Hinweise des Tages II

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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Inszeniertes Theater vor aufziehendem Finanz-Tsunami
  2. Bourgeoisie im Bermudadreieck
  3. Wagenknecht stellt Euro infrage
  4. Macht der Mitte
  5. Die Abwertung des Yuan ist kein Grund zur Panik!
  6. Wenn ein Preuße kneift
  7. Todeszone durch Europa
  8. Migrants crisis: Slovakia ‘will only accept Christians’
  9. Die Mehrklassengesellschaft des Flüchtlingslebens
  10. Krisen dämpfen deutsche Konsumlaune
  11. Wenn der Bürgermeister zur Tafel muss
  12. Arbeitslosigkeit in Großbritannien – Erziehungslager für Jugendliche
  13. Das ist Sicherheit in al Sisis Militär-Ägypten: Meinungsfreiheit ist Terrorismus
  14. Olympia: Rechnungshof warnt vor Kostenrisiko
  15. EXPO 2000: Was vom Traume übrig blieb
  16. Zu guter Letzt: Lammert erklärt IT

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Inszeniertes Theater vor aufziehendem Finanz-Tsunami
    Auch wenn in vielen Medien Tag für Tag etwas anderes behauptet wird: Nicht nur Griechenland, sondern das gesamte 2008 mit dem Geld der Steuerzahler gerettete globale Finanzsystem befindet sich derzeit in allerhöchster Not. Zudem ist auch die Stabilität des politischen Systems aufs höchste gefährdet, denn einer stetig wachsenden Zahl von Menschen wird immer klarer: Alle Versprechungen nach dem Crash von 2008 waren nichts als Lügen.
    Die Politik hat die Finanzindustrie zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd in ihre Schranken gewiesen oder gar reguliert. Im Gegenteil: Großbanken, Hedgefonds und andere internationale Finanzinstitutionen bestimmen den Lauf der Welt heute unumschränkter als je zuvor und ihre Kriminalität wird, wie die vielen Enthüllungen um Markt-Manipulationen zeigen, mit jedem Tag deutlicher. Genauso wie die immer schwerer zu verhüllende Tatsache, dass viele Mainstream-Medien und Politiker nichts anderes tun, als den Menschen die Interessen der Finanzindustrie als die eigenen zu verkaufen. […]
    Soweit die Vorzeichen, unter denen am Mittwoch die Griechenland-Abstimmung im Bundestag stattfand und bei der es nicht etwa um ein Abwägen von Inhalten oder den Austausch von Argumenten ging. Ziel der Inszenierung war es, die bereits von nicht gewählten EU-, EZB- und IWF-Technokraten gefassten Beschlüsse zur Stabilisierung des Finanzsystems auf Kosten der weiteren Verelendung der schwächsten Teile der griechischen Bevölkerung mit einem offiziellen Stempel zu versehen. […]
    Finanzminister Schäuble erhielt zum x-ten Mal die Gelegenheit, die Unwahrheit vom “guten Weg, auf dem sich Griechenland im letzten Jahr befand”, zu verbreiten und sich damit erneut in die ideologischen Fußstapfen eines allseits bekannten Politikers zu begeben, der bereits vor achtzig Jahren erkannte, dass eine Lüge nur oft genug wiederholt werden muss, um sich im kollektiven Bewusstsein des deutschen Volkes einzubrennen. Auch der Begriff “Hilfspaket” für die an härteste Bedingungen geknüpften zinspflichtigen Kredite, von denen die meisten auf direktem Weg auf die Konten internationaler Finanzinstitutionen fließen, dient einzig und allein der Irreführung der Öffentlichkeit und muss auf die arbeitende griechische Bevölkerung, insbesondere auf Arbeitslose, Rentner und ihrer Zukunft beraubte Jugendliche wie reiner Hohn wirken. […]
    Dass einige Abgeordnete während der Debatte auch das Leid der griechischen Bevölkerung erwähnten, die Maßnahmen als unmenschlich kritisierten und das einige Dutzend Parlamentarier am Ende aus unterschiedlichen Gründen gegen das Paket stimmten, war für die Regierenden keinesfalls, wie in den Medien behauptet, “ein Schlag ins Gesicht”. Im Gegenteil: Es war ganz in ihrem Sinne, denn es trägt dazu bei, die eigene anti-demokratische Haltung zu kaschieren, der Durchsetzung diktatorischer Maßnahmen einen Hauch von Glaubhaftigkeit zu verleihen und und der Gesamtinszenierung damit den beabsichtigten pseudo-demokratischen Deckmantel umzuhängen.
    Quelle: Ernst Wolff auf Telepolis

