Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/WL)

  1. Ver.di akzeptiert Verschlechterungen für rund 50.000
    • Die Angestellten müssen für weniger Geld mehr arbeiten – um Arbeitsplätze zu sichern
      Die Unternehmerseite hat sich im Telekom-Streik weitgehend durchgesetzt. Nach zehn Wochen Arbeitskampf und sechs Tarifverhandlungsrunden akzeptierte die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di am Mittwoch erhebliche Verschlechterungen für rund 50.000 Beschäftigte des Bonner Konzerns. Die Verhandlungsführer von Ver.di stimmten einem Sparpaket zu, das Arbeitszeitverlängerungen und Lohneinbußen um 6,5 Prozent beinhaltet.
      Quelle: taz
    • Ulrike Herrmann: Die besten Ausbeuter
      Ver.di hat den wochenlangen Tarifstreit mit der Telekom verloren. Da ist das Votum der Börse eindeutig: Der Kurs der T-Aktie stieg sofort, als die Einigung bekannt wurde. Allerdings ist das Ergebnis so kompliziert, dass es der Dienstleistungsgewerkschaft gelingen dürfte, ihre Niederlage ein wenig zu kaschieren. Zu diesen Placebo-Zugeständnissen der Telekom gehören der Kündigungsschutz bis 2012 und das Verkaufsverbot für die Service-Gesellschaften bis 2010. Aber in nackten Zahlen ausgedrückt, hat die Telekom ihr Ziel erreicht: Mittelfristig wird sie mindestens 500 Millionen Euro jährlich bei den Personalkosten einsparen. Es können auch 900 Millionen sein.
      Quelle: taz
    • Nur Verlierer
      Quelle: FR
    • Rudolf Hickel: Die Rolle des Bundes ist ein Skandal
      Die Einigung ist ein fatales Signal. In vielen Unternehmen gibt es Überlegungen, Firmenteile auszugliedern. Das Beispiel Telekom wird Nachahmer finden. Kritikern können diese dann entgegenhalten, dass bei der Telekom sogar mit Billigung des Bundes die Löhne gedrückt wurden. Die Politik trägt die Verantwortung dafür, dass mit dem Telekom-Kompromiss der Abspaltung von Firmenteilen zur kurzfristigen Kostensenkung Tür und Tor geöffnet werden.
      Quelle: FR
    • Porzellan zerschlagen
      Telekom-Chef René Obermann bräuchte engagierte Mitarbeiter dringender als sinkende Kosten. Wie er seine Leute motivieren will, bleibt auch nach dem Streik sein Geheimnis. Die Zauberformel heißt nämlich: zufriedene Kunden. Um in einem Wettbewerb zu bestehen, dessen Regeln von der Netzagentur zu Lasten der Telekom festgezurrt werden, hilft es Obermann nicht, einfach nur Kosten und Preise zu reduzieren. Das zeigte die jüngste Tarifsenkung der Telekom bei den schnellen Internetanschlüssen DSL. Kaum hatte der Konzern diese Gebühren gesenkt, schon zogen die Rivalen nach. Die Schraube drehte sich nur nach unten. Das ist für alle Marktteilnehmer letztlich ruinös. Für die Telekom ist stattdessen ein guter Service der Königsweg zum Erfolg. Das bestätigen inzwischen etliche Studien.
      Quelle: ZEIT
  2. »Es geht ums Prinzip«
    Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer will einen Spartentarifvertrag für das Fahrpersonal durchsetzen.
    Quelle: Junge Welt
  3. Bundesarbeitsgericht erlaubt Unterstützerstreiks
    Das Bundesarbeitsgericht hat so genannte Solidaritätsstreiks für grundsätzlich rechtens erklärt und damit die Stellung der Gewerkschaften gestärkt. Die Richter widersprachen mit der in Erfurt veröffentlichten Entscheidung dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen, das einen Streik in einem anderen Tarifgebiet zur Unterstützung des Hauptarbeitskampfes als unzulässig bezeichnet hatte.
    Quelle: FR
  4. Deutscher Außenhandel verbucht neuen Rekordüberschuss
    Der Wert der Ausfuhren lag um 164,6 Milliarden Euro höher als der der Einfuhren, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Die Exporte übertrafen demnach die Importe um 22,5 Prozent. Die höchsten Überschüsse erzielte Deutschland im Warenhandel mit den USA mit 29,5 Milliarden Euro, gefolgt von Spanien und Frankreich mit jeweils 22,6 Milliarden Euro. Insbesondere aus China führt Deutschland dagegen im vergangenen Jahr mehr Waren ein als es dorthin ausführte. Damit ergab sich ein Defizit in der Handelsbilanz mit China von 21,2 Milliarden Euro.
    Quelle 1: Berliner Zeitung
    Quelle 2: Statistisches Bundesamt

