Hinweise des Tages II
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Bundestagsvotum über Syrien-Einsatz
- Die Terroristen von Paris: Alles unter den Augen der Behörden?
- Putin lügt sogar, wenn er die Wahrheit erzählt
- Regierung verärgert über BND-Analyse zu Saudi-Arabien
- Flüchtlinge sollen künftig nicht in der offiziellen Arbeitslosenstatistik erscheinen
- Arme haben keine Priorität
- Kein Großangriff: Kritik an Gesetzentwurf zu Werkverträgen
- Die europäische Kommission mahnt Deutschland, aber nur wenig – und die deutsche Presse verteidigt weiter das Vaterland
- Fluten gegen den Kollaps
- Euro-Inflation: Die Schummel-Argumente deutscher Ökonomen
- Referendum zu Sicherheitszusammenarbeit: Dänen sagen Nein zu mehr Europa
- Land Grabbing in Europa
- Die Militärdiktatur nicht vergessen
- Zu guter Letzt: Große Koalition veröffentlicht Regierungs-Nacktkalender 2016 [mit 12-teiliger Bildergalerie]
- Das Letzte: US-Verkaufssender für Waffen startet
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Bundestagsvotum über Syrien-Einsatz
- 145 Abgeordnete stimmen gegen Kriegseinsatz
Quelle: Bundestag
dazu: Persönliche Erklärung von Thomas Jurk zur heutigen Abstimmung zum Bundeswehreinsatz in Syrien
Ich bezweifle jedoch, dass der Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte in Syrien ein Beitrag zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch den IS ist. Denn bereits seit September 2014 wird der IS von den USA, Australien, Großbritannien, Frankreich und mit ihnen verbündeter arabischer Staaten militärisch bekämpft, ohne dass dies die Fähigkeit des IS zur Verübung von Terrorakten beeinträchtigt hätte. Nicht zuletzt zeigen auch die Erfahrungen der Militäreinsätze in Afghanistan und Irak, dass Terrororganisationen mit militärischen Mitteln dauerhaft nicht wirksam bekämpft werden können. Ich befürchte vielmehr, dass Militäraktionen auch in diesem Fall eher zur Konfliktverschärfung und dem Entstehen weiterer Terrorgruppen beitragen.
Quelle: Thomas Jurk (MdB, SPD)Anmerkung JB: Die Erklärung, die Terroristen würden uns wegen unserer Freiheit und unserer Werte hassen, finde ich sehr seltsam. Könnte es nicht sein, dass sie uns wegen unserer Bomben und Drohnen hassen, die so manche ihrer Freunde und Verwandten umgebracht haben? Könnte es nicht sein, dass Sie uns deshalb hassen, weil wir andauernd irgendwelche Kreuzzüge gegen ihre Religion ausrufen? Und könnte es nicht sein, dass sie uns hassen, weil ihre Unterdrücker unserer besten Freunde sind? Offensichtlich nicht.
dazu auch: “Solidarität reicht nicht als Argument”
Die SPD-Abgeordnete Petra Hinz will nicht für den Syrien-Einsatz der Bundeswehr stimmen. Bevor militärische Mittel beschlossen werden, hätte man dafür sorgen müssen, dass der IS seine Geldquellen verliert. “Warum ist das nicht längst passiert?” […]
Wir bekämpfen den Terrorismus seit fast fünfzehn Jahren und waren dabei, vorsichtig gesagt, nur bedingt erfolgreich. Auf europäischer Ebene gibt es kein gemeinsames Konzept zur Bekämpfung des Terrorismus. Die UN verabschieden nach jedem Terroranschlag neue Resolutionen, haben aber ebenfalls kein Konzept, wie der Terrorismus bekämpft werden kann.
Besonders verärgert bin ich darüber, dass die CDU/CSU sich geweigert hat, im Bundestag einen Entschließungsantrag einzubringen, der genau diese Punkte enthält: nicht nur ein militärisches Vorgehen, sondern eine politische und gesellschaftliche Perspektive für eine europäische Strategie und Maßnahmen zur finanziellen Austrocknung des IS. Einen aus der Luft geführter Krieg halte ich für wenig erfolgversprechend.
