Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/AT)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- “Wir erzeugen künstlich einen gescheiterten Staat”
- Zum neuen Memorandum
- IWF drängt auf Schuldenschnitt für Griechenland
- Flüchtlinge
- Der große Coup – Wie Wirtschaftslobbyisten Gesetze machen
- Vereint schlagen
- E.ON Klage gegen Spanien mahnt: Mit TTIP entsteht Paradies für Konzerne!
- Studie: OECD fordert strengere Besteuerung von Reichen
- In den USA kehren die Slums zurück
- Netzpolitik.org: Skandal vorbei?
- Das falsche Spiel mit der US-Zustimmungspflicht
- Atomkonzerne wollen raus aus der Haftung
- Von der Leyen auf dem hohen Ross: Mit der NATO ein Ritt in den Ost-Europa-Sumpf
- Nr. 14 wurde wegen des nicht zu ertragenden Umfelds entfert.
- Der Kauderwelsch und die Normalität
- Ungenutzte Pressefreiheit
- Das Letzte: Hans-Peter Uhl zu #Landesverrat: Journalisten und Whistleblower arbeiten Terroristen zu
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- “Wir erzeugen künstlich einen gescheiterten Staat”: Harald Schumann über Griechenland und die Zukunft Europas
Griechenland habe mit den jüngsten Kreditprogrammen zwar den Euro behalten aber die Demokratie verloren. Das Land sei zu einem Protektorat der anderen Eurostaaten degradiert worden. Die Troika-Institutionen agierten im rechtsfreien Raum, sie seien für keine ihrer Handlungen rechenschaftspflichtig, so Schumann. Die EZB verweigere bis heute Aufklärung über Korruptionsfälle.
Der Bundesregierung gehe es mit dem dogmatischen Festhalten an einer ökonomisch widersinnigen Kürzungspolitik darum, an Syriza ein Exempel zu statuieren: Eine Alternative zum von Deutschland dominierten Krisenregime solle scheitern, um potentielle Nachahmer etwa in Italien, Frankreich oder Spanien abzuschrecken. Schützenhilfe erhalte die Bundesregierung von deutschen Medien, die in der Krise auf breiter Front versagt hätten: von Falschberichterstattung bis zur Verbreitung rassistischer Ressentiments.
Währenddessen nutzen die marktradikalen Kräfte in der EZB die Krise, um den europäischen Wohlfahrtsstaat zu schleifen. Statt ihrem Auftrag nachzugehen, Banken liquide zu halten, habe die EZB den Bank Run in Griechenland vorsätzlich erzeugt.
Ökonomisch destruktiv sei auch der Zwangsverkauf griechischer Flughäfen an die deutsche Fraport AG. Das sei, so Schumann, Privatisierung als Kolonisierung.
Die Eurozone sei zutiefst undemokratisch und neoliberal geprägt und habe in dieser Form keine Zukunft. Doch eine Auflösung des Euro sei mit enormen Kosten verbunden und würde in eine schwere europaweite Rezession führen. Zu befürchten sei außerdem, dass nationalistische Kräfte weiter Auftrieb erhalten und Europa eine Neuauflage von Konflikten erlebt, die nach dem 2. Weltkrieg überwunden schienen. Daher sei ein Kampf für die Demokratisierung Europas sowie die Einrichtung eines Eurozonenparlaments dringend notwendig.
Quelle: Kontext.TV - Zum neuen Memorandum
- Leak: Womit Schäuble Griechenland weiter quälen will
Aus dem Bundesfinanzministerium wurde die Einigung zum neue Griechenland-Paket auf technischer Ebene sofort mit einem kurzen Papier beantwortet, über das dann Spiegel-Online und die BILD-Zeitung berichteten. Das kurze Papier ist tatsächlich ein Skandal, weil es den Eindruck erzeugt, als wäre die vereinbarten Maßnahmen völlig unzureichend. Von 9 betrachteten Kriterien wird nicht ein einziges als tatsächlich im Sinne des Euro-Gipfel-Beschlusses als vollständig erfüllt angesehen. Der neue Staatssekretär Jens Spahn verteidigte das Vorgehen daraufhin heute morgen im Deutschlandfunk-Interview.
Mit dieser Vorgehensweise soll offensichtlich eine rasche Einigung in der Eurogruppe hintertrieben werden und Griechenland weitere harte Auflagen abgerungen werden. Wieder einmal steht hier die Innenpolitik Pate für die Europapolitik. Griechenland muss noch einmal zu Kreuze kriechen, um die Zustimmung in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu erhöhen. Wie lange schauen sich das SPD und die Pro-Europäer in der CDU/CSU dieses unverantwortliche Spiel noch an?
Quelle: Sven Giegolddazu: Kritik an Griechenland-Paket: Schäubles Mängelliste schreckt SPD auf
Ein Analyse des Bundesfinanzministeriums zu Reformvereinbarungen mit Griechenland könnte für neue Konflikte in der Koalition sorgen. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD), derzeit im Urlaub, wurde von dem Papier überrascht. Es gebe keine abgestimmte Position der Bundesregierung, hieß es in seinem Umfeld. Gabriels Wirtschaftsministerium bewerte den Abschluss mit den Griechen deutlich positiver als offenbar das Finanzministerium.
Das zweiseitige englischsprachige Papier, das SPIEGEL ONLINE vorliegt, vergleicht das sogenannte Memorandum of Understanding mit dem Ergebnis des letzten Eurogipfels. Das Memorandum soll bis Ende der Woche vom griechischen Parlament beschlossen werden und bildet die Grundlage weiterer Finanzhilfen. Von den Vorhaben in insgesamt neun bewerteten Bereichen werden jedoch nur drei als “überwiegend erfüllt” eingeschätzt. Vier seien “teilweise erfüllt” und zwei “noch nicht erfüllt”.
