Hinweise des Tages
(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin
- Arbeitslose auf Kreuzfahrt
Mehrere Dutzend junge Arbeitslose sind von Jobcentern auf Arbeitsplätze auf Flusskreuzfahrtschiffen vermittelt worden, bei denen Stundenlöhne von weniger als drei Euro gezahlt wurden. Gegenüber dem ZDF-Magazin “Frontal 21” hat die Bundesagentur für Arbeit bestätigt, dass solche sittenwidrigen Arbeitsverträge mit Hilfe von mindestens sechs verschiedenen Jobcentern in Nordrhein-Westfalen abgeschlossen wurden. Das mit mehreren hunderttausend Euro geförderte Arbeitslosenprojekt “Crewing – für Kreuzfahrtschiffe” ist vorläufig gestoppt worden.
Quelle: ZDF Frontal 21Anmerkung: Die einen leben eben auf dem Sonnendeck, die anderen schuften im Maschinenraum. Sozial ist was Arbeit schafft.
- Den Dritten Armuts- und Reichtumsbericht unverzüglich vorlegen
Der Deutsche Bundestag missbilligt, dass die Bundesregierung ihrer Verpflichtung aus dem Beschluss des Deutschen Bundestags vom 19. 10. 2001 nicht nachgekommen ist, jeweils zur Mitte der Legislaturperiode einen Armuts- und Reichtumsbericht vorzulegen.
So heißt es in einem Antrag der FDP-Fraktion.
Quelle: Deutscher Bundestag [PDF – 32 KB] - Schutz vor Armut im Alter – Wie gerecht ist unser Rentensystem?
Darüber diskutierten:- Elke Ferner, stellv. Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion
- Albrecht Müller, Nationalökonom, Herausgeber der Internetseite NachDenkSeiten.de
- Volker Schneider, rentenpolitischer Sprecher Die Linke im Bundestag
- Peter Weiß, CDU, rentenpolitischer Sprecher CDU/CSU-Bundestagsfraktion
- Moderation: Marie Sagenschneider
Die Sendung, auf die wir bereits vorher hingewiesen hatten, ist auch im Nachhinein als Podcast verfügbar.
Quelle: Deutschlandradio Kultur [Podcast, ca. 55 min, ca. 18 MB] - Pensionskassenvermögen um 35 Milliarden geschrumpft
Die Vermögen der zweiten Säule, die von Pensionskassen verwaltet werden, sind laut einer Studie der Credit Suisse (CS) im ersten Quartal 2008 geschrumpft. Sie nahmen um rund 35 Milliarden auf 595 Milliarden Franken ab. Die seit Anfang Jahr geltende Mindestverzinsung von Geldern der beruflichen Vorsorge (BVG) wurde von allen untersuchten Pensionskassen-Kategorien verpasst.
Quelle: Baseler ZeitungAnmerkung WL: Aber die private Vorsorge ist ja so sicher.
Siehe dazu auch:
Schlechtestes Quartal für Schweizer Pensionskassen
Die Schweizer Pensionskassen haben in den ersten drei Monaten im Durchschnitt eine Minusperformance von 5,59 Prozent erzielt. Gemäss einem Marktbeobachter hat das bis Ende März 6 bis 8 Prozent aller Pensionskassen in die Unterdeckung getrieben. Allerdings bestehe kein Grund zur Panik.
Quelle: NZZKommentar Orlando Pascheit:Das Schweizer Rentensystem wird häufig als vorbildlich für Deutschland dargestellt. Es ruht auf drei Säulen: der staatlichen Rentenversicherung, den betrieblichen Pensionskassen und der privaten Vorsorge. Die ersten beiden, obligatorischen Säulen tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte. Die Beiträge der dritten Säule ist freiwillig und wird steuerlich gefördert, geht aber ganz zu Lasten der Arbeitnehmer.
