Hinweise des Tages II
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB/WL)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Tarifeinheit entzweit DGB-Gewerkschaften
- Russische Kampfjets über Europa – Erler: Keine reine Provokation
- Die Zukunft der Abrüstung
- Ukraine-Konflikt aus Putins Sicht: Der Westen ist schuld!
- Russland und Ukraine einigen sich – Streit ums Gas ist beendet
- Georg Diez: Wir müssen den Hass verstehen lernen
- Habermas über Frankreich und Deutschland: „Beziehungen waren noch nie so miserabel“
- Europarechtler prophezeit Scheitern der Maut
- Einzelhandelsumsatz im September 2014 real um 2,3 % höher als im September 2013
- Sinkende Staatseinnahmen – Wackelt jetzt die schwarze Null?
- Unfaire EU-Bankenabgabe könnte NRW-Bank Millionen kosten und Förderauftrag gefährden
- „Kosteneffizient bleiben?“ Erster Kommentar zum Grünbuch des BMWi
- Fahnder-Legende jagt Milliarden-Betrüger
- Nazi-Netzwerk NSU
- Hooligans: Die große Verharmlosung
- Vertretung nützt Patienten
- Volker Gerhardt: Tätiger Widerspruch – Über die Bologna-Reform und ihre Folgen
- Das Gymnasium ist “entzaubert”, aber alternativlos für Eltern der “sozialen Mitte”
- Ungarn: Orbán zieht umstrittene Internetsteuer zurück
- Graham E. Fuller: Unser Mann in Damaskus
- Obama, das Wahlkampfhindernis
- Tea Party: Revolution im Maisfeld
- Forscher: Journalisten haben Nachholbedarf beim Leserdialog
- „Initiative gegen Totalüberwachung“ in Köln gegründet
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Tarifeinheit entzweit DGB-Gewerkschaften
Eigentlich will die Bundesregierung die Macht der kleinen Gewerkschaften beschränken. Doch nun sorgt der Gesetzesentwurf von SPD-Arbeitsministerin Nahles für heftigen Ärger beim mächtigen DGB: Während die IG Metall den schwarz-roten Vorstoß unterstützt, ist Verdi dagegen (…)
Quelle: Karl Doemens in der BZ onlineKommentar von Volker Bahl auf LabourNet: “Und das traurige Los des DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann, denn das oberste Beschlussorgan des DGB, der DGB-Bundeskongress hatte noch im Mai diesen Jahres mehrheitlich beschlossen, das Regierungsprojekt zur Streikrechtseinschränkung durch eine Tarifeinheit abzulehnen. (Vgl. in der Mitte der Seite 4) Und gleichzeitig wird das neoliberale Diktum der Lohnsenkung für Deutschland – im Rattenrennen um die günstigsten Kosten in der Eurozone immer zu Lasten der Arbeitnehmer – in einer weiteren Stufe durchgezogen (vgl. das Ende (auch mit dem letzten Link) “deshalb ist jetzt Frankreich dran, weil dort die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften bisher noch besser war”)”.
Eine sehr gute Frage eines LabourNet-Lesers: “Von einem Kollegen, der sich auf Andrea Nahles einlassen will, würde ich gern wissen, warum er nicht die Gewerkschaft favorisieren will, die den besten Tarifvertrag hat, statt die mit den meisten Mitgliedern. Bisher ging es doch bei Tarifverhandlungen um die besten Löhne. Warum geht es jetzt darum, wer die meisten Mitglieder hat?
Hier noch der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung der Tarifeinheit [PDF]
- Russische Kampfjets über Europa – Erler: Keine reine Provokation
Der SPD-Außenpolitiker Gernot Erler hat die zurückhaltende Reaktion der Bundesregierung auf die russischen Militärmanöver im europäischen Luftraum gelobt. Erler sagte im DLF, das Verhalten Moskaus sei nicht nur als Provokation zu verstehen, sondern auch als Reaktion auf das Verhalten der NATO im Ukraine-Konflikt…
Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung gab aber auch zu bedenken, dass die Manöver keine reine Provokation von Russland seien, sondern auch eine Reaktion Moskaus auf die NATO-Aktivitäten der vergangenen Monate. Auch das westliche Militärbündnis habe mehr Übungen als sonst an der Grenze zu Russland abgehalten und mehr Truppen in diese Regionen geschickt oder angekündigt, dies zu tun, sagte Erler.
Quelle: DLFAnmerkung WL: Wie schreibt doch Gabor Steingart, der Herausgeber des Handelsblatts in seinem Morningbriefing: „außerhalb des Hoheitsgebietes der Nato drehen russische Kampfjets ihre Runden – und die Nato versetzt uns in emotionale Alarmbereitschaft. Zeitgleich buhlen ein US-Rüstungskonzern und die Airbus Group um einen Milliardenauftrag der Bundeswehr für ein neues Luftabwehrsystem, das Kampfjets vom Himmel holen soll. Es gibt Zufälle, die sind so zufällig, dass sie auffällig sind.“
- Die Zukunft der Abrüstung
Ehrlich gesagt könnte das Nachdenken über Abrüstung mich in tiefste Depressionen stürzen. Wohin ich auch sehe, schlägt mir massive Aufrüstung entgegen, und von Abrüstung ist weit und breit nichts zu sehen: hemmungslose Waffenexporte, die Entwicklung neuer Waffensysteme, ein völlig festgefahrener Abrüstungsprozess bei den Vereinten Nationen, und jetzt auch noch die Diskussion um noch höhere Militärausgaben der NATO.
