Die Bundesregierung kennt keine Einflussnahme der Wirtschaft auf den Schulunterricht
Schon vor einem Jahr, im Sommer 2006, haben wir darauf hingewiesen, dass die „Arbeitsgemeinschaft Jugend und Bildung“ Schulen Unterrichtsmaterial anbietet, in dem sie kritiklos die Kampagne der Versicherungswirtschaft für die private Vorsorge anpreist. In einer Kleinen Anfrage erkundigte sich die Fraktion Die Linke nach der „Haltung der Bundesregierung zu einer Verquickung wirtschaftlicher Interessen bei der Arbeitsgemeinschaft Jugend und Bildung e. V. am Beispiel des Arbeitsblattes ‘Wird der Generationenvertrag brüchig?’ “. Wolfgang Lieb
Die Bundesregierung antwortete [PDF – 116 KB]:
Die Arbeitsgemeinschaft wird nach Kenntnis der Bundesregierung durch die genannten Verbände (Gesamtverband der Deutschen Versicherer, die Dresdner Bank sowie der Bundesverband Investment und Asset Management e. V.) nicht unterstützt, auch nicht durch Sachleistungen.
Ach hätte die Bundesregierung doch nur einmal auf die Partnerliste dieser Arbeitsgemeinschaft geschaut. Dort finden sich als Partner: Der BVI Bundesverband Investment und Asset Management e. V., die Dresdner Bank, der Gesamtverbandes der deutschen Versicherer (GDV) und natürlich die Bertelsmann Stiftung.
Nein, man sollte der Bundesregierung nicht unterstellen, dass sie einfach ignorant ist oder gar Lügen verbreitet. Sie vermag einfach keine Einflussnahme zu erkennen, weil sie die Verquickung wirtschaftlicher Interessen und den Einfluss der Wirtschaft auf die Schule für unschädlich, wenn nicht gar für notwendig hält – jedenfalls solange die Regierung genauso denkt und handelt wie die Wirtschaft.
Und wer könnte das bei der Altersvorsorge bestreiten?
Dass diese Einflussnahme der Wirtschaft zumindest auf die Schüler allmählich Wirkung zeigt, beweist eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung, wonach Jugendliche in Deutschland ein positiveres Unternehmerbild als ihre Lehrer haben.
Die Fragestellung dieser Studie hat nun wirklich allerhöchste bildungspolitische Priorität.
Sie beweist einmal mehr, wie sehr sich die Stiftung – wie sie im Subtext ja behauptet – um das „Gemeinwohl“ bemüht. Wie bei der Bundesregierung heißt das für Bertelsmann selbstverständlich, dass Gemeinwohl und Unternehmerinteressen identisch sind bzw. zu sein haben.
Die Botschaft der Studie: Wirtschaftliche Fragen sollten vermehrt im Schulunterricht vorkommen.
Und wer könnte die wirtschaftlichen Fragen besser beantworten als die Wirtschaft selbst?
Deshalb spricht aus dieser Interessensicht auch nichts dagegen, dass die Versicherungswirtschaft ihre Propaganda für die private Rente über die Arbeitsgemeinschaft Jugend und Bildung in den Schulunterricht einfließen lässt.