Quelle: Spiegel Online - Deutsche Interessen speziell abgesichert
Hat sich die Bundesregierung in den Verhandlungen mit Griechenland die Übernahme der regionalen Flughäfen durch das deutsche Staatsunternehmen Fraport extra absichern lassen? In der Grundsatzeinigung zwischen den Vertretern der Gläubiger und der SYRIZA-geführten Regierung über die umstrittenen Auflagen für ein drittes Kreditprogramm – dem so genannten Memorandum – werden ausdrücklich »unwiderrufliche Schritte« von Athen verlangt, die regionalen Flughäfen an den bisherigen Gewinner des Bieterverfahrens zu verkaufen: die Frankfurter Fraport AG.
Quelle: Neues Deutschland - Die Troika-Maske der EZB fällt
Die Europäische Zentralbank hat kein allgemeinpolitisches Mandat. Das ist unstrittig. Um zu rechtfertigen, dass sie trotzdem als Teil der Troika den Krisenländern wirtschafts-, finanz- und sozialpolitische Maßnahmen vorschreibt, reden sie sich meist damit heraus, sie würde nur den IWF und die EU-Kommission beraten, die in der Troika die Entscheidungen träfen. Der Text des neuesten Memorandum of Understanding mit Athen spricht eine andere Sprache.
Quelle: Norbert Häring - „Es wird ein viertes Hilfspaket geben“
Der erste Schritt ist getan in den Verhandlungen über ein drittes Rettungsprogramm für das krisengeschüttelte Griechenland. Eine „Grundsatzeinigung“ sei „auf technischer Ebene“ erzielt worden, sagte eine Sprecherin der Brüsseler EU-Kommission am Dienstag. Es seien aber noch Details zu klären.
Ökonomen und Politiker stehen dem vermeintlichen Erfolg allerdings kritisch gegenüber. Gustav Horn, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung, glaubt, ein viertes Schuldenpaket sei unvermeidbar. DIW-Chef Marcel Fratzscher geht von einem Schuldenerlass noch in diesem Jahr aus und Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer warnt: „Das Griechenland-Drama ist noch lange nicht beendet.“
Die Vertreter der vier Institutionen – der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB), des Internationalen Währungsfonds (IWF) und des Euro-Rettungsschirms ESM – hatten sich in der Nacht zu Dienstag auf die Haushaltsziele für dieses und die kommenden drei Jahre geeinigt.
Nach Angaben aus Regierungskreisen wird Griechenland von seinen internationalen Geldgebern Hilfen von rund 85 Milliarden Euro innerhalb von drei Jahren erhalten. Die Banken des Landes sollen kurzfristig mit zehn Milliarden Euro gestützt werden. Athen darf 2015 ein Primärdefizit (ohne Schuldendienst) von 0,25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaften. Im kommenden Jahr soll das Haushaltssaldo ohne Schuldendienst 0,5 Prozent des BIP ausmachen und in den beiden folgenden Jahren 1,75 und 3,5 Prozent.
Quelle: Handelsblatt
- Leak: Womit Schäuble Griechenland weiter quälen will
- IWF drängt auf Schuldenschnitt für Griechenland
Der Internationale Währungsfonds (IWF) fordert von Europa erneut Schuldenerleichterungen für das klamme Griechenland. Der Fonds könne seine Entscheidung über weitere Finanzhilfen für Athen erst treffen, wenn Maßnahmen für eine Verringerung der Schuldenlast der Griechen ergriffen worden seien, sagte IWF-Vertreterin Delia Velculescu am Donnerstag.
Deutschland hält eine Beteiligung des IWF an einen neuen Kreditprogramm für Griechenland für zwingend erforderlich, sieht aber keine Möglichkeiten für einen Schuldenschnitt.
In Brüssel beraten am Nachmittag die Finanzminister der Euro-Staaten bei einem Sondertreffen über neue Finanzhilfen für Griechenland.
Quelle: Süddeutschedazu: IWF: Geht sie von Bord?
Die Bundesregierung hat Angst, dass die IWF-Chefin sie bei der Griechenland-Rettung im Stich lässt.
Lagarde will einen Schuldenerlass für Griechenland, sie will, dass die Bundesregierung mehr investiert, und sie will, dass die Europäische Zentralbank die Zinsen niedrig hält. Der Wunschpartner – er wird immer mehr zum Angstgegner.
In der kommenden Woche soll der Bundestag über ein drittes Rettungspaket für Griechenland entscheiden. Die Zustimmung fällt vielen Unionsabgeordneten schwer, die Sparvorgaben für Griechenland wurden wegen des dramatischen Einbruchs der Wirtschaft aufgeweicht. Umso wichtiger ist es für die Unionsfraktion, dass wenigstens der IWF die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt. Auch deshalb ist die Entfremdung zwischen Berlin und Washington politisch so brisant.
