Hinweise des Tages II
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB,WL)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Jakob von Weizsäcker: Schlafwandelnd an den europäischen Abgrund
- TTIP – Gefahr für die Demokratie
- Heribert Prantl: Flüchtlingsschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe
- Klagen wegen Atomausstieg – Kettenreaktion vor Gericht
- Ehemalige sowjetische Kriegsgefangene
- Gerhard Schröder: „Ich bin stolz, ein Russland-Versteher zu sein“
- “Tagesthemen”-Moderator Thomas Roth entschuldigt sich on Air für Ukraine-Patzer
- DIW: Die deutsche Wiedervereinigung ist auch ein wirtschaftlicher Erfolg
- Hinweis: Bürgerschaftliche Konferenz – NSU im Staat!
- Münklers Lehrstück vom Großen Krieg
- Ergänzung zum Leserbrief: Ein neuer Nato-Generalsekretär
- NachDenkSeiten erscheinen aufgrund des Tags der Deutschen Einheit erst am Montag, dem 6. Oktober wieder
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Jakob von Weizsäcker: Schlafwandelnd an den europäischen Abgrund
Wer heute morgen die Informationen am Morgen des Deutschlandfunks gehört hat, wurde Zeuge, dass auch einer der bekanntesten sozialdemokratischen Ökonomen trotz Massenarbeitslosigkeit in Frankreich, der daraus resultierenden Stärkung Le Pens und ähnlichen Entwicklungen in anderen europäischen Ländern nichts weiter einfällt, als gegen die vermeintliche “Schuldenmacherei” Frankreichs zu Felde zu ziehen. Jakob von Weizsäcker ist damit nicht nur ein weiterer Wegbereiter Le Pens. Ein Blick zurück zeigt auch, dass von Weizsäcker seit 2011 – als die EU unter deutscher Fürsprache die Politik einleitete, die der Europäischen Währungsunion die historisch hohen Arbeitslosenzahlen bescherte – nichts dazugelernt hat, ja, einer der intellektuellen Wegbereiter auch dieser Katastrophe war.
Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft - TTIP – Gefahr für die Demokratie
Unter dem Motto „TTIP – Gefahr für die Demokratie!“ veranstaltete der ver.di Bezirk Essen am 25.9.2014 im Essener Gewerkschaftshaus eine öffentliche Diskussions- und Informationsveranstaltung zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU.
Als Referenten wirkten mit- der Kölner Publizist Werner Rügemer
- der Essener EU-Abgeordnete Jens Geier, SPD
Videomitschnitte dieser Veranstaltung auf YouTube:
- Teil 1: Vortrag von Werner Rügemer > 24 min.
- Teil 2: Vortrag von Jens Geier > 15 min.
- Teil 3: Ausschnitte aus der Diskussion > 20 min.
Quelle: ver.di facebook.com
- Heribert Prantl: Flüchtlingsschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe
Trotz hoher Flüchtlingszahlen, trotz beschämender Not in den Aufnahmelagern: Der Bund will an seiner Politik nichts ändern. Das kann so nicht bleiben…
Der Bund trachtet bei seiner Flüchtlingspolitik vor allem nach zwei Dingen. Erstens danach, möglichst wenig Aufnahme- und möglichst viel Abwehrpolitik zu betreiben. Und zweitens danach, die Kosten für die Aufnahme und Schutz der Flüchtlinge möglichst nach unten, auf die Länder und die Gemeinden abzuwälzen.
Das soll offenbar so bleiben – trotz der hohen Flüchtlingszahlen, trotz der drängenden Probleme, trotz der beschämenden Not in den Aufnahmelagern. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat soeben verkündet, dass der Bund den Ländern bei der Finanzierung der Flüchtlingsheime nicht unter die Arme greifen will.
