Deutschland: Wider die Großmacht!
Deutschlands Armee ist längst von einer „Verteidigungsarmee“ zur „Armee im Einsatz“ mutiert. Hinter allen euphemistischen Begründungen für derlei Handeln – mal dient es dem Frieden, dann den Frauenrechten, dann der Versorgung der Armen in der Welt – dient dies dabei vor allem einem Ziel: Deutschland mit allen Mitteln wieder als Weltmacht zu etablieren und im Kampf um Rohstoffe, Marktzugänge und Handelswege ganz vorne mit dabei zu sein. Manch Linker bemüht diesbezüglich inzwischen das Wort Neokolonialismus, andere sprechen von Neoimperialismus, meinen jedoch dasselbe. Zum Bestreben deutscher Eliten, wieder Weltmacht zu werden, das inzwischen kampagnenförmig daher kommt und sich in fast allen aktuellen sicherheitspolitischen Debatten widerspiegelt, sprach Jens Wernicke mit Jürgen Wagner, geschäftsführendem Vorstandsmitglied der Tübinger Informationsstelle Militarisierung.
Herr Wagner, vom 14. auf den 15. November veranstaltet die Informationsstelle Militarisierung einen Kongress mit dem Titel „Deutschland: Wi(e)der die Großmacht!“. Worum wird es da gehen?
Kurz zusammengefasst wollen wir uns auf dem Kongress mit dem seit Anfang 2014 seitens der deutschen Eliten auch in der Öffentlichkeit– und hier insbesondere natürlich durch Bundespräsident Joachim Gauck – hinausposaunten Anspruch auf eine ambitioniertere globale Rolle Deutschlands beschäftigen.
Dabei geht es uns einmal natürlich darum, herauszuarbeiten, dass dieser Paradigmenwechsel in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik von langer Hand geplant war: Über ein Jahr lang trafen sich etwa 50 Vertreter in dem Projekt „Neue Macht, Neue Verantwortung“ [PDF – 259 KB], um sich über die Grundlagen einer neuen deutschen Machtpolitik zu verständigen. Herausgekommen ist dann im September 2013 ein gleichnamiges Papier, das im Wesentlichen alle Elemente enthält, die Joachim Gauck in seiner Rede Anfang 2014 dann auch einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert hat.
Den Entstehungsprozess dieses Elitenkonsenses herauszuarbeiten ist aber nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen geht es uns natürlich auch darum, zu schauen, ob und wenn ja, inwieweit sich dieser neue Kurs bereits in der praktischen Politik niederschlägt. Wenn auch wesentliche Trends schon länger beobachtbar sind, so lässt sich unserer Auffassung nach doch aufzeigen, dass Deutschland in jüngster Zeit in einer ganzen Reihe von Konflikten noch vehementer als bisher bestrebt ist, mehr, wie es uns als Öffentlichkeit dann verkauft wird, so genannte „Verantwortung“ zu übernehmen und weltweit aktiver mitzumischen.
Aber was soll falsch daran sein, als Land „mehr Verantwortung“ in der und für die Welt zu übernehmen?
Zunächst einmal ist der Begriff ja total schwammig. Klar, Deutschland könnte – und sollte – Verantwortung für eine ganze Menge Dinge übernehmen, Ansätze dafür gäbe es wahrlich genug: Das Land bleibt seit fast 45 Jahren etwa weit unter der damaligen Zusage, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe auszugeben zurück. 2013 waren es gerade einmal 0,38 Prozent. Zusammen mit der neoliberalen Außenwirtschaftspolitik und der Rolle als drittgrößter Waffenexporteur der Welt ist Deutschland damit für Armut und Chaos in vielen Teilen der Welt maßgeblich mitverantwortlich.