Wie konnte es dazu kommen und was ist aus dem großen Abrüstungsschwung der 1990er Jahre geworden?
Quelle: Jan van Aken in prager frühling - Ukraine-Konflikt aus Putins Sicht: Der Westen ist schuld!
Die Krim-Annexion? Vergleichbar mit der deutschen Wiedervereinigung. Die Maidan-Proteste? Vom Westen inszeniert: Viele Russen haben eine komplett andere Sicht auf die Ereignisse in der Ukraine. Das hat drastische Folgen.
Die russische Version in Kürze: Die Proteste auf dem Maidan? Keine ukrainische Demokratiebewegung, sondern ein vom Westen provozierter, faschistischer Sturz der Regierung. Die Krim? Keine Annexion durch einen Völkerrechtsbruch, sondern ein demokratischer Prozess. Der Abschuss des Passagierflugs MH17? Nicht die pro-prussischen Separatisten, Schuld daran tragen die ukrainische Regierung und die USA. Der Krieg in der Ostukraine? Keine Aggression Putins, sondern ein Völkermord des ukrainischen Militärs an Russen…
Wer hierzulande diese Schlüsselereignisse des Ukrainekonflikts so interpretiert, wird schnell in die Ecke der „Verschwörungstheoretiker“ gedrängt oder als „Putin-Versteher“ verspottet. In Russland dagegen sind solche Meinungen in weiten Teilen der Bevölkerung das, was wir in Deutschland „alternativlos“ nennen…
Quelle: HandelsblattAnmerkung WL: Es ist interessant, dass gerade ein Wirtschaftsblatt die russische Perspektive schildert. Die Meinungsbildung in Russland wird natürlich genauso von den Medien geprägt, wie im Westen. Die Position des jeweils anderen erst einmal zur Kenntnis zu nehmen, ist der erste Schritt um in einen Dialog zu kommen. Anders lassen sich Tatsachen und Vorurteile nicht auseinanderdividieren. Es wäre Aufgabe einer Diplomatie der Verständigung auf die Wahrnehmung und die Sorgen der anderen Seite einzugehen und sie gegebenenfalls zu entkräften bzw. durch praktisches Handeln zu demonstrieren, dass die Ängste nicht begründet sind.
- Russland und Ukraine einigen sich – Streit ums Gas ist beendet
Kiew zahlt bis Jahresende einen Großteil seiner Schulden an Moskau zurück, der Kreml sichert einen fairen Preis für neue Lieferungen zu. Russlands Energieriese Gazprom begrüßte die Einigung und hofft nun nach eigenen Angaben auf “konstruktivere Beziehungen”…
Über drei Milliarden US-Dollar fließen in den nächsten Wochen nach Moskau. Russland sicherte im Gegenzug einen – nach Ansicht der EU – fairen Preis zu: 1000 Kubikmeter Gas sollen zunächst rund 380 US-Dollar kosten…
Einzige Bedingung: Kiew muss in Vorkasse gehen, so Russlands Energieminister Alexander Nowak: “Das ist unser Beitrag zu dem Kompromiss, damit es zu einer stabileren Lage in der Ukraine kommt, es im Herbst und Winter keine Schwierigkeiten gibt und die Lieferungen an die europäischen Verbraucher stabil gehalten werden können.”Quelle: Tagesschau.de
- Georg Diez: Wir müssen den Hass verstehen lernen
Es gibt einen blinden Fleck im Reden über Terror, Angst und IS, und das ist der Hass auf den Westen, den der Westen nicht verstehen will. “Dass viele junge Menschen, die in Europa und Deutschland sozialisiert worden sind, die etwas von Menschenwürde und von Achtung und Respekt gelernt haben sollten, sich so schnell radikalisieren und dann das Leben anderer und ihr eigenes Leben wegwerfen”, sagt Bundesinnenminister Thomas de Maizière, “das ist eine unvorstellbare Aktion”. Warum aber “unvorstellbar”, ein merkwürdiges Wort, es ist ja passiert, gerade diese Woche, der Attentäter von Ottawa, die drei jungen Frauen aus den USA auf dem Weg nach Syrien zu IS; und es wird wieder passieren. Und ein paar der möglichen Erklärungen hat de Maizière auch gleich selbst benannt: Menschenwürde, Achtung und Respekt kann man eventuell nicht so gut “lernen”, wenn man sie nicht erlebt, weil man sich unwillkommen, ausgegrenzt, an den Rand gedrängt fühlt. Das passiert in westlichen Gesellschaften nicht nur mit Einwanderern und Flüchtlingen, die fremd bleiben und mit Misstrauen beladen werden und die in Fussballstadien gepfercht werden und über Maschendrahtzäune klettern in Melilla oder im Mittelmeer ertrinken. Das passiert global, wenn der “Rest der Welt” dazu da ist, sich nach den Interessen des Westens zu richten, und wenn diese Interessen es wollen, dann werden eben Länder zerstört, Diktaturen unterstützt, Volksgruppen geopfert.