Die erste Säule ist kann durchaus als beispielhaft bezeichnet werden, da jeder Bürger, Arbeiter und Angestellte, Beamte wie Selbständige knapp 10 Prozent des Einkommens einzahlen. Eine Höchstgrenze wie in Deutschland gibt es nicht, d.h. ein Manager mit einem Einkommen von 1 Mio.Franken zahlt 50.000 und der Arbeitgeber legt die gleiche Summe dazu. Allerdings dient die erste Säule nur der Grundsicherung. Die ausbezahlten Renten liegen zwischen 1.000 und 2.110 Franken. Den Lebensstandard sollen die beiden anderen Säulen sichern.Die zweite Säule, das Vermögen der Pensionskassen wird am Kapitalmarkt angelegt. Und hier wird einmal mehr deutlich, dass die kapitalgedeckte Rente, trotz äußerst konservativer Anlagestrategien, eine höchst unsichere Angelegenheit ist. Allein im Gefolge des Börsencrashs 2000 sind 10 Prozent des Versichertenkapitals vernichtet worden. Die Reaktionen der verantwortlichen Politiker kommen einem bekannt vor: Senkung der Mindestrendite der Guthaben in den Pensionskassen von 3 auf 2 Prozent, Rentenanpassung nicht mehr jedes Jahr, sondern nur noch alle zwei Jahre und die übliche Forderung nach einer Erhöhung des Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre.
Die Verluste der Schweizer Pensionskassen wegen der vom US-Immobilienmarkt ausgelösten Kreditkrise werden zwar in obigem Artikel schön geredet, aber immerhin sind rund 6% des von Schweizer Pensionskassen verwalteten Vermögens allein im 1.Quartal dieses Jahres verloren gegangen, und die Krise ist noch nicht vorbei. Da darf man schon mal fragen, ob die nicht unbeträchtlichen Beiträge, die ein Arbeitnehmer in die Pensionskasse einzahlt, nicht im Umlagesystem der ersten Säule besser aufgehoben wären.
- Das Elterngeld wird zur fiesen Steuerfalle
Böse Überraschung für Bezieher von Elterngeld: In vielen Fällen steht für 2007 eine Steuernachzahlung ins Haus. Das Elterngeld ist zwar steuerfrei, hat aber Einfluss auf den Steuersatz. Spitzenverdiener trifft es dabei kaum. Der Staat fordert von Eltern mit mittlerem und geringem Einkommen eine kräftige Nachzahlung an das Finanzamt.
Quelle: Die Welt OnlineAnmerkung: „Das Elterngeld ist eine gute Sache. Unterm Strich profitieren alle davon“, schreibt die Welt. Dass arme Familien schlechter dastehen als früher bleibt unerwähnt. Einkommensschwache Familien profitieren nicht von den höheren Sätzen, die sich am Gehalt bemessen. Nur neun Prozent der Antragsteller bekommen ein monatliches Entgelt von über 1000 Euro.
Schlechter stellen sich vor allem alle Arbeitslosengeld II- (bzw. Sozialhilfe- und Grundsicherungs-) Bezieher/innen: Sie bekamen bisher über zwei Jahre hinweg 7.200 Euro und erhalten jetzt wahlweise über ein oder zwei Jahre hinweg nur noch 3.600 Euro. - Bahnprivatisierung
Gestern Abend traf sich der Koalitionsausschuss und hat sich auf die Privatisierung der Bahn geeinigt. Für die CDU reicht der Beschluss der SPD als Einstieg in eine weitere Privatisierung.
Lesen Sie hier noch einmal zusammengefasst die Gegenargumente der Berliner SPD-Linken http://www.spd-linke.de/.
Quelle: Newsletter der Berliner SPD-Linken [PDF – 228 KB] - Schlechtere Jobs und weniger Geld
Alternative Ökonomen sehen keinen Anhaltspunkt dafür, dass der private Konsum massenhaft ansteigen sollte.
Das Sinken der offiziellen Arbeitslosenquote sei damit erkauft worden, dass immer Menschen, die keine Arbeit finden, gar nicht mehr erfasst werden – und dass sich die Art und Weise der Beschäftigung verschlechtert hat. So arbeitet inzwischen ein Drittel der Beschäftigten in Teilzeit, ein Großteil von ihnen ungewollt, fast 6 Millionen Menschen sind prekär beschäftigt, also in unterbezahlten und ungeschützten Arbeitsverhältnissen. Zugleich seien Niedriglöhne “zu einer Massenerscheinung geworden”, die schon mehr als jeden fünften Erwerbstätigen betrifft. 8 Prozent der Bevölkerung gehören bereits zum “abgehängten Prekariat” und haben damit keine Chance, auf den regulären Arbeitsmarkt zurückzufinden.