    dazu: Persönliche Erklärung von Thomas Jurk zur Abstimmung über die Stabilitätshilfe für Griechenland
    Ursache des Scheiterns der bisherigen Hilfsprogramme für Griechenland ist in erster Linie nicht die mangelhafte Umsetzung von Reformen (siehe “Reform Responsiveness Score” 2007 – 2014 der OECD in “Going for Growth” 2015), sondern das Außerachtlassen grundlegender ökonomischer Zusammenhänge, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen der Hilfsprogramme auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Dies wird mit dem nun vorliegenden MoU (Memorandum of Understanding, Anm. NDS) leider nicht korrigiert. So sollen bspw. Im Rentensystem im kommenden Jahr Leistungen im Umfang von 1 Prozent des BIP eingespart werden, was entsprechende negative Auswirkungen auf Kaufkraft und Binnennachfrage haben wird.
    Auch die im MoU aufgeführten Maßnahmen zur Förderung von Investitionen oder zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit bleiben weit hinter dem dringend Notwendigen zurück. So stehen zur Unterstützung Griechenlands in der laufenden EU-Förderperiode von 2014 bis 2020 etwa 35 Mrd. Euro an EU-Mitteln zur Verfügung. Dies sind zunächst einmal 3 Mrd. Euro weniger als in der vorausgegangen Förderperiode 2007 bis 2013. Zusätzlich stehen nun lediglich die im MoU in Aussicht gestellten, von Griechenland nicht abgerufenen Mittel der EU-Programme 2007 bis 2013 in Höhe von gut 5 Mrd. Euro zur Verfügung. Hinzu kommt, dass nach dem MoU die griechischen Haushaltsüberschüsse bis zum Erreichen des vereinbarten Primärüberschussziels (und bei Überschreiten des vereinbarten Primärüberschussziels teilweise) zur Schuldensenkung verwendet werden müssen.
    Diese Mittel stehen also nicht für Investitionen und Konsum zur Verfügung, was die gesamtwirtschaftliche Nachfrage schwächen wird. Nennenswerte Wachstumsimpulse für die griechische Wirtschaft werden so auch mit dem neuen MoU nicht gesetzt, was ein Scheitern beim Erreichen der mittelfristigen Wachstumsziele und damit auch der Ziele bei der Konsolidierung der Staatsfinanzen zur Folge haben wird.
    Quelle: Thomas Jurk (MdB, SPD) [PDF]

