Länderfinanzausgleich: Ist Bayern sogar im Minus?
„Der Länderfinanzausgleich belohnt das Nichtstun“, ähnlich wie für Griechenland in der Eurokrise müsse es für schwache Bundesländer in Deutschland Anreize und Druck geben, ihren Haushalt in Ordnung zu bringen und Strukturreformen anzustoßen, so äußerte sich Bayerns Finanzminister vor ein paar Tagen im Deutschlandfunk Bayern zahle fast 60 Prozent des Länderfinanzausgleichs, das Land habe 40 Milliarden an andere Länder gegeben, Bayern habe in den 40 Jahren als Nehmerland dagegen nur 5 Milliarden bekommen. Axel Troost der finanzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE stellt eine etwas andere Rechnung auf.
Axel Troost [1]
Länderfinanzausgleich: Ist Bayern sogar im Minus?
„Ein Land, das erst jahrzehntelang mit offenen Händen nimmt
und dann die Nehmer als Schmarotzer hinstellt,
hat allerdings ein Glaubwürdigkeitsproblem“
(Süddeutsche Zeitung über Bayerns Kritik am Länderfinanzausgleich) [2]
Zusammenfassung
- Werden die parallelen Entwicklungen von Steueraufkommen (oder auch Wirtschaftsleistung) einbezogen, um die Zahlungsströme im Zeitverlauf vergleichbar zu machen, fällt der bayerische Zahlungsüberschuss im Länderfinanzausgleich vom über 13-fachen auf „nur“ noch 75% (bzw. 60%). Bayern hat damit keinen Grund zur Empörung
- Die hohe Belastung durch die Aufnahme der Neuen Bundesländer in den Länderfinanzausgleich wurden zudem bereits abgemildert durch die Überlassung zusätzlicher Umsatzsteuer-Einnahmen des Bundes an die Länder. In Relation zum heutigen Steueraufkommen gesetzt, werden die bayerischen Zahlungen sogar überkompensiert. Demnach muss Bayern als Nettoempfänger gesehen werden und liegt stolze 15% (über seinen Einzahlungen in den Länderfinanz-ausgleich) im Minus. Bayern zahlt nicht etwa zu viel, sondern eher zu wenig
- Bayern hat weniger Belastungen und gönnt seinen Einwohnern bereits heute mehr als andere Bundesländer für ihre Bürger leisten können. Auch nach den Länderfinanzausgleichs-Zahlungen bleibt Bayern eines der wohlhabendsten Bundesländer. Und Wohlhabende zahlen mit Recht mehr Steuern an das Gemeinwesen, von dem sie profitieren
- Bayerische Unternehmen, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen kommen hauptsächlich durch den wenig beeinflussbaren Strukturwandel. Die Bayerische Landesregierung will nun den notleidenden Ländern die Solidarität aufkündigen, mit deren Geld Bayerns Wirtschaft überhaupt mit aufgebaut wurde
- Steuerwettbewerb setzt unerfüllbare Anreize, denn ärmere Länder können den strukturellen Vorsprung nicht aus eigener Kraft einholen. Ein „Ellenbogenföderalismus“ wirkt deshalb nicht motivierend, sondern verschärft die Ungleichheit und verstetigt Armutsgebiete und Arbeitsmigration
- Grundgesetzlich vorgeschrieben sind gleiche Lebensbedingungen für alle Bürger in ganz Deutschland, dafür brauchen wir einen solidarischen und aufgabengerechten Länderfinanzausgleich
Fakten zu Bayern im Länderfinanzausgleich [3]
„Bayern zahlt immer mehr, so kann es nicht weitergehen“
(Bayerischer Finanzminister Markus Söder, CSU) [4]
Zwischen 1950 und 2013 hat Bayern 3,4 Mrd. Euro erhalten und 46,4 Mrd. Euro [5] gezahlt – also über das 13-fache in den Länderfinanzausgleich eingezahlt. [6] Dies ist jedoch im Kontext zu beurteilen, wodurch sich die Diskrepanz zum großen Teil relativiert:
Vergleich früherer und heutiger Wirtschaftskraft sowie Steueraufkommen. Bayern war bis 1986 durchgängig ein Nehmerland und wechselte erst 1989 auf die Seite der Geberländer. Die nun bis zu 64 Jahre zurückliegenden Zuweisungen an Bayern müssen deshalb gemessen werden an heutigem Geldwert, Wirtschaftskraft und Steueraufkommen. Auf das Steueraufkommen und die Wirtschaftskraft aus dem Jahre 2013 bezogen entsprechen die 3,4 Mrd. Euro, die Bayern insgesamt von anderen Bundesländern erhalten hat, heute ca. dem zehnfachen Betrag. [7] Diese Größenordnung verdeutlicht, dass die vergangenen Zahlungen an Bayern ebenfalls eine hohe Belastung für die damaligen Geberländer darstellten (siehe Grafik, gelbe Balken).