Quelle: n-tv - Sahra Wagenknecht, DIE LINKE: »Es ist eine Lüge, dass dieser Kriegseinsatz den IS schwächen wird«
Wer heute zustimmt, der führt Deutschland in einen Krieg mit völlig unkalkulierbaren Eskalationsgefahren, sagte Sahra Wagenknecht in der Debatte zum Bundeswehreinsatz in Syrien. Scharf kritisierte sie eine falsch verstandene Solidaritität mit Frankreich. Der sogenannte Krieg gegen den Terror treibe dem IS nur neue Kämpfer zu. Wer den IS wirklich schwächen will, der muss ihn von Waffen, Finanzen und Nachschub an neuen Kämpfern abschneiden, so Sahra Wagenknecht.
Quelle: YouTube - Ein parlamentarischer Offenbarungseid
Ja, die Abgeordneten hatten wenig Zeit, über den Syrien-Einsatz zu diskutieren – doch der Bundestag habe sich auch selbst zur Abstimmungsmaschine degradiert, meint Arnd Henze. Das sei ein parlamentarischer Offenbarungseid. Dabei habe das britische Parlament gezeigt, dass es auch anders geht.
Zwei europäische Parlamente haben in dieser Woche über Kriegseinsätze in Syrien entschieden. Das eine nahm sich allein an diesem Mittwoch elf Stunden Zeit für die Debatte, das andere am Mittwoch und Freitag insgesamt nicht einmal vier Stunden. In dem einen Parlament haben mehr als hundert Abgeordnete ihr Pro und Contra begründet, in dem anderen musste der Präsident die Regierung ermahnen, den Abgeordneten nicht auch noch die Redezeit in der Fragestunde zu rauben. In dem einen Parlament wurde bis zuletzt um Unentschlossene gerungen, in dem anderen hat eine Große Koalition ihre Macht routiniert und selbstgerecht ausgespielt.
Quelle: TagesschauAnmerkung AT: Die Kritik am Hau-Ruck-Verfahren ist schon richtig. Allerdings gibt es auch keine Argumente, die nach längerer Erörterung zu der Erkenntnis hätten führen können, dass der Kriegseinsatz zu vertreten sei. Sahra Wagenknecht wies am Ende ihrer Rede auf eine simple Frage hin, die sich jeder Abgeordnete hätte stellen müssen. Wie viele Terroristen gab es vor dem Beginn des sogenannten Anti-Terror-Kampfes und wie viele gibt es jetzt?
- Merkel duckt sich wieder weg
Bundeskanzlerin Merkel wird keine TV-Ansprache geben, in der sie der deutschen Bevölkerung den Kriegseintritt der Bundeswehr gegen ISIS mitteilt und erklärt. Komisch, denn: Kanzler vor ihr taten dies schließlich. Das ist wirklich bemerkenswert… und feige.
Quelle: Jung & Naiv - Lebenshilfe für den Krieg gegen den Terror
Lieber Krieg gegen den Terror, Kopf hoch! Heute gibt’s vom Bundestag ein ganz dickes Überraschungspaket.
Quelle: Christine Prayon als Birte Schneider, heute showAnmerkung unserer Leserin M.O.: Wie simpel und doch überraschend genau Christine Prayon die ganze Problematik des sogenannten “War On Terror” auf eine jedem verständliche und obendrein witzige Metapher herunterbricht und wie sie damit die perverse Logik und Verlogenheit aktueller Politik vollständig entlarvt, ist äußerst bemerkenswert. Um so mehr, als dass sie dafür gerade einmal 2 Minuten benötigt.
- 145 Abgeordnete stimmen gegen Kriegseinsatz
- Die Terroristen von Paris: Alles unter den Augen der Behörden?
