Hinweise des Tages

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Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Mehr Brutto muss her
    Statt leere Versprechungen zu machen, muss Politik sichern, dass die Vergütung der Beschäftigten nicht länger von Produktivitäts- und Preisentwicklung abgekoppelt wird. Seit den 1980er Jahren sind die Reallöhne weniger stark gestiegen als die Produktivität. Im neuen Jahrtausend sind sie sogar gesunken. Schlimmer noch, zwischen 2001 und 2007 ist selbst die Bruttolohnentwicklung hinter die Produktivitätsentwicklung zurückgefallen. Seit rund 25 Jahren nehmen die Beschäftigten also nicht mehr angemessen am Wohlstandszuwachs teil. Laut Statistischem Bundesamt verzeichnete Deutschland im vergangenen Jahr den geringsten Anstieg der Arbeitskosten aller EU-Mitgliedstaaten. Auch liegt das Niveau der deutschen Arbeitskosten unter dem vergleichbarer Nachbarstaaten wie Dänemark, Schweden, Belgien, Luxemburg, Frankreich oder den Niederlanden.
    In diesen Arbeitskosten – und das ist für die Diskussion um die Senkung der Sozialabgaben entscheidend – sind die so genannten Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung enthalten.

    Bei den »Sozialbeiträgen der Arbeitgeber« …lag Deutschland unter dem europäischen Durchschnitt von 36 Euro und nahm mit Rang 14 innerhalb der Europäischen Union einen Mittelplatz ein. Dieser empirische Befund führt die seit Jahren bei CDU/CSU, SPD, FDP, Grünen und der Mehrheit der deutschen »Wirtschaftsexperten« im Mittelpunkt stehende Senkung der »Lohnnebenkosten« ad absurdum. Gesunken sind schließlich auch die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer, von durchschnittlich 21,1 Prozent2004 auf 19,5 Prozent im laufenden Jahr. Hätten sich die Bruttolöhne also angemessen erhöht, gäbe es längst »mehr Netto vom Brutto«.
    Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft

  2. Rudolf Hickel: EZB – Auf halbem Wege
    Im Unterschied zur US-Notenbank ist die Euro-Bank geradezu monoman auf die Bekämpfung einer völlig überschätzten Inflationsgefahr mit Kollateralschäden für die Gesamtwirtschaft fixiert. Bei der Geldversorgung über die monetären finanziellen Institutionen sollten die Stärkung des Wirtschaftswachstums und der Beschäftigung in den Mittelpunkt gerückt werden. Der derzeitige Leitzins von vier Prozent, zu dem die EZB den Banken zeitlich befristet Liquidität mit dem Ziel, die Kreditvergabe auszuweiten, verkauft, ist im internationalen Vergleich zu hoch.
    Quelle: FR
  3. Urlaub augrund der Inflation gestrichen
    Neue Zahlen des Statistik-Experten Hans Wolfgang Brachinger von der Universität Fribourg belegen das. Exklusiv für die WirtschaftWoche aktualisierte der renommierte Wissenschaftler seinen „Index der wahrgenommenen Inflation“ (IWI), der die Lebenswirklichkeit der Menschen weitaus besser abbildet als die offizielle Statistik. Danach ist die im Alltag erlebte Inflationsrate seit Mitte vergangenen Jahres dramatisch in die Höhe geschossen – von rund fünf auf 12,8 Prozent im März und 11,6 Prozent im April. Der IWI, der die Güter nach ihrer Kaufhäufigkeit gewichtet statt nach ihrem Anteil an » den Gesamtausgaben, liegt damit sogar noch höher als unmittelbar nach der Euro-Einführung, als der Teuro-Frust den Verbrauchern gewaltig auf den Magen schlug.