In Relation zum Steueraufkommen (bzw. der Wirtschaftskraft) aus dem Jahre 2013 ist der bisherige Überschussbeitrag Bayerns zum Länderfinanzausgleich mit 24,8 Mrd. Euro nur 75 Prozent (bzw. 20,3 Mrd. Euro nur 58 Prozent) größer als seine daraus erhaltenen Zuweisungen. Auch inflationsbereinigt relativiert sich die bayerische Last: danach haben beispielsweise NRW und Bayern bis 2011 ähnliche Summen in den Länderfinanzausgleich eingezahlt. [8]
Sowohl in Bezug auf Wirtschaftsstärke und Steueraufkommen als auch im historischen Zusammenhang entbehren die empörten Klagen der bayerischen Landesregierung jeglicher Grundlage.
Kompensation der Wiedervereinigungs-Kosten durch Umsatzsteuerpunkte. Der größte Teil der Zahlungen der Geberländer (auch Bayern) wurde verursacht durch die Einbeziehung der neuen Bundesländer in den Länderfinanzausgleich. Gleichzeitig wurden deshalb als Ausgleich zusätzliche Steuereinnahmen vom Bund auf die Länder umverteilt, und zwar in Form von zusätzlichen sieben Umsatzsteuerpunkten, die in die Länderhaushalte fließen. [9] Zwar ist umstritten wie hoch dieser Ausgleich ausfällt, es zeichnet sich jedoch ab, dass die zusätzlichen Belastungen der Geberländer damit in großen Teilen kompensiert werden. [10]
Anzunehmen ist, dass Bayern von 1995 bis 2013 an diesen 7 Umsatzsteuerpunkten mit 26,3 Mrd. Euro zusätzlichen Steuereinnahmen profitiert hat [11]. Damit verringern sich die 43 Mrd. Euro Zahlungsüberschuss Bayerns im Länderfinanzausgleich auf nur noch 16,7 Mrd. Euro. Wieder in Relation zum Steueraufkommen aus dem Jahre 2013 betrachtet – um die damalige Belastung für die Geberländer sowie Nutzen für die Nehmerländer vergleichbar zu machen – erhielt Bayern durch diese zusätzliche Umsatzsteuer den heutigen Gegenwert von 33,4 Mrd. Euro (siehe Grafik, weiße Balken).
Damit verkehrt sich der Zahlungsüberschuss Bayerns von 24,8 Mrd. Euro sogar in ein Zuweisungsplus von 8,6 Mrd. Euro, das Bayern bisher durch Bund und andere Geberländer zu Gute kam. Das entspricht 14,9% Dividende auf die 57,9 Mrd. Euro Zuweisungen (in Relation zum Steueraufkommen 2013), die Bayern bisher für den Länderfinanzausgleich geleistet hat.
