„Altersarmut ist vermeidbar“
Das ist eine Botschaft des Sozialverbandes Deutschland – kürzlich verbreitet. Damit wird aber nicht etwa erneut auf Riesters und Rürups „Angebote“ oder die von BILD für die zusätzliche individuelle Altersvorsorge empfohlenen Versicherungskonzerne verwiesen. Der SoVD stellt konkret zehn rentenpolitische Forderungen auf, um die Diskussion „am Laufen zu halten“. Die Volkssolidarität fordert: „Die Höhe einer Rente nach einem langen Arbeitsleben muss deutlich über dem Niveau einer Grundsicherung liegen!“ Von Kurt Pittelkau, Arbeitskreis Alterssicherung, ver.di-Berlin.
Die drohende Altersarmut war auch das Thema von Ursula Engelen-Kefer (NDS 31.8.), der ehemaligen Vizevorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Hier wird nun der Ansatz für eine Problemlösung aus der Sicht eines großen deutschen Sozialverbandes dargestellt (um 500.000 Mitglieder). Der SoVD gehört dem Netzwerk Rente an, das noch unter der Ägide von Engelen-Kefer, damals im DGB-Bundesvorstand für Rentenpolitik verantwortlich, als Zweckbündnis von Gewerkschaften und Sozialverbänden entstanden ist.
Der DGB-Vorsitzende, M. Sommer, hat selbst wiederholt vor den Folgen der Rente mit 67 gewarnt: „2030 haben wir dann Armutsrenten für den durchschnittlichen Rentner.“ Der WAZ (5.3.) hatte er zu Protokoll gegeben: „Wer das … beschließt, ist mitverantwortlich für die Altersarmut von morgen.“
Die Bundesregierung ist bemüht, solcher Kritik den Boden zu entziehen. Altersarmut? Die gab es früher. Und verweist auf die Probleme der Jungen, der alleinerziehenden jungen Mütter. Doch geht man denn deren Probleme wirksam an?
Nichtsdestotrotz beginnen jetzt Nonkonforme in den Regierungsparteien, die Gefahr einer „neuen Altersarmut“ zu diskutieren, bei den halbwegs Linken in der SPD, in der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA).
In einer Front mit anderen Kritikern signalisiert der SoVD: 2030 könnten bis zu 25 % der Vollzeitbeschäftigten in Altersarmut geraten, wenn sie dann in Rente gehen. Fakt sei jedoch schon jetzt ein sprunghafter Anstieg der Altersarmut, was eine OECD-Studie eben bestätigt habe.
Ermittlungen der Volkssolidarität, des vor allem im Osten beheimateten großen Sozialverbandes (um 400.000 Mitglieder) besagen, dass derzeit „ungefähr 8 % der Rentner im Bereich oder unterhalb der Armutsgrenze leben“ (derzeit in NRW zum Beispiel 615 € als Single, 1045 Ehepaar).
Aus dem Forderungskatalog des SoVD:
- Erwerbstätigenversicherung (mit Einbeziehung der nicht pflichtversicherten Selbständigen)
- bessere Berücksichtigung von Leistungen in Kindererziehung und Pflege
- sachgerechte Beiträge für Hartz-IV-Betroffene
- Erwerbsminderungsrente ohne Abschläge
- Schaffung einer zusätzlichen sozialen Komponente für die private Altersvorsorge
Für Geringverdiener taugen die Modelle von Riester und Rürup nicht. Das Unternehmermagazin „Impulse“ drückte es so aus: „Gerade für Firmenchefs bringt die Rürup-Rente attraktive Renditen.“
„Andere Länder satteln bei den unteren Einkommensbeziehern drauf“, liest man in der „Financial Times Deutschland“ (8.6.07), wogegen in Deutschland „die Renten durchgängig linear an das Einkommen gekoppelt sind – ein Prinzip, das beinahe den Rang eines Verfassungsgrundsatzes hat“.
Kürzlich wurde in Medien gestritten, wo denn wohl die reichsten Rentner Deutschlands leben – in Potsdam oder im Hochtaunuskreis. Eine fragwürdige Debatte? Krasse Unterschiede zwischen Arm und Reich gibt es in dieser Gesellschaft über alle Generationen hinweg. Und die Gewerkschaften machen das auch zu ihrem Thema. Ob wirksam genug, darüber gibt es geteilte Meinungen. Das Problem der Angleichung der Rentenwerte Ost an West ist seit reichlich einem Jahrzehnt in der „Warteschleife“. Es hat nichts mit Altersarmut zu tun? Wer das behauptet, ignoriert, dass besonders im Osten rentenschmälernde Risikofaktoren zusammentreffen: geringes Lohnniveau, wachsende Vorsorgelücken, hoher Anteil Langzeitarbeitslosigkeit und beitragsgeminderte Beschäftigung.
Im Osten gibt es derzeit 0,9 Mio Bezieher von ALG II, sie erhalten in einem Jahr nur so viel Rentenansprüche zugebilligt wie Durchschnittsverdiener in einem Monat und das über Jahre.
Die Volkssolidarität fordert, was in den Rang eines Sozialstaatsgebots erhoben werden sollte:
„Die Höhe einer Rente nach einem langen Arbeitsleben muss deutlich über dem Niveau einer Grundsicherung liegen!“