Organisationschaos bei der Telekom – Die linke Hand weiß nicht, was die rechte tut
Die Telekom will das bestehende Netz modernisieren. Zur Installation benötige ich technische Hilfe vor Ort. Vier Monate sind seit Auftragsvergabe vergangen, noch immer ist die Installation nicht erfolgt. Seit dieser Zeit haben meine Frau und ich mehrere Stunden in der Warteschleife des Telekom-Services zugebracht, mehr als einem Dutzend Beschäftigten in Callcentern und im Servicebereich der Telekom unser Anliegen vorgetragen, wir wurden von Stelle zu Stelle verwiesen, das Telefon war zwischenzeitlich abgestellt, wir telefonieren seit Wochen an Telefonen, die behelfsmäßig angeschlossen sind. Es ist wie in einer modernen Variante von Kafkas Roman „Das Schloss“: Wir sind in einer undurchschaubaren Welt von Callcenter zu Callcenter geraten, wir treffen auf eine unendliche Zahl von unzuständigen oder im betriebsinternen Chaos nebeneinander her arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – zwar überwachter Weise stets freundlich, aber helfen können sie nicht.
Wir haben es zu tun mit Technikern, die entweder aufgrund von internen Kommunikations- und Organisationsmängeln nichts ausrichten können oder abgemachte Termine nicht einhalten.
Das hat ja nicht nur uns viel Zeit, Kraft und Nerven gekostet. Auch der Apparat der Telekom rotierte sinnlos. Da will die Telekom ständig Kosten sparen und vergeudet die Arbeitszeit der verbliebenen oder ausgelagerten Arbeitskräfte durch ein organisatorisches Chaos. Auch für die Telekom scheint das Internet „Neuland“ zu sein. Protokoll einer Leidensgeschichte im Internetzeitalter von Wolfgang Lieb und Renate Claßen-Lieb.
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Auftakt:
Am 24.11.2014 erreicht mich ein Schreiben der Telekom.
Darin kündigte die Telekom an, dass sie das bestehende Netz modernisieren müsse.
Mein bisheriger Vertrag müsse deshalb gekündigt werden. Das möchte die Telekom verständlicher Weise vermeiden und sie bietet an, dass man sie kontaktieren möge, um einen neuen Vertrag abzuschließen.
Auch weil ich wegen meiner Arbeit für die NachDenkSeiten auf einen schnellen und stabilen Internetanschluss angewiesen bin, habe ich prompt reagiert und am 25.11.2014 die kostenfreie Hotline unter 0800……(Kennwort: Anschluss der Zukunft) angerufen. Ich erteilte mündlich den Auftrag für den mir angebotenen neuen Vertrag „MagentaZuhause Entertain Pakete für Fernsehen, Telefonieren und Surfen“. Außerdem bat ich um technische Hilfe vor Ort bei der Installation, weil bei uns eine alte Eumex-Telefonanlage eingebaut ist, die ich technisch nicht durchschaue und deshalb ein Fernzugriff als Installationshilfe nicht sinnvoll sei.
Mit Datum vom 26.11.2014 bekam ich eine Auftragsbestätigung zu meinem Auftrag vom Vortage. Darin werden die zu erbringenden Leistungen aufgeführt.
Auch ein Installations- Service Basic wurde in der Leistungsbeschreibung aufgelistet für 49,95 Euro. Als Bereitstellungstermin wurde der 10.12.2014 zwischen 16.00 und 18.30 angekündigt. Weiter hieß es: „Unser technischer Service trifft im Laufe des oben genannten Zeitfensters bei Ihnen ein. Bitte ermöglichen Sie uns den Zugang zu Ihren Räumen….“
In der Anlage unter „Hinweise zu Ihren beauftragten Leistungen“ hieß es jedoch unter Ziffer 7 als „Ergänzende Information“ zum „Installations-Service Basic“:
„Mit dem Installations-Service Basic erhalten Sie kompetente Unterstützung bei der Installation und Konfiguration Ihrer Telekommunikations-Endeinrichtungen. Wir rufen Sie nach technischer Bereitstellung Ihres Anschlusses an und helfen Ihnen bei der Einrichtung per Fernzugriff….“
Da mir die beiden Aussagen „unser technischer Service trifft im Laufe des oben genannten Zeitfensters bei Ihnen ein“ und die Information, dass der beauftragte „Installation-Service Basic“ nur eine Hilfe „per Fernzugriff“ beinhalte widersprüchlich erschienen, rief ich zur Sicherheit am 05.12.2014 noch einmal bei der Telekom an und erläuterte noch einmal, dass ein Fernzugriff als Installationshilfe zu kompliziert sei und ich – wie in der Auftragsbestätigung zugesagt – um einen technischen Service bei mir zu Hause bitte.
Das Drama beginnt
Mit Datum vom 05.12.2014 erhielt ich ein Schreiben wonach ich den Auftrag „Installation-Service Basic“ aus „nachvollziehbaren“ Gründen zurückgezogen haben soll und deswegen dieser Auftrag „storniert“ worden sei.