    Siehe auch den hoch interessanten Außenhandelsatlas
    Quelle 3: Statistisches Bundesamt

  5. Private gegen Mehrwertsteuer auf Müll
    Private Müllentsorger beschweren sich bei der EU-Kommission: Anders als die kommunale Müllabfuhr zahlen sie Mehrwertsteuer. Die Kommunen sehen sich dennoch im Recht.
    Quelle: TAZ

    Anmerkung: Auf den letzten Absatz sei besonders hingewiesen:

    „Die angeblich höhere Wirtschaftlichkeit (der privaten Entsorger, KR) hat jedoch ihren Preis: “Die Privaten sind billiger, weil sie ihre Mitarbeiter sehr viel schlechter bezahlen und sie sozial weniger absichern als die Kommunen”, sagt Professor Lorenz Jarass, der jedoch die Müllentsorgung nicht für eine hoheitliche Aufgabe hält. Aber selbst wenn die EU-Kommission das Steuerprivileg der Kommunen kippen sollte, dürfte die Müllbeseitigung für den Endkunden nicht billiger werden: “Was bisher angeblich höhere Kosten bei den kommunalen Betrieben verursacht, schöpfen danach die privaten Entsorger als Gewinn ab”, sagte Jarass.“

  6. Bayern: Fleisch gammelt weiter
    Die Landtagsopposition in Bayern beantragt einen neuen Untersuchungsausschuss, denn die schmierigen Geschäfte laufen offenbar vielerorts weiter, Kontrollen versagen.
    Quelle: TAZ
  7. Bundesregierung: Lobbyismus in den Ministerien völlig „abwegig“
    Die Bundesregierung weist die Annahme, es gebe durch die Mitarbeit von Mitarbeitern aus Wirtschaft und Verbänden in Bundesministerien und Beratungsgremien der Regierung einen “institutionalisierten Lobbyismus”, als “unzutreffend und abwegig” zurück. In ihrer Antwort (16/5406) auf eine Kleine Anfrage der Linken (16/5203) betont sie, hoheitsrechtliche Befugnisse, zu denen auch die ministerielle Vorbereitung der Gesetzgebung gehöre, würden in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Sie wie auch Beamte seien in ihrer Aufgabenwahrnehmung dem “Wohl der Allgemeinheit verpflichtet” und hätten ihre Aufgaben “gerecht und unparteiisch” zu erfüllen. In Ausnahmefällen, in denen vorübergehend externe Mitarbeiter in Bundesministerien tätig seien, sei eine inhaltliche Beeinflussung von Entscheidungen und der Gesetzgebungsarbeit der Regierung durch Einbindung dieser Beschäftigten in die hierarchischen Strukturen der Ministerien und die damit verbundenen Kontrollmechanismen “ausgeschlossen”.
    Quelle: Deutscher Bundestag [PDF – 64 KB]

    Anmerkung: Motto der Antwort: Was nicht sein kann, das nicht sein darf. Die Bundesregierung, weiß also nicht, dass ganze Gesetzentwürfe von Lobbyisten vorgefertigt werden. Dass das Einbringen von Sachverstand immer auch etwas mit Einfluss von Interessen zu tun hat, wird schlicht negiert.

  8. Trennungskinder bekommen künftig weniger Geld
    Es ist ein bislang einmaliger Schritt: Ab dem 1. Juli werden die Unterhaltszahlungen für Kinder um knapp ein Prozent sinken. Sie werden damit pro Monat um zwei bis acht Euro pro Monat geringer ausfallen. Das geht aus der neuen sogenannten Düsseldorfer Tabelle hervor, die das Oberlandesgericht Düsseldorf vorgelegt hat. Ursache für die sinkenden Zahlungen ist der Rückgang der Nettolöhne, auf deren Grundlage die Sätze berechnet werden, sagte der Vorsitzende des Siebten Familiensenats, Jürgen Soyka.
    Quelle: tagesschau.de

    Anmerkung: Es werden also vor allem die Kinder betroffen, die ohnehin benachteiligt sind.

