Hinweise des Tages

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(WL/KR)

  1. Lorenz Jarass zur Unternehmensteuerreform: Kirchhof durch die Hintertür
    Die für 2008 beschlossene Unternehmenssteuerreform wird, wie schon 2001, zu massiven Steuerausfällen führen – schätzungsweise jährlich über zehn Milliarden Euro. Die bestehenden strukturellen Probleme wie die steuerliche Subventionierung des Arbeitsplatzexports und die Zerschlagung inländischer Firmen, wird sie nicht angehen. Die massiven Mindereinnahmen an Steuern bezahlen Arbeitnehmer, Rentner und Gewerbe über die Mehrwertsteuer.
    Quelle: Freitag
  2. Oskar Lafontaine: Europas Finanzminister liegen im Konsolidierungsfieber; eine Krankheit, die schlimme Folgen zeitigen wird
    Kaum ist die größte europäische Volkswirtschaft, die Bundesrepublik, aus dem Gröbsten raus, wird das Sparen zum Programm erhoben. Es hat schon etwas vom “eingebildeten Kranken”, wenn die Finanzelite Europas etwas zum Programm erhebt, das sich, kaum zieht das Wirtschaftswachstum etwas an, mittels der dadurch hervorgerufenen Steuermehreinnahmen und Minderausgaben wie von selbst erledigt. Gerade das Jahr 2006 war zudem durch auffallend wenige Ausgabenkürzungen der Regierungen gekennzeichnet, was das jetzt verzeichnete Wirtschaftswachstum gefördert haben dürfte.
    Quelle: FR
  3. Die Erwerbslosenzahlen sinken – doch leider auch die Kaufkraft der Nettolöhne
    Nach den Zahlen aus dem neuesten Tarifhandbuch 2007 des gewerkschaftsnahen WSI-Instituts der Hans-Böckler-Stiftung sind die realen Nettolöhne- und gehälter im Jahre 2006 erneut gesunken, und zwar immerhin um 1,9 Prozent. Die leichten tariflichen Steigerungen der Bruttolöhne wurden durch höhere Lohnnebenkosten und steigende Preise aufgezehrt.
    Es gibt in Deutschland also wieder ein Verteilungsproblem, nur ist der Frontverlauf inzwischen komplizierter als noch vor zehn Jahren. Drei neue Lohnfronten haben sich aufgetan.
    Quelle: taz
  4. Die Zeitarbeit boomt wie keine andere Branche. Sie schafft Wachstum, Beweglichkeit – und eine Zweiklassengesellschaft
    Keine andere Branche boomt in Deutschland so wie die Zeitarbeit. Rund die Hälfte aller neuen Stellen, die im vergangenen Jahr geschaffen wurden, entstanden dort. Gut zwei Drittel davon gingen an Menschen, die vorher keine Arbeitsstelle hatten. Das sagt etwas über die Dynamik dieser Branche, die den Aufbau von Jobs beschleunigt. Aber es sagt auch etwas über die Art des gegenwärtigen Aufschwungs, der in der unteren Hälfte der Gesellschaft bisher kaum Wohlstand entstehen lässt. Jeder achte Vollzeit-Leiharbeiter braucht Unterstützung durch Hartz IV – ein Anteil, so hoch wie in keiner anderen Branche. Deshalb will Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) jetzt auch für diese Branche einen Mindestlohn im Entsendegesetz festschreiben.
    Von ihren Kunden kassieren Zeitarbeitsfirmen in der Regel zwei- bis zweieinhalb Mal so viel, wie sie ihren Mitarbeitern zahlen. Vielfach finanzieren Leiharbeiter durch Abschläge beim Lohn die Aufschläge mit, die dann in den Kassen der Zeitarbeitsfirmen landen. So können manche Unternehmen mit dem Einsatz von Leiharbeitern sogar Kosten sparen. Kein Ärger mit dem Kündigungsschutz und oftmals günstige Arbeitskosten – das ist es, was Leiharbeit für Unternehmen interessant macht. Die Kosten tragen die Mitarbeiter und in manchen Fällen die Gesellschaft.
    So bildet sich auf dem Arbeitsmarkt eine Zweiklassengesellschaft aus: Leiharbeiter sollen die Jobs der Stammbelegschaft sichern und bleiben selbst ausgesperrt.
    Quelle: Die Zeit
  5. Franz Walter: Das Labour-Projekt Tony Blairs hat in die Irre geführt
    Bemerkenswert ist, dass New Labour seit Jahren eine Strategie verfolgt, die sich die deutschen Sozialdemokraten ebenfalls zum Programm machen wollen. Das Ziel von New Labour war nicht die Gleichheit der Einkommen, sondern die Verbesserung von Lebenschancen. Als Instrument dafür galten Bildung und lebenslanges Lernen. Eingebettet war all dies in der sogenannten Welfare-to-work-Strategie: Arbeitslose sollten sich nicht durch staatliche Transfers in Abhängigkeit und Passivität verdrängen lassen, sondern aktiv – notfalls mit Druck und Sozialkürzungsdrohungen – in den Arbeitsprozess rückgeführt werden.
    Arbeit, Arbeit, Arbeit, das war im Kern die Maxime der New-Labour-Politik. Ein großer Teil der unteren Schichten mag diese Parolen aus den Mündern akademischer und besser situierter New-Labour-Minister mittlerweile nicht mehr hören. Auch die Chancenrhetorik löst unten eher Hohn und Hass aus. Das allfällige Postulat von der Chancengesellschaft hat bei all denen, die es nicht geschafft haben, erst recht das Gefühl der Demütigung, der Wut, zuweilen der Scham hervorgebracht. Denn New Labour weist ihnen nun die Verantwortung für die soziale Misere individuell zu. Dabei arbeiten etliche hart, lang, viel – und sind dennoch deprimierend arm geblieben. Der Wohlstandsgraben zwischen den oberen 15 Prozent und den unteren 15 Prozent hat sich in den letzten Jahren unter Blair gar noch vertieft. Sozial gerechter, integrierter, friedlicher, bürgergesellschaftlicher ist die britische Gesellschaft alles in allem nicht geworden. Der Arbeitszentrismus von New Labour findet seinen Zweck in sich selbst. Hauptsache Arbeit – nach dem Sinn, der Substanz, der Lebensqualität, der Perspektive des produktivistischen Tuns wird im Labourismus nicht gefragt. Es ist dieser pure und rigide Ökonomismus, der nach zehn Jahren New Labour Regierung gerade die früheren Multiplikatoren und Fußsoldaten der Partei verstört und entmutigt hat.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung: Es wäre interessant zu lesen, wenn Franz Walter diese analytische Klarheit auf die deutsche Politik übertragen würde.

