Darf Kuba seinen eigenen Weg gehen?
Der kubanische und der US-amerikanische Präsident haben sich getroffen und einen weiteren Schritt getan, um die lange Feindschaft zu beenden. Das freut die Freunde Kubas und es freut die echten Freunde Amerikas. Obama selbst hat einen guten Satz gesagt: „Ich will nicht die Kämpfe weiterkämpfen, die begannen, bevor ich geboren wurde.“ Was Obama tut, ist mutig, obwohl eigentlich das Normalste von der Welt. Hoffen wir, dass es nicht nur taktisch gemeint ist, im Sinne des Übergangs von Hard- zu Soft-Power, also im Sinne eines Wechsels von einer Politik der Konfrontation zu einer Politik der sanften Destabilisierung Kubas. Muss sich Kuba im weiteren Verlauf in allen Facetten seines Lebens anpassen, kommerzialisieren und privatisieren, was das Zeug hergibt? Oder lassen wir ihm die Luft und den Spielraum für einen eigenen Weg? Albrecht Müller.
Das würde bedeuten, dass das Land – auch wenn es sich für Elemente von Markt und Wettbewerb öffnet – wichtige Elemente bewahren kann, die jetzt, wenn auch manchmal sehr ineffizient, angelegt sind: die medizinische Versorgung, die Schulbildung, die Kultur, die Musik, ein breiter öffentlicher Sektor mit wichtigen öffentlichen Leistungen und öffentlichem Eigentum.
Sicher ist das keineswegs, nicht einmal besonders wahrscheinlich. Deshalb mache ich darauf aufmerksam, um möglichst viele NachDenkSeiten-Leserinnen und Leser zu animieren, etwas dafür zu tun, dass einem Land mitten in der westlichen Hemisphäre die Chance gegeben wird, den eigenen Weg zu gehen.
Europa hat Griechenland diese Chance nicht eröffnet. Es war von vornherein klar, dass mit dem griechischen Volk ein Exempel statuiert werden musste. Es musste demonstriert werden: TINA – there is no alternative – gilt, auch wenn das Wohlstand, Sicherheit und sogar Menschenleben kostet.
Tun wir etwas dafür, das Kuba mehr Spielraum zur Gestaltung seiner inneren Lebensverhältnisse erhält. Sprechen Sie mit Ihren Abgeordneten, schreiben Sie Leserbriefe, treten Sie den Kuba-Clubs bei, wenn es solche in Ihrer Nähe gibt. Mit der weiteren Entwicklung Kubas könnte sichtbar werden: Es gibt verschiedene Wege zum Glück, nicht nur den neoliberalen Weg, der uns ohnehin ins Unglück führt.
Wir haben auf den NachDenkSeiten die Entwicklung Griechenlands in den letzten Jahren intensiv begleitet. Davon ausgehend, dass das kubanische Experiment im weiteren Verlauf ähnlich wichtig und interessant sein wird wie das griechische und dass dies NachDenkSeiten-Leserinnen und Leser auch daran stark interessiert sind, werden wir regelmäßig auch über die Entwicklungen in Kuba und über die Entwicklung des Verhältnisses Kubas zu den USA berichten. Wir fangen aus aktuellem Anlass an mit der Ansprache des kubanischen Präsidenten beim Amerika-Gipfel in Panama.
Ansprache des Presidenten Raúl Castro beim OAS-Gipfel [PDF – 119KB]