Dem Bundesfinanzminister wird schwindlig. Toll, aber ohne Grund.
Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat seine Prognose für das reale Wachstum des Jahres 2007 auf 2,8% erhöht. Peer Steinbrück dazu: „Das ist eine Prognose, die einen schon schwindlig werden lässt.“ (SZ vom 13.3.). Wenn es unserem Bundesfinanzminister bei 2,8% schon schwindlig wird, dann zeigt es nur, dass er von den ökonomischen Zusammenhängen wenig Ahnung hat und wie die gängige Propaganda die Stärke des Aufschwungs weit überschätzt und zugleich unterschätzt, was nötig wäre, um die Arbeitslosigkeit wirklich abzubauen.
Schauen wir uns zunächst die Vorhersage des IfW an:
2006 | 2007 | 2008 | |
---|---|---|---|
Bruttoinlandsprodukt (BIP) real. Veränderung in Prozent zum Vorjahr |
2,7 | 2,8 | 2,4 |
Arbeitslose | 4,487 | 3,737 | 3,374 |
Quelle: IfW
Ein jährlicher Durchschnitt von 2,6% über drei Jahre reicht bei weitem nicht aus, um unsere Volkswirtschaft aus dem tiefen Tal herauszuholen, indem sie sich nach einer Stagnation von mindestens 14 Jahren und einem jährlichen Durchschnittswachstum von nur 1,2% befindet. Wir bräuchten mehrmals um die 4%, um wirklich Arbeitslosigkeit abbauen zu können. Dass die Zahlen, die den Bundesfinanzminister schwindeln machen, nicht reichen, erkennt schon jeder Laie an dem minimalen Abbau der Zahl der Arbeitslosen. Prognostiziert sind auch für das Jahr 2008 noch fast 3,4 Millionen Arbeitslosen. Und diese Zahl enthält nicht die in Minijobs, die in andere Maßnahmen versteckten Arbeitslosen und die Resignierten. Vermutlich noch einmal 2 Millionen Menschen mindestens.
Nachdenklich statt schwindlig müsste es Peer Steinbrück auch werden, wenn er auf die Ziffer des Produktivitätsfortschritts des letzten Jahres schaut: 1,9%. Da bleibt an Differenz zu 2,8% nicht mehr viel übrig, um Arbeitsplätze zu schaffen.
Ich kann an meiner Erkenntnis nicht vorbei, dass wir Personen an der Spitze haben, die von Makroökonomie keine Ahnung haben. Darauf haben wir in den NachDenkSeiten immer wieder hingewiesen. Diese Beobachtung ist auch eine der Kernaussagen in „Machtwahn“.
Wir wären froh, wir würden in dieser Diagnose von den handelnden Personen endlich einmal widerlegt werden. Aber weder Steinbrück noch Müntefering, weder Merkel noch Glos bringen es. Das ist bitter für unser Volk.
Im Kontext dieser Beobachtungen ist auch noch eine Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 13.3. von Interesse.
Da wird in der Überschrift behauptet: „Konsumausgaben der privaten Haushalte 2006 um 2,1% gestiegen.“
Das ist eine unabsichtliche oder absichtliche Irreführung. Denn bei dem Anstieg der Konsumausgaben der privaten Haushalte um 2,1% handelt es sich um eine nominale Veränderungsrate. Preisbereinigt um die Inflationsrate (1,7%) betrug der Anstieg trotz vorgezogener Ausgaben aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung und des Wegfalls der Eigenheimzulage lediglich 0,4%.