Quelle: SZSiehe dazu auch: Nachts suchte der “SS-Trupp” Streit
- Klagen wegen Atomausstieg – Kettenreaktion vor Gericht
Nach RWE fordert nun auch Eon Schadensersatz von der Regierung, weil mit dem Ausstieg Gewinne aus der Atomenergie weggebrochen sind. Setzen sich die großen Energiekonzerne durch, könnte das die deutschen Steuerzahler Hunderte Millionen Euro kosten…
Eon fordert 380 Millionen Euro Schadenersatz von der Bundesregierung. Begründung: Entgangene Gewinne durch die Stromproduktion der Reaktoren. Der Konkurrent RWE hatte in einer ähnlichen Klage bereits 235 Millionen Euro eingefordert…
Mit milliardenschweren Klagen gingen die AKW-Betreiber vor mehreren Gerichten bereits gegen die spätere Entscheidung zum endgültigen Ausstieg vor. Sie fordern 15 Milliarden Euro Schadenersatz von der Regierung. Dabei geht es um die Frage, ob es sich um einen unzulässigen Eingriff in die Eigentumsrechte der Unternehmen handelt. Der schwedische Vattenfall-Konzern hatte die Bundesregierung zudem vor ein internationales Schiedsgericht in Washington zitiert und dort etwa drei Milliarden Euro wegen der vorzeitigen Stilllegung der beiden Atommeiler Krümmel und Brunsbüttel gefordert. Anfang 2015 rechnet die Branche mit ersten Entscheidungen. Der Ausgang ist laut Fachleuten offen.
Doch auch bei diesen Verfahren soll es offenbar nicht bleiben. Die Konzerne wollen weiter gehen und nehmen nun auch noch die Zusatzkosten ins Visier, die ihnen in den nächsten Jahren bei der Suche und Ertüchtigung von deutschen Atommülllagern drohen.
Quelle: SZAnmerkung WL: So sehen die Konzerne die Lastenverteilung: Die Gewinne aus dem Normalbetrieb werden kassiert, passiert ein Unglück zahlt der Staat und damit der Steuerzahler und für die Endlagerung ist auch die Allgemeinheit zuständig.
Sollten die AKW-Betreiber vor Gericht ihre Ansprüche durchsetzen, so darf man sicher sein, dass es einen Deal gibt, wonach die Öffentliche Hand für den Rückbau der AKW und für die Endlagerung der Abfälle zahlen soll. - Ehemalige sowjetische Kriegsgefangene
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dringt auf eine „Anerkennung der an den ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen begangenen Verbrechen als nationalsozialistisches Unrecht“ sowie auf eine „Gewährung eines symbolischen finanziellen Anerkennungsbetrages für diese Opfergruppe“. In einem Antrag (18/2694) fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, den überlebenden sowjetischen Kriegsgefangenen einmalig einen „individuellen Anerkennungsbetrag für das erlittene NS-Unrecht in Höhe von 2.500 Euro im Rahmen einer eigenständigen außergesetzlichen Regelung zu verschaffen“…
Der Bundestag soll dem Antrag zufolge „das schwere Unrecht, das an den sowjetischen Kriegsgefangenen begangen wurde, ausdrücklich als nationalsozialistisches Unrecht“ anerkennen. Wie die Fraktion schreibt, zählen die sowjetischen Kriegsgefangenen „zu einer der größten Opfergruppen nationalsozialistischer Verbrechen im Zweiten Weltkrieg“. Bis 1945 seien in deutschen Gewahrsam von insgesamt 4,5 bis sechs Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen mehr als 60 Prozent gestorben. Die Ursache für den Tod so vieler Menschen seien nicht die „allgemeinen Kriegsumstände“ oder die mangelnde Versorgung gewesen. Vielmehr seien Tod und Vernichtung in den Lagern vom NS-Regime billigend in Kauf genommen worden und damit Folge der nationalsozialistischen Ideologie gewesen.
Quelle: Deutscher BundestagAnmerkung WL: Kaum 70 Jahre danach, wird schon wieder ein Feindbild gegen Russland aufgebaut.
- Gerhard Schröder: „Ich bin stolz, ein Russland-Versteher zu sein“
Der Ex-Kanzler zur Begründung: „Dialog bedeutet nicht Kritiklosigkeit.“ Und: „Nur wer miteinander spricht und wer zuhört, der kann die Position des anderen verstehen, auch wenn er sie vielleicht nicht teilt.“
Quelle: Bild.deAnmerkung WL: Dort können Sie die ganze Rede von Schröder nachlesen. Sie sind dann nicht auf die Schnitzeljagden von Kritikern etwa auf diese Rede angewiesen, siehe etwa in The Huffington Post; siehe auch Springers Welt, die Schröder gleich zu einem „Putin-Unterstützer“ erklärt.