Quelle: Mark Schieritz auf Zeit Online - Flüchtlinge
- Auf die Flucht getrieben (IV)
Deutschland trägt maßgebliche Mitverantwortung für die Ursachen der Flucht zehntausender Menschen aus dem Kosovo. Dies belegt eine Analyse der Entwicklung in dem Sezessionsgebiet seit dem NATO-Überfall im Jahr 1999, dessen Vorbereitung unter führender Mitwirkung der Bundesrepublik geschah. Auch die anschließende Besatzung des Kosovo haben deutsche Politiker in leitenden Positionen mitgestaltet. Dabei haben sie geholfen, Kommandeure und Kämpfer der Mafiamiliz UÇK in Priština an die Macht zu bringen, unter deren Herrschaft sich international scharf kritisierte soziale Verhältnisse herausgebildet haben. In einem Bericht des Europäischen Rechnungshofs hieß es etwa im Jahr 2012, die Organisierte Kriminalität bestehe im Kosovo auf “hohem Niveau” fort; im Europarat wurden sogar höchstrangige Politiker, darunter ein langjähriger Ministerpräsident, der Mafia zugerechnet. Die Armut grassiert; rund ein Sechstel aller Kinder leidet wegen Mangelernährung an Wachstumsstörungen – nach ungefähr 16 Jahren von NATO und EU geführter Besatzung, die maßgeblich von Berlin mitgestaltet wurde. Ohne Rücktransfers von Exil-Kosovaren könnten zahlreiche kosovarische Familien wohl nicht überleben. Allein im ersten Halbjahr 2015 haben mehr als 28.600 Kosovaren keine andere Chance gesehen, als in Deutschland Asyl zu beantragen – faktisch ohne Aussicht aus Erfolg. Berlin bemüht sich nun um Wege zu ihrer schnelleren Abschiebung.
Quelle: German Foreign Policy - Lage der Flüchtlinge auf Kos eskaliert: Claudia Roth: “Das ist die Hölle auf Erden”
Die Lage auf Kos wird immer dramatischer. Mehr als 7.000 Flüchtlinge sind bereits auf der Insel gestrandet. Verglichen mit Deutschland würde das bedeuten, dass innerhalb weniger Tage um die 15 Millionen Flüchtlinge über die Grenze kämen. “Ich habe eine Insel außer Kontrolle erlebt. Totales Chaos, Verzweiflung, Angst, Wut, wachsende Spannungen, Handgemenge, Rauchbomben, die die Leute in Panik versetzt haben”, berichtet Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) im Morgenecho-Interview.
Überall in der Stadt, am Hafen, in jedem Park hätten Menschen gesessen, die schließlich in ein Stadion getrieben und eingeschlossen worden seien. Die Menschen hätten keine Basisversorgung erhalten, keine trockene Kleidung, keine medizinischen Checks, keine Nahrungsmittel, kein Wasser, keine menschenwürdige Unterbringung. “Für die Menschen, die aus Syrien, aus dem Irak, aus Afghanistan dort ankommen und eh schon eine schreckliche Flucht hinter sich haben, muss das wie die Hölle auf Erden sein”, sagt Roth. Das Stadion fasse gar nicht alle Flüchtlinge und sei nicht mehr als ein großer Sandplatz. “Da sind zwei Toiletten. Zwei Toiletten für tausend, für zweitausend Menschen.”
Quelle: WDR5Anmerkung unserer Leserin E.Z.: […] Da arbeiten deutsche Politiker weiterhin an einer humanitären Katastrophe für die griechische Bevölkerung und Roth bemängelt, dass die Flüchtlinge nicht medizinisch versorgt werden und dass es nicht mal ein zuständiges Ministerium dafür gibt! Und dass bei 7000 Flüchtlingen die Kirchen und Klöster verriegelt werden! Wie wäre es, wenn man aus Deutschland mal Hilfe schicken und die Flüchtlinge zu menschenwürdigen Unterkünften begleiten würde, anstatt die griechische Regierung und Bevölkerung zu verurteilen. Nachdem, was durch die deutsche Regierung gerade in Griechenland angerichtet wird, sollte Roth mal vorschlagen, wie den Griechen, die zur Zeit kaum für sich selbst sorgen können, bei dem europäischen (!)Flüchtlingsproblem geholfen werden kann. Ich kenne Süditaliener, die ständig Flüchtlinge “vors Haus gespült” kriegen, die habe keine Wut auf die Flüchtlinge, sondern auf Deutschland und andere “meeresferne” Staaten. Sie verstehen nicht, wie sich Deutschland mit ein paar Geldüberweisungen aus der Verantwortung stehlen kann, während sich die italienische Bevölkerung mit traumatisierten Menschen und auf der Flucht mehrfach vergewaltigten Frauen kümmern soll. Diese Menschen wollen kein Geld, sondern Hilfe. […]
- Europas gescheiterte Staaten
Südosteuropa gleicht längst einem sozioökonomischen Notstandsgebiet, dessen politische Instabilität zunimmt. (…)
Die Bundesregierung will die ansteigenden Fluchtbewegungen aus Südosteuropa nun mit Aufklärung und Propaganda eindämmen. Mit einer drastisch formulierten Anzeigenkampagne, die in den sechs meistgelesenen Zeitungen Albaniens initiiert wurde, sollen potenzielle Flüchtlinge aus dem verarmten Balkanland abgeschreckt werden.
Die Bewohner Albaniens sollten “skrupellosen Geschäftemachern keinen Glauben” schenken, die “aus Profitgier Märchen über Asylgewährung, Arbeitsstellen und Wohnungen in Deutschland” verbreiteten, hieß es in den “Kein Wirtschaftsasyl in Deutschland” betitelten Zeitungsanzeigen der Bundesregierung. Deutschland droht in der Kampagne potenziellen Asylbewerbern ungeschminkt mit dem finanziellen Ruin, sollten sie die in die Bundesrepublik wagen:
Ruinieren Sie nicht durch Aufgabe Ihrer Lebensgrundlage an Ihrem Wohnort Ihre Zukunft und die Zukunft Ihrer Kinder!