Der Westen, das ist seine Art und seine Begründung, geht davon aus, dass er das historische Recht auf seiner Seite hat: Der Fortschritt ist sein Versprechen, die Freiheit ist sein Wesen. Die Realität schaut etwas anders aus – und angesichts der so grundsätzlichen Konfrontation mit den Feinden der Moderne wäre gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, auch für Politiker wie de Maizière, das Verhältnis von den Versprechen und den Verbrechen des Westens in ein richtiges Maß zu bringen. Oder kann man das nicht erwarten? Politiker, die nachdenken, bevor sie reden? Journalismus, der aufklärt, statt Angst zu machen? Sie würden den Westen trotzdem hassen, die Attentäter und Amokläufer, die Hassprediger und Homophoben, Frauenfeinde und Freiheitsfeinde – aber aus den richtigen, also den falschen Gründen.
Quelle: Spiegel Online - Habermas über Frankreich und Deutschland: „Beziehungen waren noch nie so miserabel“
Jürgen Habermas fällt in der deutschen Botschaft in Paris ein undiplomatisches Urteil über das Verhältnis der Nachbarländer. Für die Probleme macht der Philosoph vor allem Deutschland verantwortlich – aber nicht nur…
Seine kurze Ansprache fällt allerdings anders aus, als die meisten Anwesenden es wohl erwartet hatten: keine erhaben-abgehobenen Gedanken, sondern politischer Klartext, kurz und verletzend. „Ich war 1953 zum ersten Mal in Paris, leider muss ich feststellen, dass seit 60 Jahren die Beziehungen noch nie so miserabel waren wie jetzt.“…
„Der Schlüssel für Fortschritte in Europa liegt in Deutschland, aber seit Jahren ist die Bundesregierung nicht dazu bereit, sich zu bewegen.“ Deutschland solle „vorschlagen, dass wir meinethalben in fünf Jahren eine echte Wirtschaftsregierung haben, aber nur unter der Voraussetzung, dass Frankreich sich bewegt und dazu bereit ist, Souveränitätsrechte zu übertragen.“
Habermas sieht die Schuld für das Stagnieren der europäischen Einigung nicht allein in Berlin, sondern auch im französischen Präsidialsystem mit seinen nationalen Illusionen – aber er ist davon überzeugt, dass vor allem, vielleicht nur Deutschland über den politischen Hebel verfügt, diesen Zustand zu überwinden. „Doch Merkel interessiert sich nur für die nächste Wahl.“
Quelle: Handelsblatt - Europarechtler prophezeit Scheitern der Maut
Walther Michl ist Europarechtler an der juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er hat im Juli in einem Beitrag für Verfassungsblog.de auf die europarechtlichen Hürden einer Ausländer-Maut hingewiesen. Die neuesten Pläne aus dem Hause Dobrindt sieht er ähnlich kritisch.
Dem Ziel, die Maut europarechtskonform auszugestalten, würde er nur näher kommen, wenn die Berechnung der künftigen KfZ-Steuer erkennbar unabhängig ist von der Höhe der Maut…
Wenn ich eine Regelung erlassen möchte, die diesen Eindruck kaschieren soll, dann hilft es nicht, vorher groß darüber zu reden, dass die Regelung allein dazu da ist, diesen Eindruck zu kaschieren. Damit lässt sich normalerweise schon die EU-Kommission nicht beeindrucken. Der EuGH wird aber sicher andere Maßstäbe ansetzen…
Quelle: SZDazu: Dobrindts Infrastrukturabgabe: Es ist ein Mäutchen!
Dobrindt geht davon aus, dass seine Maut dem Bund jährlich rund 500 Millionen Euro bringen wird, die in die Infrastruktur investiert werden sollen. Um die zuletzt bedrohlich geschrumpften Einnahmekalkulationen – Dobrindt selbst hatte jüngst von mehr als 300 Millionen gesprochen – wieder etwas aufzupumpen, hat der Minister seinen Gesetzentwurf noch einmal verändert (Lesen Sie hier die wichtigsten Fakten zur geplanten Pkw-Maut)…
Kritiker bleiben dabei: Dobrindts Maut wird maximal ein Mäutchen. Beim Automobilklub ADAC glaubt man, dass “netto nichts übrig bleiben” wird – wegen der komplizierten Kompensation für deutsche Autofahrer über die Kfz-Steuer. “Wenn ich 93 Prozent der Autofahrer vollumfänglich kompensiere, ist es auch kein Wunder, dass keine relevanten Mehreinnahmen zustande kommen”, sagte ADAC-Verkehrsexperte Jürgen Albrecht. Denn dafür sei ein großer Verwaltungsapparat notwendig.
Die Opposition spricht von “Murks” und einem “bürokratischen Monster”. Dobrindts schleswig-holsteinischer SPD-Amtskollege Reinhard Meyer wundert sich, dass eine Maut allein für Autobahnen noch 500 Millionen bringen soll, wenn zuvor eine Erhebung für alle Straßen in Deutschland 600 Millionen Euro in die Kasse spülen sollte: “Ich fürchte, Herr Dobrindt rechnet sich die Sache schön.” Vor Wochen hatte der SPIEGEL berichtet, dass Bundfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sogar vor einem Minusgeschäft bei der Maut warnte.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung WL: Die „Welt“ erklärt, was Dobrindt vor hat. Aber vielleicht geht es ja gar nicht mehr ums Geld, sondern vor allem um die elektronische Überwachung des Verkehrs.
- Einzelhandelsumsatz im September 2014 real um 2,3 % höher als im September 2013
Die Einzelhandelsunternehmen in Deutschland setzten im September 2014 nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) real 2,3 % und nominal 2,9 % mehr um als im September 2013. Allerdings hatte der September 2014 mit 26 Verkaufstagen einen Verkaufstag mehr als der September 2013. Im Vergleich zum August 2014 lag der Umsatz im September 2014 kalender- und saisonbereinigt real um 3,2 % und nominal um 2,9 % niedriger. Dies ist der höchste reale und nominale Rückgang gegenüber dem Vormonat seit Mai 2007 (real und nominal jeweils – 3,7 %).