Quelle: taz - Ein Feldversuch läuft schief
Die Kapitalmärkte laufen Amok. Die Preise für Nahrungsmittel explodieren. In den USA bricht die Gesundheitsversorgung zusammen. In Deutschland verarmt der Mittelstand. Was geht da vor? Die Wirtschaftspolitik schafft Bedingungen, die das Überleben der Menschheit akut bedrohen.
Quelle: Blick - Agrarspekulation: Streut Sand ins Getriebe!
Blasen, das haben die vergangenen Jahre an den Kapitalmärkten gezeigt, sind systemimmanent. Deshalb gilt es, das zunehmend deregulierte System wieder an die Kandare zu nehmen. Die Losung, nur freie Märkte sind effiziente Märkte, hat sich als falsch herausgestellt. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Nur auf regulierten Märkten können Spekulanten positiv wirken.Die destabilisierende Kraft der Spekulation reduziert man am besten mit etwas Sand. Sand ins Getriebe streuen, lautet die richtige Forderung. Die Kosten des Börsenhandels sind drastisch gesunken. Gleichzeitig sind die Handelsvolumina exorbitant gestiegen. Und die Blasen haben überhand genommen. Das hat nichts mit zu laxer Geldpolitik zu tun, wie Freunde freier Märkte gern behaupten. Die Kosten müssen wieder steigen. Das geht am einfachsten über eine Spekulationssteuer. Auch Zugangsbeschränkungen und gesetzliche Handelsbegrenzungen müssen ganz oben auf der Agenda stehen.
Quelle: FR - Irreführende Braunkohle-PR
Der Klima-Lügendetektor hat in mehreren Beiträgen die aktuelle PR-Kampagne der Braunkohlelobby unter die Lupe genommen. Neben dem Start zweier Internetportale schaltete der Deutsche Braunkohle Industrieverband DEBRIV im Spiegel, der Zeit und etlichen anderen Medien großflächige Anzeigen mit Wissenschaftlern als Fürsprechern. Allerdings nicht immer mit deren Einverständnis…
Der renommierte Klimaexperte Prof. Robert Socolow von der Uni Princeton beklagt, er werde für die Kampagne „missbraucht“. Er wurde nach eigener Aussage gar nicht von der deutschen Braunkohleindustrie interviewt, und meinte ein Gespräch mit einem Schweizer Journalisten werde hier „offenbar missbraucht“. In der daraufhin erschienenen Anzeige in der Zeit fehlte dann auch das Plädoyer für neue Kohlekraftwerke aus der ersten Fassung der Anzeige. Denn Socolow unterstützt den Bau neuer Kohlekraftwerke nicht, wenn sie keine CO2-Abscheidetechnik besitzen und es keinen verlässlichen Plan zur Lagerung des Kohlendioxids gibt. Und das ist in der Tat noch nicht der Fall. (Und es gibt auch Zweifel, ob diese Technik wirklich im großen Maßstab funktionieren wird).
Quelle: LobbyControl - Irland droht der Absturz
Irland wird gerade aus einem Traum gerissen. Der Wirtschaftsboom, den das Land in den vergangenen zwei Jahrzehnten erlebte, hat ein abruptes Ende gefunden. Und damit auch die Erwartung, es werde den Menschen immer besser gehen. Die Wirtschaft leidet unter der sinkenden Wettbewerbsfähigkeit der verarbeitenden Industrie, vor allem macht ihr der starke Euro zu schaffen. Denn er erschwert den Export in die wichtigsten Märkte Großbritannien und USA. Die Immobilienkrise würgt die Nachfrage zusätzlich ab. Das schlägt sich längst auch in den Wachstumsprognosen nieder. Die Zentralbank korrigierte ihre Vorhersage deutlich nach unten. Sie erwartet für 2008 nur noch rund 2,4 Prozent Wachstum, nach 5,3 Prozent im Vorjahr. Das Dubliner Wirtschaftsinstitut Esri geht sogar von mageren von 1,8 Prozent aus.