Doch anstatt dieser Verantwortung tatsächlich gerecht zu werden und an den hierzulande liegenden Ursachen für dieses Leid anzusetzen, hat man stets aufs Neue nur zwei vermeintliche „Lösungen“ zur Hand. Da wird zum einen die Festung Europa immer besser abgeschottet, um den Preis, dass seit dem Jahr 2000 laut der dieses Jahr von Amnesty International veröffentlichten Studie “The Human Cost of Fortress Europe” [PDF – 1.9 MB] bereits mindestens 23.000 Menschen beim Versuch, nach Europa zu flüchten, ihr Leben verloren. Und da wird zum anderen mit stiererem Tunnelblick immer wieder behauptet und – vergeblich – zu beweisen versucht, dass für die „Lösung“ von Konflikten sowie generell für die Übernahme internationaler Verantwortung militärische Mittel unverzichtbar seien. Und zwar obwohl die Bilanz internationaler Militäreinsätze klar und deutlich aufzeigt, dass sie ein großer Teil des Problems und nicht der Lösung von vielen Konflikten sind.
Man schaue sich nur die heutige Situation in Libyen an, um nur ein Beispiel zu nennen. Trotzdem scheint hierzulande weiter die Vorstellung vorzuherrschen, die politische Klasse wüsste, was sie da tut, was mir angesichts der katastrophalen Bilanz der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik völlig unverständlich ist. Peter Bürger hat diesbezüglich kürzlich auf Telepolis eine wie ich finde sehr treffende „pazifistische Polemik“ veröffentlicht, in der er fordert, den Eliten diesen Vertrauensvorschuss endlich zu entziehen. Er schreibt:
„Waffenlieferungen, Luftbombardements oder Bodentruppen können die Gewaltexplosionen, die der Militärkomplex zuvor selbst entzündet hat, nicht beenden. Waffenlieferungen oder eigene Militärschläge, das sind die Verzweiflungsparolen der Ratlosen. Jeder halbwegs nachdenkliche Mensch kann heute sehen, dass die Krieger mit ihrem Latein wieder einmal am Ende sind. Sie geben noch immer vor, ‚Lösungen‘ parat zu haben und die von ihnen neu ‚geordnete‘ Welt irgendwie in den Griff zu bekommen. Doch es bleibt dabei: ‚Sie können es nicht!‘”
Natürlich orientiert sich diese Kritik dabei grundsätzlich an dem, was offiziell vorgeblich erreicht werden soll – dem Schutz von Menschenrechten also etwa, der ja nahezu überall als Legitimation für Militäreinsätze herhalten muss. Es ist richtig, die Regierung an der Erreichung beziehungsweise Nichterreichung ihrer vorgeschobenen Argumente zu messen: Dies öffnet den Blick dafür, dass es bei der ganzen Übung ohnehin nicht um hehre humanistische Ziele geht, sondern um blanke Großmachtpolitik, für die aber einer Militäreinsätzen skeptisch gegenüberstehenden Bevölkerung andere Gründe untergejubelt werden müssen. Will sagen: Die Propaganda der Eliten als Lüge zu entlarven ist die notwendige Voraussetzung für eine dringend erforderliche fundamentale Grundsatzkritik der hiesigen Kriegspolitik.
Können Sie dies bitte ein wenig ausführen?
Nun, schaut man sich das Papier „Neue Macht, Neue Verantwortung“, das ich bereits erwähnt habe und das gewissermaßen als Verständigungsgrundlage und Elitenkonsens für die künftige deutsche Außen- und Sicherheitspolitik fungiert, einmal genauer an, so springt einem daraus ein recht nassforsch formulierter – militärisch unterfütterter – Weltmachtanspruch auf nahezu jeder Seite entgegen.
Da wird etwa kritisiert, Deutschland sei derzeit nur „Weltmacht im Wartestand“, werde künftig jedoch mehr „führen müssen“. Genauso werde Deutschland „eigene Interessen und Werte deutlich(er) artikulieren müssen”, dies erfordere jedoch zwingend „mehr militärischen Einsatz und mehr politische Führung.“
Im Prinzip ist die Überlegung recht simpel – und auch nicht einmal neu: Schon in den „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ [PDF – 76,9 KB] aus dem Jahr 1992 hieß es, die “Einflussnahme auf die internationalen Institutionen und Prozesse im Sinne unserer Interessen [sei] gegründet auf unsere Wirtschaftskraft, unseren militärischen Beitrag”. Im Klartext: Wer nicht in erheblichem Ausmaß mitkämpft, hat auf dem internationalen Parkett auch nichts mitzureden. Und aber auch: Die Interessen der Eliten werden immer als „unsere“, also unser aller Interessen ausgegeben, kodiert und propagandistisch kommuniziert. Was aktuell neu ist, sind vor allem die Vehemenz und Aggressivität, mit welchen derlei Interessen zurzeit angegangen und umgesetzt werden, um – die Eliten würden sagen: endlich! – Deutschlands weltpolitischen Aufstieg zu ermöglichen.