Der Einzelhandel mit Lebensmitteln, Getränken und Tabakwaren setzte im September 2014 real 4,2 % und nominal 5,2 % mehr um als im September 2013. Dabei lag der Umsatz bei den Supermärkten, SB-Warenhäusern und Verbrauchermärkten real um 4,3 % und nominal um 5,4 % höher als im Vorjahresmonat. Im Facheinzelhandel mit Lebensmitteln wurde real 2,2 % und nominal 3,5 % mehr umgesetzt als im September 2013.
Im Einzelhandel mit Nicht-Lebensmitteln lagen die Umsätze real 1,0 % und nominal 1,4 % über den Werten des Vorjahresmonats. Dieses moderate Wachstum wurde erreicht, obwohl der Einzelhandel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren einen deutlichen Umsatzrückgang von real – 7,3 % und nominal – 5,7 % hinnehmen musste.
Von Januar bis September 2014 wurde im deutschen Einzelhandel real 1,3 % und nominal 1,8 % mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum umgesetzt.Quelle: destatis.de
Anmerkung WL: Die Überschrift über die Meldung des Statistischen Beschönigungsamtes hätte auch lauten können, „Einbruch bei den Einzelhandelsumsätzen im September“ oder wie der DLF in den Nachrichten berichetet: „Einzelhandel mit stärkstem Umatzeinbruch seit sieben Jahren“. Die Konsumenten haben zu wenig Geld in der Tasche und sie warten offenbar auf fallende Preise, ein weiteres Warnsignal für rezessive und deflatorische Tendenzen. Wie sollen angesichts stagnierender oder gar sinkender Einzelhandelsumsätze (siehe den Kurvenverlauf in der Grafik) die sinkenden Exporte ausgeglichen werden? Nichts ist es mit der „Wachstumslokomotive“ Deutschland, nichts ist es mit der Behauptung von Regierung und Sachverständigenrat, dass die Konjunktur von der Binnennachfrage getragen werde. Siehe nochmals Flassbeck „Der deutsche Einzelhandel: Tote Hose seit 1994 – und warum das allen Agenda 2010-Jubel unmittelbar widerlegt“.
Ergänzende Anmerkung JB: Seltsam, seltsam, dabei hatte die GfK doch vor nicht einmal einer Woche frohlockt, dass die „Deutschen sich die Kauflaune nicht vermiesen lassen“ und der „Abwärtstrend beim Konsumklima“ gestoppt sei. Ein weiterer Fall der sehr langen Pleiten-Pech-und-Pannen-Serie der GfK.
- Sinkende Staatseinnahmen – Wackelt jetzt die schwarze Null?
Jetzt schwächelt die Wirtschaft und in die Staatskassen fließt weniger Geld, hat die F.A.Z. aus dem Kreis der Steuerschätzer erfahren…
Die für nächstes Jahr erwartete Korrektur reicht von etwa einer Milliarde bis zu einem mittleren einstelligen Milliardenbetrag. Für den Bundesfinanzminister hieße dies, im besten Fall fällt 2015 ein dreistelliger Millionenbetrag aus, im schlechten Fall fehlen ihm eher zwei Milliarden Euro…
Die schwächere Konjunktur dürfte sich wiederum in der veranlagten Einkommensteuer und Körperschaftsteuer niederschlagen.
Quelle: FAZAnmerkung WL: Und wenn das Dogma der „schwarzen Null“ wackelt, wird man eben wieder einmal ein paar „Strukturreformen“ machen, und das heißt, Transferleistungen kürzen, staatliche Aufgaben privatisieren, kurz: die Dosis der neoliberalen Medizin erhöhen.
- Unfaire EU-Bankenabgabe könnte NRW-Bank Millionen kosten und Förderauftrag gefährden
Nach monatelangen Verhandlungen hat die EU-Kommission am letzten Dienstag zwei Rechtsakte vorgelegt, die die Berechnungsgrundlagen für die neue europäische Bankenabgabe regeln. Die neue Bankenabgabe wird auch von den Förderbanken der Bundesländer erhoben. Von der deutschen Bankenabgabe waren sie dagegen befreit. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) des Bundes ist dagegen nicht erfasst…
Dazu erklärt Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:
“Mit der EU-Bankenabgabe werden ausgerechnet Förderbanken und andere risikoarme Banken geschröpft. Es ist widersprüchlich, dass etwa die NRW-Bank in einen europäischen Abwicklungsfonds einzahlen soll, von dem sie niemals direkt profitieren kann. Nordrhein-Westfalen ist gesetzlich verpflichtet, für die NRW-Bank einzustehen. Gewährträgerhaftung und Anstaltslast machen die NRW-Bank grundsätzlich nicht abwicklungsfähig.
Auch die Höhe der verlangten Beiträge ist eine Frechheit.
Risikoverliebte Banken, die mit Milliardenbeträgen spekulieren, zahlen pro Bilanzeinheit maximal das Doppelte als eine Bank, die solide die Realwirtschaft finanziert. Damit sollen die Förderbanken der Länder wie auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken die risikobehafteten Geschäftsmodelle von Deutscher Bank, BNP Paribas und anderer Investmentbanken subventionieren. Alleine auf die NRW-Bank kommen in den nächsten acht Jahren rund 40 Millionen Euro jährlich zu.”