Der Drahtzieher der Paris-Attentate konnte sich monatelang vor den Anschlägen erstaunlich frei innerhalb Europas bewegen, seine radikalen Ansichten waren den Behörden zum großen Teil bekannt. Trotzdem griff niemand ein. Drei Wochen nach den Anschlägen verdichtet sich der Eindruck eines Versagens der Sicherheitsbehörden, an dem auch verschärfte Überwachungsgesetze nichts geändert hätten.
Quelle: Monitordazu: Wohin führt die Angst?
Wie viel Überwachung ist sinnvoll?: Droht nach dem Terror von Paris noch mehr Überwachung? Was ist sinnvoll, wo sind noch Grenzen und wie verteidigen wir unsere Freiheit?
Quelle: 3satdazu auch: Anti-Terror-Maßnahme: EU-Innenminister einigen sich auf Fluggastdaten-Speicherung
Name, Adresse, Telefon- und Kreditkartennummer, E-Mail-Adresse, Reiseziel – das sind nur einige der Informationen, die künftig über Flugpassagiere aus der EU gespeichert werden sollen: Die EU-Innenminister haben sich am Freitag in Brüssel auf die Fluggastdaten-Richtlinie geeinigt. Die sogenannten Passenger Name Records (PNR) von EU-Bürgen sollen sechs Monate lang unter deren Klarnamen gespeichert werden. Danach sollen sie weitere fünf Jahre unter Pseudonym vorgehalten werden.
Quelle: Spiegel Online - Putin lügt sogar, wenn er die Wahrheit erzählt
Der Kreml-Chef sucht den Showdown mit dem Sultan vom Bosporus. Dabei wird Türken-Präsident Erdogan gehörig in die Enge getrieben. Und mit ihm die gesamte Nato – das ist der eigentliche Zweck.
Einmal mehr lässt Wladimir Putin seine Propagandamaschine auf Hochtouren laufen. Zielscheibe sind dieses Mal die Türkei und ihr Präsident Recep Tayyip Erdogan, die er beschuldigt, Ölgeschäfte mit der Terrormiliz IS zu betreiben. Das Problem ist freilich: In diesem Fall lügt der Kreml mit der Wahrheit.
Dass die Türkei unter dem “moderaten” Islamisten Erdogan trübe Kanäle zu dem dschihadistischen Horrorgebilde unterhält, ist für informierte Zeitgenossen ein offenes Geheimnis. Moskau kann daran elegant seine Verschwörungstheorie knüpfen, der Abschuss eines russischen Kampfjets durch die türkische Luftwaffe habe der Sicherung von IS-Öltransporten gegolten.
Was Putin jedoch verschweigt: Es ist das von ihm mit massivem Militäreinsatz an der Macht gehaltene syrische Assad-Regime, das am meisten von Öllieferungen des IS profitiert. Wie ihm ohnehin dessen rätselhafter, rasanter Aufstieg am meisten nutzte. Ohne den IS, der in De-facto-Allianz mit Assads Truppen die syrischen Rebellen dezimierte, hätte das Regime in Damaskus nicht überlebt.
Quelle: Welt OnlineAnmerkung unseres Lesers W.B.: Das Credo der Mainstreammedien. Putin lügt immer.
dazu ein Blick zurück: Kritik an Erdogan: US-Diplomaten fürchten islamistische Tendenzen in der Türkei
Der Nato-Partner Türkei ist den USA unheimlich. Die Botschaftsdepeschen schildern Premier Erdogan als ignoranten Islamisten – berichtet wird außerdem von Korruption, Vetternwirtschaft und heiklen Großmachtvisionen. Diplomaten der Vereinigten Staaten haben tiefe Zweifel an der Verlässlichkeit der Türkei. Geheime oder vertrauliche Depeschen der US-Botschaft in Ankara, die WikiLeaks enthüllt hat und die dem SPIEGEL vorliegen, beschreiben islamistische Tendenzen in der Regierung des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Quelle: Spiegel Online, 28.11.2010 - Regierung verärgert über BND-Analyse zu Saudi-Arabien
Die Regierung distanziert sich von der Warnung des Bundesnachrichtendienstes vor einer destabilisierenden Rolle Saudi-Arabiens in der arabischen Welt. „Der BND spricht sicher nicht für die deutsche Außenpolitik, schon gar nicht über Dritte“, heißt es aus dem Außenministerium.