Selbstverständlich wird die Subventionierung des albanischen Zeitungswesens den einzigen nennenswerten Effekt dieser deutschen Medienkampagne bilden, da einem jeden fluchtwilligen Einwohner Albaniens deren falsche Logik sofort ins Auge springen dürfte. Die wenigsten ausreisewilligen Einwohner dieser europäischen Armenhäuser verfügen überhaupt über eine gesicherte “Lebensgrundlage”, die sie bei der Ausreise “aufgeben” würden. Die “Wirtschaftsflüchtlinge” Südeuropas fliehen gerade deswegen in die westlichen Zentren der EU, weil sie keine Lebensgrundlagen mehr in ihren zerfallenden Ökonomien finden können.
Quelle: Telepolis
- Auf die Flucht getrieben (IV)
- Der große Coup – Wie Wirtschaftslobbyisten Gesetze machen
Finanzkrise, Bankencrashs, Rettungen mit hunderten Milliarden an Steuergeldern. Keiner hat gewarnt; auch nicht die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die die Gefahren in den Bilanzen eigentlich hätten erkennen müssen. Auch deshalb wollte die EU strengere Regeln für die Branche einführen und verbieten, dass Wirtschaftsprüfer ein Unternehmen gleichzeitig beraten und prüfen können. Aber daraus wurde nichts – die Lobbyisten der vier größten Wirtschaftsprüfergesellschaften haben offenbar ganze Arbeit geleistet.
Quelle: Monitordazu: Wenn der Prüfer auch Berater ist
Vier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind für einen Großteil der Prüfungen bei aktiennotierten Unternehmen in Deutschland verantwortlich. Mehr noch: Die “Big Four” prüfen genau die Unternehmen, die sie auch beraten. Monitor hat sich die Marktmacht der “Big Four” näher angeschaut.
Quelle: WDRAnmerkung AT: Das ist schon interessant. Aus Sicht der Lobbyisten gibt es gar keinen Lobbyismus, sondern immer nur fachliche Unterstützung.
Dazu auch: European Roundtable of Industrialists: Lobbybudget von unter 10.000 Euro?
Gemeinsam mit unseren europäischen Partnerorganisationen haben wir uns Ende Juli über fünf fragwürdige Einträge von einflussreichen Brüsseler Lobbyakteuren im freiwilligen EU-Lobbyregister beschwert: Sie alle gaben an, weniger als 10.000 Euro für Lobbyarbeit im Jahr auszugeben. Drei der fünf Akteure haben auf unsere Beschwerde hin angekündigt, ihre Einträge zu korrigieren. Die Korrektur des Industrial Roundtables steht bedauerlicherweise noch aus. (…)
Alle fünf Akteure haben bis 2014 Lobbyausgaben zwischen 150.000 und 800.000 Euro angegeben. Erst nach dem Update des Registers im April 2015 machten sie plötzlich Angaben, die in allen Fällen unglaubwürdig sind. Nicht ein einziger Lobbyist kann von 10.000 Euro bezahlt werden. Cisco Systems, der European Roundtable of Industrialists und die ASD haben bereits zugegeben, dass es sich um einen Fehler handelt.
Cisco hat seine Lobbyausgaben auf €900.000 – 999.000 korrigiert. Die Einträge der AeroSpace and Defence Industries Association und des European Roundtable of Industrialists bleiben trotz angekündigter Korrekturen bisher unverändert. Vom Conseil de Coopération Economique und dem Europäischen Verband des Vieh- und Fleischhandels fehlt bislang jegliche Reaktion.
Quelle: Lobby Control - Vereint schlagen
Was sich aus den Erfahrungen der jüngsten Streikbewegungen lernen lässt (…)
Angesichts der Erfahrungen der Vollstreiks stehen die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften jetzt vor großen Herausforderungen: Die Entschlossenheit der öffentlichen Arbeitgeber ist deutlich geworden. Sie wollen eine Aufwertung verhindern, da sie Angst davor haben, dass das Tarifgefüge und damit die politisch organisierten kommunalen Sparzwänge insgesamt ins Wanken geraten könnten, wenn andere Beschäftigtengruppen dem Beispiel der SuE folgen. Ein schneller Erfolg war und ist daher nicht zu erwarten. Für den Ausgang der Tarifbewegung wird es entscheidend sein, die von den aktiven Beschäftigten ausgehende demokratische Dynamik weiter zu stärken und ausgehend davon eine neue Streikstrategie zu entwickeln. Auf zwei Herausforderungen müssen neue Antworten gefunden werden: Bisher sind die kommunalen Arbeitgeber kaum unter finanziellen Druck geraten, da sie die Gehälter nicht zahlen müssen und die Kitagebühren von vielen Eltern weiter gezahlt wurden. Die Forderungen der Beschäftigten hatten großen Rückhalt in der Bevölkerung, auch bei vielen Eltern; andererseits gerieten die Streikenden an manchen Orten durch den Unmut von Eltern stark unter Druck. Die Auseinandersetzung ist daher nur zu gewinnen, wenn – wie Frank Bsirske ankündigte – »unkonventionelle« Aktionen stattfinden, die für die Gegenseite schwer zu kalkulieren sind und wenn es stärker als bisher gelingt, politischen Druck aufzubauen. Ver.di hat die Möglichkeit, in einen aktiven tariflosen Zustand zu gehen: immer wieder wellenförmig zu agieren, ohne die Kräfte zu schnell zu verausgaben und ohne die Eltern gegen die Streikenden aufzubringen. Aktionen wie »Besuche« bei Bürgermeistern, Stadtratssitzungen oder örtlichen SPD-Abgeordneten (die für die Streikenden bisher nur Lippenbekenntnisse übrig hatten) können für Druck sorgen. Wie von ver.di begonnen, sollte der Tarifkonflikt konsequent als gesellschaftspolitische Auseinandersetzung um die Aufwertung der Arbeit mit den Menschen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Geschlechtergerechtigkeit für alle geführt werden. Um Bündnisse mit den Eltern zu stärken, sollten Forderungen nach einem Kitaqualitätsgesetz für bessere Lernbedingungen, weniger Arbeitsstress und mehr Personal mit der nach Aufwertung und der nach einer besseren Finanzierung der Kommunen stärker verbunden werden. Die Bundesregierung muss dazu gebracht werden, die für das verfassungswidrige Betreuungsgeld eingeplanten Finanzmittel zur Unterstützung der Kommunen bei den Kosten einer Aufwertung zu verwenden.
