Aktion am 8.9. gegen Bahnprivatisierung

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Campact -Demokratie in Aktion fährt momentan eine Kampagne gegen die Bahnprivatisierung. Dazu gehört auch die Unterstützung einer Flash-Mob-Aktion am kommenden Samstag auf möglichst vielen Bahnhöfen Deutschlands. Wir weisen daraufhin, damit Sie sich beteiligen können. Wir ergänzen das um zwei Äußerungen von Abgeordneten zum Thema. Albrecht Müller.

  1. Ein Papier zum Privatisierungsgesetzentwurf von Horst Friedrich, MdB FDP
    Auch wenn man ansonsten mit FDP-Positionen – nicht zuletzt zur Privatisierung öffentlichen Eigentums – nichts am Hut hat, sind die Argumente der FDP-Fraktion gegen den Tiefensee-Entwurf durchaus lesens- und beachtenswert.
    Quelle: www.horstfriedrich.de [PDF – 192 KB]
  2. Die Antwort des SPD-Abgeordneten Clemens Bollen aus Leer auf die Frage eines unserer Leser.
    Dieser hatte dem Abgeordneten am 3.9. folgendes geschrieben. Wir geben den Briefwechsel wieder, weil er sichtbar macht, welch niederstes Niveau heute über so etwas wichtiges wie die Zukunft der Deutschen Bahn entscheidet:

    Moin,
    Ich würde gern wissen, ob Sie sich für oder gegen eine (Teil)Privatisierung der Deutschen Bahn AG aussprechen werden.
    Beste Grüße
    J. W.

    Am 05.09.2007 kam folgende Antwort:

    Sehr geehrter Herr Wegener,

    vielen Dank für Ihr Schreiben vom 03.09.2007.

    Ich möchte versuchen Ihnen unsere Argumente in Sachen Bahnprivatisierung zu erörtern.

    1993 als die ersten Stufe der Bahnreform eingeleitet wurde, war die Situation der Reichsbahn sehr schlecht. Die Situation war geprägt durch einen extremen Investitionsrückgang bei gleichzeitig hoher Verschuldung. Es war notwendig, die Reichsbahn der ehemaligen DDR mit ihrer veralteten Technik und die Bundesbahn zusammenzuführen. Nach sorgfältiger Prüfung der Lösungswege entschied man sich eine formelle Privatisierung als neu gegründete Deutsche Bahn AG (DB AG). Nur so konnte die staatliche Verantwortung mit den Vorteilen privatrechtlicher Betriebsorganisation kombiniert werden.
    Nach jetzt fast 15 Jahren können wir eine positive Bilanz ziehen. Aus einer unbeweglichen Staatsbahn ist ein modernes Unternehmen geworden. Die Verkehrsleistungen für der Beförderung von Reisenden und auch für die Beförderung von Gütern sind gestiegen. Für die Fahrgäste ist das Reisen komfortabler geworden. Die Fahrzeiten haben sich verkürzt und viele Bahnhöfe wurden modernisiert. Natürlich können wir noch nicht zufrieden sein. Die Pünktlichkeit der Züge muss z.B. noch verbessert werden. Wir möchten auch noch mehr Güter auf dem Schienenweg befördern.
    Auch die Instandhaltung des Schienennetzes muss schneller erfolgen.

    Wir wollen die Bahn für eine Teilprivatisierung öffnen und somit starke private Partner für dieses Projekt gewinnen.

    Deshalb hat der Bundestag am 24. November 2006 einen Entschließungsantrag beschlossen, der die Bundesregierung aufforderte ein Privatisierungsgesetz mit fest umrissenen Vorgaben zu erarbeiten. Diese Vorgaben wurden nun im uns vorliegenden Gesetzentwurf zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes abgearbeitet.

    Die Infrastruktur bleibt im Eigentum des Bundes:
    Die Mehrheit der Anteile der Deutschen Bahn AG verbleibt beim Bund. Die Schieneninfrastruktur wird nicht privatisiert. Die Bahn darf das Netz bewirtschaften. Der Bundestag beschließt über die Neu- und Ausbaumaßnahmen des Schienennetzes. Die Durchsetzung der Infrastrukturverantwortung wird vertraglich geregelt. In diesen Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen sind sowohl Qualitätsvorgaben als auch Sanktions- und Kontrollregularien vereinbart. Dort ist aber auch festgehalten, dass der Bund weiterhin 2,5 Mrd. Euro für Ersatzinvestitionen in das Schienennetz zur Verfügung stellt.
    Die Ziele der Bahnreform sind unverändert vor allem “mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen” und “für eine nachhaltige Entlastung des Bundeshaushaltes” zu sorgen.