Die Bundesregierung hat verstimmt auf die Veröffentlichung einer kritischen Saudi-Arabien-Analyse durch den Bundesnachrichtendienstes reagiert und sich zugleich von deren Inhalt distanziert. „Die in diesem Fall öffentlich gemachte Bewertung spiegelt nicht die Haltung der Bundesregierung wider. Die Bundesregierung betrachtet Saudi-Arabien als wichtigen Partner in einer von Krisen geschüttelten Weltregion“, sagte ein Regierungssprecher am Donnerstag. „Der BND spricht sicher nicht für die deutsche Außenpolitik, schon gar nicht über Dritte“, hieß es auch im Auswärtigen Amt.
Quelle: FAZdazu: Verbündete in gemeinsamer Sache
Schwere Vorwürfe gegen Saudi-Arabien werden im deutschen Establishment laut. Die aktuelle saudische Regierung habe “die bisherige vorsichtige Haltung der älteren Führungsmitglieder der Königsfamilie” aufgegeben und “durch eine impulsive Interventionspolitik” ersetzt, heißt es in einer Analyse des BND, die in der Mitte dieser Woche an die Medien durchgestochen worden ist. Dies sei riskant; Riad drohe damit im In- wie im Ausland auf Widerstand zu stoßen. Die kritischen Einschätzungen, die von der Bundesregierung offiziell zurückgewiesen werden, deuten auf heftige Auseinandersetzungen im Berliner Polit-Establishment über den Umgang mit Riad hin. Die saudische Regierung, mit der die Bundesrepublik bislang unter anderem in Syrien eng kooperierte, sperrt sich derzeit, Kurskorrekturen der westlichen Nah- und Mittelostpolitik mitzuvollziehen; Teile der deutschen Eliten dringen deshalb darauf, Druck auf sie auszuüben. Konservative Medien, die bislang nicht mit Kritik an den Verhältnissen in Saudi-Arabien hervorgetreten sind, berichten plötzlich über die strukturelle Nähe zwischen der Golfdiktatur und dem “Islamischen Staat” (IS, Daesh). Riad ist Berlin nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch eng verbunden: Ein langjähriger saudischer Geheimdienstchef ist Mitglied im Beirat einer der einflussreichsten sicherheitspolitischen Organisationen der Bundesrepublik.
Quelle: German-Foreign-Policy - Flüchtlinge sollen künftig nicht in der offiziellen Arbeitslosenstatistik erscheinen
Es ist wirklich kein Witz. Das Bundesministerium für Arbeit hat laut der „Bild“ bestätigt, dass man derzeit daran arbeite ab Anfang 2016 in den EDV-Systemen der Bundesagentur für Arbeit „Informationen zum Aufenthaltsstatus von Kunden einpflegen zu können“. Ab 2016 sollen zwei getrennte Arbeitslosenstatistiken geführt werden, einmal für „normale“ Arbeitslose, und parallel dazu eine für die mit Flüchtlingsstatus. Das Bundeskanzleramt dränge derzeit darauf die offizielle Statistik ohne Flüchtlinge zu berechnen.