Quelle: junge WeltAnmerkung AT: Es war ein Fehler in die Schlichtung zu gehen. Damit hat sich die Gewerkschaft der Wirkung ihrer gut gewählten Strategie beraubt. Nach der Ablehnung eines öffentlich kommunizierten „Kompromissvorschlags“ wird es nun sehr viel schwerer fallen, die Botschaft zu vermitteln, dass es den Beschäftigten vornehmlich um eine Aufwertung sozialer Berufe geht.
- E.ON Klage gegen Spanien mahnt: Mit TTIP entsteht Paradies für Konzerne!
Der Energiekonzern E.ON hat eine Klage gegen Spanien vor einem privaten Schiedsgericht eingereicht. Das südeuropäische Königreich strich die Subventionen für erneuerbare Energie zusammen. E.ON beklagt dies nun und beruft sich dabei auf die Investitionsschutzregeln im Energiechartavertrag, den Spanien unterzeichnet hat. Erneut zeigen sich die Tücken der umstrittenen Schiedsgerichtsbarkeit (ISDS) in aller Deutlichkeit.
E.ON hatte vor der Finanzkrise von 2008 in den Ausbau erneuerbarer Energien in Spanien investiert, weil dort Ökostrom gefördert wurde. Infolge der Finanzkrise und dem Ausbruch der Eurokrise war Spanien zu massiven Einsparungen gezwungen und schaffte deshalb unter anderem die Förderungsmaßnahme für Ökostrom ab.
Nun fordert E.ON vor einem privaten Schiedsgericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit Schadensersatz für die veränderten Investitionsrahmenbedingungen. Und das, obwohl sich der Energiekonzern mittlerweile aus Spanien zurückgezogen hat. Würde der Energieriese Erfolg mit seiner Klage haben, kämen auf die Steuerzahler in Spanien unter Umständen enorme zusätzliche Belastungen zu!
Quelle: Lobby Control - Studie: OECD fordert strengere Besteuerung von Reichen
In den meisten Industrieländern sind die Steuerbehörden offenbar nicht angemessen auf die Prüfung von Wohlhabenden eingerichtet. Zu diesem Schluss kommt die OECD in einer vergleichenden Studie – und mahnt die Steuerbehörden, ihrer reichen Klientel aufmerksamer auf die Finger zu schauen als bislang.
Die Industrieländerorganisation untersucht regelmäßig die Steuerverwaltungen ihrer Mitglieder. Die nun erschienene Studie “Tax Administration 2015” ist bereits die sechste derartige Publikation, sie vergleicht dabei sowohl die Strukturen als auch die Effektivität der Steuerbehörden in 56 Ländern.
Bereits in der Vorgängerstudie von 2009 war die steuerliche Behandlung von Reichen einer der untersuchten Aspekte – verbunden mit einem konkreten Ratschlag für die Steuerbehörden. In der nun erschienenen Studie ziehen die Autoren allerdings ein ernüchtertes Fazit über die Umsetzung: “Obwohl die Zahl und der Wohlstand der Reichen in den vergangenen Jahren offensichtlich deutlich gewachsen ist, haben nur relativ wenige Steuerbehörden spezielle Abteilungen für sie eingerichtet, wie es in der Studie von 2009 empfohlen wurde.”
Konkret hatten nur 17, also rund ein Drittel der 56 untersuchten Länder eigene Abteilungen in den Steuerbehörden eingerichtet – Deutschland gehört nicht dazu. Und nur in fünf Staaten seien jene Abteilungen auch gut ausgestattet: Australien, Indonesien, Großbritannien, die USA – und ausgerechnet Griechenland. Das Krisenland hat eine entsprechende Abteilung demnach im Laufe des Jahrs 2013 eingerichtet.
Quelle 1: Spiegel Online
Quelle 2: OECDAnmerkung J.K.: Wirklich neu ist die Erkenntnis der laxen Besteuerung der Superreichen nicht, diese ist politisch gewollt. So sollen mehr als 32 Billionen Dollar weltweit in Steueroasen lagern (siehe hier). Unternommen wird dagegen so gut wie nichts. Eine der größten Steueroasen, Luxemburg, liegt sogar mitten in der EU. Schon seit langem fordern Kenner der Materie die Einrichtung einer zentralen Bundessteuerfahndung, um diese länderübergreifend zu koordinieren. Auch hier geschieht politisch gewollt nichts (siehe hier). Interessant in diesem Zusammenhang, dass Finanzminister Schäuble gegenüber Griechenland gnadenlos auf die Einhaltung der “Regeln” pocht, mit Steuerbetrug und Steuerhinterziehungen auf Seiten der ökonomischen Eliten aber keinerlei Probleme hat.
