Die Plünderung von Volksvermögen geht weiter – und wieder spüren wir unsere Ohnmacht.
Laut einem Bericht der Financial Times Deutschland hat die Deutsche Bahn AG ihre Immobilientochter Aurelis, der sämtliche nicht betriebsnotwendigen Grundstücke der Deutschen Bahn AG gehören, für ca. 1,65 Mrd. Euro an den Baukonzern Hochtief verkauft. Die Erlöse sollen vollständig an die DB Station&Service AG, die Bahnhofsbetreibergesellschaft, fließen. Zur Finanzierung wurde der Finanzinvestor Redwood Grove mit ins Boot geholt. Und im manager-magazin wird wieder mal Reklame für ÖPP gemacht. Albrecht Müller.
Quelle 1: Bahn
Quelle 2: ÖPP
- Zum Verkauf der Immobilientochter Aurelis:
Ein wichtiges Stück des Konzerns wurde damit bereits vor dem Börsengang versilbert. Im Grunde spielt es natürlich keine Rolle, ob eine der größten Immobiliengesellschaften der Bundesrepublik vor oder im Rahmen eines Börsengangs verkauft werden, bemerkenswert ist allerdings, dass so etwas nahezu ohne öffentliche Aufmerksamkeit passiert. Die Aurelis besitzt sehr viele, nahezu unbezahlbare Grundstücke in den Innenstädten, die nun, ohne jegliche Einflussmöglichkeit des Deutschen Bundestages, also ohne demokratische Kontrolle, für einen Spottpreis versilbert worden sind. Der Bahntochter gehören 27.000.000 m_ Fläche. Damit ergibt sich nach meiner Berechnung ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis von 61 €.
Auch ein solch riesiger Deal geht ohne Debatte im Parlament vonstatten. Die Öffentlichkeit, also die Bürger, denen dieses Vermögen gehört, werden nachträglich informiert. - Megamarkt mit Minirenditen
Der Titel des mm-Artikels klingt ja noch unentschieden. Der Text selbst fängt auch mit dem Hinweis auf ein höchst unrentables ÖPP-Projekt, den Herrentunnel in Lübeck, an. Aber dieser kritische Einstieg spielt im weiteren Verlauf keine Rolle mehr. Um den Vorteil einer Beteiligung privaten Kapitals an öffentlichen Investitionen zu untermauern, wird auf Berechnungen von Beratungsunternehmen zurückgegriffen, die als Begleiter von ÖPP-Projekten gigantisch profitieren können – das Beratungsunternehmen Booz Allen Hamilton und Ernst & Young. Ein Vertreter dieses Unternehmens darf sagen, im Bereich Infrastruktur hätten wir einen Investitionsstau (plötzlich – nachdem gerade auch diese Wirtschaftsberater den Staat verarmen haben lassen, sagen sie das) und es werde gegenwärtig bestenfalls 1/3 dessen investiert, was erforderlich wäre. Und dann schließt der Redakteur des manager-magazins messerscharf: „Grund genug also, weitere private Gelder zu mobilisieren.“ Wieso eigentlich keine öffentlichen Gelder?
Und dann wird behauptet, die Kommunen seien bislang zufrieden mit der Partnerschaft zwischen öffentlicher Hand und privaten Investoren. Wieder beruft sich der Autor auf Ernst & Young. Nach deren Studie sollen sich 87% der Städte, die bereits öffentliche Einrichtungen privatisiert haben, positiv über das Ergebnis dieser Privatisierungen äußern. Und dann wird noch behauptet, die Kommunen hätten Kosteneinsparungen von bis zu 20%.
Dass sich die Kommunen, die solche Projekte durchgeführt haben, positiv äußern, ergibt sich schon aus der Theorie der kognitiven Dissonanz. Wer so etwas entschieden und als Stadtrat oder Oberbürgermeister oder als Kämmerer verantwortet hat, wird und muss das immer positiv bewerten, sonst drohte ihm ja die Abwahl. Deswegen sind diese Verantwortlichen heilfroh, wenn die Befrager von Ernst & Young des Wegs kommen und ihnen bestätigen, dass sie im Trend liegen, dass es fast alle so machen und dass solche Entscheidungen kostensparend seien.
Von den für die öffentliche Hand höchst fragwürdigen und kostspieligen Projekten ist in dem Artikel allerdings nicht die Rede:
Nicht von der Insolvenz des U-Bahn Betreibers in London.
Nicht von den höchst zweifelhaften Projekten in Mülheim an der Ruhr, in Köln, in Braunschweig, in Offenbach und an vielen anderen Orten.
Auch nicht von Frankfurt am Main, wo sogar die FAZ mit kritischen Berichten glänzte. Siehe dazu auch “Beispielhaft für die fragwürdige Praxis bei PPP-Privatisierungsprojekten: eine sonderbare Eile in Frankfurt.” auf den NachDenkSeiten.
Nichts von den kritischen Berichten der Rechnungshöfe.
Man muss den Eindruck gewinnen, dass dieser Artikel vor allem ein Lernziel hat: er soll suggerieren, dass ÖPP für die öffentlichen Stellen, also für die Gemeinden, die Kreise, die Länder und den Bund in jedem Fall nur positive Auswirkungen hat. Ausschließlich für die privaten Investoren könnten solche Geldanlagen riskant werden. Also muss die Politik den öffentlichen Händen nur steuerfinanzierte PPP-Berater bereitstellen und die privaten Investoren mit Steuererleichterungen und unbürokratischen Regelungen „anreizen“, sich ins Risiko zu stürzen. Zum Wohle für uns alle – bis dann das dicke Ende auf den Steuerzahler zukommt. Clever gemacht.
Nachtrag:
Ich werde gerade noch auf einen Artikel in DIE ZEIT vom 23.8.2007 [PDF – 24 KB] aufmerksam gemacht:
MACHER & MÄRKTE, Haushalt: Privates Geld
Die Regierungskoalition will gemeinsam mit deutschen Banken ein Beratungsunternehmen schaffen, um die private Finanzierung öffentlicher Investitionsvorhaben, sogenannter Public Private Partnerships (PPP), voranzutreiben.
Das ist ein weiteres tolles Stück. Jetzt geht der Einfluss der Finanzwirtschaft schon so weit, dass sie die Bundesregierung als Partner in einem gemeinsamen Unternehmen gewinnt, das Propaganda für PPP machen soll.