Cornelia Heintze: Bildung und Gesundheit als öffentliche Güter – ein Vergleich zwischen Deutschland und skandinavischen Ländern
In einer Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung [PDF – 3.8 MB] werden Finanzierung, Wohlfahrtsergebnisse und Beschäftigungsrelevanz miteinander verglichen.
Statt allgemein über Bildung als Investition in die Zukunft oder abstrakt über den „vorsorgenden Sozialstaat“ zu reden, brauchte man nur die Praxis in Skandinavien anzuschauen. Wolfgang Lieb
Die skandinavische Ausgestaltung des Bildungs- und Gesundheitssystems mit stärkerer Betonung des öffentlichen Gutscharakters und der öffentlichen Leistungserstellung ist auf der makroökonomischen Ebene mit einer weit höheren Beschäftigungsdichte, als sie Deutschland aufweist, verknüpft. Bildung als öffentliches Gut beginnt dort bereits bei den unter 3-Jährigen, wobei anders als traditionell in Deutschland zwischen Bildung und Erziehung schon begrifflich nicht unterschieden wird.
Für Kinder unter 3 Jahren gilt eine Betreuungsrelation von maximal 4 Kindern und bei 3- bis 5-Jährigen eine Betreuungsrelation von maximal 7 Kindern pro Betreuungskraft als Bedingung für die Realisierung qualitativ hochstehender pädagogischer Konzepte. Im Vergleich dazu wäre in Deutschland eine Verdreifachung des Anteils am BIP notwendig, der heute für institutionelle Kinderbetreuung aufgewandt wird.
Um skandinavische Standard bezüglich der Ausstattung von Schulen mit Lehrpersonal zu erreichen, müsste bundesweit eine Personalaufstockung in der Größenordnung von im Minimum ca. VZÄ-50.000 Stellen erfolgen. Werden Schulen insgesamt berücksichtigt erreicht die Lücke im Maximum fast die Größenordnung von 680.000.
Mit einer gewissen Ausnahme bei Island (Ausbildungsförderung nur als Darlehen) sind in allen skandinavischen Ländern nicht nur Studiengebühren unbekannt, auch die Ausbildungsfördersysteme sind besser an den Bedarf der Studierenden angepasst und werden elternunabhängig gewährt.
Da Bund und Bundesländer fast 3 BIP-Prozent-Punkte weniger in Bildung investieren als die skandinavischen Länder im Durchschnitt ist es nur folgerichtig, dass Vorschulen, Schulen und Hochschulen nicht die Bedeutung als Arbeitgeber haben, die ihnen in den skandinavischen Ländern zukommt.
Anders als in den skandinavischen Ländern ist die in Deutschland praktizierte Finanzpolitik – zwischen Finanzministern der CDU/CSU und solchen der SPD gibt es diesbezüglich keinen ins Gewicht fallenden Unterschied – gerade nicht rückgekoppelt an inhaltliche Qualitätsnormen der öffentlichen Produktion von Bildungsgütern. Sie folgt einer primär ordnungspolitischen Logik (neoliberale Logik der Staatsquotensenkung; Logik der Haushaltskonsolidierung einseitig über die Ausgabenseite, Logik von „privat kommt vor öffentlich“, Logik der Minimierung der Personalausgabenquote).