    Die Bahnreform ist gut für die Kunden:
    Die DB AG wird stärker. Sie erhält zusätzliches Geld und wird schneller “gesund”, kann also Schulden abbauen. Damit werden Mittel frei für neue Züge, Loks, die bessere Wartung des Netzes und natürlich die Erweiterung des Leistungsangebotes auf neuen nationalen und europäischen Strecken – von all dem werden auch die Wettbewerber der DB AG profitieren. Der Eisenbahnverkehr insgesamt wird gestärkt, Privat- und Geschäftsreisende erreichen ihre Ziele pünktlicher, komfortabler und schneller.
    Auch wer Güter auf die Schiene bringt, ist Kunde. Die aktuellen Wachstumsraten beim Transport auf der Schiene zeigen, dass immer mehr Unternehmen auf die Bahn als zuverlässiges und preisgünstiges Transportmittel zurückgreifen. Erstmals hat 2006 die Schiene mehr vom Verkehrswachstum profitiert als die Straße. Das ist der richtige Trend. Daran können wir anknüpfen. Denn Deutschland wird es sich nicht leisten können, dass Verkehrswachstum vor allem auf der Straße stattfindet. Die Globalisierung der Märkte, neue Produktions- und Vertriebsketten erfordern ein Logistikangebot von Platz zu Platz. Im europäischen Wettbewerb kann nur eine starke DB AG bestehen.

    Die Bahnreform ist gut für das Klima.
    Die Deutsche Bahn AG engagiert sich seit Beginn der 90er Jahre für den Klimaschutz und hat den spezifischen CO2-Ausstoß seitdem kontinuierlich gesenkt. In seiner Umweltfreundlichkeit ist der Verkehrsträger Schiene nahezu konkurrenzlos. Nur eine starke Bahn kann beim emissionsarmen, ökologisch guten Verkehrsträger Schiene für Zuwachs sorgen. Das erspart uns tausende zusätzlicher Lkws auf den Straßen.

    Die Bahnreform ist gut für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
    Die Bahn bleibt ein “integrierter Konzern”, und damit besteht auch der konzerninterne Arbeitsmarkt weiter. Den 230.000 Beschäftigten geben wir die Sicherheit, dass der konzerninterne Arbeitsmarkt der DB AG und das Beschäftigungsbündnis fortgeführt werden können. Bahnvorstand und Gewerkschaften können jetzt entsprechende Vereinbarungen abschließen.

    Die Bahnreform ist gut für den Wettbewerb auf der Schiene.
    Die Stärkung des Wettbewerbs auf der Schiene bleibt ein zentrales Ziel der Eisenbahnpolitik des Bundes. Nirgendwo in Europa gibt es soviel Wettbewerb wie bei uns in Deutschland. Nur der Wettbewerb verschiedener Anbieter auf der Schiene führt dazu, dass die Eisenbahnen ein an den Erfordernissen des europäischen Transportmarktes und den Bedürfnissen der Kunden ausgerichtetes Angebot liefern. Die Wettbewerber der DB AG können sich auf einen fairen Wettbewerb verlassen.

    Die Bahnreform ist gut für den Haushalt.
    Der Bund übernimmt keine Schulden der DB AG. Vom Erhalt des integrierten Konzerns profitiert nicht nur das Unternehmen DB AG, sondern auch der Bundeshaushalt. Die starken Konzerntöchter der Bahn können das immer noch “schwache” Netz wirksam unterstützen, was den Bundeshaushalt entlastet.
    Von einer besseren Qualität des Netzes und fairen Wettbewerbsbedingungen wird auch der Schienenpersonennahverkehr profitieren können, den die Länder durch Regionalisierungs-mittel des Bundes unterstützt bestellen.
    Ziel ist eine Bahnreform, die der DB AG Planungssicherheit und eine gute Zukunftsperspektive verschafft, die Arbeitsplätze der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner sichert und gleichzeitig die Instrumente des Bundes zur Durchsetzung seiner grundgesetzlichen Infrastrukturverantwortung deutlich verbessert.

    Mit dem uns nun vorliegenden Referentenentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes und dem Kabinettsbeschluss am 24. Juli 2007 beginnt für uns erst die parlamentarischen Beratungen. In den parlamentarischen Gremien wird der Gesetzentwurf nochmals detailliert und intensiv beraten.

    Mit freundlichen Grüßen

    Clemens Bollen, MdB

    Kommentar: Schon der Einstieg ist in der Sache so beängstigend falsch, dass man nur verzweifeln könnte. J. Wegener schreibt mit Recht: „Mir scheint jedenfalls, die Fraktion der sogenannten SPD ist geistig ausgeblutet, sonst müssten die Abgeordneten nicht derartigen Mist verschicken.
    Es ist vermutlich der Werbetext der jetzigen Bahnführung, die so tut, als sei die Bundesbahn vor der Bahnreform von 1993 ein heruntergekommenes Unternehmen gewesen, eine Staatsbahn eben. Das ist Geschichtsfälschung zur Ehre Mehdorns, dessen Zeit übrigens mit einer Fülle von Flops begann – wie etwa das dem Luftverkehr abgeschaute Preissystem. Der ICE, die Schnellstrecken und wessen sich die heutige Bahnführung sonst noch rühmt, stammen in Ihrer Planung und teilweise in ihrer Ausführung aus der Zeit der Behördenbahn.

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