Quelle: Finanzmarktwelt - Arme haben keine Priorität
Hauptsache Krieg: Regierung schiebt dringend nötige Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze auf die lange Bank. Anpassung soll erst 2017 erfolgen
Einen Krieg beschließt die Bundesregierung im Handumdrehen. Wo genau Deutschland diesen führt, mit wem und gegen wen, tut nichts zur Sache. Hauptsache, ab 1. Januar wird scharf geschossen. Geht es dagegen darum, sechs Millionen sozial Bedürftigen das tägliche Leben zu erleichtern, ist größtmögliche Trantütigkeit angesagt. Tatsächlich könnte die große Koalition Hartz-IV-Beziehern zum Jahreswechsel eine spürbare Erhöhung bei den Regelsätzen bescheren. Tut sie aber nicht, obwohl dies nach neuen statistischen Befunden dringend geboten wäre. Das Bundesarbeitsministerium spielt statt dessen auf Zeit: Mehr Geld soll es erst 2017 geben.
Quelle: junge Welt - Kein Großangriff: Kritik an Gesetzentwurf zu Werkverträgen
Es ist stets dasselbe Spiel: Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) startet die Initiative für ein Reförmchen, das einige der schlimmsten Auswirkungen der von ihrer Partei verantworteten »Agenda 2010« zurückdrehen soll. Und schon schreien die Konzerne und ihre Lautsprecher in Politik und Medien Zeter und Mordio. Die Freiheit der Wirtschaft und Tausende Arbeitsplätze seien in Gefahr. Am Ende kommt ein Gesetz heraus, das den schon halbherzigen Entwurf weiter aufweicht und den Betroffenen kaum weiterhilft.
So war es beim Mindestlohn, den die Große Koalition durch etliche Ausnahmen in einen Schweizer Käse verwandelt hat – ganz abgesehen von seiner völlig unzureichenden Höhe. Ähnlich soll es beim geplanten Gesetz zur Verhinderung des »Missbrauchs« von Werkverträgen und Leiharbeit laufen. Der von Nahles vorgelegte Entwurf wird gerade sturmreif geschossen. Er sei ein »Großangriff auf Hunderttausende selbständige Unternehmer«, so kürzlich der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer. Nahles wolle »den Marsch zurück in die Arbeitswelt des vorigen Jahrhunderts erzwingen«.
Quelle: junge Welt - Die europäische Kommission mahnt Deutschland, aber nur wenig – und die deutsche Presse verteidigt weiter das Vaterland
Der neue Rekord beim Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands lässt auch die Europäische Kommission nicht kalt. In ihrem sogenannten Alert Mechanism Report (hier zu finden), der Teil der MIP (Macroeconomic Imbalance Procedure) ist, kritisiert sie Deutschland dafür, auch im dritten Jahr hintereinander die Marke von sechs Prozent (die an sich schon abwegig ist, wir haben das hier kommentiert) zu reißen. Die Kommission scheut sich aber wiederum, offen und klar, eine fundamentale Wende in der deutschen Wirtschaftspolitik einzufordern oder gar eine Erhöhung der Löhne über viele Jahre anzumahnen. Sie konstatiert zwar, dass die Lücke bei den Lohnstückkosten zwischen Deutschland und anderen weiter existiert, das war es dann aber auch.
Quelle: flassbeck-economicsdazu: Eurozone: Ein Solidaritätsfonds für Europa
Der Euro sollte für Stabilität in Europa sorgen, stattdessen driften der Norden und der Süden stärker auseinander. Ökonomen fordern deshalb neue Maastricht-Kriterien.
Die Einführung des Euro hat dazu geführt, dass sich die Einkommen in den elf Gründungsländern der Gemeinschaftswährung immer stärker auseinanderentwickeln. Zu diesem Ergebnis kommen das Jacques Delors Institut Berlin und die Bertelsmann Stiftung in einer Studie, die ZEIT ONLINE vorliegt. Zwar habe die Einführung des gemeinsamen Binnenmarkts ab dem Jahr 1986 einen großen Wohlstandseffekt gehabt, heißt es in der Studie: Länder mit bis dato niedrigem Pro-Kopf-Einkommen verzeichneten ab dann relativ hohe Wachstumsraten.