- In den USA kehren die Slums zurück
Wer Armut in Amerika erleben will, muss meist nicht sehr weit fahren. In die Außenbezirke von St. Louis, Missouri, zum Beispiel, in den Rust Belt rund um die Auto-Stadt Detroit – oder in die Kleinstadt Syracus. Gerade mal 150.000 Einwohner leben in dem Ort rund 400 Kilometer nördlich von Manhattan. Kaum irgendwo ist die Spaltung in Arm und Reich und Schwarz und Weiß so eindeutig wie hier. 65 Prozent der afroamerikanischen Einwohner leben inzwischen in den ärmsten Gebieten der Stadt. Noch vor 15 Jahren waren es 43 Prozent.
Es hätten sich regelrechte Slums gebildet, warnen Experten angesichts der Zahlen. 13,8 Millionen Amerikaner leben derzeit in Gegenden mit extremer Armut, im Jahr 2000 waren es 7,2 Millionen. Zwischen 2000 und 2013 hat sich die Zahl fast verdoppelt. Noch nie, schreibt Paul Jargowsky, Politik-Professor an der Rutgers Universität, in einer aktuellen Analyse, sei die Zahl so hoch gewesen.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Als Millionen von Menschen im Zuge der Rezession überall im Land ihren Job verloren, zogen diejenigen weg, die es sich leisten konnten – und ließen Arbeiterfamilien zurück, deren Jobs in der Automobilindustrie gestrichen oder nach Übersee verlagert wurden. Wer eine neue Stelle finden konnte, blieb häufig weit unter dem bisherigen Einkommen und konnte sich das alte Leben nicht mehr leisten. Übrig blieben moderne Industrie-Wüsten wie Detroit, aus denen mit den wohlhabenderen Bewohnern auch die Steuergelder verschwanden. Den hoch verschuldeten öffentlichen Haushalten fehlte es an Ressourcen für öffentliche Sozialprogramme, die neue Chancen ermöglicht hätten.
Quelle: Zeit Onlinedazu: Studie zu Einfluss und Ungleichheit in den USA: Macht Geld Politik?
In repräsentativen Demokratien müssen die Interessen der Bevölkerung von der Politik berücksichtigt werden. Das Prinzip politischer Gleichheit verlangt zudem, dass nicht nur die Interessen einiger weniger, sondern die Interessen aller Repräsentierten gleichermaßen Einfluss auf die politischen Entscheidungen der Regierenden haben.
In den letzten Jahren haben verschiedene US-amerikanische Studien gezeigt, dass die Meinung sozial schlechter gestellter Gruppen kaum Einfluss auf politische Entscheidungen hat, politische Entscheidungsträger sich aber sehr wohl an den Meinungen der bessergestellten orientieren. Ihre Befunde haben eine Debatte über den Zusammenhang von ökonomischer Ungleichheit und politischer Repräsentation ausgelöst, die hierzulande noch viel zu wenig geführt wird.
Quelle: Verteilungsfrage.org - Netzpolitik.org: Skandal vorbei?
Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen zwei Journalisten wegen Landesverrats wurden eingestellt. Aber ist der Skandal damit vorbei? Die Chronik der letzten Monate zeigt: Der Verfassungsbruch war von Anfang an mit einkalkuliert. Angeschoben vom Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, mit Wissen des Bundesinnenministeriums. Nicht nur wir fragen uns: Dürfen solche „Verfassungsschützer“ im Amt bleiben?
Quelle: Monitor - Das falsche Spiel mit der US-Zustimmungspflicht
Es ist natürlich nett, wenn die Bundesregierung die US-Seite vorher fragt. Wäre es ok, wenn sie die Listen mit faulen Suchbegriffen der Amerikaner an den NSA-Untersuchungsausschuss weiterreicht? Ja, unter Freunden ist dies das richtige Verhalten.
Auch wenn es natürlich überhaupt nicht nett von den Datenspionen der NSA war, Suchbegriffe auf Analyserechner des Bundesnachrichtendienstes (BND) zu spielen, die offenbar eindeutig gegen deutsche Interessen gerichtet waren. Europäische Unternehmen wie EADS und Airbus und französische Ministerien gehörten etwa in das Suchprofil der Amerikaner.
Aber statt sich deshalb mit den Amerikanern anzulegen, erfindet die Bundesregierung etwas von einer Zustimmungspflicht der US-Regierung. Die Bundesregierung sei verpflichtet, so eine Einwilligung einzuholen. Kanzleramtsminister Peter Altmaier hat diese Haltung jetzt gegenüber dem Spiegel noch einmal bekräftigt. Ohne Zustimmung kein Einblick in die Liste für Abgeordnete. Es gebe eben Regeln zwischen Geheimdiensten, an die sich die Regierungen zu halten hätten, sagt Altmaier. Die also völkerrechtlich verbindlich sind.
Quelle: SüddeutscheAnmerkung AT: Das ganze Dilemma fängt schon mit der Wortschöpfung „Konsultationsverfahren“ an. Der Begriff suggeriert etwas scheinbar Bedeutendes und Kompliziertes, bei dem sich der normale Zuschauer denkt, oh je schwierige Materie. Die US Seite hat nun deutlich gemacht, dass es sich um eine simple Anfrage handelte, die auch binnen kurzer Zeit beantwortet werden kann. Dennoch druckst die Bundesregierung weiter herum und tut so, als müsse sie Informationen schützen, die von ihr selbst bereits scheibchenweise zu den Medien durchgesteckt werden.
