BILD hetzt mal wieder gegen Arbeitslose: „85% der Arbeitslosen würden für Job nicht umziehen!“
„Die Hartz-Reformen haben nicht dazu geführt, dass Arbeitslose eher bereit sind, einen neuen Job anzunehmen! Im Gegenteil: Viele Arbeitslose sind mit den Hartz-IV-Leistungen zufrieden und würden auch keine Lohneinbußen in einem neuen Job in Kauf nehmen.“ So lautet ein „alarmierendes Ergebnis“ das in der Ausgabe vom 5.2.08 mit Kommentar von BILD auf Seite 2 gehoben wird.
BILD zieht dabei offenbar auf eine schon etwas länger zurückliegende Studie des IAB [pdf – 272KB] noch einmal hoch.
Dabei wurde nach der Konzessionsbereitschaft von Arbeitslosen gegenüber ihrer letzten Arbeit im Hinblick auf Lohneinbußen gefragt, in einer Grafik wurde u.a. dargestellt, ob Arbeitslose längere Arbeitszeiten, längere Anfahrtswegen gegenüber ihrer früheren Arbeit oder ggf. ein Umzug in Kauf nehmen würden.
Was BILD verschweigt ist der laut Studie dabei von den Arbeitslosen erwartete Lohn: dieser lag durchschnittlich bei knapp 6,80 Euro.
Wer würde aber für einen solchen Niedriglohnjob mit unsicherer Dauer einen teuren Umzug und den Verlust seiner sozialen Bezüge in Kauf nehmen?
Zunächst einmal die Darstellung der Ergebnisse in BILD
- Die große Mehrheit der Arbeitslosen (85 %) würde für einen neuen Arbeitsplatz nicht den Wohnort wechseln.
- 77 Prozent der Befragten lehnen eine geringere Bezahlung als im letzten Job ab.
- Ungünstigere Arbeitszeiten würden 59 Prozent nicht akzeptieren.
- Ein längerer Weg zur Arbeit käme für 57 Prozent der Arbeitslosen nicht infrage.
- 57 Prozent würden einen neuen Arbeitsplatz nicht annehmen, der weniger interessant ist.
- Jeder Zweite (51 %) lehnt eine anstrengende Arbeit ab.
- Immerhin 63 Prozent würden einen Berufswechsel für einen neuen Arbeitsplatz nicht ablehnen.
In der Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wurde die Konzessionsbereitschaft der Arbeitslosen erfragt (Siehe Grafik S. 19). Es wird also nicht das tatsächliche Verhalten von Arbeitslosen überprüft, sondern gefragt wurde, unter welchen Bedingungen Arbeitslose ein Arbeitsangebot gegenüber den Transferzahlungen attraktiv fänden.
Fragen Sie sich doch einmal selbst: Würden Sie für einen Niedriglohnjob von 6,80 Euro einen Umzug, ungünstigere Arbeitszeiten, einen längeren Weg zur Arbeit oder eine anstrengendere Arbeit in Kauf nehmen?
Ist es wirklich „alarmierend“, dass die Betroffenen antworten, das sie zu einem solchen Lohn nicht mehr bereit sind, weitere Konzessionen zu machen?
Ist es nicht viel eher alarmierend, dass man Menschen unter einem Mindestlohn von 7,50 Euro offenbar noch weitere Zumutungen abverlangen möchte.
Autor des BILD-Artikels ist übrigens Oliver Santen, früher Pressesprecher der ALLIANZ, der ansonsten regelmäßig Schrumpf-Renten-Kampagnen in der BILD betreut.
Deshalb ist es auch nicht erstaunlich, dass BILD zum Fazit gelangt, dass die Abgabenlast gesenkt werden müsse. Einmal ganz abgesehen, was eine Senkung der Abgabenlast bei Niedriglöhnern überhaupt an „mehr Netto“ brächte, hier schließt sich dann wieder der Kreis zu den Sozialabbaukampagne von BILD: Niedrigere Abgaben senken die Beiträge für die Sozialversicherungssysteme und senken damit die Renten und auch das Arbeitslosengeld. Mit niedrigerem Arbeitslosengeld würden dann auch wieder Stundenlöhne unter 6,80 Eure einen „Anreiz“ bieten, noch größere Zumutungen bei der Annahme von Arbeit in Kauf zu nehmen.
Aber solche Zumutungen gehören halt zu alltäglichen menschenverachtenden Zynismus der BILD-Zeitung.