Dieser Trend kehrte sich im Jahr 1999 mit der Euro-Einführung aber um. Die Volkswirtschaften in den Südländern erlebten wegen der neuen Währung einen exzessiven Boom, die Nordländer durchlebten dagegen eine wirtschaftliche Schwächephase. Die Konvergenz, also die Angleichung der wirtschaftlichen Verhältnisse, nahm ab. Arbeitsmärkte, Sozialsysteme und die Banken- und Finanzsektoren der Eurostaaten waren und sind der Studie zufolge einfach zu unterschiedlich, um eine gemeinsame Währung ohne flexible Wechselkurse zu stemmen. […]
Die Maastricht-Kriterien sollten durch drei Kernforderungen ersetzt werden, die jeder verstehe: Preise, Wettbewerbsfähigkeiten und Leistungsbilanzen der Eurostaaten müssten sich stärker angleichen. Die Autoren wissen, dass sie ein heikles Terrain betreten. “Die drei Ziele sind durchaus kontrovers: Preiskonvergenz und Wettbewerbsfähigkeit reiben sich an der Tarifautonomie”, sagt Enderlein. Er betont, auf keinen Fall die im Grundgesetz gesicherte Tarifautonomie infrage zu stellen, vielmehr gehe es um gemeinsame Lohnleitlinien in der Eurozone. Beim Thema Leistungsbilanz müsste Deutschland sein Exportmodell hinterfragen.
Quelle: Zeit OnlineAnmerkung unseres Lesers J.A.: Eigentlich ist das deutlich und klar: eine gemeinsame Währung, die keinen anderen Ausgleichsmechanismus hat, funktioniert nur mit einer Einigung auf ausgeglichene Leistungsbilanzen und eine gemeinsame, einheitliche Inflationsrate, hier dreimal wiederholt mit den Begriffen “Preise, Wettbewerbsfähigkeiten und Leistungsbilanzen”. Ganz vorsichtig wird tatsächlich das deutsche Lohndumping thematisiert. “[Enderlein] betont, auf keinen Fall die im Grundgesetz gesicherte Tarifautonomie infrage zu stellen” – komisch, bei dem radikalen Lohndumping der letzten 20 Jahre hat die Politik massiv mitgeholfen und die Gewerkschaften unter Druck gesetzt, da ging das also. Selbst diese zarten Andeutungen zur jahrelangen Verletzung des vereinbarten Inflationsziels und zum nicht haltbaren und völlig falschen deutschen Außenhandelsüberschußmodell werden natürlich im Artikel gleich wieder attackiert…
- Fluten gegen den Kollaps
In Frankfurt tagen die Notenbanker, in Paris die Klimaschützer. Der Zusammenhang? Na ja. Die einen schaffen gerade sehr viel Geld und wissen nicht genau, wem das hilft. Die anderen hätten viele Ideen, wo Geld hilft, können es aber nicht drucken. Was läge näher, als beide miteinander bekannt zu machen?
Allein der Gedanke dürfte bei der Bundesbank ordnungspolitische Herz-Rhythmus-Störungen verursachen. Eine Notenbank soll laut Auftrag ja über allem schweben – und nicht entscheiden, wer Geld kriegt. […] Nun gäbe es zwei Möglichkeiten: entweder die EZB hört mit der Aktion auf – riskant. Alle historische Erfahrung deutet darauf hin, dass es nach Finanzkrisen über Jahre nötig ist, extra Geld zur Verfügung zu stellen – weil es dann viele gibt, die ihre Schulden abzubauen versuchen, also Geld aus dem Kreislauf nehmen. Deflationsgefahr. Die US-Notenbank hat viel früher viel mehr Anleihen gekauft – und die Aktion umso früher stoppen können. Die zweite Option ist, das Geld gezielter dorthin kommen zu lassen, wo es ausgegeben wird – und idealerweise langfristig einem guten Zweck dient. Womit wir wieder bei den Klimaschützern wären. Nach Schätzungen bräuchte es jährlich eine Billion Dollar weltweit, um den Klimawandel zu stoppen. Spende willkommen.
