Becks-Korrektur Vorschlag ist nur glaubwürdig, wenn die Arbeitslosenversicherung wieder hergestellt wird und die Agenda 2010-Macher nicht noch befördert werden.
SPD-Vorsitzende Beck schlägt eine leichte, ungenügende Korrektur der Agenda 2010 vor und schon revoltieren die Macher dieses Unheils. Die jetzt laufende Diskussion ist in mehrerer Hinsicht interessant. Man kann daran studieren, wie versucht wird, Meinung zu machen und Images zu korrigieren, ohne ernsthaft etwas zu verändern.
Im folgenden finden Sie Hinweise auf drei Beiträge, auf einen Beitrag der taz zum Vorschlag von Kurt Beck, das Arbeitslosengeld I zu verlängern, auf einen Beitrag in SpiegelOnline mit Hinweisen auf Kritik von Seiten Schröders und Clements und mit einem Hinweis auf einen auf ähnlicher Linie liegenden Beitrag im Stern.
Was ich daran insgesamt interessant finde:
- Beck schlägt eine nach Alter gestaffelte Verlängerung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I vor. Die Jüngeren würden davon nicht profitieren und die Älteren nur wenig. Das Entscheidende: das Vertrauen darin, wieder eine Arbeitslosenversicherung zu haben, die die noch Beschäftigten im Notfall auffängt, wird damit nicht wieder hergestellt. Das müsste aber das Hauptziel einer Korrektur der Regelungen zum Arbeitslosengeld I sein. Denn das war einer der entscheidenden Folgen von Hartz IV: den noch Beschäftigten wurde die Arbeitslosenversicherung genommen. Denn als solche wirkt sie trotz einer zeitlichen Beschränkung bei den meisten Menschen, nicht bei allen.
Meines Erachtens sollten sich die Gewerkschaften auf eine Korrektur nur einlassen und ihr zustimmen, wenn sie das Vertrauen in die Arbeitslosenversicherung wieder herstellt. Das ist entscheidend für die Marktmacht der Arbeitnehmerschaft und damit auch der Gewerkschaften.
- Die Glaubwürdigkeit des Vorschlags von Beck leidet auch darunter, dass er sein Personaltableau für die SPD-Spitze, über die auf dem in Kürze ins Haus stehenden SPD-Parteitag entschieden wird, nicht korrigiert hat. Die Spitze wäre ohne eine Korrektur eindeutig mit jenen mehrheitlich besetzt, die die Agenda 2010 mitdurchgesetzt haben und zum größeren Teil heute noch vertreten. Zählen wir Beck einmal und meines Erachtens unrealistischer Weise zu denen, die ernsthaft korrigieren wollen, dann gäbe es in der engeren SPD-Führung immer noch ein 3:2 der Schröder Leute: Steinmeier und Steinbrück als stellvertretende Parteivorsitzende, Barbara Hendricks als Schatzmeisterin gegen Beck und Nahles.
Deshalb bleibt festzuhalten, wer ernsthaft korrigieren will, darf sich jedenfalls die eingefleischten Anhänger und Mitbetreiber der Schröderschen Politik, Steinmeier, Steinbrück und Hendricks nicht ins Vorsitzenden-Nest holen.
- Es ist sehr apart mit anzusehen, wie jetzt in der Abwehr der Vorschläge von Beck versucht wird, das Scheitern der Agenda 2010 in eine Erfolgsstory umzudeuten. Es ist vom „Vermächtnis“ Schröders und vom „zentralen innenpolitischen Werk“ die Rede. Selbstverständlich setzt SpiegelOnline diese Begriffe nicht in Anführungs- und Abführungszeichen. Der Spiegel hat bei all seiner Euphorie für die Reformpolitik auch nie den Versuch gemacht, die Wirkungszusammenhänge zwischen den Schröder-Reformen und der wirtschaftlichen Belebung zu beschreiben. Sie gibt es nicht, genauso wenig wie einen Erfolg der Agenda 2010 für den Abbau des Zuwachses der Gesamtverschuldung. Das sind Folgen einer vom Export bestimmten Belebung der Konjunktur, der Mehrwertsteuererhöhung und einer ansonsten nicht zu verantwortenden, die Binnenkonjunktur und Infrastruktur schädigenden Sparpolitik.
Und hierzu denen Links:
A. Beck will Korrektur an Agenda 2010
SPD-Chef Beck will die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I wieder verlängern – und damit ein “Glaubwürdigkeitsproblem” seiner Partei lösen.
Quelle: TAZ
B. AGENDA 2010
Schröder ringt um sein Vermächtnis
Erst opponierte nur die Union, jetzt kippt auch die SPD. Die Agenda 2010, das zentrale innenpolitische Werk der rot-grünen Regierung, steht zur Disposition. Altkanzler Schröder und Ex-Arbeitsminister Clement wettern gegen SPD-Pläne, das Arbeitslosengeld I länger zu zahlen.
SPIEGEL ONLINE – 02. Oktober 2007, 08:44
Quelle: Spiegel-Online
C. Der nachfolgende Bericht in stern-online ist an Dümmlichkeit
kaum noch zu überbieten:
Quelle: Stern
Zusätzlicher Kommentar:
- Der angebliche Rückfall Becks in die Politik “der allzu freigiebigen Hände”,
zu Lasten der Staatsfinanzen wird hier unter anderem beklagt. Wenn es
jedoch um milliardenschwere Entlastungen von Spitzenverdienern und
Unternehmen geht, dann wird das Wehklagen ob der “allzu freigiebigen
Hände” erstaunlicherweise nicht angestimmt. - Hinzukommt, dass die Gesamtverschuldung genau in der Phase höchster Schröderscher Aktivität als Folge der Spar-Absichts-Politik seines Finanzministers Hans Eichel in besonderer Weise zugenommen hat. Siehe
Quelle 2: NachDenkSeiten “Nachtrag zum Hamsterfilm des BMF – Leser machen auf dreiste Manipulation aufmerksam”