Gründung einer neuen SPD-Linken?

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Andrea Nahles und Ralf Stegner haben gemeinsam mit anderen in einem kurzen, eher organisatorisch gehaltenen Papier[1] dazu aufgerufen, eine neue Plattform für eine neue SPD-Linke in der Tradition des Frankfurter Kreises (FK) zu gründen. Der FK war eine offene Plattform, der seit 1969 die angewachsene Zahl linker SPD-Mitglieder und Gewerkschafter koordinierte. Er wurde 2000 durch den von Andrea Nahles, Detlev von Larcher und anderen gegründeten Verein Forum Demokratische Linke 21 (DL 21) abgelöst. Viele ehemalige SPD-Linke, die sich im Frankfurter Kreis engagiert hatten, waren längst zum neoliberalen SPD-Flügel gewechselt. Die DL 21 sollte ein neuer Aufbruch sein, nachdem Lafontaine als ein herausragender Bündnispartner der SPD-Linken 1999 von seinen Ämtern als SPD-Vorsitzender und Bundesfinanzminister zurückgetreten war. Seitdem gab es zwar immer wieder Versuche der SPD-Linken, Einfluss auf die SPD-Politik zu nehmen. Mehr als Teilrevisionen der Agenda-2010-Politik oder gar ein konsistenter Politikwechsel durch einen sozialökologischen Pfadwechsel ist ihr aber nie gelungen. Von Max Reinhardt[2].

Vordergründig soll es bei der neuen Plattform darum gehen, die SPD-Linke zu stärken. Tatsächlich aber wollen sich „Regierungslinke“ wie Andrea Nahles inszenieren und ihre eigenen selbsterklärten Erfolge feiern. Das Mindestlohngesetz wurde von der gesamten SPD-Linken und weiten Teilen der Gesamtpartei im Bündnis mit Gewerkschaften und Sozialverbänden erkämpft. Andrea Nahles missfiel die Kritik der DL 21-Vorsitzenden Hilde Mattheis an dem Mindestlohngesetz, das erst 2017 mit Ausnahme der Erntehelferbranche voll zum Tragen kommen wird, und wegen der Ausnahmen für Langzeitarbeitslose und andere. Andrea Nahles wollte kritische Stimmen unterbinden, weil sie ihren Erfolg dadurch gefährdet sah. Dabei übersieht sie allerdings, dass sowohl einige Gewerkschaften als auch die von Prekarisierung betroffenen sozialen Milieus sowie die sich mit ihnen solidarisierenden sozialen Milieus und politisch Aktivisten sich nichts durch eine positive Kampagne von oben zum Mindestlohngesetz vormachen lassen. Vielmehr brauchen auch sie eine Stimme in der Öffentlichkeit.

Nahles hatte bereits 2011 eine Niederlage hinnehmen müssen, weil ihre Kandidatin Angela Marquardt gegen Hilde Mattheis im Kampf um den Vorsitz der DL 21 verloren hatte. So nahm sie nun die Kritik von Hilde Mattheis zum Anlass, einen Austritt von ihr wohl gesonnenen DL 21-Mitgliedern zu inszenieren, um Hilde Mattheis unter Druck zu setzen und ihr Grenzen aufzuzeigen. Die Einladung für die Neugründung einer Plattform am 14./15.11.2014 in Magdeburg[3] ist nun der Versuch durch Nahles und Stegner, die Oberhand über die SPD-Linke zurückzugewinnen. So ist die Vorsitzende der DL 21, Hilde Mattheis, nicht auf das Podium der Tagung eingeladen worden, obwohl die DL 21 immer gesprächsbereit war und ist.

Während die DL 21 basisdemokratisch organisiert ist, droht die Neue Plattform zur Inszenierung einzelner SPD-Linken zu werden, die ihre Regierungsarbeit legitimieren lassen wollen, um „durchregieren“ zu können und in der Karriereleiter weiter aufzusteigen (Kanzlerkandidatur „Nahles 2021“(?)).

Es ist der Versuch, die in der SPD gelebte „Kultur“ der Demokratie von oben auch in der SPD-Linken vollends durchzusetzen und die basisdemokratische Neubelebung der DL 21 nach dem Abgang von Björn Böhning 2011 zu revidieren. Eine SPD-Linke von oben aber kann es nicht geben, denn sie steht im Widerspruch zur modernen Einstellung ihrer Wählerinnen und Wähler, die Selbstbestimmung und Teilhabe statt Demokratie von oben wollen.

Eine moderne „Regierungslinke“ sollte Diskussionen in der SPD und in der SPD-Linken befördern, auch um offen für neue Entwicklungen zu bleiben. Ansonsten gerät auch die SPD-Linke in eine Krise der Repräsentation. Das Zusammenspiel von „Regierungslinken“, kritischen SPD-Linken, Gewerkschaften, sozialen Bewegungen, Verbänden und Vereinen in den 1960-1980er Jahren, auch im Frankfurter Kreis, ließ häufig vorbildlich kritische Diskussionen über neue gesellschaftspolitische Konfliktlinien und programmatische Lösungen zu und war deshalb, auch personalpolitisch, erfolgreich. Die Stärke des Frankfurter Kreises war seine antizentralistische Offenheit innerhalb und außerhalb der SPD.

Es gilt, über die Entwicklungen in der SPD-Linken aufzuklären, die basisdemokratische Ausrichtung der SPD-Linken in der DL 21 zu stärken und in der SPD-Linken demokratisch durchzusetzen. Das traditionelle Weiter so und das Festhalten an traditionellen Hierarchien ist unmodern. Nicht die Einschränkung der Tarifautonomie darf das Ziel der SPD-Linken sein, sondern ein sozialökologischer Pfadwechsel muss von einer modernen SPD-Linken konsistent vertreten werden, um die modernen selbstbestimmten Wählermilieus zurückzugewinnen.


[«1] Aufruf „Für eine neue SPD-Linke!“ [PDF – 246 KB]

[«2] Weiterführende Literatur zum Thema:

[«3] Programm [PDF – 233 KB]

[«4] Organisatorisches [PDF – 262 KB]

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