  2. Bourgeoisie im Bermudadreieck
    Reeder und »Troika«, Offshore-Kapitalismus und Hellas’ Tragödie. Anmerkungen zum Anteil der griechischen Oligarchie an der Krise
    Die Zeiten des alten Klassenkampfes scheinen zurück zu sein. »Ran ans Geld der Reichen«, titelte Zeit online am 23. Juli. Nun, keine Sorge, der Hauspostille des deutschen Oberstudienrats geht es naturgemäß nicht um die Familien Quandt, Otto, Oetker oder Aldi. »Griechenland muss endlich die großen Vermögen besteuern«, wirft sich das Hamburger Blatt in die Brust. Die ungewohnte Kämpferpose ist für die Zeit gefahrlos. Griechische Oligarchen gehören nicht zu ihren Hauptinserenten. Und wenn es darum geht, der Syriza-Regierung Unfähigkeit zu unterstellen, sind auch Schlagzeilen erlaubt, die, auf Deutschland bezogen, wohl die sofortige Entlassung des zuständigen Redakteurs zur Folge hätten.
    Immerhin räumt der Artikel des Weiteren ein, dass Ministerpräsident Alexis Tsipras es versucht hat. »Mit einer Sonderabgabe von zwölf Prozent wollte er Vermögende mit mehr als 500.000 Euro Einkommen belegen. Auch kleinere Einkommen von 20.000 bis 30.000 Euro sollten 1,4 Prozent zusätzlich abgeben.« Das klingt nun nicht gerade existenzvernichtend. Doch »die Reichen« hatten Glück. »Die Troika untersagte die Umsetzung«, mit der Vertröstung auf eine Gesamtregelung im Rettungspaket III. […]
    Je katastrophaler nun die Krisenwirkungen, je unsicherer die politische Lage und je näher der »Grexit«, umso größer die Motivation, das Geld ins Ausland, zu den einschlägigen Steuerfluchthelfern, wie den Schweizer Banken, den Offshore-Konten auf den Bermudas, in Liberia, Panama, den Marshall oder Cayman Islands zu transferieren. Die privaten Bankeinlagen bei griechischen Banken haben sich seit Krisenbeginn auf unter 120 Milliarden Euro halbiert. Einen derartig ruinösen Aderlass hält kein Banksystem aus, vor allem dann nicht, wenn es wie das Griechenlands zuletzt von der Geldversorgung der Zentralbank abgeschnitten ist.
    Die griechischen Vermögenswerte allein in der Schweiz werden auf bis zu 200 Milliarden Euro geschätzt. Genaues ist nicht bekannt. Die Offshore-Hehler, die inzwischen hohe Billionen-Werte verborgen halten, sind an der Weitergabe der Daten naturgemäß nicht sehr interessiert, die bürgerlichen oder rechtssozialdemokratischen Regierungen in Europa, entgegen ihrer Selbstdarstellung, offensichtlich ebensowenig.
    Quelle: Junge Welt
  3. Wagenknecht stellt Euro infrage
    Die zukünftige Fraktionschefin der Linken kritisiert das Währungssystem. Sie warnt vor einer abnehmenden demokratischen Legitimation in Europa.
    Die designierte Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, hat den Euro offen in Frage gestellt. „Es zeigt sich einfach, dass der Euro nicht funktioniert, sondern immer größere wirtschaftliche Ungleichgewichte erzeugt, und am dramatischsten zeigt sich das eben in Griechenland“, sagte Wagenknecht der Welt. „Darum beginnt in der Linken zu Recht eine Debatte darüber, welchen Spielraum eine Politik jenseits des neoliberalen Mainstreams im Rahmen des Euro überhaupt hat oder ob wir dieses Währungssystem nicht generell infrage stellen müssen.“
    Damit setze Wagenknecht sich in einer europaweit unter Linken geführten Debatte an die Spitze jener, die sich vom Euro abwenden, schrieb die Zeitung. Wagenknecht verwies demnach auf ein von den Chefs von fünf EU-Institutionen – EU-Kommission, Europäischer Rat, EU-Parlament, EZB und Euro-Gruppe – vorgelegtes Papier zur „Rettung der Euro-Zone“. An diesem Papier sei deutlich zu erkennen, „wohin die Reise mit dem Euro gehen soll“. „Alles deutet darauf hin, dass es immer mehr Integrationsschritte gibt, die jede nationale Souveränität erledigen“, kritisierte die Linkspolitikerin.
    Quelle: taz

    dazu: Lafontaine will »Plan B«
    Der frühere SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine macht sich für eine schrittweise Abkehr vom Euro als Einheitswährung stark. »Ich plädiere für die Rückkehr zu einem Europäischen Währungssystem, EWS, das die Erfahrungen, die mit diesem Währungssystem gemacht wurden, berücksichtigt und seine Konstruktion im Interesse aller teilnehmenden Länder verbessert,« erklärte der Linke-Politiker in einem ausführlichen Meinungsbeitrag zur Euro-Krise in der Wochenendausgabe der Tageszeitung junge Welt. Unter der Überschrift »Die Linke und Europa« geht er der Frage nach, welche Lehren aus der Erpressung der Syriza-Regierung durch die »Troika« zu ziehen seien.
    Lafontaine führt aus: »Das Europäische Währungssystem förderte, und darauf kommt es an, im Gegensatz zum Euro die fortschreitende Zusammenarbeit der Völker Europas. Durch regelmäßige Auf- und Abwertungen wurde das zu starke Auseinanderdriften der europäischen Volkswirtschaften verhindert. Zwar war die Dominanz der Bundesbank ein großes Problem, aber ein ungleich geringeres als die heutige Bevormundung der Europäer durch die deutsche Wirtschaft und die Merkel-, Schäuble-, Gabriel-Regierung.«
    Quelle: junge Welt