Quelle: FTDAnmerkung: Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass der Boom im Steuerfluchtland Irland (12,5 Prozent Steuern auf Unternehmensgewinne [PDF – 88 KB) künstlich ist und auf Kosten anderer EU-Mitgliedstaaten geht. Interessant ist, dass ein Wachstum von 2,4 Prozent in der FTD als „Absturz“ gilt, während bei uns eine Wachstumsprognose von weit unter zwei Prozent als „robuster Aufschwung“ bezeichnet wird. Die Iren legen deshalb ein Investitionsprogramm von 184 Milliarden Euro auf, bei uns hält man konjunkturelle Stützungsmaßnahmen für Teufelszeug.
- » Reiche Polen freiwillig hinter Gittern «
Auf dem polnischen Immobilienmarkt sind vor allem Wohnungen in umzäunten und bewachten Siedlungen gefragt. Anders als in den USA besteht in Städten wie Warschau jedoch wenig Grund, Kriminalität zu fürchten. “Das Hauptmotiv, so zu wohnen, ist die Verachtung für ärmere Menschen, die es zu nichts gebracht haben”, meint Soziologieprofessor Bohdan Jalowiecki.
Quelle: FTDAnmerkung: Eine gespaltene Gesellschaft grenzt sich mit Sicherheitszäunen ab.
- Die Freiheit nehm‘ ich mir
Seit Jahren blicken Hochschulreformer und Bildungspolitiker mit Neid auf die freie Wirtschaft. So unabhängig, so flexibel, so fit für den Wettbewerb sollen Deutschlands Akademikerschmieden auch einmal sein. Die Technische Universität Berlin hat nun die Hälfte des Weges zurückgelegt, mag sich darüber aber gar nicht freuen: Denn ihre Einkommen liegen weiter auf Rathausniveau. Bei der hitzigen Debatte um überzogene Managergehälter kann die Uni dafür aber mit Ackermann und Co mithalten. “Uni zahlte 60000 Euro für Wohnung ihrer Kanzlerin“, schlagzeilte der Berliner “Tagesspiegel“.
Quelle: Der WestenAnmerkung: Die Freiheit der „unternehmerischen Hochschule”
- „Bachelor: die missglückte Reform“
Die Einführung des Bachelor-Abschlusses an deutschen Universitäten sollte vieles besser machen: Kürzeres Studium, weniger Abbrecher, mehr Praxisnähe. Doch es hagelt Kritik von Experten und Studierenden: Viele Studiengänge wurden einfach umbenannt, statt tiefgreifend reformiert.
Quelle: ZDFAnmerkung T.H.: Die Kritik im Frontal-21-Beitrag ist weitgehend systemimmanent, d.h. man misst den Bachelor an seinen Zielen, anstatt die Ziele selbst einer kritischen Prüfung zu unterziehen.
Ich denke, gegen den Bologna-Prozeß ist folgendes ins Feld zu führen:- Ökonomisierung der Inhalte: es zählt nur noch die Verwertbarkeit, stromlinienförmige Passgenauigkeit zu irgendwelchen Berufsbildern (die sich ohnehin dauernd ändern) und alles wird quantifiziert mit Punkten, Rankings, Bildungsbilanzen u. dgl.
- Extreme Verschulung, das eigene Interesse an selbstgewählten Schwerpunkten wird nicht mehr strukturell unterstützt
- Extreme Bürokratisierung und Gängelung durch Akkreditierungsagenturen, Prüfungsausschüsse, Modulbeauftragte, EDV-Systeme
- Zeitliche Überlastung der Studierenden durch absurde Vorstellungen über den sog. /workload/.
Laut Bundeszentrale für pol. Bildung lag die Jahresarbeitszeit eines Erwerbstätigen 2004 bei 1362 Stunden. Wir erwarten von den Studierenden, dass sie 1800 (30 Punkte * 2 Semester * 30 Stunden Workload) Stunden arbeiten (also in etwa soviel wie ein Erwerbstätiger im Jahr 1970). - Laut 18. Sozialerhebung des Studentenwerks [PDF – 526 KB] finanzierten 2006 60% der Studierenden einen Teil ihrer Kosten durch eigenen Verdienst, 5% sogar ausschließlich. Studentenjobs sind oft schlecht bezahlt (z.B. 6 € in der Gastronomie), so dass damit eine hohe zeitliche Belastung einhergeht. All das ist den Reformern offensichtlich unbekannt
- “Jugend gefährdende Schriften?”