    Die erlebte Rekord-Inflation hat weitreichende Konsequenzen: Weil für die Konsumfreude der Menschen nicht die amtliche Inflationsrate, sondern das von Brachinger gemessene subjektive Inflationsempfinden ausschlaggebend ist, könnte der private Verbrauch in diesem Jahr noch schwächer ausfallen als bislang erwartet. Das würde die letzte Hoffnung für die Konjunktur platzen lassen. Denn der Export schwächt sich wegen der Finanzkrise, des Abschwungs in Amerika und des starken Euro zunehmend ab.
    Da gleichzeitig auch das weltweite Wachstum spürbar nachlässt, macht auf einmal ein Begriff die Runde, den man längst in den Archiven der Wirtschaftsgeschichte vergessen glaubte: Stagflation, also die Kombination aus schwachem Wachstum und kräftig steigenden Preisen.
    Quelle: wiwo.de

    Anmerkung: Obwohl die Preissteigerungen nichts mit einer überhitzten Nachfrage und schon gar nichts mit hohen Löhnen zu tun haben, fällt den Dogmatikern der Wirtschaftswoche nichts anderes ein als eine restriktive Zinspolitik der EZB und die Warnung vor überhöhten Lohnforderungen ein. Wie man damit aus einer möglichen Stagflation kommen könnte, bleibt das Geheimnis dieser Ökonomen.

  4. “Dann ist Mehdorn fällig”
    Bahnchef Hartmut Mehdorn gerät wegen bislang unbestätigter Spitzelvorwürfe unter heftigen Beschuss. Verkehrsexperten aus Regierung und Opposition forderten seinen Rücktritt, falls sich die Anschuldigungen bestätigen sollten. “Dann ist er fällig”, sagte SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer stern.de.Die Nachricht des “Handelsblatts” sorgt in Berlin für großen Aufruhr: Auch die Deutsche Bahn sieht sich mit Bespitzelungsvorwürfen konfrontiert. Die Sprengkraft dieser Vorwürfe ist gewaltig. “Wenn die Anschuldigungen stimmen, ist es ein weiterer Grund dafür, dass Bahnchef Mehdorn endlich gehen muss”, sagte SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer stern.de.
    Quelle: Stern-online
  5. IMK-Forscher: Steuersenkungskonzept der FDP kostet öffentliche Haushalte 60 Milliarden Euro
    Das am Wochenende von der FDP geforderte Reformmodell für die Einkommensteuer würde zu extrem hohen Steuerausfällen führen. Dr. Achim Truger, Experte für Steuer- und Finanzpolitik im Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, hat die Kosten des Steuermodells berechnet. Allein durch die Veränderung der Einkommensteuer-Tarife kommt es laut Truger zu Einnahmeausfällen von mindestens 60 Milliarden Euro. Der Beschluss des FDP-Parteitags sieht zudem eine Erhöhung des Kindergeldes vor, die nach IMK-Berechnung zusätzlich mit etwa 10 Milliarden Euro zu Buche schlagen würde. Folglich entstünde ein Defizit von etwa 70 Milliarden Euro in den öffentlichen Haushalten, wenn der FDP-Beschluss umgesetzt würde.
    Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
  6. Referentenentwurf für ein Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente
    Das BMAS hat dazu jetzt einen Referentenentwurf vorgelegt. Danach sollen u.a.

    • acht bisher eigenständige Instrumente und individuelle Förderleistungen entfallen.
    • weniger wirksame und kaum oder wenig genutzte Instrumente – wie zum Beispiel die Förderung der beruflichen Weiterbildung durch Vertretung (Job-Rotation) oder Personal-Service-Agentur – sollen abgeschafft werden,
    • bei der Vermittlung und Betreuung sollen private Dritte flexibler eingeschaltet werden können,
    • der Leistungskatalog der Arbeitsförderung für benachteiligte junge Menschen soll über die bereits im 5. SGB III-Änderungsgesetz erfolgten Ergänzungen durch den Ausbildungsbonus und die Förderung der Berufseinstiegsbegleitung hinaus um einen Rechtsanspruch auf den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses ergänzt und gleichzeitig übersichtlicher gestaltet werden. Der seit dem 1. Januar 2008 maßgebliche Beitragssatz zur Bundesagentur für Arbeit liegt mit 3,3 % etwa bei der Hälfte des bis Ende 2006 geltenden Beitragssatzes von 6,5 %. Dies signalisiert die erheblichen Anstrengungen der letzten Jahre, die Arbeitsförderung des Bundes effektiv und effizient zu erbringen. Das neue Gesetz zielt darauf, in der Arbeitsförderung des Bundes die Mittel der Beitrags- und Steuerzahler noch effektiver und effizienter einzusetzen. Dies soll mittelfristig zu Effizienzgewinnen führen, aber keine Einschränkung der arbeitsmarktpolitischen Handlungsmöglichkeiten mit sich bringen.