Steigende Belastung von ebenfalls stärker werdenden Schultern. Richtig ist, dass Bayern in den letzten vier Jahren (von 2010 bis 2013) mit insgesamt ca. 15 Mrd. Euro größter Zahler war – mit steigender Tendenz. Fakt ist jedoch auch, dass diese Situation keineswegs neu ist: In den 1950er und 1960er Jahren trug Nordrhein-Westfalen ebenfalls alleine mehrfach über die Hälfte des Länderfinanzausgleichs – und nahm dies im Gegensatz zu Bayern nie zum Anlass, sich seiner solidarischen Verantwortung zu entziehen. Zudem bleibt Bayern aufgrund seiner großen Bevölkerung zumeist hinter Hessen zurück bei den Zahlungen pro Kopf, also der Belastung pro Einwohner.
Unstrittig ist, dass Bayern auch nach den Länderfinanzausgleichs-Zahlungen insgesamt eines der reichsten Bundesländer bleibt und keineswegs durch die Solidargemeinschaft „überfordert“ [12] wird.
Widerlegung polemischer Argumente der Bayerischen Landesregierung
„Transferschmarotzer“ und
„griechische Hängemattenpolitik“
(CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt über Nehmerländer) [13]
Die Position – Bayern habe sich seinen Wohlstand selbst erarbeitet und nun genug gezahlt an andere Länder, die sich selbst nicht genug anstrengten – ist aus mehreren Gründen zurückzuweisen:
Prosperierende Unternehmen, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen sind im Wesentlichen Folge des Strukturwandels. In den alten Bundesländern sind traditionelle Industriestandorte dem Strukturwandel zum Opfer gefallen, und die große Welle der Unternehmensverlagerungen [14] nach der deutschen Teilung wirkt auch 25 Jahre nach der Wiedervereinigung fort. Bayern hatte Glück und ist momentan auf der Sonnenseite.
Bayern ist aktuell wohlhabend und Wohlhabende zahlen auch mehr Steuern an das Gemeinwesen von dem sie profitieren. Beispielsweise hat Bayern sowohl auf Landesebene als auch auf kommunaler Ebene doppelt so hohe Steuereinnahmen pro Kopf wie Mecklenburg-Vorpommern. [15]
Bayern hat weniger Belastungen als andere Bundesländer. Beispielsweise müssen für SGB‐II-Leistungsempfänger in Bayern pro Einwohner im Jahr 50 Euro ausgegeben werden und in Berlin 259 Euro – und damit fünf Mal mehr.
Bayern gönnt seinen Einwohnern bereits heute mehr als andere Bundesländer. Nach Deckung der Ausgaben für SGB II, Asyl und BAföG, für sozioökonomisch benachteiligte Kinder und Jugendliche sowie für die Hochschulen haben das Land Bayern und seine Kommunen rund 20 Prozent mehr Geld je Einwohner zur Verfügung als z.B. Mecklenburg-Vorpommern. [16]
Aber wie soll es weitergehen? Müssen sich die steuerschwachen Bundesländer nur mehr anstrengen? Was wäre die Folge einer Aufkündigung des Länderfinanzausgleichs und eines erhöhten Steuerwettbewerbs zwischen den Ländern?
Steuerwettbewerb setzt unerfüllbare Anreize, ärmere Länder können den strukturellen Vorsprung der reichen Länder nicht aus eigener Kraft einholen. Denn der unterliegende Strukturwandel hängt nur geringfügig und langfristig von Landespolitik und Fleiß der Menschen ab. Oder waren im armen Bayern der 1950er und 1960er Jahre die Bürger weniger fleißig und die PolitikerInnen weniger fähig als im Ruhrgebiet?
Ein „Ellenbogenföderalismus“ verschärft deshalb die Ungleichheit und entzieht den ärmeren Ländern die Chance auf Verbesserungen. Weitere Kürzungen der Investitionen spornen nicht zu „neuen Höchstleistungen“ an, sondern entziehen die Mittel, um einen attraktiver Wirtschaftsstandort zu schaffen – mit gut ausgebildeten Bewohnern, einem funktionierenden Rechts‐ und Behördensystem und moderner Infrastruktur.