Was sind das eigentlich für Magazine, die regelmäßig an Deutschlands Hochschulen ausliegen? Der Autor hat sie zwei Semester lang gesammelt. Unicum, Unicompact, UniSPIEGEL & Co. Die den Studierenden in Deutschland angebotenen Periodika bringen ihnen wenig wirklich Gutes. Salopp ausgedrückt: Es handelt sich um “Jugend gefährdende Schriften”, die unsere Kids ideologisch versauen! Bei Publikationen für den Bildungssektor ist es besonders bedauerlich, wenn sie weder das aufklärerische Potential der Massenmedien nutzen, noch auf die den heutigen Bildungsprozessen immer noch innewohnende Möglichkeit zur Selbsterkennung und zumindest teilweisen Selbstbefreiung hinweisen.
Quelle: Telepolis - “In deutschen Schulen werden Kinder demotiviert”
Wenn finnische Mütter sich in Hamburg treffen, sind sie schnell einig: Auch in ihrer Heimat sind die Schulen nicht perfekt – aber denen in Deutschland, wo Kinder entweder schwimmen oder einfach untergehen, weit überlegen.
Quelle: SPIEGEL - Aus dem Alltag einer Stützlehrerin: Unendliches Nichtwissen
“Gebt Geld, viel Geld für Kindergärten und Ganztagsschulen!”, sagt Marianne Rubach. Sie unterrichtet seit Jahren Jugendliche aus sozial schwachen Familien. „Es gibt eigentlich keine glücklichen Jugendlichen mehr – jedenfalls nicht in dieser Schicht der sozial Schwachen. Und das ist es, was mich so traurig macht, die haben keine Lebenslust. Sind depressiv und ohne Perspektive. Überall, wo das Soziale auf Profit ausgerichtet wird, da werden die Dinge scheitern, da werden sie keine Erfolge mehr haben. Ich frage Sie, wie soll man das in den Griff kriegen? Wir haben eine ungeheure Verwahrlosung und Verrohung, ein ungeheures Maß an Nichtwissen, wie soll man das in den Griff kriegen? Ich sage immer: Geld! Geld! Geld! Ihr könnt die Probleme nicht lösen mit Druck, das geht nicht.“
Quelle: TAZAnmerkung: Welchen Sinn hat es, sich um die demographische Entwciklung zu sorgen, zugleich aber so wenig dafür zu tun, dass die nachrückende Generation ihr Potential entfalten kann
- Aus Prinzip ausgegrenzt
Union und SPD haben viel über Kinderarmut geredet, aber bislang keine einzige wirksame Maßnahme auf den Weg gebracht. Das ist ein sozialpolitischer Skandal.
Quelle: TAZ - Mehr psychische Probleme bei der Arbeit
Während die Zahl der Arbeitsunfälle zurückgeht, nimmt der Anteil von Ausfalltagen aufgrund psychischer und Verhaltensstörungen in Deutschland zu. Dies geht aus dem Bericht des Berufsverbands Deutscher Psychologen (BDP) 2008 zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz hervor.10,5 Prozent der Ausfalltage von Arbeitnehmern gehen laut des BDP-Berichts auf psychische Probleme zurück. Im vergangen Jahr waren dies noch 6,6 Prozent. Die von der Weltgesundheitsorganisation gesteckten Ziele zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz erreicht Deutschland damit nicht. Ursachen liegen dem BDP-Bericht zufolge in Zeitdruck, Komplexität der Arbeit und Verantwortung der Beschäftigten, fehlenden Partizipationsmöglichkeiten, prekären Arbeitsverhältnissen wie Leiharbeit und Zeitarbeit, mangelnder Wertschätzung, defizitärem Führungsverhalten sowie einem Ungleichgewicht zwischen beruflicher Verausgabung und erhaltener Entlohnung.