Quelle: Sven Giegold - „Kosteneffizient bleiben?“ Erster Kommentar zum Grünbuch des BMWi
Tatsächlich geht es im Grünbuch – wie bei einer ersten Lektüre klar wird – eher darum, das künftige Stromversorgungs- und –verbrauchs-System, das nach Vorgabe der Energiewende weiter umgebaut werden soll, so zu gestalten, dass dabei die „Sicherheit“ auf hohem Niveau gewährleistet und eine möglichst hohe „Kosteneffizienz“ erreicht wird, durch Abbau bestehender Ineffizienzen und Nutzung neuer technischer und wirtschaftlicher Optionen u.a.m. Wenn man das als Zielfunktion formulieren wollte: bei vorgegebenen Umweltverträglichkeits- (sprich Energiewende-) Zielen und Erhaltung des Sicherheitsniveaus soll die Kosteneffizienz maximiert werden. Der Treiber der Vorschläge zur Optimierung des Systems ist also die Kosteneffizienz.
Quelle: elsud - Fahnder-Legende jagt Milliarden-Betrüger
Banken und Investoren sollen den Staat mit einem Trick um Milliarden geprellt haben. Jetzt holen Nordrhein-Westfalens Steuerfahnder zum großen Schlag gegen Cum-Ex-Betrüger aus. Vor dem Chef der Wuppertaler Behörde müssen sich die Kriminellen in Acht nehmen. […]
Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Wuppertal liegt im Stadtteil Barmen an einer stillgelegten Trasse der Schwebebahn. Ein grauer Kasten, für den der Begriff Zweckbau eine beschönigende Umschreibung wäre. Im sechsten Stock sitzt der Chef der Behörde.
Er heißt Peter B., möchte seinen Namen nicht ausgeschrieben in der Zeitung lesen und ist unter den 2600 Steuerfahndern im Land eine Legende. Ganz große Fälle der letzten drei Jahrzehnte hat er mit einem verschworenen Team aufgerollt. Der Jurist gilt als äußerst kreativ, sehr eigenwillig und verfügt über beste Kontakte.
Quelle: Süddeutsche Zeitung - Nazi-Netzwerk NSU
“Der NSU war nach dem Ergebnis der Ermittlungen stets eine singuläre Vereinigung aus drei Personen”, sagt der Generalbundesanwalt. Doch Strategie und Taten des Nationalsozialistischen Untergrunds waren alles andere als isoliert und einzigartig.
Rechte Terrorakte gab es in der Vergangenheit in ganz Europa und den USA. Folgt man den Spuren des Terrors, stößt man immer wieder auf das nationalsozialistische Netzwerk “Blood & Honour”. Zum harten Kern zählten – laut Ermittlern – auch die späteren NSU-Terroristen Uwe Mundlos, Uwe Bönhardt und Beate Zschäpe. Doch Vernetzungen spielen bei der Aufarbeitung der NSU-Morde kaum eine Rolle. Stattdessen verfolgen die Behörden lediglich die “erweiterte Einzeltätertheorie”. Werden die terroristischen Gefahren von rechts schon wieder unterschätzt?
Das Feature wird bei ARD.de zum Download angeboten.
Quelle: WDR5 - Hooligans: Die große Verharmlosung
Der Aufmarsch der “Hooligans gegen Salafisten” (HoGeSa) am vergangenen Sonntag in Köln war mit 4.800 Teilnehmern eine der größten Demonstrationen der extremen Rechten innerhalb der vergangenen zehn Jahre. An den Reaktionen von Medien und Politik, aber auch an der völlig unzureichenden Vorbereitung der Polizei zeigte sich eine erschreckende Ahnungslosigkeit über den Charakter dieser Veranstaltung. Doch was hätte man anderes erwarten können, wenn sich eine per se gewaltbereite Hooliganszene mit rechten Ideologen verbindet, als eine aggressive Artikulation von Nationalismus und Rassismus? Überraschend, selbst für viele Szenekenner, war lediglich die Masse der Teilnehmer an der ausschließlich über soziale Netzwerke beworbenen Veranstaltung.
Ein erschreckendes Beispiel für die Naivität vieler Beobachter bot ausgerechnet Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), als er den Teilnehmern in einem ARD-Interview unterstellte, dass für sie “Politik nur ein Vehikel ist, um eine Massenschlägerei anzuzetteln”. Damit verkennt er den explizit politischen Charakter, der sich auf den Straßen rund um den Kölner Hauptbahnhof zeigte, und wiederholt damit den Kardinalfehler der Politik im Umgang mit Rechtsextremismus: seine Verharmlosung. Schon bei oberflächlicher Betrachtung hätte auffallen müssen, dass sich das braune Spektrum dort in ganzer Breite zeigte.