Werden strukturschwache Länder abgehängt, erzeugt dies dauerhaft Armutsgebiete und Arbeitsmigration. Die gut ausgebildeten Bewohner wandern in die boomenden Bundesländer mit niedriger Arbeitslosigkeit aus, während Alte und sozioökonomisch Benachteiligte in den armen Ländern zurückbleiben. Das Potential geht, die Kosten bleiben. Bayern profitiert bereits jetzt von diesem Trend auf Kosten strukturschwacher Länder. Im Falle einer verstärkten Steuerautonomie kann es zusätzlich zur Verlagerung von Unternehmen in finanzstarke Bundesländer kommen, wenn diese ihre Autonomie und Haushaltsspielraum nutzen, um die Steuersätze zu senken. Dies würde die bereits vorhandenen regionalen Finanzkraftunterschiede weiter verstärken und ein fragmentiertes Land zementieren.
Undankbarkeit soll sich nicht lohnen. Bayern hatte keine Einwände, bis in die späten 1980er Jahre Empfänger im Länderfinanzausgleich zu sein und seine Wirtschaft mit Kohle und Stahl des Ruhrgebiets aufpäppeln zu lassen. Jetzt, wo es dem Land strukturell gut geht, möchte es die Solidargemeinschaft einseitig aufkündigen und notleidende Regionen wie das Ruhrgebiet im Stich lassen.
Der Steuerwettbewerb, wie er aktuell von strukturstärkeren Bundesländern wie Bayern gefordert wird, ist deshalb ineffizient, ungerecht und wenig zukunftsweisend. Und Solidarität darf keine Einbahnstraße bleiben. Was ist unsere Vision?
Gleicher Standard für alle Staatsbürger. Die Einwohner der Bundesländer sind nicht nur Bayern [17], Schwaben oder Sachsen, sie sind auch und vor allem Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Als solche haben sie alle gleichermaßen ein Anrecht darauf, dass die Bundesländer die ihnen übertragenen Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge in gleichwertiger Qualität erledigen. Und um dies zu garantieren und unabhängig von der Himmelsrichtung strukturschwache Regionen gezielt zu unterstützen, muss die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs solidarisch und aufgabengerecht sein. [18]
Dies wurde früher auch in Bayern so gesehen:
„Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen um die Finanzreform steht die Aufteilung der Steuereinnahmen auf Bund und Länder und im Verhältnis der Länder untereinander. (…) Es ist auch ganz selbstverständlich, daß sich gerade an diesem Punkte Interessenskonflikte entzünden. (…)
Ich habe es immer als beschämend angesehen – so wenig man gern von armen Verwandten spricht -, wenn von armen und reichen Ländern gesprochen wird, obwohl doch alle Bürger in allen Ländern der Bundesrepublik die gleichen Steuern zahlen. Mit Recht fordern diese Bürger auch gleiche öffentliche Leistungen. Unsere Zeit nimmt es einfach nicht mehr hin, daß in einem Lande Schulen oder Krankenhäuser schlechter ausgestattet sein sollen als in einem anderen, nur weil die wirtschaftliche Tätigkeit in den einzelnen Teilen der Bundesrepublik verschieden angelegt ist und Zufälligkeiten der Unternehmenskonzentration und technisch bedingte Konsequenzen der Steuerabführung zu weiterem Steuergefälle führen.