Quelle: Frickes Welt in der Süddeutschen - Euro-Inflation: Die Schummel-Argumente deutscher Ökonomen
Wir dürfen nie vergessen, dass es deutsche Konservative waren, die jahrelang immer wieder das Preisstabilitätsziel der Europäischen Zentralbank hochgehalten haben und ihr jegliche andere Zielsetzung verwehrten. Wie andere Zentralbanken auch setzte sich die EZB ein Inflationsziel von zwei Prozent – sogar noch etwas darunter. Die konservative Seele deutscher Ökonomen schien befriedigt.
Doch dann passierte etwas, worauf die konservativen Seelen nicht vorbereitet waren. Die Inflation sank unter den Zielwert. Und jetzt reden die konservativen Seelen überhaupt nicht mehr von Preisstabilität, sondern über Finanzstabilität und andere Sekundärziele, eben das, was sie selbst früher als Ziel einer Geldpolitik verneinten und herunterspielten. Preisstabilität ist nicht mehr kommod. Man legt sich andere Argumente zurecht.
Wenn Sie deutsche Ökonomen hören, die den gestrigen Schritt der EZB kritisieren, dann fragen Sie die mal, wie sie die Preisstabilität wiederherstellen wollen. Da kommt nichts, außer Prognosen, dass es in Zukunft alles wieder gut wird. Meine Schlussfolgerung aus dieser leidlichen Debatte: Das Volkswagen-Syndrom hat sich dort eingeschlichen. Es wird argumentativ geschummelt, und alle machen mit.
Quelle: Wolfgang Münchau auf Spiegel Online - Referendum zu Sicherheitszusammenarbeit: Dänen sagen Nein zu mehr Europa
Die Mehrheit der Dänen hat bei einem Referendum gegen eine engere Zusammenarbeit mit den Polizei- und Justizbehörden der EU gestimmt. Das Ergebnis ist eine Niederlage für die Regierung – und ein Sieg der Rechtspopulisten.
Die Dänen haben in einem Referendum gegen eine engere Zusammenarbeit mit den Polizei- und Justizbehörden der Europäischen Union votiert. Das Nein-Lager habe eine klare Mehrheit errungen, sagte Regierungschef Lars Løkke Rasmussen. […]
Die konkrete Fragestellung des Referendums lautete, ob Dänemark bei EU-Verträgen auf nationale Ausnahmen im Bereich der Justiz und des Inneren verzichten soll. Dies ist etwa für eine weitere Mitgliedschaft in der EU-Polizeibehörde Europol erforderlich.
Quelle: Spiegel Online - Land Grabbing in Europa
Der Ausverkauf landwirtschaftlicher Flächen macht auch vor Deutschland nicht Halt. Großinvestoren könnten künftig auch die Art der Bewirtschaftung stark beeinflussen
Bereits “siebzig Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland gehören nicht mehr den Landwirten, die sie bewirtschaften”, heißt es in einer Presseaussendung der EU-Abgeordneten Maria Heubuch (Bündnis 90/Die Grünen) anlässlich der Präsentation einer Studie zum Phänomen Land Grabbing in Europa. Die Broschüre fasst Diskussionen im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, im Agrarausschuss des Europaparlamentes und in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Bodenpolitik der deutschen Agrarministerkonferenz zusammen. Dass immer häufiger außerlandwirtschaftliche Investoren Ackerland aufkaufen und damit in den vergangenen Jahren die Preise auch in Deutschland hoch trieben, ist den deutschen Behörden seit geraumer Zeit bewusst. Anfang 2014 richtete die Agrarministerkonferenz deshalb besagte “Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Bodenmarktpolitik” ein. März 2015 wurden erste Ergebnisse präsentiert.