    Quelle: BMAS [PDF – 342 KB]

    Anmerkung: Es zeigt sich erneut, dass viele der hoch gelobten Instrumente der Hartz-Gesetzgebung untauglich waren (z.B. Personal-Service-Agenturen). Ob die Einschaltung privater Vermittler nicht nur wieder zu einem Abgreifen von Fördergeldern durch die Vermittler führt, ist eine offene Frage. Letztlich geht es vor allem wieder um Effizienzgewinne, will sagen um Einsparungen. Die Forderung nach einer weiteren Absenkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge wird auf dem Fuße folgen.

  7. Mehr befristete Beschäftigungsverhältnisse
    Der Anteil der befristeten Arbeitsverhältnisse in Deutschland steigt. Wie aus der Antwort der Bundesregierung (16/9002) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (16/8827) hervorgeht, stieg der Anteil der befristeten Beschäftigungsverhältnisse laut Mikrozensus von 7,7 Prozent im Jahr 2004 auf 10,5 Prozent im Jahr 2006. Zahlen für das Jahr 2007 lägen noch nicht vor, heißt es. Den Angaben zufolge waren im Jahr 2006 von den 29,1 Millionen Arbeitnehmern 3,06 Millionen befristet angestellt. Im Jahr zuvor seien es noch 2,74 Millionen von 28,18 Millionen Beschäftigten gewesen.
    Quelle: Deutscher Bundestag
  8. Entwicklung der Altersarmut aus Sicht der Regierung nicht abschätzbar
    Ohne eine private Altersvorsorge erreicht ein Vollzeitbeschäftigter mit einem Stundenlohn von 7,50 Euro brutto nach 45 Jahren nicht das heutige Grundsicherungsniveau von 627 Euro. Vielmehr erlange er eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von “gut 600 Euro”, schreibt die Regierung in ihrer Antwort (16/9185) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (16/8940). Sie betont jedoch, dass die Frage, ob in der Zukunft Anspruch auf Grundsicherung im Alter besteht, von allen Einkünften, dem vorhandenen Vermögen sowie von Unterhaltsansprüchen gegen Ehe- und Lebenspartner entscheidend abhänge. “Unterstellt man beispielsweise für den betrachteten Fall, dass zusätzlich vier Prozent des Bruttogehalts in einen privaten Altersvorsorgevertrag eingezahlt wurden, läge das gesamte Alterseinkommen deutlich oberhalb des Grundsicherungsniveaus”, erörtert die Regierung.

    Weiter heißt es in der Antwort, die Zahl der Personen, die im Jahr 2020 auf Leistungen der Grundsicherung im Alter angewiesen sein werden, könne heute weder deutschlandweit noch getrennt für West- und Ostdeutschland abgeschätzt werden. Allerdings sei “ein Anstieg der Bezieherzahlen in Ostdeutschland nicht auszuschließen”.
    Quelle: Deutscher Bundestag

  9. Bei Real wird mit dem Fingerabdruck bezahlt
    Der Düsseldorfer Handelsriese Metro hat den Einkaufsmarkt der Zukunft vorgestellt. Testkunden können dort mit den Handy einkaufen und per Fingerabdruck bezahlen. Sollte dieses Modell bei den Kunden gut ankommen, könnte am Verkaufspersonal gespart werden. Das sorgt für gute Laune bei den Managern.
    Quelle 1: Welt

    Anmerkung Martin Betzwieser: Es ist extrem unsicher, mit dem Fingerabdruck zu bezahlen. In mehreren Versuchen wurde schon vorgeführt, wie mit chemischer Raffinesse Fingerabdruck-Duplikate hergestellt werden können.
    Quelle 2: ARD-PlusMinus vom 27.11.2007
    Quelle 3: Heise-Newsletter vom 29.03.2008