Quelle: taz - Vertretung nützt Patienten
Gewerkschaften sind in erster Linie dazu da, sich für die Interessen von Arbeitnehmern einzusetzen. Wie sich dieser Einsatz auf die Arbeitsleistung auswirkt, haben Arindrajit Dube von der University of Massachusetts Amherst, Ethan Kaplan von der University of Maryland College Park und Owen Thompson von der University of Wisconsin Milwaukee am Beispiel von Krankenschwestern empirisch untersucht. Das Ergebnis: Klinikbeschäftigte, die von einer Gewerkschaft vertreten werden, leisten bessere Arbeit, die sich positiv auf die Gesundheit ihrer Patienten auswirkt. … Als Erklärung für ihren Befund verweisen Dube, Kaplan und Thompson zum einen auf die höheren Löhne, die Gewerkschaften in der Regel durchsetzen und die zu mehr Motivation beitragen. Zum anderen dürfte auch das Gefühl, mehr mitbestimmen zu können, nach ihrer Einschätzung die Arbeitsmoral positiv beeinflussen. Zugleich sinke erfahrungsgemäß die Fluktuationsrate. Darüber hinaus seien Gewerkschaften oft in der Lage, Verbesserungen beim Personalschlüssel und der Arbeitsbelastung durchzusetzen. Dadurch hätten die Krankenschwestern mehr Zeit für den einzelnen Patienten und seien weniger erschöpft.
Quelle: Boeckler ImpulsQuelle: Boeckler Impuls
Anmerkung Orlando Pascheit: Im Grunde liegt es auf der Hand, dass Arbeitnehmer, die über ihre Arbeitsbedingungen mitbestimmen können – der Lohn ist nur ein Aspekt – effektiver, produktiver, und innovativer arbeiten. Genauso wie es auf der Hand liegt, dass eine gerechtere Gesellschaft auch ökonomisch eine bessere Performance hinlegt. Es ist geradezu erschütternd, dass die Vertreter des Gemeinwesens, die Politiker, aber genauso die Vertreter des Kapitals nicht zu der Klugheit vordringen, dieses Auf-der-Hand-liegende umzusetzen. Umso schlimmer, dass, wenn diese Alltagseinsichten – obwohl eigentlich unnötig – wissenschaftlich untermauert werden, nicht in die Hirne der Verantwortlichen dringen. Wir wissen aus der Geschichte und ebenso aus unmittelbarer Beobachtung heute, dass Sklavenhaltergesellschaften höchst ineffizient sind und den Keim des Untergangs in sich tragen. Und dennoch können wir ausgehend von der Dritten Welt bis in die hochentwickelten Industrienationen seitens der herrschenden Kapitalfraktion die Zunahme einer Sklavenhaltermentalität beobachten. Es ist abzusehen, dass die Sklavenhalter der Moderne und damit auch ihre Gesellschaften – also wir – so in den Abgrund taumeln. Allerorten wirkt im Namen eines fragwürdigen Wettbewerbsbegriffs zunehmend die schlichte Ratio: Kostensparen bei der Masse der Arbeitnehmer gleich mehr Gewinn. Natürlich werden die Capos dieses Systems je asozialer der Gewinn desto mehr belohnt. Und die von Mittelmäßigkeit geprägte Politikerkaste folgt, wenn sie nicht von vornherein korrumpiert ist, als dienstbarer Geist solch tumben – persönlich vielversprechenden – den Ruin der Nationen bewirkenden Parolen. Natürlich gehen solche Rechnungen für den Einzelnen oft genug kurzfristig auf – und diese Generation hat für ein Leben ausgesorgt -, aber dieses System geht, wenn es bei diesen Verhältnissen bleibt. den Bach hinunter. – Ich entschuldige mich bei den Herren Wissenschaftlern (oben), deren Arbeit ich nicht schmälern möchte, für meine einfachen und etwas emotional gefärbten Ausführungen. Die Kapitalfraktion (also inklusive Politiker) wird diesen Text sowieso nicht zu Gesicht bekommen.
- Volker Gerhardt: Tätiger Widerspruch – Über die Bologna-Reform und ihre Folgen
Wer über viele Jahrzehnte an deutschen Universitäten gelehrt und geforscht hat, hat in diesen Jahren viele Reformen erlebt. Die weitreichendste Reform, die auch die Grundlagen der Universität berührt, ist die Bologna-Reform. Hat diese das Zeug, den deutschen Universitäten den Geist auszutreiben?…
Kaum etwas belebt mich so nachhaltig wie die Zusammenarbeit mit Studierenden. Aber die Belastungen, die in der Folge der Bologna-Reform auf jeden zukommen, der Vorlesungen hält oder Seminare anbietet, sind so grotesk, dass jedes Interesse an der Lehre verloren geht – es sei denn, man wollte nichts anderes als Lehrer, Gutachter, Prüfer und Empfehlungsbriefschreiber sein. Kein Wunder, dass Forschungssemester auch von denen angestrebt werden, die weder die Neigung noch die Ausdauer zur Forschung haben…
Jetzt aber hat die Studienreform nach dem Bologna-Modell das Zeug, den deutschen Universitäten den Geist auszutreiben, also eben das, was sie im neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert zum Vorbild für anspruchsvolle Universitätsgründungen in aller Welt gemacht hat.
Quelle: Forschung & Lehre - Das Gymnasium ist “entzaubert”, aber alternativlos für Eltern der “sozialen Mitte”
Eine sozialwissenschaftliche Studie zu “Wahrnehmungen und Erfahrungen im Schulalltag von Eltern und Lehrern” gibt wichtige Hinweise zum Schulwahlverhalten von Eltern. Sie gibt auch Aufschluss darüber, was Eltern der “sozialen Mitte” antreibt, sich für die Rückkehr zu G9 vehement einzusetzen, und welchen Stellenwert die Inklusion für sie hat…
Die Studie stellt heraus, dass für Eltern aus den Milieus der “sozialen Mitte” das Gymnasium alternativlos ist, auch wenn sie G8 heftig kritisieren. Die Hauptschule oder eine Schulform, die aus der Zusammenlegung von Haupt- und Realschule hervorgeht, werden grundsätzlich abgelehnt. Als Gründe werden das schlechte soziale Umfeld und die damit verbundenen schlechteren Bildungs- und Berufschancen der Kinder angegeben…
Aufschlussreich sind die Motive, denen laut Studie eine zunehmende Bedeutung bei der elterlichen Schulwahl zukommt und die sich mit der soziokulturellen Selektion am Gymnasium verbinden. Dazu stellt die Studie fest: “Die zentralen Motive von Eltern aus gehobenen Milieus und auch aus der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft bei der Schulwahl sind Distinktion und soziale Homogenität.” Kinder aus der sozialen Unterschicht sollte es aus dieser Perspektive nach Möglichkeit an der Schule des eigenen Kindes nicht geben.