Unser föderalistisches System nimmt Schaden, wenn nur deshalb in einem Land die Bürger schlechter behandelt werden als in einem anderen, weil die Steuerverteilung von veralteten Regelungen ausgeht, von Regelungen, die auf ein einheitliches, eng ineinander verflochtenes Wirtschaftsgebiet nicht mehr passen, wie es noch vor Jahrzehnten der Fall gewesen sein mag. Alle Länder und der Bund müssen gleichberechtigt an den großen Steuern beteiligt werden (…)
Es ist allseits bekannt, wie problematisch angesichts der Verflechtung unserer Wirtschaft das Prinzip der Zuteilung der Steuereinnahmen nach dem örtlichen Aufkommen heute ist und mit welchen Verfälschungen es belastet ist. Als Beispiel möchte ich hier zwei Großbanken nennen; sie haben Zweigstellen im gesamten Bundesgebiet, verdienen ihr Geld im gesamten Bundesgebiet, zahlen aber die Steuern am Sitz ihrer Hauptverwaltung in Frankfurt. [Hemsatz: Bei München wäre alles in Ordnung! – Heiterkeit] (…) Bei der Lohnsteuer ist es ähnlich. (…) so wird die Lohnsteuer, die der Arbeitnehmer aus Niedersachsen oder Bremen oder auch Hessen zu zahlen hat, an das Finanzamt München abgeführt, gilt als örtliches Aufkommen und verbleibt beim Land Bayern – leider! [Heiterkeit] (…)
Im Hinblick auf diese Probleme und zur Beseitigung der Aufspaltung der Länder in Gebende und Nehmende, die das bundesstaatliche Verhältnis ja immer wieder belastet, hat sich der Bundestag dagegen ausgesprochen, das örtliche Aufkommen weiter als das verfassungsgemäße Prinzip zur Aufteilung der Steuern beizubehalten. Diese Entscheidung ist geeignet, eine angemessene Steuerausstattung aller Länder im Interesse der Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet eher zu gewährleisten. (…)
Keiner wird bestreiten, daß Finanzhilfen von seiten des Bundes notwendig sind, wenn bei einem Rückgang der Konjunktur die Wirtschaftstätigkeit durch Steigerung der öffentlichen Investitionsausgaben angeregt werden muß. Aber unabhängig davon sollte der Bund die Möglichkeit haben, dann mit Finanzhilfen einzugreifen, wenn das bei besonders wichtigen Aufgaben zur Erzielung einer gleichmäßigen Wirtschafts- und Steuerkraft im Bundesgebiet erforderlich ist. Was sich in allen Bundesstaaten, voran in den Vereinigten Staaten und in der Schweiz, im Laufe einer über Jahrzehnte sich erstreckenden Auseinandersetzung als unvermeidbar erwiesen hat, kann nicht alleine für unser bundesstaatliches System schädlich oder untragbar sein. (…)
Diese Reform muß aber zu einer wirklichen Verbesserung der Finanzverfassung führen. Gelingt das nicht, so wäre es richtiger, von einer Reform überhaupt abzusehen und nicht das anspruchsvolle Wort „Reform“ zu verwenden für ein Ergebnis, das diese Bezeichnung nicht verdienen würde. Die Staatsbürger, gerade die jüngere Generation, werden (…) das Ergebnis unserer Arbeit daran messen, ob unser Staatswesen in seiner föderativen Ausgestaltung wirkungsvoll und für alle Staatsbürger ohne regionale Unterschiede leistungsfähig zu arbeiten vermag.“
(Dr. Franz Josef Strauß, CSU, Bundesminister der Finanzen am 7.2.1969 im Bundesrat) [19]
Anmerkungen
[«1] Finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE und stellvertretender Vorsitzender der Partei DIE LINKE
[«2] Quelle: Süddeutsche Zeitung (7.2.2012): Streit um den Länderfinanzausgleich – Warum sich Bayern mit starken Worten zurückhalten sollte