- “Tagesthemen”-Moderator Thomas Roth entschuldigt sich on Air für Ukraine-Patzer
So langsam entwickelt sich Ukraine-Berichterstattung der ARD tatsächlich zu einem PR-Desaster. Nach der Kritik des ARD-Programmbeirats und den leicht missratenen Blog-Erklärungen von ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke, sahen sich nun die “Tagesthemen“ gezwungen, einen Bericht vom 20. Mai zurückzuziehen. Sprecher Thomas Roth hat sich sogar in der gestrigen Sendung entschuldigt. Eine Seltenheit bei den öffentlich-rechtlichen Nachrichten.
Konkret geht es um einen Beitrag aus der Sendung vom 20. Mai 2014. Darin hatte Moskau-Korrespondent Udo Lielischkies über den Tod von zwei Anwohnern in Krasnoarmeysk berichtet, die durch die “Kugeln der neuen Machthaber” gestorben sein sollen. Diese Darstellung musste der Korrespondent nun “nach erneuter Recherche“ korrigieren.
Quelle: MEEDIAAnmerkung WL: Auf seine andauernde einseitige Moderation zu Lasten Russlands und vor allem Putins ging Roth allerdings nicht ein. Er meint wohl, dass mit der Einräumung einer einzigen Falschmeldung die Ausgewogenheit der Berichterstattung und vor allem der Kommentierung in den Tagesthemen wieder hergestellt wäre.
Siehe dazu auch Cicero: Nur eine halbe Entschuldigung
- DIW: Die deutsche Wiedervereinigung ist auch ein wirtschaftlicher Erfolg
In vielen Bereichen kommt der Aufholprozess Ostdeutschlands nur noch langsam voran. Zwar wuchs die Wirtschaftsleistung pro Kopf lange Zeit im Osten schneller als im Westen. Immer noch liegt das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf im Westen jedoch deutlich höher. Der Osten erreicht 71 Prozent des westdeutschen Niveaus. Die Produktivität pro Erwerbstätigen beträgt im Osten etwa 79 Prozent des Westniveaus. Überraschend gut gelungen ist hingegen die Re-Industrialisierung des Ostens: Beim Anteil der Industrie an der gesamten Bruttowertschöpfung liegt Ostdeutschland heute zwar hinter dem Westen, aber mittlerweile im Durchschnitt der Europäischen Union, vor Frankreich, Spanien und Großbritannien.
Die Arbeitslosigkeit bleibt in Ostdeutschland weiter höher als im Westen. Zwar sinkt sie, zum Teil jedoch aufgrund der Bevölkerungsentwicklung. Im Schnitt erzielen Ostdeutsche etwa 83 Prozent des durchschnittlichen verfügbaren Einkommens der Westdeutschen. Bei den Vermögen ist der Abstand deutlich größer: Das durchschnittliche Nettovermögen in Ostdeutschland stieg zwar seit 1993 um drei Viertel und damit deutlich stärker als im Westen, wo der Zuwachs rund ein Fünftel betrug. Nach neuesten Zahlen von 2013 erreichen die ostdeutschen Haushalte aber nur etwa 44 Prozent des Vermögens der Westdeutschen. Während ein westdeutscher Haushalt im Durchschnitt etwa 153 200 Euro Vermögen besitzt, können ostdeutsche Haushalte nur auf 67 400 Euro zurückgreifen.
Quelle: DIWAnmerkung WL: An dieser Pressemitteilung zeigt sich der wirtschaftspolitische Riss, der durch das DIW geht. Der neue, neoliberale Chef Marcel Ratzscher bestimmt die Überschrift, da können die Wissenschaftler des DIW noch so viele Ergebnisse ermitteln, die der Meinung des Chefs widersprechen. Man wird künftig beim DIW sehr genau darauf achten müssen, wer für eine Studie verantwortlich zeichnet.
- Hinweis: Bürgerschaftliche Konferenz – NSU im Staat!