Mit gleichem Datum (also vom 05.12.2014) erhielt ich – unterzeichnet vom selben Leiter Kundenservice R.H. – eine Auftragsbestätigung für einen „Entertain Installations-Service Comfort“ zum Preis von 0,00 Euro mit einem Bereitstellungtermin am 15.12. 2014 zwischen 16.00 – 18.30 Uhr mit der bekannten Anmerkung: „Unser technischer Service trifft im Laufe des oben genannten Zeitfensters bei Ihnen ein.“
Mit Lieferschein (Datum 05.12.2014) wurden Einrichtungsunterlagen, ein neues Speedport und ein Adapter abgesandt und am nächsten Tag bei uns eingetroffen.
Vereinbarungsgemäß kam der Techniker (Herr G.) am 15.12. 2014 zu uns. Er wollte sich ans Werk machen, stellte aber fest, dass er gar nichts unternehmen könne, weil – wie er nach telefonischem Kontakt mit seiner Firma, der Telekom, erfuhr, „der Auftrag storniert“ worden sei. Wegen der Stornierung sollten wir die Telekom Nr. 0800…..anrufen.
Am 17.12.2014 hakten wir unter der berühmten Service-Nummer 0800… nach, wir erläuterten einem Herrn F. den Sachverhalt. Er meinte, das sei wohl ein internes Problem der Telekom, er wolle das klären und wir sollten uns nochmals melden.
Mit Datum vom 19.12.2014 bekamen wir nochmals ein Schreiben der Telekom mit dem Betreff:
„Kündigung Ihres Vertrags Entertain Premium (5) / Universal zum 10.05.2015“.
Wie schon im Schreiben vom 24.11.2015 wurden wir gebeten, einen neuen Vertrag über einen neuen Anschluss abschließen.
Sofern schon in Nachfolgeprodukt beauftragt sei, brauche man nichts mehr zu unternehmen.
Sicherheitshalber riefen wir dennoch am 23. 12. 2014 erneut bei Telekom unter 0800… an.
Die Callcenter-Mitarbeiterin Frau M. meinte die Stornierung bestehe noch, aber wir bekämen eine neue Auftragsbestätigung.
Intermezzo
Vom 16.01. bis zum 26.01.2015 waren wir im Winterurlaub. Als wir zurückkamen, waren sämtliche Telekom-Festnetzleitungen tot.
Mit Datum vom 16.01.2015 erging eine nochmalige „Auftragsbestätigung zur Ihrem Auftrag vom 25.11.2014“ (!). Sie war – was die Leistungsbeschreibung angeht – identisch mit der Auftragsbestätigung vom November.
Als „vereinbarter Bereitstellungstermin“ wurde der 22.01.2015 genannt, außerdem wurden wir darauf hingewiesen, dass die Telekom an dem genannten Bereitstellungstermin „keinen Zugang“ zu unseren Räumen brauche. Sollten wir Hilfe bei der Inbetriebnahme des Anschlusses brauchen, so sollten wir anrufen.
Nun war der Termin 22.01.2015 weder mit uns vereinbart, noch war bei der Telekom inzwischen angekommen, dass wir zur Installation einen Techniker im Hause brauchen.
Also am 26.01.2015 nach Rückkehr aus dem Urlaub über Mobiltelefon wieder ein Anruf bei der Telekom. Endlose Warteschleife, Auskunft: der Anschluss sei am 22.1. 2015 entsprechend des Auftrags auf die neue Technik umgestellt worden.
(Niemand bei der Telekom konnte uns erklären, wie es zu dem Bereitstellungstermin vom 22.01.2015 gekommen ist. Wir haben dazu keine schriftliche Information, ob angerufen wurde, wissen wir nicht, da wir abwesend waren.)
Auf unseren Protest hin, dass von einer solchen Vereinbarung nicht die Rede sein könne, wurden wir nach einer weiteren Warteschleife zum Betriebstechniker durchgestellt. Schilderung des Sachverhalts, Beschwerde, danach – nach einer weiteren Warteschleife – zum „Chef“ durchgestellt (Frau v.d.G. Leipzig): Versprechen der Techniker rufe zurück. Tatsächlich rief ein Techniker an, der Installationstermin soll der 29.01. 2015 zwischen 12 und 16 Uhr sein.
Der Techniker Herr E. kommt tatsächlich am 29.01.2015. Nach einer Stunde sagt er, er könne das Problem „so schnell“ nicht lösen und er habe leider einen Termin bei einem Kunden, der schon länger auf einen Anschluss wartete als wir. Er probiert eine Behelfslösung, damit wir wenigstens telefonieren konnten und schloss die Telefone mit unseren zwei unterschiedlichen Nummern am Speedport an. D.h. natürlich der Standort der Telefone ist nicht an meinem Schreibtisch und nicht im 1. Stock des Hauses, das an der alten Leitung angeschlossene Fax funktioniert nicht.
Der Techniker versichert, er schreibe seinem Disponenten eine Mail, in der er darstelle, was zu tun sei. Wir bekämen in den nächsten Tagen (unaufgefordert) einen neuen Termin.