- Atomkonzerne wollen raus aus der Haftung
Das Schlupfloch schien so diskret wie wirksam zu sein. Deutschlands größter Energiekonzern Eon wollte die eigene Aufspaltung Anfang 2016 in eine grüne Eon und das Kraftwerksunternehmen Uniper gerne dazu nutzen, auch gleich noch ein lästiges Risiko loszuwerden: die unbegrenzte Haftung für seine Atomkosten. Denn nach deutschem Recht genügte es bislang, die Atomsparte einfach in ein neues Unternehmen auszugliedern, um die ewige Haftung auf gerade mal fünf Jahre zu begrenzen. Angesichts der offenen Frage, ob die deutschen Atomrückstellungen von 38 Milliarden Euro in den nächsten Jahrzehnten tatsächlich ausreichen oder weitere Milliarden gebraucht werden, ein lukrativer Schachzug.
Doch die Bundesregierung will das Vorhaben nun offenbar vereiteln. Im Bundeswirtschaftsministerium von Sigmar Gabriel (SPD) kursieren Pläne, die fragliche Fünfjahresregel noch vor der Eon-Aufspaltung abzuschaffen. Im Management der Energiekonzerne sorgt das für so große Unruhe, dass man bereits das unkonkrete Vorhaben mit schwerem Geschütz bekämpft. “Wir halten das, was angedacht wird, für verfassungswidrig”, sagte Konzernchef Johannes Teyssen am Mittwoch im Hinblick auf geplante Einschränkungen der Fünfjahresfrist. Sein Unternehmen habe in der Sache eine rechtliche Analyse externer Gutachter an die beteiligten Ministerien geschickt. Der Eon-Chef deutete damit an, dass der Konzern auch im Streit über die Atomhaftung eine Verfassungsklage für möglich hält. Die Regierung solle zunächst die Ergebnisse ihrer eigenen Kommission abwarten, bevor sie “ohne genaue Kenntnis der Sachlage” Schlüsse ziehe, wetterte Teyssen. Die AKW-Betreiber RWE und Eon wehren sich bereits mit einer Verfassungsklage gegen den beschleunigten Atomausstieg und fordern von der Bundesregierung einen Milliarden-Schadenersatz für das Abschalten ihrer Kraftwerke.
Quelle: Süddeutsche - Von der Leyen auf dem hohen Ross: Mit der NATO ein Ritt in den Ost-Europa-Sumpf
In eine Husaren-Uniform gegossen stellte die Verteidigungsministerin das späte Pferdemädchen dar, als sie mit anderen Quadrille-Reitern die Reit-Europameisterschaften in Aachen eröffnete. Und schnell warf es die deutschen Medien vor Begeisterung aus dem Sattel: “Pferdammt mutig, Frau Ministerin!” dichteten die Primitivos von der BILD. Die entsetzlich originelle FAZ entdeckte eine “Pferdeoper der großen Gefühle” und auch, dass Frau von der Leyen “begeisterte”. Das ließ die Zeilenschinder vom SPIEGEL nicht ruhen, sie nutzten eine völlig verschlissene Metapher “Von der Leyen sitzt fest im Sattel”, während die ARD allen möglichen anderen Medien die Wortanweisung vom “heimlichen Star” der Reit-EM lieferte. Von der RHEINISCHEN POST über die ZEIT bis zum FOCUS: Um die zehn weitere Nachrichtenzuträger folgten gehorsamst dieser Sprachregelung aus dem ARD-Wort-Hauptquartier.
Dass die von der Leyen eher ein unheimlicher Star ist, dessen sardonisches Dauer-Grinsen wie ein Teil einer Totenmaske wirkt, mag der versammelte Unverstand deutscher Medien nicht erkennen. Erst jüngst entsandte die Ministerin ihre Bundeswehr-Dienstboten in die Ukraine, um gemeinsam mit anderen gefährlich Bewaffneten ausgerechnet in einem Bürgerkriegsland den Krieg gegen Russland zu proben: Fast 2.000 Soldaten spielten an der Seite von ukrainischen Nazi-Einheiten Krieg. Und ausgerechnet parallel zu einem neuen ukrainischen Gesetz, das die Stationierung vom Atomwaffen ausdrücklich legitimiert: “Potentielle Träger von Kernwaffen und anderen Arten von Massenvernichtungswaffen werden nach internationalen Abkommen der Ukraine für eine Stationierung auf Zeit in der Ukraine erlaubt, sofern die geeignete Steuerung hinsichtlich der Stationierung auf dem Territorium der Ukraine durch die Ukraine selbst gesichert ist.“
Quelle: RationalGalerie - Nr. 14 wurde wegen des nicht zu ertragenden Umfelds entfert.
- Der Kauderwelsch und die Normalität
Die Abgeordneten des Bundestages sind einzig ihrem Gewissen unterworfen. So will es das Grundgesetz. Und da Parteivorsitzende und/oder Bundeskanzler ja kein Grundgesetz sind, sondern einfach bloß Leute, die ihren Willen durchpauken möchten, wollen sie von derlei Gewissensfragen recht wenig wissen. Das subjektive Gewissen ist ihnen einfach zu vage, lässt sich nicht richtig fassen und kalkulieren. Also muss man den Abgeordneten da packen, wo es nicht ganz so schwammig ist: Am Prestige, vielleicht auch am Geldbeutel – und an seiner Karriere auf alle Fälle. Wenn er nämlich Angst um seine Zukunftsplanung hat, dann ist das Gewissen zunächst deaktiviert. Die einzige Gewissensfrage in diesem Prozess ist letztlich nur, wie stark man den Druck dosiert und wie gut man ihn vor den Medien als Rhetorik verkleiden kann, damit diese nicht aufschreien. Tja, und exakt da hat der Bundeskanzlerin Knecht versagt.