  10. Regierung will Lobbyisten weiter an Gesetzen mitschreiben lassen
    Die Regierung will die Mitarbeit von externen Mitarbeitern an Gesetzen nicht beenden. Lediglich die “verantwortliche Formulierung von Gesetzentwürfen” durch Lobbyisten soll ausgeschlossen werden. Das ist eine Mogelpackung: Denn nach Aussagen von Peter Altmaier, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, habe es bislang keine “verantwortliche Mitarbeit” an Gesetzen gegeben. Zugleich haben nach Informationen des Bundesinnenministeriums in den letzten fünf Jahren Lobbyisten in Ministerien an mindestens 30 Gesetzen mitgearbeitet – nur eben formal nicht “verantwortlich”. Die Regierung lässt hier also alles beim Alten. Lobbyisten dürfen weiter in den Ministerien selbst an Gesetzen mitstricken.
    Quelle: Lobbycontrol

    Anmerkung WL: „Mitstricken“ hört sich harmlos an. Man muss sich diese „Mitarbeit“ doch nur einmal praktisch vorstellen. Da sitzt ein Angestellter eines einschlägigen Unternehmens in einem Fachreferat (es reicht, wenn es mitzeichnungsberechtigt ist). Er bekommt die Entwürfe für Referentenentwürfe auf seinen Tisch. Er kann sie also auch an seine Entsendungsfirma weitergeben. Dort werden dann bei Betroffenheit ganze Stäbe darangesetzt, Argumente zu sammeln, warum dieses oder jenes nicht geht oder wie man die Formulierung „vernünftigerweise“ ändern müsste. Der entsandte Mitarbeiter wird mit Argumentationspapieren und Fakten gefüttert, die er in die Abstimmung über die Vorlage einbringen kann. Kaum ein anderer Kollege hat diesen ausgelagerten Schreibtisch für die Zuarbeit. Der entsandte Mitarbeiter ist somit im Regelfall seinen anderen Fachkollegen in der Diskussion überlegen – zumal er ja als Experte angesehen wird, denn sonst hätte man ihn ja auch nicht geholt.
    Ober der entsandte Mitarbeiter also „formal verantwortlich an Formulierungen von Gesetzentwürfen“ mitarbeitet, ist ziemlich uninteressant. Wichtig ist sein faktischer Einfluss in der Abstimmung.

    Siehe auch

    Wirtschaftsvertreter in Ministerien: Bund tut Lobbyisten nicht weh.
    Die Regierung will die Mitarbeit von Wirtschaftsvertretern in Ministerien neu regeln: Lobbyisten dürfen sechs Monate in Behörden wirken. Grüne und Linke finden das zu lasch.
    Quelle: TAZ

  11. Chaos Computer Club fordert nach Telekom-Spitzelaffäre wirksamen Schutz vor Datenverbrechen
    Angesichts der immer weiter eskalierenden Enthüllungen über die Spitzelpraktiken der Telekom und anderer deutscher Großkonzerne fordert der Chaos Computer Club (CCC) eine grundlegende Neuordnung des Datenschutzes und eine Ächtung von Datenverbrechen in Deutschland.

    Der Grundsatz der Datensparsamkeit hat sich in Jahrzehnten des Experimentierens mit freiwilligen Verpflichtungen und einem Datenschutzrecht ohne nennenswerte Sanktionsmöglichkeiten nicht in der Praxis durchsetzen lassen. Daher ist angesichts der massiven Datenskandale die Zeit gekommen, durch wirksame Maßnahmen die Unternehmen und Behörden zu verpflichten, so wenig Daten wie möglich zu speichern und den Umgang damit strenger zu kontrollieren.

    Das vom Bundesverfassungsgericht im Urteil zur digitalen Intimsphäre festgestellte Recht auf Schutz vor der Erstellung von Persönlichkeitsprofilen muss endlich in konkrete Gesetze gefasst und in der Praxis umgesetzt werden. Der durch das Zusammenführen verschiedener Datenbestände erst ermöglichte tiefgreifende Einblick in das Leben jedes Einzelnen stellt eine signifikante Gefahr für die freie Entfaltung der Persönlichkeit dar und muss mit drakonischen Strafen belegt werden. Die derzeitige Behandlung von Datenverbrechen als Kavaliersdelikt ist in keiner Weise den Folgen für den Einzelnen angemessen.
    Quelle: Chaos Computer Club

  12. Heribert Prantl: Schäuble, Obermann und die Privatsphäre – zwei Böcke als Gärtner
    Es ist das Verdienst von Lidl und Telekom, wenn der Datenschutz nun wieder den Wert und den Rang erhält, der ihm gebührt. Jahrelang ist über Datenschutz geredet worden, als handele es sich um etwas Unanständiges für unanständige Leute. Wer für Datenschutz eintrat, der musste sich vorhalten lassen, dass er den Staat künstlich dumm halten wolle.