Dabei sollte man sich von der ganzen Verantwortungsrhetorik, die uns als Bürgern entgegen kommt, auf keinen Fall Sand in die Augen streuen lassen – sie ist lediglich dazu da, den machtpolitischen Kern des eigentlichen Handelns zu verdecken, die wahren Interessen also zu verschleiern. Der Politikprofessor Gunther Hellmann hat dies schon vor einiger Zeit einmal wie ich finde treffend auf den Punkt gebracht:
„Deutschland, so heißt es, hat ‚Führungsverantwortung‘ zu übernehmen. Eine ‚Kultur der Zurückhaltung‘, wie sie in Bonner Zeiten verstanden wurde, ist mit einer derart gewachsenen außenpolitischen ‚Verantwortung‘ nicht mehr vereinbar. […] Berlin sagt ‚Verantwortung übernehmen‘, meint aber ‚Macht ausüben‘.“
Das ist mir alles doch noch ein wenig zu abstrakt… Wie übersetzen sich solche Ambitionen denn konkret in praktische Politik? Nehmen wir einmal das Beispiel Ukraine [PDF – 543 KB]: Inwiefern realisieren sich hier ganz konkret die deutschen „Großmachtallüren“?
Also zunächst lässt die deutsche Außenpolitik keinerlei Zweifel daran aufkommen, dass Deutschland sich als eine, wenn nicht gar die Führungsmacht der Europäischen Union versteht. Sie war von Beginn an etwa maßgeblich daran beteiligt, die sogenannte „Europäische Nachbarschaftspolitik“ auf den Weg zu bringen, über die die angrenzenden Länder fest in eine großeuropäische Wirtschafts- und Einflusszone integriert werden sollen. Dies geschieht dabei vor allem über so genannte Assoziationsabkommen, mit denen Nachbarländer faktisch bei Unterzeichnung der EU angegliedert werden – allerdings nicht als voll mitspracheberechtigte Mitglieder, sondern als untergeordnete Investitions- und Absatzmärkte, als Niedrigsteuerländer und verlängerte Werkbänke.
Solch ein Abkommen wurde auch mit der Ukraine ausverhandelt. Es lag bereits 2012 unterschriftsreif vor. In der damaligen Regierung von Wiktor Janukowitsch setzte sich dann aber – vollkommen zu Recht – die Auffassung durch, das Abkommen werde sich wirtschaftlich extrem nachteilig auswirken. Dies führte dann zur Entscheidung im November 2013, den Vertrag auf Eis zu legen. Was danach kam, ist ja bekannt: Unmittelbar darauf setzten die vom Westen und auch von Deutschland massiv unterstützten Maidan-Proteste ein. Die Führung dieser Proteste übernahm ein Dreierbündnis, an dem unter anderem die Partei „Udar“ des ehemaligen Box-Weltmeisters Witali Klitschko beteiligt war. Klitschko kann hier eindeutig als deutscher Interessensvertreter identifiziert werden: Seine Partei wurde überhaupt erst von der Konrad-Adenauer-Stiftung ins Leben gerufen und maßgeblich von der konservativen „Europäischen Volkspartei“ (EVP) finanziert.