  4. Macht der Mitte
    Das wirtschaftliche Ungleichgewicht in Europa lässt sich durch die Kernbildung nicht beheben, im Gegenteil: Die Dominanz der Bundesrepublik wird dadurch institutionalisiert. Der europäische Krisenherd liegt nicht an der Peripherie, sondern in der (deutschen) Mitte. Gewiss: Kerneuropa wäre handlungsfähiger als das jetzige EU-Konglomerat, es wäre aber eine Form der Herrschaft über andere Länder.
    Die Kanzlerin hört es wahrscheinlich nicht gern, wenn der Boulevard sie als „mächtigste Frau der Welt“ hinausposaunt. Sie kennt Liz Mohn (Bertelsmann), Friede Springer, und Susanne Klatten (Quandt-Gruppe) und weiß, wo die Macht wirklich sitzt. Das ihr zugeschriebene Wort von der „marktkonformen Demokratie“ trifft die Realität ganz gut. Auf den Märkten, die hier gemeint sind, wird nicht mit Tomaten gehandelt, sondern mit Investitionen und Nicht-Investitionen.
    Ein Europa als Markt möglichst ohne Schutzrechte für Schwächere ist der Aktionsraum der ökonomischen Eliten, wenngleich nicht nur der deutschen. Kerneuropa ändert daran nichts. Es wäre ein verstärkter institutioneller Arm der wirtschaftlichen Macht, irgendwann auch mit der angemessenen militärischen Ausstattung.
    Die Alternative von Status quo und neuer Zentralisierung erscheint wie eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Gibt es keine andere Lösung? Ja und nein. Vor über einem Jahr hat der französische Ökonom Thomas Piketty die Schaffung eines europäischen Budgetparlaments vorgeschlagen, in dem alle 19 Euro-länder gleichberechtigt vertreten wären. Zu seinen Aufgaben sollte eine Steuergesetzgebung gehören, die darauf zielt, die ungleiche Verteilung des Reichtums – zwischen oben und unten und regional – zu beheben. Pikettys Werk Das Kapital im 21. Jahrhundert war ein Riesenerfolg in den Feuilletons und auf dem Buchmarkt. Politisch war es ein totaler Flop. Seine Europa-Überlegungen wurden weithin totgeschwiegen. Sie passen nicht zum aktuellen Design der EU.
    Quelle: der Freitag
  5. Die Abwertung des Yuan ist kein Grund zur Panik!
    „China schockt erneut die Märkte – Zweite Yuan-Abwertung in Folge“ Zeitungstitel wie dieser verbreiteten in den vergangenen Tagen Alarmstimmung. Während moderate Kommentatoren grübelten, ob nun ein für alle Volkswirtschaften schädlicher Abwertungswettlauf beginne, sprachen andere bereits von einem „Währungskrieg“. Für den Milliardär Donald Trump, derzeit Scharfmacher Nr. 1 im US-Präsidentschaftswahlkampf, stand das Urteil über China fest. In einem Interview sagte er: „Sie zerstören uns!“ Was war geschehen?
    Vor dem Hintergrund unbefriedigender Wachstumsraten setzte die chinesische Zentralbank PBoC binnen drei Tagen den Kurs des Yuan zum US-Dollar um 3,5 Prozent herab. Durch diese stärkste Abwertung seit 20 Jahren werden chinesische Exportwaren billiger und nach China importierte Waren verteuern sich.
    Ein Grund für das Handeln der PBoC war, dass schon seit längerer Zeit die Währungen anderer großer Wirtschaftsregionen erheblich an Wert verloren und dadurch Chinas Exporte verteuert haben. Dieser Trend ist vor allem der falschen Wirtschaftspolitik in diesen Regionen geschuldet. So hat Japan durch drastische Mehrwertsteuererhöhungen die Binnennachfrage stark geschwächt. Die EU hat sich einen mannigfaltigen Schrumpfungskurs verordnet. Alleine im vergangenen Jahr wertete hierdurch der Euro gegenüber dem Yuan um rund 20 Prozent ab. Die jüngste Abwertung des Yuan, fällt im Vergleich dazu äußerst gering aus (siehe Grafik). Entsprechend ist die Abwertung auch kein Grund zur Panik für deutsche Exporteure. Ein schwächelndes Wachstum in China würde hiesige Unternehmen viel deutlicher treffen.