    Der Datenschutz galt den wechselnden Innenministern der Republik als lästiges Hindernis bei der Kriminalitätsbekämpfung; Datenschützer galten Sicherheitspolitikern als Gegner. Das ist nun vorbei, vorübergehend jedenfalls. Der Satz vom “Datenschutz als Täterschutz” ist abgeheftet worden – Wiedervorlage nach dem Telekom-Skandal. Selbst Minister Schäuble ist, kurzzeitig jedenfalls, vom obersten Datennützer zum obersten Datenschützer konvertiert – und hat den Telekom-Chef zu sich gebeten, auf dass man gemeinsam über bessere Schutzmaßnahmen nachdenke.

    Da machen sich also zwei Böcke zu Gärtnern der Privatsphäre: Der Herr der Gesetze, welche die Sicherheit ganz groß und den Datenschutz ganz klein gemacht haben, trifft den Chef des größten und löchrigsten Datenspeichers der Republik – und der eine hält sich für so unschuldig wie der andere.
    Quelle: Süddeutsche

  13. Telekom-Spitzel spähte auch für die Bahn
    Die Spitzelaffäre der Deutschen Telekom weitet sich auf ein zweites Bundesunternehmen aus. Auch die Deutsche Bahn AG hat nach Informationen des Handelsblatts Aufträge an dieselbe Firma vergeben, die für die Telekom Aufsichtsräte und Journalisten ausspähte. Der Auftrag kam offenbar aus dem Umfeld von Konzernchef Hartmut Mehdorn. Bahn-Aufsichtsratschef Werner Müller reagierte gestern mit Erstaunen auf die Spitzelvorwürfe bei der Bahn. Sein Sprecher sagte dem Handelsblatt: “Herr Müller ist in keiner Weise informiert.”

    Korruptionsfälle im Konzern geht die Bahn indes schon länger mit Härte an. Seit der Einrichtung der Abteilung Korruptionsbekämpfung vor acht Jahren seien 300 Fälle aufgedeckt worden, teilte der Konzern mit; seit 2007 agiert Wolfgang Schaupensteiner als oberster Korruptionsbekämpfer im Konzern. Er leitete zuvor die Abteilung für Korruptionsbekämpfung bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt. Bahnchef Mehdorn sagte noch vergangene Woche: “Alle sollten wissen, dass wir auf der Jagd sind und mit scharfer Munition schießen.”
    Quelle: Handelsblatt

  14. Skandal-Bank IKB gönnt sich 59 Aufsichtsräte und »Berater«
    Die Deutsche Industriebank (IKB) ging als Skandalbank in die jüngere deutsche Geschichte ein. Innerhalb kürzester Zeit riskierte sie Milliarden im dubiosen Markt der US-Subprime-Kredite und löste die schwerste Bankenkrise seit 1931 aus – so der Sprecher der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jochen Sanio. Der Bund, die KfW und andere Banken mussten bis Ende März 2008 rund 8,5 Milliarden Euro zuschießen. Worüber niemand redet: Eigentlich hätte das gar nicht passieren dürfen. Denn dem IKB-Vorstand standen gleich mehrere Gremien hochkarätigster und prominenter Experten zur Seite.
    Quelle: Kopp Verlag
  15. Wahlkampf 2009: Reinemachen à la SPD
    Partei-Chef Kurt Beck sucht die Schuldigen für die SPD-Misere nun auch im eigenen Haus. Nachdem er am Wochenende heftig die Medien gescholten hatte, zieht er nun gegen die eigene Presseabteilung zu Felde. Generalsekretär Hubertus Heil kündigte am Montag in Berlin an, für den Bundestagswahlkampf 2009 und die “Kampa 09” einen Medienprofi zu suchen, der als “strategischer Koordinator” den Wahlkampf gemeinsam mit ihm führen soll. Als Vorbild soll wohl CSU-Kandidat Edmund Stoiber dienen, der 2004 den Ex-Bild-am-Sonntag-Chef Michael Spreng eingestellt hatte. Die SPD-Führung scheint zu der Überzeugung gelangt zu sein, dass die Pressearbeit des Willy-Brandt-Hauses Schuld am miesen Erscheinungsbild ist. So segnete das Präsidium ein Konzept ab, das Generalsekretär Heil und Bundesgeschäftsführer Martin Gorholt – die beide keine Erfahrung mit Bundestagswahlkämpfen haben – ausgearbeitet hatten. Faktisch bedeutet es die Entmachtung von Becks Sprecher Lars Kühn.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung: Es war schon immer so, stehen Politiker in der veröffentlichten Meinung schlecht da, dann ist der Sprecher und die mangelnde Kommunikation schuld. Stehen sie gut da, dann haben die Politiker das Verdienst. Man tut also so, als brauchte man den größten Blödsinn nur mit einem Zuckerguss überziehen und schon beißen die Medien und das Publikum an.

