbar sind: einer in der Ägäis und einer an der Grenze zu Mazedonien. Und es geschieht, was eben geschieht, wenn sich ein Land abschottet: Es kommen viel weniger Flüchtlinge. Offenbar lassen sich Grenzen also doch ganz gut schließen.
      Quelle: Mark Schieritz, Zeit Herdentrieb
    2. Von der Berliner Republik zur „Merkelkratie“?
      Nicht erst die bundespolitischen Aspekte der letzten Landtagswahlen lassen vermuten, dass sich die Berliner Republik langsam aber sicher zu einer Art „Merkelkratie“ entwickelt: Es passt voll zu diesem Trend, dass ausgerechnet in einer politischen Phase, in der die europäische Führungsrolle Angela Merkels in vielen Mitgliedsstaaten der EU massiv in Frage gestellt wird, die bundespolitische Machtstellung der Kanzlerin ständig stärker wird.
      Gerade jetzt, in der auch innerparteilich schwierigsten Legitimationskrise ihrer Regierungszeit, die durch schiere Verzweiflung an der CDU-Basis und eine hartnäckige Konfrontation mit der CSU-Führung um den richtigen Weg aus der europäischen Flüchtlingskrise geprägt ist, hat Angela Merkel ihre Dominanz in der Funktionselite der Berliner Republik massiv gefestigt: Die Stimmen der Unterstützung und Bewunderung reichen von den Fraktionsspitzen im Deutschen Bundestag über Wirtschaft, Kirchen, Kultur bis hin zu fast allen Leitmedien. Dieser immer noch anschwellende parteiübergreifende Merkel-Kult wurde auch nicht durch die unübersehbare Kritik aus vielen Nachbarländern gebremst, dass Angela Merkels europäisches Krisenmanagement die Entsolidarisierung, ja Zerrissenheit der EU dramatisch verstärke. Keiner hat den parteiübergreifenden Merkel-Kult so spektakulär zum Ausdruck gebracht wie der baden-württembergische grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit seinem öffentlichen Bekenntnis, dass er täglich für Angela Merkel bete.
      Quelle: Blog der Republik
    3. „Die Politik führt permanent vor, dass die Bevölkerung sie keinen Pfifferling interessiert“
      Anfang März fand in Berlin der Kongress „Migration und Rassismus. Politik der Menschenfeindlichkeit“ statt. Veranstalter war die Neue Gesellschaft für Psychologie. Deren erster Vorsitzender ist Klaus-Jürgen bruder_interview.jpgBruder, Professor an der Freien Universität Berlin und einer der bedeutendsten Vertreter gesellschaftskritischer Psychologie. Der diesjährige Kongress hatte es sich zur Aufgabe gemacht, das Spannungsfeld von „Migration und Rassismus“ zu beleuchten und dabei unter anderem die Umstände zu analysieren, denen sich Flüchtlinge bei der Ankunft in Deutschland ausgesetzt sehen, der Frage nachzugehen, wie traumatisierten Menschen geholfen werden kann, sowie die Ursachen von Diskriminierung und gegenwärtigem Rassismus aufzudecken. Hintergrund sprach aus diesem Anlass mit Klaus-Jürgen Bruder über die Ursachen von Angst, Fremdenfeindlichkeit und Hass. Angst, weil sie gerade von jenen Menschen ins Feld geführt wird, die öffentlich vehement gegen die Aufnahme von Flüchtlingen protestieren und sich rechten oder rechtspopulistischen Bewegungen anschließen. Sie geben vor, sich vor Überfremdung oder der Islamisierung Deutschlands zu fürchten, sie geben vor, Angst um ihre Zukunft oder um ihren Arbeitsplatz zu haben.
      Quelle: Hintergrund
  17. Agentur-Ideen für die Zukunft der SPD: Abwärts ist das neue Vorwärts
    Eine Agentur rät der SPD, auf Wählerdemobilisierung zu setzen. Prima Idee, aber beileibe nicht radikal genug, um die Partei zu revitalisieren. Eine Werbeagentur rät der SPD in Baden-Württemberg (12,7%) angesichts der Erfolge der AfD zur „Demobilisierung“ der WählerInnen. Schließlich sei es besser, notorische Wahlverweigerer blieben zu Hause, statt ihr Kreuz bei der falschen Partei zu machen. Was wie ein schräger Witz klingt, scheint der „Network Media“ (NWMD) vollster Ernst zu sein. Man müsse schon aus Gründen des nachhaltigen Ressourceneinsatzes überlegen, ob man in bestimmten Gegenden einfach nicht mehr präsent sein wolle. Einfach nicht mehr präsent? Das mag aus Sicht der Werber durchaus vernünftig klingen, aber wie eine Volkspartei den Verzicht auf einen flächendeckenden Wahlkampf vor sich selber rechtfertigen will, wäre interessant zu beobachten.