  6. Jetzt reden die Gewerkschaften bei Sozialplänen mit
    Dass solche Tarifsozialpläne grundsätzlich zulässig sind, hat das Bundesarbeitsgericht bereits im Dezember entschieden (Az.: 4 AZR 798/05). Jetzt legten die Erfurter Richter in einem Fall zu Heidelberger Druck noch einmal nach und erlaubten auch die Streiks für solche Tarifverträge. Sogar sehr weitgehende Tarifforderungen dürften die Gewerkschaften aufstellen, eine gerichtliche Überprüfung könne es nicht geben, urteilte der Erste Senat unter Vorsitz der Gerichtspräsidentin Ingrid Schmidt (Az.: 1 AZR 252/06).
    Quelle: FAZ JobNet
  7. Angela Merkels Idee einer transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft ist weder neu noch Erfolg versprechend
    Berlin argumentiert, wenn die Finanzmärkte bis 2010 weitgehend die gleichen Regeln hätten und noch ein paar andere Standards bis 2015 angeglichen würden, könnte das Sozialprodukt der EU um drei Prozent steigen. Oder anders gesagt: Ein gemeinsamer Binnenmarkt der EU und der USA wäre eine Wachstumsmaschine.
    Aber in den USA ist schon der Gedanke an eine »Harmonisierung« mit dem Ausland Häresie.
    Quelle: Die Zeit