Quelle: Brigitte Schumann in bildungsklick - Ungarn: Orbán zieht umstrittene Internetsteuer zurück
Die ungarische Regierung macht einen Rückzieher: Nach massiven Protesten gegen eine geplante Internetsteuer hat Ministerpräsident Orbán das Projekt nun gestoppt. Ein neuer Anlauf ist aber bereits angekündigt…
Am Sonntag und Dienstag hatten Tausende Menschen in Budapest gegen das Vorhaben der Regierung protestiert, mit Parolen wie “He, Orbán, hier spricht das ungarische Volk!”, “Wir lassen es nicht zu!” und “Orbán, verschwinde!”…
Die Regierungspläne sahen eine Abgabe für Internetanbieter von 150 Forint (knapp 0,49 Euro) pro Gigabyte vor. Pro Monat sollten für Privatkunden maximal 700 Forint (rund 2,30 Euro) und für Geschäftskunden maximal 5000 Forint (rund 16,50 Euro) fällig werden. Die zusätzlichen Einnahmen – laut Regierungsplan 80 bis 100 Millionen Euro pro Jahr – hätten angeblich in den Ausbau des ungarischen Breitbandinternets fließen sollen…
Ganz vom Tisch scheint die Internetsteuer trotzdem noch nicht zu sein: Für das kommende Jahr kündigte Orbán einen neuen Anlauf an, online generierte Umsätze zu besteuern…
Quelle: Spiegel Online - Graham E. Fuller: Unser Mann in Damaskus
Das Assad-Regime wird nicht fallen. Wir sollten gemeinsam mit ihm die Dschihadisten vertreiben.
Würde sich Washington zuerst der Beendigung des syrischen Bürgerkriegs widmen, so wäre das der wirkungsvollste Ansatz dazu, den Knoten im Nahen Osten zu entwirren.
Nachdem die Volksbewegungen des Arabischen Frühlings die Regierungen in Tunesien, Ägypten, Libyen und im Jemen gestürzt hatten, sah es so aus, als sei das Assad-Regime in Syrien als Nächstes an der Reihe. Die USA, die Türkei, Saudi-Arabien und andere Staaten der Region wetteten darauf, dass ein kleiner Stoß von außen ausreichen würde, um Assad zu Fall zu bringen – egal, wer genau ihm nachfolgen würde….
Assad wird in absehbarer Zukunft nicht fallen. Er ist alles andere als ein idealer Herrscher, doch er denkt rational, führt seit langem einen funktionierenden Staat und hat in Syrien die Unterstützung vieler, die sich zu Recht vor den möglichen neuen Machthabern oder der Anarchie fürchten, die nach seinem Sturz in Syrien herrschen könnten. Ungeachtet des neokonservativen Geschwafels stellt Assad keine echte Bedrohung im Nahen Osten dar. Es ist höchste Zeit: Die USA müssen in den sauren Apfel beißen, das eigene Scheitern einräumen und Assad erlauben – oder ihm dabei helfen –, den Bürgerkrieg in Syrien rasch zu beenden und die Dschihadisten zu vertreiben.
Quelle: Internationale Politik und Gesellschaft IPG - Obama, das Wahlkampfhindernis
Das verflixte sechste Jahr. Es trifft jetzt auch den strahlenden Sieger von einst. Vor den Halbzeitwahlen ist Barack Obama seinen ParteifreundInnen zu einem Handicap geworden. In ihren Kampagnen sind sie auf Distanz zu dem Präsidenten gegangen und vermeiden selbst seine namentliche Erwähnung. Die RepublikanerInnen hingegen versuchen, die Wahlen, zu einem Referendum über ihn zu machen. In ihren Werbespots ist er der Buhmann, der auf der ganzen Linie versagt hat: von der Staatsverschuldung über die Bekämpfung des Terrorismus bis hin zu Ebola. Sämtliche MeinungsforscherInnen geben ihnen recht. Sie prognostizieren, dass die RepublikanerInnen am kommenden Dienstag mit dem Senat auch die zweite Kammer des Kongresses erobern werden. Damit würde die seit Jahren massive Blockade in Washington total.