    Die Abwertung des Yuan ist kein Grund zur Panik

    Quelle: DGB klartext

  6. Wenn ein Preuße kneift
    Thomas de Maizière macht einen auf schwer beschäftigt, statt sich dem Rechtsausschuss zu stellen und sein Verhalten in der Netzpolitik-Affäre zu klären. Das sagt einiges über den Bundesinnenminister aus.
    Thomas de Maizière gilt als Pflichtmensch, und so etwas ist ja in unsicheren Zeiten ganz beliebt. Die preußisch-zackige Sprechweise lässt selbst noch den unappetitlichen Vorschlag, Asylbewerbern das Leben möglichst schwerzumachen, wie die Verlesung eines Naturgesetzes klingen. Was für weniger illiberale Geister übrigens bedeutet: Vor dem Mann muss man sich hüten.
    Was aber weder Freund noch Feind dem Innenminister zugetraut hätten, das ist: Kneifen. Doch genau das hat de Maizière am Mittwoch getan, und zwar im Zusammenhang mit dem skandalösen Verfahren gegen die Journalisten von Netzpolitik.org. Statt sich dem Rechtsausschuss, der ihn eingeladen hatte, zu stellen und ein für alle Mal sein Verhalten in dieser Affäre zu klären, ist der Mann mit dem scheinbar so geraden Kreuz einfach weggeblieben.
    Quelle: Stephan Hebel in der FR
  7. Todeszone durch Europa
    Rassistische Hetze, Stacheldraht und Grenzzäune gegen Menschen: EU-Politik provoziert dramatische Zustände
    Würde heute in Frankreich ein neues Staatsoberhaupt gewählt, hätte Marine Le Pen mit ihren Neofaschisten gute Chancen, die Abstimmung zu gewinnen. Umfragen sehen sie mit um die 30 Prozent auf dem ersten oder zweiten Platz, ein Sieg in der Stichwahl scheint nicht mehr ausgeschlossen. Auch in Schweden nimmt der Einfluss der Rassisten weiter zu. Die »Schwedenpartei« wurde in einer am Donnerstag von der Tageszeitung Metro veröffentlichten Umfrage erstmals stärkste Kraft.
    Die »demokratischen« Politiker reagieren auf die Gefahr von rechts einmal mehr mit der Übernahme neofaschistischer und rassistischer Parolen. So erklärte der Sprecher des slowakischen Innenministeriums, Ivan Metik, im Gespräch mit der britischen BBC, Bratislava werde in den kommenden Jahren nur Christen aufnehmen, muslimische Migranten würden nicht akzeptiert. Ähnliche Töne kommen aus Lettland, Estland und Polen. Der ungarische Staatspräsident János Áder bezeichnete durch sein Land reisende Flüchtlinge als »Belagerer« und sprach von einer neuen »Völkerwanderung«. Diese Formulierung wählte auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, um gegen »massenhaften Asylmissbrauch« zu hetzen.
    In Calais unterzeichneten der französische Innenminister Bernard Cazeneuve und seine britische Amtskollegin Theresa May am Donnerstag ein Abkommen, um die Grenze zwischen beiden Ländern noch mehr abzuschotten. Ein gemeinsames Kommando- und Kontrollzentrum soll die Jagd auf Flüchtlinge koordinieren, die versuchen, durch den Eurotunnel auf die Insel zu kommen. Schon jetzt sollen hohe Zäune und Stacheldraht sowie schwerbewaffnete Polizisten die Menschen abschrecken. Mazedonien verhängte am Donnerstag den Ausnahmezustand über zwei Regionen. 4.000 im Grenzgebiet zwischen dem Balkanstaat und Griechenland festsitzende Menschen blockierten die Bahnstrecke von Thessaloniki nach Skopje. Ungarn errichtet einen 175 Kilometer langen Zaun an der Grenze zu Serbien.
    Quelle: Junge Welt