Nicht nur Arbeitslosigkeit, sondern auch die permanente Sorge um den Arbeitsplatz, so geht aus dem Bericht hervor, ist mit erheblichen psychischen Belastungen verbunden. Arbeitsüberlastung, hoher Erfolgsdruck und Mangel an sozialer Anerkennung führen unter denen, die permanent um ihren Job fürchten, zu ausgeprägten sozialen Spannungen und chronischem Stress.Kosteneinsparungen in Unternehmen und die daraus zum Teil erwachsende stärkere Arbeitsbelastung führen nicht nur zu einer höheren Zahl von Krankentagen aus psychischen Gründen, sondern verändern das Arbeitsklima: Intrigen und Mobbing nehmen zu. Auch die berufsbedingte Trennung von Partnern, die mit der gesellschaftlich geforderten Flexibilität von Arbeitnehmern häufig einhergeht, führt zu psychischen Belastungen, insbesondere bei Frauen, die mit Berufstätigkeit und Familienarbeit stärker gefordert bis überfordert sind.
Quelle: Personal-Magazin - Anmerkung eines Lesers zum Hinweis Ziffer 8 vom 27.4.08:
Liebe Nachdenkseiten-Redaktion,
zunächst möchte ich mich für den exzellenten Service bedanken. Ich empfinde die Nachdenkseiten als unverzichtbaren Teil eines kritischen Medienkonsums. Ihren Hinweisen, Anmerkungen und eigenen Artikel kann ich in großen Teilen nur zustimmen.
Zu einer kürzlich gemachten Anmerkung, habe ich jedoch eine andere Meinung, und zwar zu der folgenden:
Wie steigende Steuern Ihre Lohnerhöhung auffressen
Mehr Gehalt – aber weniger Geld in der Tasche: Trotz kräftiger Lohnerhöhungen stehen viele Deutsche am Ende des Jahres finanziell schlechter da. Schuld ist der progressive Steuertarif. Der Staat knöpft seinen Bürgern damit 63 Milliarden Euro zusätzlich ab.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung WL: Der Spiegel einmal mehr auf dem Steuersenkungskurs der FDP.
Der üble Trick: man vermengt die Inflationsrate mit der Steuerprogression. Beide haben nun wirklich nichts miteinander zu tun.
Hierzu ist folgendes zu sagen:
1. Die Inflationsrate hat eindeutig etwas mit der Steuerprogression zu tun. Ihre Anmerkung ist insoweit schlicht falsch. Die progressive Besteuerung knüpft die prozentuale Steuerlast an bestimmte Einkommenshöhen. Da diese Einkommenshöhen nominal festgelegt sind, verändert sie ihre reale Höhe (also ihre Höhe in Gütern gemessen) mit der Inflation.
2. Dem Spiegel neoliberale Argumentationsmuster zu unterstellen, ist angesichts seiner Berichterstattung grundsätzlich nachvollziehbar. Im vorliegenden Fall geht die Kritik jedoch fehl. In dem Artikel wird das Problem der kalten Progression (also der zunehmend stärkeren Besteuerung auch niedrigerer Einkommen) zutreffend beschrieben, und es werden auch die richtigen Gegenmaßnahmen (nämlich die Erhöhung der Bemessungsgrenzen um die Inflationsrate) dargestellt. Daran gibt es m.E. nichts auszusetzen.
3. Unabhängig vom Spiegelartikel ist zu sagen, dass die kalte Progression den Grundfehler des deutschen Steuer- und Sozialversicherungssystems verstärkt, welches Gering- und vor allem Mittelverdienende vergleichsweise stark, Vielverdienende jedoch vergleichsweise gering belastet. In Deutschland trägt schon ein gut verdienender Kleinunternehmer oder Freiberufler dieselbe prozentuale Steuerlast wie ein Multimilliardär. Dies lässt sich mit der Steuerprogression zu früheren Zeiten nicht vergleichen, schon gar nicht mit einer Progression, wie sie in den USA nach dem ersten Weltkrieg oder nach dem New Deal herrschte. Das deutsche Steuersystem enthält kaum noch progressive Elemente. Der Bereich der Progression ist gering, ihre umverteilende Wirkung begrenzt. Ein Schritt in die entgegengesetzte (und m.E. richtige) Richtung wäre die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, die Beseitigung des völlig irrationalen sog. “Mittelstandsbauches” im Progressionsschema und die Erhöhung der Bemessungsgrenzen, so dass nur die wirklich gut Verdienenden auch eine wirklich hohe Belastung tragen.