[«3] Daten soweit nicht anders angegeben aus: Finanzpolitik-Arbeitsgemeinschaft „Länderfinanzausgleich“ DIE LINKE (2014): Länderfinanzausgleich LINKS gedacht: sozial und solidarisch
[«4] Quelle: Handelsblatt (29.8.2014): Bayern zahlt immer mehr – Länderfinanzausgleich auf Rekordniveau. im Original: „Der Trend nach oben ist ungebrochen. So kann es nicht weitergehen“, sagte Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) der dpa. „Bayern zahlt immer mehr. Wenn das so weitergeht, erreichen die bayerischen Zahlungen dieses Jahr noch die Fünf-Milliarden-Marke.“
[«5] Markus Söder, Bayerischer Finanzminister, spricht auch in jüngsten Interviews noch von 40 Mrd. gezahlten Euro und befindet sich damit auf dem Stand von 2011. Eine erstaunliche Unschärfe von 6 Mrd. Euro angesichts der Vehemenz, mit der er Forderungen wie „eine Milliarde und nicht mehr“ in die Verhandlungen wirft. Quelle: Focus (29.09.2014): im Original: „Söder: Drei bis vier Milliarden Euro haben wir insgesamt bekommen, aber 40 Milliarden haben wir inzwischen bezahlt.“
[«6] Quellen: Statistisches Bundesamt und Bundesministerium der Finanzen; Zusammenstellung: Andreas Schuster, Referent DIE LINKE im Thüringer Landtag
[«7] In Relation zu den Steuereinnahmen in den Werten von 2013 gesetzt hat Bayern 33,0 Mrd. Euro erhalten und 57,8 Mrd. Euro gezahlt. Ein ähnliches Bild zeigt sich nach dem BIP in den Werten von 2013 bereinigt, wonach Bayern 34,8 Mrd. Euro erhalten und 55,1 Mrd. Euro gezahlt hat. Quelle: Statistisches Bundesamt, Berechnungen von Andreas Schuster, Referent DIE LINKE im Thüringer Landtag
[«8] Da NRW schon von Anfang an Geberland war, wiegen die von NRW 1950 bis 2011 gezahlten ca. 17 Mrd. Euro kaufkraftbereinigt ähnlich schwer wie die erst ab 1989 bis 2011 von Bayern gezahlten ca. 35 Mrd. Euro. Quelle: Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen: Länderfinanzausgleich (LFA) – Check der Behauptungen aus Bayern und Hessen
[«9] Mit dem „Gesetz über Maßnahmen zur Bewältigung der finanziellen Erblasten im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands, zur langfristigen Sicherung des Aufbaus in den neuen Ländern, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms – FKPG)“ wurde der Anteils der Länder an der Umsatzsteuer von 37 auf 44 Prozent erhöht.
Quellen: Tagesspiegel (3.9.2014) Reform der Finanzen von Bund und Ländern – Soli für die Schulden. Siehe auch: Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 13/83 vom 01.02.1996, Seite 7227, Rede von Bundesminister Dr. Theodor Waigel:
„Die Länder haben demgegenüber eine Vorabanhebung der Steuerkraft der neuen Länder durch Bundesmittel verlangt, um ihre Lasten im horizontalen Finanzausgleich zu begrenzen. Dafür hat der Bund den Ländern sieben zusätzliche Umsatzsteuerpunkte überlassen, die im horizontalen Finanzausgleich an die neuen Länder weitergereicht werden sollten. (…) Mit dem Bundesratsbeschluß ist dokumentiert: Die Länder haben einen Zusammenhang zwischen der Übertragung von Umsatzsteuerpunkten durch den Bund und den Anforderungen des Finanzausgleichsystems zugunsten der neuen Länder von Anfang an gesehen und anerkannt. Heute müssen sie sich an den damals von ihnen selbst gesetzten Konsequenzen festhalten lassen. Dies war und ist eine parlamentarisch