Gezielte Manipulation mit Umfragen
Das Medienmagazin des NDR Zapp berichtete am 5.12. davon, dass das Meinungsforschungsinstitut Forsa mit seinen Umfragen für die SPD im Schnitt um 4% schlechter liege als die anderen Umfrageninstitute. Die SPD fühlt sich von Forsa schlecht behandelt (Einführungstext zur Sendung und Link siehe Anhang) – Wir haben am 19. Oktober 2007 schon einmal über zwei Fälle des Missbrauchs von Umfragen zur gezielten Manipulation berichtet. (Siehe den Tagebucheintrag) An den dort geschilderten Fall einer bewussten Manipulation schon im Jahre 1965 wurde ich jetzt beim Blättern in einer Biografie über Otto Brenner erinnert. Albrecht Müller.
Dort wird mit Hinweis auf einen Brief von Otto Brenner an Willy Brandt berichtet, der damalige Vorsitzende der IG Metall, Otto Brenner sei tief erschüttert gewesen über die erneute Niederlage der SPD bei der Bundestagswahl 1965. Sie hatte 39,6% erreicht, obgleich Brenner und andere Beobachter mit „wenigstens 42% gerechnet hatten“. Otto Brenner war also auch ein Opfer der zwischen dem damaligen CDU-Bundesgeschäftsführer Dufhues und dem Befragungsinstitut Allensbach verabredeten Strategie geworden, die SPD in Umfragen zu überschätzen, um mit diesem Trick das Potenzial der Union voll zu mobilisieren.
Wenn man den damaligen Vorgang einer Überschätzung der Chancen der SPD bedenkt und wägt, dann begreift man die Aufregung wegen der jetzigen wahrscheinlichen Unterschätzung durch Forsa nicht so richtig. Mir war diese Differenz der Forsa-Vorhersagen schon aufgefallen. Ich hatte aber, da ich die „Flexibilität“ von Forsa kenne, bis zur Sendung von Zapp angenommen, die laufende Unterschätzung sei geplant, um dann im Vorfeld wichtiger Landtagswahlen eine sprunghafte Verbesserung feststellen zu können und so den für die SPD notwendigen Optimismus verbreiten zu können.
Übrigens: Die von der Otto Brenner Stiftung veranlasste dreibändige Biografie mit ausgewählten Reden und Briefen von Otto Brenner ist ein lohnendes Dokument der Zeitgeschichte. Herausgegeben von Jens Becker und Harald Jentsch. Gerade erschienen bei Steidl in Göttingen.
Anhang: Einführungstext und Link zu Zapp vom 5.12.2007:
Forsa-Umfrage: Umstrittene Zahlen zur Wählerstimmung
Es ist schon auffällig – seit über einem Jahr schneidet die SPD bei den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Durchschnitt um vier Prozent schlechter ab als bei Infratest Dimap oder der Forschungsgruppe Wahlen. Und Forsa Chef Manfred Güllner lässt kaum eine Gelegenheit aus, um sich in den Medien kritisch über die Sozialdemokraten und ihren Parteichef Beck zu äußern. Dabei ist Güllner selbst SPD-Mitglied. Was ist also der Grund für die miesen Zahlen? Sozialdemokraten sprechen von Manipulation und werfen Güllner verletzte Eitelkeit vor, weil er keine Aufträge mehr vom Willy Brandt Haus bekommt. Güllner liefert seine Erklärung: Die Forsa Zahlen seien die einzig richtigen, die anderen Institute würden falsch liegen.
Quelle 1: NDR-Zapp (Text)
Quelle 2: NDR-Zapp (Video)