    dazu: Mazedonien: Polizei setzt Tränengas gegen Flüchtlinge ein
    Die Lage in Mazedonien spitzt sich zu, immer mehr Flüchtlinge drängen in das Land. Erst rief die Regierung den Ausnahmezustand aus, jetzt greift die Polizei mit aller Härte durch.
    Die mazedonische Polizei ist an der Grenze zu Griechenland mit Tränengas und Blendgranaten gegen Flüchtlinge vorgegangen. Die hinter Stacheldraht verschanzten Bereitschaftspolizisten wollte die aufgebrachte Menge davon abhalten, von Griechenland nach Mazedonien zu kommen, berichtete ein Reporter der Agentur Reuters.
    Quelle: Spiegel Online

  8. Migrants crisis: Slovakia ‘will only accept Christians’
    Slovakia says it will only accept Christians when it takes in Syrian refugees under a EU relocation scheme.
    The country is due to receive 200 people from camps in Turkey, Italy and Greece under the EU plan to resettle 40,000 new arrivals.
    Interior ministry spokesman Ivan Netik said Muslims would not be accepted because they would not feel at home…
    Last month, EU member states agreed to take in 32,000 asylum seekers arriving in Italy and Greece over the next two years – fewer than the 40,000 target.
    The scheme was made voluntary after some nations – including Slovakia – refused to accept set quotas.
    Quelle: BBC

    Anmerkung WL: Und wir würden am liebsten nur gut ausgebildete Facharbeiter auf Berufsfeldern, wo ein tatsächlicher oder vermeintlicher Facharbeitermangel herrscht, akzeptieren.

  9. Die Mehrklassengesellschaft des Flüchtlingslebens
    Eindrücke von der Insel Kos – Schleuser, Helfer und Abzocker
    […]
    Die hohen Preise für die Flucht lassen bei vielen Beobachtern und interessierten Lesern die Frage aufkommen, wie die Flüchtlinge so viel Geld für die beschwerliche und risikoreiche Reise aufbringen können.
    Im Fall der Afghanen kostet die Reise aus dem Heimatland in den Iran mindestens 1.000 Dollar. Für die Weitereise in die Türkei nach Istanbul sind wenigstens weitere 1.600 Dollar nötig. Die Passage vom Iran in die Türkei wird überwiegend per Pedes organisiert. “I saw a lot of dead bodies in the mountains” – “Ich sah viele Leichen in den Bergen” war ein Teil der typischen Wegbeschreibung eines jungen Afghanen.
    Von Istanbul aus zur Mittelmeerküste der Türkei sind erneut knapp 1.000 Dollar fällig. Und schließlich muss auch noch die Passage nach Kos, Lesbos oder eine der anderen griechischen Inseln bezahlt werden. Falls das Schlauchboot, mit dem die Flüchtenden die Türkei verlassen möchten, die Überfahrt aus welchen Gründen auch immer nicht schafft, dann müssen die Betroffenen erneut für eine Passage zahlen. Ermäßigungen gibt es nicht.
    Summa summarum kommen viele Flüchtlinge und Immigranten auf Kosten von 6.000 Dollar, um in die ersehnte EU zu gelangen. Bei den meisten Syrern ist die Frage der Geldquelle leicht zu klären. Die Mittelschicht des umkämpften Landes verkauft all ihr Hab und Gut und macht sich dann auf den Weg. Das mitgebrachte Tablet oder das iPhone ist dann meist die einzige Erinnerung an ein früheres, unbeschwertes Leben. Zudem dient es für den Kontakt in die Heimat.
    Dieser Kontakt wiederum ist auch Schleppern wichtig. Denn so gelangen sie über die Mundpropaganda an neue Kunden. Die Schlepper tun im Übrigen alles, um die gesamte Fahrt und Passage gefährlich erscheinen zu lassen. Das gilt auch für die Weiterreise ins übrige Europa. Die Schlepper lassen sich alle ihrer Dienste teuer bezahlen.
    Für Flüchtlinge aus Afghanistan oder Pakistan bedeutet dies, dass sie auf ihren Zwischenstationen nach Arbeit suchen. Sie dienen im Iran oder in der Türkei als willkommene Arbeitssklaven, die klaglos und bis zur Erschöpfung oft gesundheitsgefährdende Arbeiten ausführen. Rechtlos und sparsam versuchen sie, dabei so viel wie möglich zur Seite zu schaffen. Kommt es dennoch zu einem finanziellen Engpass, so bitten sie die Verwandtschaft in der Heimat um ein Darlehen, welches dann per Überweisung via Western Union gewährt wird. Somit ist das Mobiltelefon, welches vor Ort mit der jeweils passenden SIM-Karte ausgestattet wird, für die Reisenden wortwörtlich überlebenswichtig.
    Quelle: Telepolis
  10. Krisen dämpfen deutsche Konsumlaune
    Der GfK-Konsumklimaindex für September sinkt auf 9,9 Punkte. Gründe dafür sind Chinas Wirtschaftsflaute, die Flüchtlingswelle und Griechenland.
    Quelle: SAT.1

