Deutschlands Medien bestehen auf ihren Fehlschlüssen zur Sparpolitik
Die Medien berichten über die vermutlichen Steuerschätzungen, die in dieser Woche veröffentlicht werden sollen. Die Steuereinnahmen sollen nach diesen Schätzungen geringer als prognostiziert sein. Die gestrige „Welt am Sonntag“ wusste von 7,5 Mrd. Euro Mindereinnahmen für 2004 und 14 Mrd. für 2005 zu berichten. Diese bittere Korrektur der Steuerschätzungen wäre eigentlich eine Gelegenheit für die Medien, für Politik und Wissenschaft, endlich deutlich zu sagen, dass die „Sparpolitik“ in der jetzigen Konstellation offenbar nicht zum Sparen und zur Konsolidierung führt hat, sondern sie geradezu stört und zunichte macht. Das Gegenteil geschieht.
Schon in der Tagebuchnotiz vom 2.5. hatte ich auf den einschlägigen Denkfehler hingewiesen: man begreift nicht, dass die Sparabsicht den Sparerfolg zunichte machen kann, wenn in der wirtschaftlichen Krise prozyklisch zu sparen versucht wird. Man kann deshalb in der konkreten Lage nicht davon sprechen, Hans Eichel habe einen Sparkurs verfolgt. Er hatte die Absicht, aber keinen Erfolg, weil ihm wie im konkreten Fall wegen der schlechteren Konjunktur die Steuereinnahmen wegbrachen.
Trotz dieser offensichtlichen Zusammenhänge huldigen Medien und Politik dem eingeübten Fehlschluss: Die zwischenzeitlich erkennbare Absicht der Bundesregierung, nicht weiter den Fehler machen zu wollen, den Sparerfolg kaputt zu „sparen“ wurde schon Anfang der letzten Woche von Deutschlands Medien unisono so kommentiert: „Rot-Grün gibt Konsolidierungspolitik auf.“ (Die Welt), „Die Regierung gibt den Sparkurs auf.“ (FAZ) und ähnlich in vielen anderen Medien.
Was man nicht hat, das kann man nicht aufgeben – diese Einsicht ist immer noch nicht gewonnen.
Dies notiere ich nicht zum Spaß sondern aus Sorge darum, dass die so weit verbreiteten Denkfehler auch weiter jeden Versuch einer Kurskorrektur zu mehr Wachstum, mehr Beschäftigung und dann auch zu mehr Konsolidierung blockieren. Wir sind Gefangene unseres wirtschaftspolitischen Unverstandes.
P.S.: Allerdings gibt es Grund zur Hoffnung. Die FAZ kommentierte am 6.5.: „Jetzt kann nur noch eine Belebung der Konjunktur für einen Aufwärtstrend auf dem Arbeitsmarkt sorgen.“