Quelle: Telepolis - Die Militärdiktatur nicht vergessen
Die Präsidentenwahl in Argentinien – aus welcher der rechtskonservative Kandidat Mauricio Macri als Sieger hervorging – war noch keine 48 Stunden vorbei, da forderte die Tageszeitung La Nación in einem Leitartikel schon “Nicht noch mehr Rache”. Gemeint waren die laufenden juristischen Prozesse wegen Verbrechen während der argentinischen Militärdiktatur von 1976 bis 1983. Mehr als 30.000 Menschen wurden damals ermordet, die meisten “verschwanden” in geheimen Folterlagern, von vielen fehlt bis heute jede Spur.
Doch inzwischen sind für diese Verbrechen mehr als 600 ehemalige Militärs, Polizisten und Zivilisten, darunter Ärzte, Pfarrer und Richter, verurteilt worden – die argentinische Gesellschaft ging zwar einen späten, dafür aber weltweit beispielhaften Weg der Aufarbeitung. Es war die Regierung von Néstor Kirchner, die 2005 die Amnestiegesetze aufhob und damit eine Welle von Gerichtsverfahren gegen die Verantwortlichen der Diktaturverbrechen ins Rollen brachte. Doch dieser Erfolg wäre unvorstellbar ohne die jahrzehntelange Arbeit von Überlebenden, Angehörigen und sozialen Bewegungen, die nicht müde werden, Gerechtigkeit für die Opfer der Militärdiktatur einzufordern. Auch deutsche Aktivisten und Rechtsanwälte unterstützen bis heute die argentinische Menschenrechtsbewegung.
Deswegen stellte ich diese Woche in Berlin gemeinsam mit der befreundeten Soziologin Rosario Figari Layús aus Argentinien ihr neues Buch Los juicios por sus protagonistas. Doce historias sobre los juicios por delitos de lesa humanidad en Argentina vor. Das Buch veranschaulicht anhand von Interviews mit den ProtagonistInnen der Verfahren nicht nur deren persönliche Perspektive, sondern auch die Bedeutung der juristischen Aufarbeitung der Staatsverbrechen für die argentinische Gesellschaft.
Quelle: Wolfgang Kaleck auf Zeit Online - Zu guter Letzt: Große Koalition veröffentlicht Regierungs-Nacktkalender 2016 [mit 12-teiliger Bildergalerie]
Berlin (dpo) – Der Erfolgs-Kalender geht in die zweite Runde: In einer Sonder-Pressekonferenz hat die Große Koalition ihren Nacktkalender für das Jahr 2016 vorgestellt. Das Werk mit großflächigen Nacktaufnahmen der prominentesten deutschen Regierungsmitglieder ist offiziell Teil einer Kampagne, die junge Menschen für Politik begeistern will. Der Erlös aus dem Verkauf soll in diesem Jahr zu 100 Prozent der Finanzierung völkerrechtswidriger Kriegseinsätze zugute kommen.
Quelle: Der Postillon - Das Letzte: US-Verkaufssender für Waffen startet
Homeshopping-Sender verkaufen in der Regel Diätprodukte, Küchenutensilien oder Modeschmuck. In den USA will ein neuer Sender Waffen unters Volk bringen – präsentiert unter anderem von Scharfschützen. I n den USA geht ein Teleshopping-Sender zum Verkauf von Waffen an den Start. Sein Name: GunTV. Passend zum Motto “Live Shopping. Vollgeladen” werden neben Schusswaffen vor allem Munition und Jagdausrüstung angepriesen. Auch Scharfschützen, Olympia-Teilnehmer und ehemalige Polizisten sollen die Produkte präsentieren.
Die Pläne des Senders sind schon länger bekannt, gewannen allerdings nach den jüngsten Bluttaten in den USA an Aufmerksamkeit. Im kalifornischen San Bernardino hatte am Mittwoch ein Paar in Kampfmontur 14 Menschen bei einer Feier in einer Sozialeinrichtung getötet. Am vergangenen Freitag waren bei einem Angriff auf eine Abtreibungsklinik im Bundesstaat Colorado drei Menschen erschossen worden. Die Regierung von Präsident Barack Obama bemüht sich seit Jahren vergeblich, die Waffengesetze zu verschärfen.
Quelle: n-tv