    Anmerkung WL: Es ist immer wieder faszinierend, welche Begründungen den Pulsfühlern bei den Konsumenten so als Begründung für ihre Klimaschwankungen einfallen. Da sind Wetterprognosen um ein Vielfaches nachvollziehbarer.

  11. Wenn der Bürgermeister zur Tafel muss
    Holger Klukas lebt von Hartz IV – und ist Chef einer Gemeinde. Belohnt wird er für das Ehrenamt nicht. […]
    Klukas wehrt sich dagegen, dass er nur einen Teil seiner Aufwandsentschädigung für sein Ehrenamt behalten darf und der Rest mit dem Hartz-IV-Regelsatz verrechnet wird. “Wenn ich eine Arbeit hätte, könnte ich das Geld behalten. So erzeugt man eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den ehrenamtlichen Bürgermeistern.”
    Die Hartz-IV-Bürgermeister sind ein ostdeutsches Phänomen, nicht zuletzt, weil dort in einigen Landstrichen die Arbeitslosigkeit auch 25 Jahre nach der deutschen Einheit hoch geblieben ist. Wie viele es gibt, ist nicht bekannt. Klukas kennt zumindest zwei weitere Hartz-IV-Kollegen im Landkreis Ludwigslust-Parchim, zu dem auch seine Gemeinde gehört. “Von denen redet aber keiner darüber, vielleicht, weil sie sich schämen”, sagt er.
    Quelle: Süddeutsche
  12. Arbeitslosigkeit in Großbritannien – Erziehungslager für Jugendliche
    Ein Leben auf Stütze soll keine Option mehr sein, findet die britische Regierung – und führt strenge Maßnahmen für arbeitslose Jugendliche ein.
    Die britische Regierung will ab April übernächsten Jahres „Erziehungslager“ für arbeitslose Jugendliche einrichten. Das gab der zuständige Staatssekretär Matthew Hancock am Montag bekannt. Menschen zwischen 18 und 21 Jahren sollen binnen drei Wochen nach Beantragung von Sozialhilfe ein intensives Trainingsprogramm von 70 Stunden durchlaufen, in dem sie lernen, Bewerbungen zu schreiben und sich bei Vorstellungsgesprächen anständig zu präsentieren. Wer nicht mitmacht, bekommt kein Geld.
    Die Tories hatten bereits in der Opposition 2008 angekündigt, dass sie „Wohlfahrtszahlungen für körperlich gesunde Menschen unter 21, die seit mehr als drei Monaten arbeitslos sind, abschaffen“ würden. Das betrifft 14 Prozent der jungen Leute zwischen 16 und 21 – rund eine halbe Million. Manche von ihnen seien „Teil einer Fürsorgekultur, die in einigen der gefährdetsten Gemeinden Großbritanniens vorherrscht“, sagte Hancock.
    Quelle: Ralf Sotscheck in der taz
  13. Das ist Sicherheit in al Sisis Militär-Ägypten: Meinungsfreiheit ist Terrorismus
    “Der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi hat ein umstrittenes weitreichendes Anti-Terror-Gesetz in Kraft gesetzt, das unter anderem hohe Strafen für Journalisten bei abweichender Darstellung extremistischer Angriffe vorsieht” aus dem Artikel “Ägyptens Präsident schränkt die Pressefreiheit ein” am 17. August 2015 in neues deutschland und was ein extremistischer Angriff ist bestimmt natürlich – wer wohl? Siehe auch drei weitere aktuelle Beiträge zur verblichenen Pressefreiheit in Ägypten und weiteren diktatorischen Maßnahmen…