  16. Deutsche Arbeitnehmer sind am mobilsten
    Weite Wege zum Arbeitsplatz, längere Dienstreisen, Umzüge und Auslandsaufenthalte: Viele Deutsche müssen für ihren Job flexibel sein. Jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte ist derzeit aus beruflichen Gründen mobil, ergab eine Studie der Universität Mainz. Damit liegt Deutschland vor anderen europäischen Ländern.
    Quelle: Personal-Magazin
  17. Studie: Mehrheit will kein anderes Alterssicherungssystem
    Trotz der Leistungseinschnitte in den vergangenen Jahren “weist die große Mehrheit der Bevölkerung der Gesetzlichen Rentenversicherung die (Haupt-)Verantwortung für die Alterssicherung zu”. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie (inifes) über die Akzeptanz-Entwicklung der Rentenversicherung in Deutschland. Eine Ergänzung der gesetzlichen Rente durch private oder betriebliche Altersvorsorge werde zwar “als notwendig erachtet und akzeptiert”, so die Studie. Einen Systemwechsel wollten dagegen die wenigsten Befragten. Zudem habe es in den vergangenen Jahren keinen weiteren Rückgang beim Vertrauen und bei der Zufriedenheit mit der sozialen Alterssicherung gegeben.
    Quelle: Ihre Vorsorge
  18. Üppiges Übergangsgeld für ehemaligen Infineon-Chef
    Dem 58-Jährigen Ziebart stehen laut Vertrag jährlich 560 000 Euro Ruhegehalt zu, das unabhängig von seinem Alter und dem Zeitpunkt seines Ausscheidens gezahlt wird. Sollte er einen neuen Job annehmen oder freiberuflich Einnahmen erzielen, so muss er sich das zwar anrechnen lassen, 280 000 Euro per anno sind ihm allerdings auch dann aus der Infineon-Kasse sicher. Für Ziebarts Nachfolger Peter Bauer gelten dieselben Regeln. Bauer ist erst 47 Jahre alt. Neben dem Ruhegehalt kassiert Ziebart weitere 860 000 Euro als ein “einmaliges Übergangsgeld für den Fall des Übertritts in den Ruhestand”. Sein laufender Vertrag, der bis September 2009 gilt, wird ohnehin ausgezahlt und garantiert ihm 1,6 Mill. Euro Fixgehalt pro Jahr. Infineon kämpft seit Jahren mit roten Zahlen. Bei 7,7 Mrd. Euro Jahresumsatz machte das Unternehmen 2007 einen Verlust von 370 Mill. Euro.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung: Die vier Jahre haben sich für Ziebart gelohnt.

