Neue Rubrik: Aufbau Gegenöffentlichkeit
Wir wollen künftig unsere verschiedenen Beiträge zum Aufbau einer Gegenöffentlichkeit in einer eigenen Rubrik sammeln. Dort wollen wir unter anderem von praktischen Erfahrungen berichten und gute Tipps weitergeben.
Von Anfang an war es das erklärte Ziel der NachDenkSeiten, am Aufbau einer Gegenöffentlichkeit zur herrschenden Einheits-Meinung zu arbeiten. Das erweist sich immer wieder neu als dringlich geboten.
Über weite Strecken wird die öffentliche Meinung in Deutschland von wirtschaftlichen Interessen und Ideologien geprägt. Wer über große finanzielle Mittel und publizistische Macht verfügt, kann die öffentliche Meinung und – wegen des engen Zusammenhangs von öffentlicher Meinungsbildung und politischer Entscheidungsfindung – auch politische Entscheidungen wesentlich bestimmen. Wer über entsprechende Mittel verfügt, kann Meinung auch ziemlich unabhängig von der Erfahrungswelt der Adressaten machen; man kann „aus Mist Marmelade machen“, wenn die Propagandamittel groß sind.
Die meisten Bürgerinnen und Bürger sind der täglichen Agitation ziemlich hilflos ausgeliefert. Strategisch überlegte Meinungsbeeinflussung und Manipulationen bis hin zur Gehirnwäsche sind üblich geworden. Die meisten Medien beteiligen sich leider teils bewusst, teils aus Anpassung an entsprechenden Kampagnen. Es gibt nur noch wenige kritische Medien.
Umso wichtiger ist der Aufbau einer Gegenöffentlichkeit zum herrschenden Meinungsmainstream.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele NachDenkSeiten-Leser das Problem ähnlich sehen und deshalb unsere Hilfe zum Blick hinter die Kulissen schätzen gelernt haben.
Dabei kristallisieren sich zwei Gruppen heraus. Die einen schreiben uns, sie hätten schon begonnen zu glauben, was ihnen täglich aufgetischt wird. Mithilfe der NachDenkSeiten seien sie kritischer geworden. Andere schreiben uns, sie seien sich schon wie einsame Exoten vorgekommen, weil sie die herrschende Meinung nicht nachvollziehen können. Jetzt wüssten sie, dass sie nicht alleine sind.
Diese Reaktionen unserer Leser machen uns hoffnungsvoll. Wir haben den Eindruck, dass der Kreis jener, die die täglichen Manipulationen durchschauen und sich wehren wollen, wächst.
Drei Säulen des Aufbaus von Gegenöffentlichkeit:
Wir sind glücklich über die positiven Reaktionen. Aber wir überschätzen unsere Möglichkeiten nicht , aber vor allem wissen wir, dass wir nicht alleine sind.
Zum Aufbau einer Gegenöffentlichkeit gehören erstens Informationsquellen wie die NachDenkSeiten. Wichtig ist darüber hinaus zweitens die Aktion – die Aktion im Großen wie zum Beispiel die Demonstrationen gegen den G8-Gipfel und die Aktion im kleinen wie zum Beispiel die vielen örtlichen Initiativen z.B. gegen die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen. Beides gehört zusammen – Webseiten wie www.NachDenkSeiten.de und die Aktionen von Gruppen wie attac oder die Arbeitskämpfe von Gewerkschaften oder die Arbeit von kritischen Parteigliederungen, soweit sie in ihrer Meinungsbildung noch unabhängig vom Mainstream sind und politische Aufklärungsarbeit leisten.
Eine wichtige dritte Säule beim Aufbau einer Gegenöffentlichkeit ist Ihre Arbeit als Multiplikator, Ihr „Mundfunk“, so könnte man auch sagen.
Suchen Sie, auch wenn es zunächst schwierig ist, das Gespräch über wichtige Fragen unserer Gesellschaft. Tragen Sie die öffentliche Debatte in die privaten Zirkel, in die Familien, in den Freundes- und Kollegenkreis. Sie werden dabei teils auf Desinteresse und Ablehnung stoßen. Aber viele Menschen merken trotz großem politischen Frust auf, wenn sie begreifen, dass sie heute in vielfältiger Weise manipuliert werden und Sie mit Ihren Argumenten nur helfen wollen, ihr persönliches Umfeld von der gängigen Gängelung zu befreien.
Etwas sollten Sie dabei beachten:
Erfolg werden wir beim Aufbau einer Gegenöffentlichkeit nur haben, wenn wir die Glaubwürdigkeit der Vertreter des Mainstream in Zweifel ziehen.
Zur Erklärung: Sie und wir alle werden beim Aufbau einer Gegenöffentlichkeit nie ein so großes und breites Feuerwerk an „Informations“-Impulsen aussenden können wie die Vertreter des Mainstreams. An Masse wird uns die Bild-Zeitung und der Spiegel, die Bertelsmann-Stiftung und der anhängende Medienkonzern von Gruner und Jahr bis zur RTL-Gruppe, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und die Wirtschaftsverbände, die Modernisierer in den etablierten Parteien, die Finanzindustrie und die von ihr angeheuerten Wissenschaftler immer überlegen sein. Es wird also immer ein Pulk von 10 oder gar 100 Informationsimpulsen gegen den einen von unserer Seite stehen.
Die davon erreichten Menschen werden also dem Mainstream schon wegen der großen Zahl der Informationsimpulse und ihrer scheinbar unabhängigen verschiedenen Quellen glauben, es sei denn, es gelingt, ihre Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen.
Dazu zwei praktische Beispiele:
Wenn als Wissenschaftler präsentierte Personen wie die Professoren Miegel, Sinn, Raffelhüschen und Rürup das demographische Problem beschwören und zur Privatvorsorge raten, dann kommen wir gegen diese laute Dramatisierung mit unseren wenigen Stimmen nur an, wenn wir zum Beispiel zeigen, in welchen Interessenverflechtungen mit der Versicherungswirtschaft, mit Finanzdienstleistern und mit den Banken diese Personen stehen.
Wenn wir zum Beispiel die Vernunft des Börsengangs der Deutschen Bahn AG in Zweifel ziehen wollen, dann machen wir sinnvollerweise auf die großen Interessen aufmerksam, die bei einem solchen Akt besonders viel Geld verdienen, und wir zeigen, dass hinter einer solchen Absicht z.B. auch das Interesse irgendwelcher Großinvestoren steckt, die sich als Minderheitsaktionär einkaufen, dann aber – wie z.B. Blackstone bei der Deutschen Telekom mit 4,5% – die Unternehmenspolitik wesentlich bestimmen und irgendwann große Kasse machen wollen, um ihre exorbitanten Renditeziele zu erreichen.
Bilden Sie kleine Kreise zusammen mit anderen, Kreise, die sich regelmäßig treffen und die Beobachtung von Strategien der Meinungsbildung und Manipulation gemeinsam betreiben.
Wir erlauben uns, gelegentlich Hinweise zu geben auf interessante Themen, Vorgänge und Texte, die für die Diskussion in solchen kleinen Kreisen gut geeignet wären.