  9. Studiengebühr-Gegner verzeichnen erste Erfolge in NRW
    Die Proteste gegen Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen haben bereits von zwei Gerichten Rückenwind bekommen. Bei der Einführung der Gebühren hätten die Unis geschlampt, urteilten die Richter und kippten die Satzungen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Schließlich entscheiden die Hochschulen in NRW selbst darüber, ob sie Studiengebühren erheben. Bis zu 500 Euro sind erlaubt.
    Quelle: DLF
  10. Zur Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks
    • Ideologie des Ständestaats
      Grotesk unterschiedliche Bildungschancen werden akzeptiert, wenn nur die sozial Schwächeren ihr Auskommen haben und die Vermögenden nicht allzu unverschämt werden. Eine solche soziale Ordnung, die hierzulande allseits akzeptiert wird, nennt man allerdings nicht Demokratie. Als Historiker kennt man sie unter dem Begriff Feudalsystem. Ein Kommentar von Ralph Bollmann.
      Quelle: TAZ
    • Die soziale Auslese ist im deutschen Schulsystem besonders ausgeprägt, sagt Bildungsforscher Klaus Klemm
      Wir haben im Moment zwei parallele Entwicklungen. Wir haben immer weniger junge Leute, und wir schöpfen ihre Potenziale nicht wirklich aus. Was sich in Deutschland in dieser Kombination von Verknappung und Vergeudung leistet, das ist gesellschaftlich und ökonomisch katastrophal.
      Quelle: taz
    • Bildungsbenachteiligung zeigt sich an den Universitäten besonders krass
      Die Befunde der 18. Sozialerhebung zeigen, dass das deutsche Bildungssystem nach wie vor Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern benachteiligt und aussortiert. Von 100 Akademikerkindern beginnen 83 ein Studium, aber nur 23 von 100 Kindern, die aus Familien ohne akademischen Hintergrund stammen, dringen bis an die Hochschulen vor. “Das Studium wird zur Selbstreproduktion der akademischen Bildungsschichten”, sagt Rolf Dobischat, Präsident des deutschen Studentenwerks. Da aber dringend mehr Hochqualifizierte gebraucht würden, müssten unbedingt Studierende aus hochschulfernen und einkommensschwachen Elternhäusern gewonnen werden. Damit diese leichter an die Hochschulen finden und sich weniger Sorgen um ihre Finanzierung machen müssen, fordert Dobischat “ein starkes Bafög”.
      Quelle: taz

      Anmerkung: Einen neuen Dämpfer bei der Studierbereitschaft von Kindern aus bildungsfernen Schichten fürchtet der DSW-Präsident allerdings durch die Einführung von Studiengebühren in mehreren unionsgeführten Bundesländern.

  11. Privatunis – Der Lack ist ab
    Ist das Modell Privathochschule in der Krise? Selbst einer seiner eifrigsten Förderer wie Baden-Württembergs Wissenschaftsminister Frankenberg ließ zum Fall Bruchsal eine Bemerkung über private Hochschulen fallen, die dort manchem als Verrat gilt: “Sie haben vielleicht ihre Rolle in der Evolution der Hochschulen gespielt und werden jetzt von den stärkeren Dinosauriern gefressen.”
    Quelle: taz
  12. »Hart an der Grenze«
    Zugang zu einem fairen Asylverfahren in der EU zu erhalten, ist heute kaum noch möglich«. Der Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte in Berlin, Heiner Bielefeldt, stellte fest, daß die EU-Staaten mit ihrem Grenzregime im Süden gegen geltendes Völkerrecht, insbesondere gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), verstoßen.
    Quelle: Junge Welt
  13. Europas Grenze häufig tödlich
    Der neue Verein “borderline-europe” will das Elend der Flüchtlinge an Europas Außengrenzen öffentlich machen.
    Quelle: TAZ
  14. Auf dem rechten Auge blind
    Eine Studie der Grünen hat die politische Einstellung von Bürgern im ländlichen Raum untersucht. Das Ergebnis: Rassismus und Antisemitismus sind nicht nur bei ausgewiesenen Neonazis zu finden, sondern reichen bis weit in die Mitte der Gesellschaft – ohne dass es jemand merkt.
    Quelle: FTD
  15. Neonazis immer brutaler
    Das vergangene Jahr endete schon mit einem traurigen Rekord rechtsextremer Straftaten, doch 2007 könnte noch schlimmer werden. Vor allem die Brutalität brauner Schläger ist nicht zu stoppen. In den ersten vier Monaten haben die Landeskriminalämter nach Informationen des Tagesspiegels bundesweit 214 rechte Gewaltdelikte registriert, im selben Zeitraum des Vorjahres waren es 180. Drastischer noch ist die Zahl der Verletzten gestiegen: Von Januar bis April wurden 205 Menschen Opfer rechter Gewalt, das sind 65 mehr, als die Bundesregierung im ersten Drittel des Jahres 2006 gemeldet hatte.
    Quelle: Tagesspiegel