    Quelle: taz
  18. Bleiben Sie ARD-aktuell gewogen
    Zwei ehemalige NDR-Mitarbeiter zu ihren Programmbeschwerden bei den Öffentlich-Rechtlichen, die Partei ergreifen und Objektivität hintanstellen
    Regierungsfromm, tendenziös, defizitär, agitatorisch, propagandistisch und desinformativ: Die ehemaligen NDR-Mitarbeiter Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam kommen im Telepolis-Interview zu einem vernichtenden Urteil, was die Fernsehberichterstattung angeht. Von einigen Lichtblicken einmal abgesehen, attestieren Klinkhammer und Bräutigam den Öffentlich-Rechtlichen eine schwere Schlagseite im Hinblick auf den Informationsauftrag, der den Sendern zukommt. Zusammen haben die beiden über 100 Programmbeschwerden in den letzten 2 Jahren eingereicht. Im Interview mit Telepolis verdeutlichen sie, dass sich der Qualitätsverlust in der Berichterstattung an der in den Nachrichten verwendeten Sprache ablesen lässt: Wenn etwa von “gemäßigten Rebellen”, von “regierungstreuen Kämpfern” oder von der “internationalen Gemeinschaft” die Rede ist, erkennen Klinkhammer (32 Jahre beim NDR) und Bräutigam (21 Jahre beim NDR) einen Journalismus, der Partei ergreift und Objektivität hinten anstellt.
    Quelle: Telepolis
  19. SWR über bislang unveröffentlichten “Innovationsreport” vom “Spiegel”: “Wir überhöhen unsere Wichtigkeit”
    “Der Spiegel” steht vor drastischen Veränderungen in Redaktion und Verlag. Wie heute Morgen SWR-Chefreporter Thomas Leif im Morgenmagazin von SWR 2 berichtete, dokumentiert ein bislang unveröffentlichter “Innovationsreport” schonungslos die Herausforderungen des Nachrichtenmagazins und analysiert im Detail, wie der “Spiegel” sich im Schatten der Medienkrise neu erfinden will: “Reichweitenprobleme reden wir systematisch schön”. […]
    Auf vier Probleme konzentriert sich der Bericht. Zunächst auf die Marktdaten: das Blatt hat in den vergangenen zehn Jahren 23,61 Prozent seiner Auflage und seit dem Jahr 2000 70 Prozent seiner Anzeigen verloren. Im vierten Quartal 2015 wurden laut IVW noch 796,234 gedruckte Exemplare verkauft. Besonders der Einzelverkauf ist notleidend. Ein Verlust von fast der Hälfte (45,64 Prozent Minus laut IVW) der im Einzelverkauf abgesetzten Ausgaben im 10-Jahres-Vergleich motiviert offenbar zum Umdenken. […]
    Im typischen “Spiegel”-Stil werden in einem Info-Kasten fünf weitere Krisen-Merkmale unter der Dachzeile “Wie wir unserer Marke schaden” dokumentiert:

    • “Wir überhöhen unsere Wichtigkeit.
    • Wir können Schwächen nicht eingestehen und erst recht nicht zeigen.
    • Wir überraschen zu wenig.
    • Wir probieren zu wenig wirklich Neues.
    • Wir setzen falsche Prioritäten.”

    Quelle: Kress

    Anmerkung André Tautenhahn: Die NachDenkSeiten weisen mit kritischen Beiträgen immer wieder auf die Entwicklungen beim einstigen „Sturmgeschütz der Demokratie“ hin. Die Artikel sind in einer Rubrik zusammengefasst und liefern ein umfassenderes Bild als dieser Innovationsreport, der um die inhaltlichen Mängel des Blattes herum analysiert. Jens Berger schrieb 2014.

    „Mit einer Melange aus zackiger Deutschtümelei, denkfaulem Papageienjournalismus, eitler Geckenhaftigkeit und gnadenlosen Opportunismus hechelt das Blatt einem Zeitgeist hinterher, der stilgebend für die Merkel-Ära ist. Aus dem Sturmgeschütz der Demokratie wurde ein Steigbügelhalter der Marktkonformität.“

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