Diverse deutsche Politiker reisten dabei auf den Maidan und forderten relativ offen den Sturz des gewählten Präsidenten Janukowitsch und drängten darauf, Klitschko als neuen Machthaber in Kiew zu installieren. So besuchte etwa Elmar Brok (CDU/EOP), der einflussreiche Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments Ende 2013 die Ukraine, um seine Solidarität mit den Maidan-Protesten zu bekunden. Danach äußerte er sich unverblümt, wie seine Wunschvorstellung aussehen würde:
„Wir erleben Demonstrationen der Opposition, wie es sie auch schon bei der orangenen Revolution 2004 gegeben hat. Die Bürgerinnen und Bürger protestieren gegen Manipulationen der Regierung Janukowitsch und wollen verhindern, dass das Angebot der Europäischen Union eines Assoziierungs- und Freihandelsabkommens gegen ihren Willen ausgeschlagen wird. […] Die Ukraine braucht Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Dem Präsidenten fehlt dazu der Mut, er scheut davor zurück, Russland entgegenzutreten. […] Den besten Dienst würde er seinem Land erweisen, wenn er jetzt den Weg für Neuwahlen freimachen würde. […] Vitali Klitschko hat das Zeug, bei der nächsten Wahl spätestens 2015 Staatspräsident der Ukraine zu werden.“
Janukowitsch wurde dann im Februar 2014 unter Gewaltandrohung aus dem Land gejagt und es kam unter maßgeblicher Beteiligung faschistischer Kräfte zur Bildung einer illegalen Übergangsregierung, die von Deutschland auch unmittelbar anerkannt wurde. Allerdings setzten sich zunächst die USA durch, indem sie Klitschko aus der Regierung heraus hielten und die wesentlichen Posten mit Vertretern der ihnen nahestehenden Vaterlands-Partei von Julia Timoschenko besetzten. Dies führte zeitweise zu heftigen Streitereien zwischen Berlin und Washington, die berühmt gewordene „Fuck-the-EU“-Aussage der hochrangigen US-Diplomatin Victoria Nuland war etwa in diesem Zusammenhang entstanden. Bei den vorgezogenen Neuwahlen am 25. Mai 2014 gelang dann aber eine Art „Comeback“: Der chancenlose Klitschko warf seinen Hut hinter den späteren Gewinner Petro Poroschenko, ist jetzt Bürgermeister von Kiew und bereitet sich auf einen erneuten Anlauf auf höhere Ämter und Würden vor.
Parallel dazu wurde die militärische Offensive gegen separatistische Kräfte im Osten der Ukraine auch und insbesondere aus Deutschland unterstützt und von Politik und Medien auf einen russlandfeindlichen Kurs eingeschwenkt, der seit Ende des Kalten Krieges seinesgleichen sucht. Dies gipfelte jetzt buchstäblich vorläufig beim NATO-Treffen Anfang September 2014 in Wales, wo eine umfangreiche militärische Mobilmachung gegen Russland auf den Weg gebracht wurde.
Im Kern geht es dabei darum, dass man Russland als Ordnungsmacht in der Ukraine und der ganzen Region ablösen will – ein Umstand, der im Übrigen auch recht offen bereits im Papier „Neue Macht, Neue Verantwortung“ angesprochen wurde – und damit lange vor all den vermeintlichen „Gründen“, die nun vorgeschoben werden, um mehr deutsche „Verantwortung“ zu rechtfertigen:
„In Europas südlicher und östlicher Nachbarschaft muss die EU als regionale Ordnungsmacht Stabilität und gute Regierungsführung anstreben – und dabei nicht nur auf Regierungen zielen, sondern auf Zivilgesellschaften. […] Deutsche Außenpolitik wird sich weiterhin der gesamten Palette der außenpolitischen Instrumente bedienen, von der Diplomatie über die Entwicklungs- und Kulturpolitik bis hin zum Einsatz militärischer Gewalt.“
Gerade eben – und sicher nicht zufällig im Kontext breiter medialer Diskussionen über die schlechte Ausrüstung der Bundeswehr – hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel eine Grundsatzrede zur vermeintlich notwendigen Stärkung der deutschen Rüstungsindustrie gehalten. Ordnen Sie auch Gabriels Auftreten und Positionierung in ihre Perspektive, dass es um Großmachtbestrebungen gehe, ein? Und wenn ja: Wie und wieso?