Kauder hat jetzt also Druck ausgeübt. Wer abweicht, so meinte er, dem würden die Posten, die der Parlamentarismus so bietet, künftig vorenthalten bleiben. Eine Entscheidung gegen den Kurs der Regierung heißt demnach, dass man kaltgestellt wird, wenn man mit ihm nicht warm wird. Der vorherige Bundeskanzler hat es ähnlich gehandhabt. Er wollte unbedingt seine Reformen im Zuge der Agenda 2010 auf Kurs bringen und drohte mit Rücktritt und sagte »Basta!« und stellte den Volksvertretern in Aussicht, dass sie bei Neuwahlen schon bald nicht mehr hier in gemütlicher Runde sitzen würden. Und so ging ein Ruck durch die Fraktion und mit Hartz I bis IV auch gleich noch durch Deutschland. So geht man mit dem Gewissen aus dem Grundgesetz um, wenn man unbedingt ein Gesetz haben möchte. Wenn man es – das Gewissen – schon nicht kontrollieren kann, so muss man seine Leute eben zu Gewissenlosigkeit zwingen, dann können sie in sich hineinhorchen und sagen: »Huch, ich habe ja gar kein Gewissen, dem ich verpflichtet sein sollte. Na, dann kann ich auch das Schöne mit dem Nützlichen verbinden und mir die Posten offenhalten, die mir sonst verschlossen blieben.«
Quelle: Heppenheimer Hiob - Ungenutzte Pressefreiheit
Die Ermittlungen gegen Netzpolitik.org wegen Landesverrats sind am Montag eingestellt worden. Ein Sieg der Pressefreiheit, sagen viele, und es stimmt auch. Ob sie deshalb aber gut dasteht, ist eine andere Frage. Zeigt denn der Verlauf dieser Affäre, dass wir Deutschen uns um die Pressefreiheit nicht sorgen müssen?
Wenn man die Frage so stellt, melden sich erhebliche Zweifel. Viel Medienkritik ist im letzten Jahr geäußert worden, meist im Zusammenhang mit der Berichterstattung zur Ukrainekrise. Es gab da Mängel, die einem jetzt wieder einfallen, so weit hergeholt es auch scheinen mag, diese Krise mit den Ermittlungen gegen Netzpolitik.org zu vergleichen.
Ein bezeichnender Mangel war, dass die Medien über das Minsker Abkommen vom 5. September 2014 nur wenig und dann allenfalls pauschal berichteten. Das Abkommen wurde nicht im Einzelnen analysiert, kein Leitfaden wurde erarbeitet, anhand dessen die Medien hätten verfolgen können, ob und wie das Abkommen von Kiew und der ostukrainischen Seite umgesetzt wurde. Da das alles nicht geschah, fiel es den Medien umso leichter, immerzu nur Russland zu beschuldigen.
Dieser Mangel tritt in der Affäre, die uns jetzt beschäftigt, noch krasser zutage. Auch da gibt es ein zentrales Dokument, das zu analysieren Aufgabe der Medien gewesen wäre: das von Netzpolitik.org veröffentlichte Dokument des Verfassungsschutzes. Markus Beckedahl und Andre Meister, die das Onlinemagazin betreiben, haben die Aufgabe gut bewältigt. Aber wer hat es aufgegriffen und ihre Arbeit fortgeführt?
Quelle: der Freitag - Das Letzte: Hans-Peter Uhl zu #Landesverrat: Journalisten und Whistleblower arbeiten Terroristen zu
„Kontrovers“, das politische Streitgespräch des DLF, lud zu seiner vergangenen Ausgabe unter anderem Hans-Peter Uhl ein. Der ehemalige Vorsitzende der Arbeitsgruppe Innenpolitik des CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Bundestagsabgeordnete diskutierte dabei äußerst kontrovers mit den Zuhörern und den geladenen Studiogästen Martina Renner (Linke) und Johannes Fechner (SPD). Hier eine kleine Zitatesammlung des stets gut gelaunten Bajuwaren, der nie um einen unpassenden Vergleich verlegen ist. […]
Das […] ist der Fall, denn da müssen Sie in die Veröffentlichung der Netzpolitik gehen, und dann sehen Sie, dass dort seitenweise im Orginaltext dargestellt wird, wo die Schwachstellen der Bundesrepublik sind in der Ermittlung von Terrorgefahren, in der Ermittlung von Spionageangriffen auf Deutschland und dass man diesen Schwachstellen begegnen muss, indem man ganz dezidiert Personal für bestimmte Aufgaben, Methoden der Ermittlung und Erkenntnisgewinnung und auch Technik einschalten wird. Das heißt, wer jetzt zum Beispiel einen Terroranschlag auf einen Weihnachtsmarkt vorhat, der IS, der weiß jetzt genau, was er verhindern muss, umgehen muss, dass er nicht vom Verfassungsschutz entdeckt wird.
Es empfiehlt sich, die Passage aufgrund des gesprochenen Wortes zweimal zu lesen, um zu erfassen, was Uhl da eigentlich sagt. Er behauptet – offenkundig ohne genaue Kenntnis unserer Veröffentlichungen –, dass wir direkt „Terroristen“, namentlich IS, zuarbeiten würden. Diese dreiste Unterstellung ist nicht nur unwahr, sondern würde in der Konsequenz bedeuten, dass über Methoden der Geheimdienste gar nicht mehr berichtet werden dürfte, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, man sei quasi „Terrorhelfer“. Das ist die Logik in der Welt des Hans-Peter Uhl.
Quelle: Netzpolitik.org