    Quelle: LabourNet
  14. Olympia: Rechnungshof warnt vor Kostenrisiko
    Der Landesrechnungshof hat der Olympia-Euphorie in Hamburg einen Dämpfer verpasst. Die obersten Rechnungsprüfer der Hansestadt warnen vor den Kostenrisiken einer Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024. Insbesondere der Zeitpunkt des Referendums wird in dem vertraulichen Entwurf, der NDR 90,3 vorliegt, als zu früh angesehen.
    Auf insgesamt 55 Seiten hat der Rechnungshof die Hamburger Bewerbung analysiert und bewertet. Das vorläufige Urteil der Rechnungsprüfer ist eindeutig: Wenn die Hamburger wie geplant am 29. November über die Olympia-Bewerbung abstimmen sollen, fehlten die wichtigsten Informationen. Zu diesem Zeitpunkt gebe es keine abgeschlossenen Bedarfsplanungen und keine angemessene Nutzen-Kosten-Untersuchung. Auch ein verbindliches Finanzierungskonzept dürfte dann noch nicht vorliegen, kritisieren die Rechnungsprüfer.
    Quelle: NDR

    Anmerkung AT: Wie heißt es doch so schön: Dabei sein, ist alles.

  15. EXPO 2000: Was vom Traume übrig blieb
    Es gibt Dokumentationen, die zeigen, was passiert, wenn der Mensch auf der Erde verschwinden würde. Stück für Stück würde sich die Natur die steinernen Hinterlassenschaften der Menschheit zurückerobern. Selbst jahrhundertealte Baudenkmäler wären dem Verfall ausgesetzt. Eine Ahnung davon bekommt man an einigen Ecken des Weltausstellungs-Geländes an der Stadtgrenze Hannovers. Im Jahr 15 nach der ersten EXPO auf deutschem Boden hat manch ein Pavillon mittlerweile nicht nur Patina angesetzt, sondern zeigt erste Spuren des scheinbar unaufhaltsamen Verfalls. Nun entbrennt eine Diskussion, wie mit dem – zum Teil steinernen – Erbe der Weltausstellung umzugehen ist. Der polnische Pavillon soll eigentlich mit der Abrissbirne dem Boden gleichgemacht werden. Doch nun streiten die vietnamesische Eigentümerin und die stadteigene “EXPO Grund” über die Zukunft des mittlerweile arg mitgenommenen Gebäudes. NDR.de hat sich 15 Jahre danach auf dem Gelände am Rande Hannovers umgeschaut.
    Quelle: NDR
  16. Zu guter Letzt: Lammert erklärt IT
    Wenn das IT-Netzwerk repariert ist, brauchen die Bundestagsabgeordneten neue Passwörter. Relativ simpel – in der Theorie. Vorsichtshalber erklärt ihnen der Bundestagspräsident ganz genau, wie sie “wieder reinkommen” – ganz wichtig: das Passwortänderungsverfahren.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung AT: Herrlich. Ist halt alles Neuland.

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