Ja, das tue ich. Auf jeden Fall. Zuerst muss zu Gabriels Rede vom 8. Oktober 2014 allerdings gesagt werden, dass sie zwar durchaus Maßnahmen zur Beschränkung deutscher Rüstungsexporte vorsieht, aber leider in, sagen wir einmal, „überschaubarem“ Ausmaß. Der Wirtschaftsminister sprach sich konkret lediglich dafür aus, auf einen a) Teil der b) problematischsten Lieferungen in c) die brandgefährlichsten Krisenregionen zu verzichten. Gleichzeitig kündigte er allerdings umfassende Kompensationsleistungen in Richtung Rüstungsindustrie in Form einer „exportpolitischen Flankierung für die Verteidigungsindustrie“ an. Hierüber sollen dann Exporte in „befreundete“ Länder, nicht mehr nur aus NATO und EU, sondern überall in der Welt angekurbelt werden. Genannt wurden beispielsweise Brasilien und Indien.
Hierfür und generell für die Stärkung der deutschen Rüstungsindustrie drängt Gabriel dann auf eine Konsolidierung der Branche – zuerst einmal national und danach dann europaweit sollen Fusionen und Übernahmen gefördert werden, aus denen einige wenige Rüstungssuperkonzerne, so genannte Eurochampions hervorgehen würden. Dies soll zu einer schlagkräftigen und exportfähigen Rüstungsindustrie beitragen, welche von ihm – und natürlich den deutschen Eliten, als deren Sprachrohr und Interessenvertreter er hier agiert – als unerlässlich erachtet wird, um eine „effektive“ Großmachtpolitik überhaupt betreiben zu können. Und auch die Blaupause hierfür findet sich leider bereits im Papier „Neue Macht, Neue Verantwortung“. Dort heißt es: „Eine international wettbewerbsfähige europäische Rüstungsindustrie ist auf Dauer nur durch eine weitgehende Konsolidierung nationaler Industrien im europäischen Rahmen zu erhalten; diese ist deshalb im deutschen Interesse.“
Aus der ehemaligen „Arbeiterpartei“, die die Interessen der kleinen Leute zu vertreten meint, ist inzwischen offenbar unverhohlen eine Kriegspartei geworden, weil sie grundsätzliche Fragen von Kapitalismus und Moral mehr und mehr komplett ausblendet. Mindestens ebenso bitter ist es, dass ausgerechnet der ehemalige Vorsitzende der SPD, Oskar Lafontaine, nach neuerlichen Versuchen des „Reformflügels“ der Linkspartei, das Nein zu Militäreinsätzen aufzuweichen, am Freitag im Tagesspiegel in die Bütt gehen musste:
„Die Linke hat ihre Parteizentrale im Karl Liebknecht Haus. Ihre Mitglieder fühlen sich dem Erbe Karl Liebknechts verpflichtet: ‚Nieder mit dem Krieg!’ In dieser Tradition sieht sich die Linke, wenn sie in ihrem Grundsatzprogramm schreibt: ‚Die Linke ist eine internationalistische Friedenspartei, die für Gewaltfreiheit eintritt.’ Nun versuchen seit Jahren Gregor Gysi und einige von den Medien als ‚Reformer’ gewürdigte Politiker der Linken, das Vermächtnis Karl Liebknechts aus der Programmatik der Linken zu entsorgen. Dabei schielen sie auf eine Regierungsbeteiligung in einer rot-rot-grünen Koalition. SPD und Grüne haben ja die Bildung einer gemeinsamen Bundesregierung an die Bedingung geknüpft, dass die Linke ihre friedenspolitischen Grundsätze aufgibt.“
Angesichts solcher Debatten, vor allem aber im Lichte der neuen deutschen Großmachtambitionen ist es heute notwendiger denn je, nicht auf diese Kriegspropaganda hereinzufallen und sich ebenfalls unter Berufung auf Karl Liebknecht zu vergegenwärtigen: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“
Ich bedanke mich für das Gespräch.
Jürgen Wagner ist Politikwissenschafter, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Tübinger Informationsstelle Militarisierung und Redaktionsmitglied der Zeitschrift Wissenschaft und Frieden.