Der Selbstbetrug geht weiter
Obwohl die SPD mit 36,8 weit unter dem erwarteten Ergebnis von vierzig Prozent geblieben ist und 5,5% Stimmenanteil verloren hat, obwohl die Sozialdemokraten in Bremen ihr zweitschlechtestes Wahlergebnis erzielt haben und obwohl die Wahlbeteiligung mit 58,2% im Stadtstaat die niedrigste war seit 1947, die SPD also nur von gut 20 Prozent aller Wahlberechtigten gewählt worden ist, sprachen der amtierende Erste Bürgermeister Jens Böhrnsen und der SPD-Vorsitzende Kurt Beck davon, dass die SPD die Wahl „gewonnen“ habe und erklärten sich zum „Sieger“. Ihr Vergleichsmaßstab, waren nicht die eigenen Verluste, sondern das mit einem Minus von 4,2% und einem Stimmenanteil von 25,6% noch viel schlechtere Abschneiden der CDU. Der „Abrieb“ (Perschau) der Großen Koalition betrug fast 10%, das wäre vor einigen Jahren noch als politischer Erdrutsch bezeichnet worden. Aber kaum jemand verliert ein Wort darüber. Die Relativierer und Wahlarithmetiker machen weiter, als wäre nichts geschehen und tun so, als hätten sie einen „Wählerauftrag“ erhalten, ihre Politik fortzusetzen.
Für Pofalla von der CDU hat die SPD die Grünen mit 16.4% und ihrem besten Wahlergebnis in Bund und Ländern wegen einer fehlenden Koalitionsaussage zugunsten einer Großen Koalition stark gemacht. Dass die Linke, mit 8,4% um 6,7% zulegte und damit zum ersten Mal in ein westdeutsches Länderparlament einzieht, tut Kurt Beck damit ab, dass das nur „Proteststimmen“ gewesen seien. Dass Arbeiter die Linke mit 12% und Arbeitslose mit 21% gewählt haben, das ist alles nur „Protest“ und hat nichts mit dem zum „Sieg“ umgedeuteten Verlust der SPD nichts zu tun.
So geht das nun seit Jahren. Eine Wahlniederlage nach der anderen und ein Stimmenverlust nach dem anderen und ein Rückgang der Wahlbeteiligung nach dem anderen wird schön geredet, relativiert und als Auftrag zur Fortsetzung der bisherigen Politik umgedeutet. Das, obwohl der größte Wählerblock mit über 40 % die Nichtwähler waren und obwohl der „Auftrag“, die bisherige Politik fortzusetzen gerade mal von 20% der Wähler gegeben wurde. Der Selbstbetrug ist offenbar bei der SPD zur Methode geworden ist. Das Nachdenken darüber, warum die Spirale nach unten immer weiter geht, ist Tabu – sonst könnte man ja auf den Gedanken kommen, dass man politisch auf dem Holzweg ist.
Zahlen und Daten
Quelle: ZDF