verbindliche, politische Zusage, deren Einhaltung gegenüber Bundesrat, Bundestag und Bürgern jetzt ansteht. [Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.] Die Länder konnten die ihnen abgetretenen sieben Umsatzsteuerpunkte nicht als ihren dauerhaften Besitzstand betrachten. Es ging bei den Solidarpaktverhandlungen nicht um eine Stärkung der Finanzkraft der alten Länder, sondern ausschließlich um die Sicherstellung einer hinreichenden Finanzausstattung für die neuen Länder. [Joseph Fischer (Frankfurt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich werde das Stoiber weitersagen!]“
[«10] Die Berliner Finanzverwaltung berechnet, dass Bayern inflationsbereinigt und abzüglich der (durch die Sieben Umsatzsteuerpunkte bereits kompensierte) Belastung durch die neuen Länder erst um das Jahr 2010 die von Bayern erhalten Zuweisungen ausgeglichen habe und erst seit ca. vier Jahren überhaupt ein Nettozahler im Länderfinanzausgleich sei. Quelle: Senatsverwaltung für Finanzen Berlin: Länderfinanzausgleich – Behauptungen und Tatsachen
[«11] Quellen: Statistisches Bundesamt; Zusammenstellung Andreas Schuster, Referent DIE LINKE im Thüringer Landtag. Die Umsatzsteuermehreinnahmen Bayerns berechnet anhand 13% (Anteil der Bayern an den Deutschen) von 7% der Gesamtumsatzsteuereinnahmen.
[«12] So Markus Söder in mehreren Interviews, unter anderem im Deutschlandfunk (21.9.2014): Der Länderfinanzausgleich belohnt das Nichtstun
[«13] Quelle: Deutschlandfunk (1.10.2014): Genug bezahlt in den Länderfinanzausgleich
[«14] Für eine exemplarische Darstellung der Unternehmensabwanderung am Fallbeispiel Berlin siehe Senatsverwaltung für Finanzen Berlin: Länderfinanzausgleich, Folie 18
[«15] Steuereinnahmen der Länder (vor Umsatzsteuer): Bayern 1.970,90 Euro pro Kopf versus Mecklenburg‐Vorpommern 823,3 Euro pro Kopf. Dazu Steuereinnahmen der Gemeinden: Bayern 1.119,50 Euro pro Kopf versus Mecklenburg‐Vorpommern 538,20 Euro pro Kopf.
[«16] In Bayern stehen von den ursprünglich 3.780 Euro nach Abzug dieser Posten pro EinwohnerIn noch 3.393 Euro zur Verfügung, Mecklenburg‐Vorpommern dagegen von den ursprünglich bereits nur 3.337 Euro gerade einmal noch 2.675 Euro.
[«17] Anlässe, an den Primat des Bundesrepublikanischen Gedankens zu erinnern, bieten bayerische Politiker aktuell zu genüge. Auszug aus Focus (29.09.2014): „Nußbaum: Die Stadtstaaten haben pro Einwohner auch höhere Kosten als andere. Das ist in Ballungszentren normal, weil wir dort auch den Menschen aus dem Umland Leistungen zur Verfügung stellen. Deshalb werden die Einwohner in den Stadtstaaten auch mit 135 Prozent bewertet. Das machen Sie innerhalb Bayerns doch auch: München ist beim kommunalen Finanzausgleich sogar mit insgesamt 190 Prozent eingestuft. Der Münchner Einwohner zählt damit fast doppelt so viel wie andere in Bayern. Deshalb verstehe ich nicht, dass sich Herr Söder darüber beklagt. Söder: Das können Sie überhaupt nicht vergleichen. Bei unserem kommunalen Finanzausgleich zahlen Bayern für Bayern. Dafür bringen wir übrigens acht Milliarden Euro im Jahr auf.“
[«18] Siehe dazu: Finanzpolitik-Arbeitsgemeinschaft „Länderfinanzausgleich“ DIE LINKE (2014): Länderfinanzausgleich LINKS gedacht: sozial und solidarisch
[«19] Bundesrat – 33.4 Sitzung 7. Februar 1969, Rede Bundesfinanzminister Dr. Strauß, S.10f