    Anmerkung WL: Merkel meint wohl, was für Europa gut ist, kann zwischen der EU und den USA nicht schlecht sein. Aber hat die ökonomische Integration, man könnte auch sagen die Anpassung an neoliberale ökonomische Prinzipien, wirklich mehr wirtschaftliche Prosperität gebracht, ist das Wirtschaftswachstum nicht eher schwächer als zuvor, hat die große Mehrheit der Menschen einen Wohlstandsgewinn? Würde eine noch weitergehende Anpassung an die amerikanischen Wirtschaftsprinzipien den Trend zu einer amerikanisch geprägten Wirtschaftsordnung nicht noch mehr stärken und würde damit das europäische und vor allem das deutsche Gesellschaftsbild nicht noch mehr an das amerikanische angepasst?

  8. Die Abwicklung der Hochschule für Wirtschaft und Politik in Hamburg: Kinder aus Arbeiter­familien sollen wohl nicht studieren
    In Zukunft sollen die Studierenden der ehemaligen HWP nur noch an monodisziplinären Massenvorlesungen in VWL und BWL der Uni teilnehmen. Die besonderen Markenzeichen der HWP – und mit Abstrichen des heutigen DWP –, ihre hohe Projekt- und Praxisorientierung und die Tatsche, dass man auch ohne Abitur studieren kann, könnten damit bald Vergangenheit sein. Dagegen wollen sich die Studierenden mit einem Volksentscheid wehren.
    Quelle: jungeWelt
  9. Die aktuelle Schulkrise in Berlin zeigt: Der Staat versagt bei der Versorgung der Schüler mit gutem Unterricht viel zu oft. In diese Lücke stoßen private Schulen.
    Beate Beste, Chefin einer Privatschule: Unsere Schule steht jedem offen. Das heißt, sie ist privat organisiert, aber sie ist öffentlich. Der Unterricht kostet zwischen 230 und 860 Euro pro Monat – das hängt vom Einkommen ab. Derjenige, der hierzulande schnell als reich diskriminiert wird, hilft doch in Wahrheit mit, die Schule für viele zu öffnen.
    Quelle: taz

    Anmerkung: Als ob 230 Euro pro Monat ein Angebot für alle wären. Die Tendenz ist leider auf dem gesamten öffentlichen Sektor die gleiche: Man blutet das staatliche Angebot aus und schafft mit dem Hinweis auf das Versagen staatlicher Institutionen den Druck auf die Einführung privater Angebote gegen Entgelt. Für diejenigen, die sich das nicht leisten können, bleibt das heruntergewirtschaftete staatliche Auffangangebot.

  10. „Handwerklicher Pfusch“: Gleichstellungsgesetz (AGG) ist in Europa rechtswidrig
    Erstmals hat ein deutsches Gericht das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) für „europarechtswidrig“ erklärt. Das Arbeitsgericht Osnabrück hielt eine Kündigung gegen einen älteren Arbeitnehmer wegen Verstoßes gegen Paragraph 2 Absatz 4 AGG für unwirksam. Darin steht zwar ausdrücklich, dass das AGG auf Kündigungen keine Anwendung findet. Das halten die Osnabrücker Richter aber für europarechtswidrig, weil die zu Grunde liegende EU-Diskriminierungs-Richtlinie sich auch auf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen bezieht.
    Quelle: Handelsblatt
  11. Die heilige Familie
    Was steckt hinter der erregten Debatte um mehr Kita-Plätze? Sabine Pamperrien über einen Streit, der immer mehr zur Glaubensfrage wird.
    Quelle: Netzeitung
  12. Alle wollen Maschinen aus Deutschland
    Der deutsche Maschinenbau boomt wie zuletzt in den 70er Jahren. Die Auftragsbücher platzen: Im März gingen fast 50 Prozent mehr Bestellungen ein als im Vorjahresmonat. Überproportional ist die Nachfrage aus dem Ausland gewachsen.
    Quelle: WELT

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