Drei Jahre nach dem Auffliegen der Terrororganisation „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) laden die AnStifter e.V. in Kooperation mit der internationalen Liga für Menschenrechte und der Neuen Richtervereinigung am 8. November 2014 zu einer Konferenz ein, um die Konsequenzen zu diskutieren.
Quelle: Die AnStifter - Münklers Lehrstück vom Großen Krieg
Herfried Münkler gilt als Geschichtsrevisionist, der die unter anderem von Fritz Fischer gut begründete Erkenntnis von der Hauptverantwortung deutscher Machteliten an der Entfesselung des Ersten Weltkriegs aus den Köpfen der Menschen verbannen will. Im Duett mit seinem Bruder im Geiste, Christopher Clark, übernimmt er gern die Rolle des Spaßmachers und schlüpft in die Maske eines »marxistischen Imperialismustheoretikers«. Dieser würde doch mit seiner Marotte, »den Imperialismus der europäischen Mächte als Kriegsursache« herauszustellen, die Verantwortung am Krieg immer schon »allen damaligen Akteuren zu gleichen Teilen« zuweisen. Im Abendprogramm für die Erwachsenen werden Münklers Scherze auch schon einmal deftiger. So gehöre zwar der Eindruck der deutschen Invasionstruppen in Belgien, sie würden dauernd von zivilen Heckenschützen aus dem Hinterhalt beschossen, zu den »Phantasien verunsicherter Soldaten«, die das häufige nächtliche friendly fire nicht richtig einordnen konnten. An den daraufhin erfolgten massenhaften Geiselerschießungen und Angriffen auf Zivilisten trügen aber die Belgier deshalb eine Mitschuld, weil sie es versäumt hatten, ihre Garde civique in ordentliche, das heißt genügend militärisch ausschauende Uniformen zu stecken….
Quelle: Hans Otto Rößer in OssietzkySiehe dazu auch Hans Otto Rößer: Die „von uns proklamierte Sicht“ – oder: Vom Weißwaschen deutscher „Machteliten“ und vom Anschwärzen ihrer Kritiker
- Ergänzung zum Leserbrief: Ein neuer Nato-Generalsekretär
Anmerkung Jens Berger: Die operative NATO-Führungsstruktur, die im Leserbrief aufgegriffen wird, ist seit 2002 mehrgleisig. Neben dem im Brief angesprocheneren SACEUR gibt es noch den SACT (Supreme Allied Commander Transformation). Während der SACEUR – wie im Brief thematisiert – stets ein amerikanischer General oder Admiral ist, ist der SACT immer ein Franzose. Dies war der Preis dafür, dass Frankreich wieder in die integrierte NATO-Kommandostruktur zurückgekehrt ist. Die Vergabe dieser Posten ist übrigens ein Kuhhandel, der stark an die Chefposten beim IWF (immer ein Europäer) und der Weltbank (immer ein US-Amerikaner) erinnert. Briten und Deutsche sind übrigens auch in den NATO-Posten-Kuhandel integriert – sie stellen u.a. stets den Stellvertreter des SACEUR, den DSACEUR. Die Europäer stellen übrigens auch – auch das Teil des Kuhhandels – stets den NATO-Generalsekretär. Der Eindruck, dass die US-Amerikaner stets die „wichtigen“ Posten innehaben und die Europäer nur die Öffentlichkeitsarbeit machen dürfen, entspricht somit nicht der Realität. Missverständlich ist auch die Formulierung, der SACEUR würde seine „Weisungen“ vom US-Verteidigungsministerium bekommen. Das ist bezogen auf seine NATO-Aufgaben falsch. Dort „untersteht“ er dem NATO-Militärausschuss, an dessen Spitze ebenfalls ein „Nicht-US-Amerikaner“ steht. Momentan ist dies Knud Barrels, ein dänischer General. Das ändert jedoch nichts an der Grundaussage des Leserbriefs. Egal ob es sich um den SACEUR, den SACT, die Mitglieder des NATO-Militärausschusses oder andere hochrangige Positionen handelt – all diese Personen sind wichtiger als der NATO-Generalsekretär und in der Öffentlichkeit komplett unbekannt.
- Hinweis an unsere Leserinnen und Leser: Die NachDenkSeiten erscheinen aufgrund des Tags der Deutschen Einheit erst am Montag, dem 6. Oktober wieder.