  19. Klüger, als die Politik es glaubt
    Die Schweizer Volkspartei ist mit ihrem Plebiszit zur Verschärfung des Ausländerrechts gescheitert. Der Ausgang der Abstimmung widerlegt die Kritiker der direkten Demokratie. Der Zürcher Politikwissenschaftler Adrian Vatter hat ermittelt, dass in 50 Volksabstimmungen zwischen 1970 und 2007, deren Inhalt Minderheiten tangierten, in unter 60 Prozent der Fälle Mehrheiten zustande kamen, die eine oder mehrere Minderheiten benachteiligen. Dennoch ist die direkte Demokratie “nicht per se ein Instrument für die Mehrheit zur Tyrannei über eine Minderheit” (Vatter). Gegenüber den nicht zu bestreitenden Gefahren von Elementen direkter Demokratie überwiegen allemal die Vorteile. Es wird in der Schweiz weniger, langsamer und vorsichtiger regiert, weil über allen Projekten das Damoklesschwert des Referendums oder einer Gesetzesinitiative des Volks hängt. Gesetzgeberische Fehlkonstruktionen und Schnellschüsse sind deshalb seltener als hier (“Gesundheitsreform”, Diäten, Hartz IV).
    Quelle: taz
  20. Hessen kippt seine Studiengebühren
    Bei der Einführung gingen Tausende Studenten auf die Straße. Besonders in Hessen wurde mit harten Bandagen gegen die Einführung der 500 Euro pro Semester gekämpft. Jetzt soll nach einem Landtagsbeschluss alles rückgängig gemacht werden. SPD und Grüne hatten nach der Landtagswahl Ende Januar die Rolle rückwärts in Fragen der Studienmaut auf den Weg gebracht. Und auch die Linke unterstützte diesen Vorstoß. Damit setzen sich die Parteien nun gegen den geschäftsführenden Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) durch. Das Geld, das dem Landtag nach der Abschaffung der Studiengebühren fehlen wird, soll nun der Landeshaushalt aufbringen. So wollen es SPD und Grüne. Dieses Jahr geht es dabei noch um 23 Millionen Euro, danach dann werden 92 Millionen pro Jahr auf das Bundesland Hessen zukommen.
    Quelle: Tagesspiegel

    Siehe auch:

    Das Bezahlstudium ist gescheitert
    In Hessen werden nach nur zwei Jahren die Studiengebühren wieder abgeschafft. Gut so! Die bisherigen Erfahrungen zeigen: Die Campus-Maut ist unsozial und die Finanzlöcher bei den chronisch unterfinanzierten Universitäten kann sie auch nicht stopfen.
    Quelle: stern.de

    Anmerkung: Entgegen einem Antrag der Linken ist aber keine Rückerstattung der schon bezahlten Gebühren vorgesehen. Aber immerhin sind auch die Langzeitgebühren abgeschafft. SPD und Grüne wollen eine Verkürzung der Studienzeiten mittels Zielvereinbarungen zwischen Studenten und Hochschulen über den jeweiligen Studienverlauf erreichen.

  21. Studentenhoch schafft dicke Luft
    Hunderttausende Studierende drängen in den nächsten Jahren zusätzlich an die Hochschulen. Das kostet Milliarden. Bund und Länder streiten, wer es bezahlen soll.
    Überfüllte Hörsäle, Wartelisten für Seminare, Professoren, die sich um fast 200 Studenten kümmern müssen: Schon heute sind die Zustände an vielen deutschen Universitäten alles andere als rosig. Doch sie könnten noch schlimmer werden, wenn Bund und Länder sich nicht bald einigen. “Hochschulpakt II” lautet die Chiffre, die in den nächsten Monaten noch für Konflikte sorgen wird. Dahinter steckt der Versuch der Politik, mit dem erwarteten Studentenberg in den kommenden Jahren fertig zu werden.
    Quelle: taz
  22. Korrektur:
    Am 16.5.2008 hatten wir auf die Möglichkeit hingewiesen, eine Petition gegen die Privatisierung der Bahn online mitzuzeichnen.
    Quelle: Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags

    Wir wurden von Lesern darauf aufmerksam gemacht, dass der Petent Mitglied der Partei “Die Republikaner” sei. Diese wollten wir ausdrücklich nicht unterstützen und haben die Meldung entfernt. Der Petent versicherte uns jedoch inzwischen, diese Partei 2007 verlassen und sich auch keiner anderen Partei oder einem anderen Interessenverband angeschlossen zu haben. Unter dem Vorbehalt, dass diese Angaben richtig sind, erscheint es uns wieder sinnvoll, unsere Leser über die Petition zu informieren.

    Zu guter letzt:

    Volker Pispers über die „Kampfkandidatur“ um das Amt des Bundespräsidenten
    Quelle: wdr.de

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