Wir bekamen weder einen Anruf noch einen Termin mit einem Techniker.
Am 16.03.2015 funktionierte erneut das Telefon nicht: Anruf bei der Telekom über Mobiltelefon. Das Callcenter meldet eine regionale Störung im Netz.
Wir nutzen die Gelegenheit und sprechen das alte Problem der technischen Umstellung und der Installation an. Das Callcenter verspricht einen Techniker für den 17.03.2015 zwischen 11.00 und 14.00 Uhr zu schicken.
Am 17.03.2015: Der Techniker kommt (natürlich) nicht.
Nachdem wir den ganzen Tag gewartet haben, haben wir gegen 18 Uhr wieder die bekannte 0800…..Nummer angerufen. Das Problem wieder umfassend geschildert. Frau H. (aus dem Sauerland) will uns erklären, wie wir das Fax-Gerät anschließen könnten. Sie versteht das Problem nicht. Verweist uns an eine andere Stelle. Erneut Warteschleife, wieder das Problem geschildert. Wir werden an einen Disponenten weiter verwiesen, wieder Warteschleife. Schließlich die Mitteilung, man habe niemanden erreicht. Versuch mit einem Techniker eine Verbindung herzustellen, wieder endlose Warteschleife. Der Techniker erklärt, er könne da auch nichts entscheiden, er stelle nochmals zum Disponenten durch. Erneute Warteschleife, wieder das Problem dargestellt (zum 4. Mal). Wir erreichen einen Herrn von der Technik, er hört beim Disponenten nach, was am 29.01.2015 gemacht worden sei. Warteschleife zurück und weiter verbunden, der Angesprochene erklärt sich nicht für zuständig.
Zwischenzeitlich meldet sich nochmals Frau H., und erklärt die Telefonstörung sei behoben worden. Unser Problem hat sie allerdings immer noch nicht verstanden.
Weiter Warteschleife, wir landen bei Frau R. beim „Vertrieb“ wegen eines Termins. Sie erklärt uns, die Auftragsbestätigung komme per Post. Sie könne uns keinen Termin geben, weil diese Funktion am Computer gerade nicht funktioniere. Sie rufe zurück, wenn es klappe. Eine Stunde später ruft Frau R. tatsächlich zurück, kann aber keinen Termin buchen, da die „Buchungstechnik“ im Moment nicht funktioniere. Sobald wie möglich werde ein anderer Kollege einen Termin buchen und den Termin spätestens am folgenden Tag durchgeben.
Das Ausharren in den Warteschleifen inklusive den Kontakten zu den verschiedenen Gesprächspartner nahm diesmal über achtzig Minuten in Anspruch.
Mittwoch, den 18.03.2015:
Um 19.30 Uhr ruft ein Herr G. von einer von der Telekom beauftragten Firma zur „Erfragung der Kundenzufriedenheit“ an. Er fragt: „Wie waren Sie mit dem Techniker zufrieden, der gestern bei Ihnen war?“
Fidele Resignation!!!!
Am 18.03.2015 sendet die Telekom eine erneute Auftragsbestätigung zu unserem Auftrag vom 17.03.2015. Bereitstellungstermin 21.04.2015 zwischen 8.00 – 13.00 Uhr. Leistung u.a.: persönliche Installation TV für 99,95 Euro.
(Mit dem TV haben wir allerdings keine Probleme. Wahrscheinlich ist das Problem immer noch nicht klar !!)
Das heißt also: ich wähle wieder die berühmte 0800……
P.S.:
Am 11. Mai soll unser bisheriger Anschluss von der Telekom abgeschaltet werden. Wir würden ihn ja gerne auslaufen lassen. Aber alle Leute sagen uns, die anderen Telefongesellschaften seien noch schlimmer.
Man wird richtig nostalgisch: Damals als es noch die gute alte „Post“ gab, da musste man auf einen (Neu-)Anschluss drei oder vier Wochen warten, das war ärgerlich, aber dann kam wenigstens ein „Postbeamter“ und vielleicht war er nicht einmal freundlich, aber er ging so lange nicht weg, bis der Anschluss funktionierte.
Solange es die Telekom nicht schafft, dass man als Kunde bei einem Problem einen einzelnen Service-Betreuer mit der Lösung beauftragt, und sich dieser beauftragte Betreuer selbst innerhalb der Telekom darum kümmert, dass dem Kunden geholfen wird, solange wird weiter ein riesiger Apparat rotieren und das hier geschilderte Organisationschaos herrschen, das die Kunden zur Verzweiflung treibt.
Und noch etwas: Diese Leidensgeschichte ist keine Kritik an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Call- oder Service-Centern, auch nicht an den Technikern der Telekom. Sie alle waren freundlich und bemüht, auch dann, wenn man selbst manchmal genervt reagierte.
Es ist das Management, das hier versagt. Die scheinbare Rationalisierung hat zu irrationalen Organisationsstrukturen geführt zu Lasten von Effizienz und Kundenzufriedenheit.