Obamas Popularität ist auf knapp über 40 Prozent abgesackt und nicht nur die RepublikanerInnen – deren Verantwortliche schon vor Jahren die Blockade seiner Politik zu ihrer obersten politischen Linie gemacht haben – sondern auch traditionelle demokratische WählerInnen haben sich von ihm abgewandt: Latinos sind enttäuscht darüber, dass die seit Jahren versprochene umfassende Einwanderungsreform nicht stattgefunden hat und in diesem Wahlkampf – auf Druck von WahlkämpferInnen in der Demokratischen Partei – erneut verschoben worden ist. UmweltschützerInnen verübeln ihm, dass er immer noch keine Entscheidung gegen die Ölpipeline Keystone XL gefällt hat, die ein schwerer Schlag gegen jede Klimapolitik wäre. Und AfroamerikanerInnen betrachten Obama zwar weiterhin als Identifikationsfigur, können aber nicht feststellen, dass sich ihre Lage verbessert hat. Im Gegenteil: In den zurückliegenden Jahren haben republikanische Bundesstaaten quer durch das Land Dutzende bürokratische Hindernisse eingeführt, die das Wahlrecht zuungunsten von “Minderheiten” verändern. Und soziale Ungerechtigkeiten sowie die Polizeigewalt trifft weiterhin ganz überproportional die “Minderheiten”.
Quelle: tazAnmerkung Orlando Pascheit: Könnte es nicht einfach so sein – schlimm genug – dass im derzeitigen wirtschaftlichen und sozialen Fiasko die Ärmsten aufgegeben haben und der Rest sich im rechten Lager versucht. Denn dieser Rest liefert sich immer mehr einen primitiven Kampf ums Überleben, mühsam überhöht von simplen, aber wirksamen rechten Ideologien. – Zwar vermelden unsere Medien Europa ermahnend schöne US-Wachstumsraten. Was sie nicht melden, ist, dass diese Entwicklung nur einer kleine Schicht zugutekommt. Die US-Haushaltseinkommen (Median) liegen heute auf dem Niveau von 1995.
- Tea Party: Revolution im Maisfeld
Der US-Bundesstaat Kansas sollte zur Blaupause für die Tea Party werden. Hier wollten sie zeigen, dass libertäre Politik funktioniert. Es endete in einem Fiasko.
Begonnen hat alles vor vier Jahren mit großen Ankündigungen. Damals wurde Sam Brownback mit einer satten Mehrheit von 63 Prozent und einem Vorsprung von 30 Prozentpunkten vor seinem Herausforderer zum Gouverneur des Präriestaates im Herzen Amerikas gewählt. Sein Ziel: ein Vorbild für libertäre Wirtschaftspolitik zu schaffen – einen Modellstaat, nach Brownbacks Worten…
Als Gouverneur privatisierte er die bis dahin staatliche Gesundheitsfürsorge Medicaid, schränkte die Arbeitsrechte von Lehrern ein und strich Sozialleistungen zusammen. Sein Meisterstück war jedoch die drastische Senkung der Einkommenssteuer. Der Spitzensatz von 6,45 Prozent wurde gestrichen, der mittlere Satz von 6,25 auf 4,9 Prozent gesenkt und der unterste von 3,5 auf 3 Prozent reduziert… Rund 200.000 Unternehmen erließ Brownbacks Steuerreform die Abgaben an den Bundesstaat ganz. Die Reform, versprach der frischgebackene Gouverneur, würde Kansas’ Wirtschaft einen “Adrenalinstoß ins Herz” versetzen.
Aber der Stich ins Herz blieb aus, heute steht der Haushalt von Kansas vor dem finanziellen Kollaps. Die Steuereinnahmen allein im aktuellen Fiskaljahr liegen 338 Millionen Dollar unter den Prognosen. Und sie sind um 726 Millionen Dollar niedriger als noch vor einem Jahr.
Quelle: Zeit.de - Forscher: Journalisten haben Nachholbedarf beim Leserdialog
Der Redakteur von heute hat es nicht leicht: Er muss nicht nur kreativ sein, er muss auch aufs Publikum hören. Viele Journalisten müssten noch dazulernen, findet ein Medienwissenschaftler…
Viele Redakteure nähmen die Kommunikation mit ihrem Publikum nicht an, sagte der bei der Untersuchung federführende Hamburger Medienwissenschaftler Volker Lilienthal am Freitag bei den Münchner Medientagen. Auch beim Thema Weiterbildung in der Nutzung sozialer Netzwerke für den Journalismus gebe es noch Nachholbedarf.
Gleiches gelte für den Umgang mit den sogenannten Trollen, den Störern, die sich in den digitalen Foren mit mehr oder minder konstruktiven Beiträgen zu Wort melden…
Quelle: Neue Presse - „Initiative gegen Totalüberwachung“ in Köln gegründet
Maßgeblich durch Juristen hat sich die Initiative gegen Totalüberwachung gegründet. Sie wendet sich entschieden gegen die derzeitigen, missbräuchlichen Praktiken der Datenerhebung und Nutzung durch die Geheimdienste, sozialen Netzwerke, Suchmaschinen und Internetkonzerne, da dadurch unser Persönlichkeitsrecht und der uns grundgesetzlich garantierte Schutz unserer Persönlichkeit inakzeptabel verletzt wird. Unter dem Motto „Ich gehe keinen was an“ fordert die Initiative von Politik und IT-Wirtschaft vollständige Aufklärung über die umfänglichen Ausspäh- und Vermarktungsmaßnahmen. Die Initiative bietet Hilfestellung gegen den weitverbreiteten Missbrauch der Datenschutzrechte aller Bürger. Sie nimmt Einfluss auf die Politik und die IT-Konzerne, um schnellstmöglich auf nationaler und internationaler Ebene gesetzliche und vertragliche Regelungen zu schaffen, die Datenmissbrauch zumindest einschränkt. Die Initiative gegen Totalüberwachung erreichen Sie unter deren Homepage www.gegen-totalueberwachung.de, der Sie weitere Informationen entnehmen können.