Statistisches Bundesamt: Schulden der öffentlichen Haushalte 2006 um 2,6% gestiegen. Man könnte auch sagen, die Vermögen der Kreditgeber sind um 38 Milliarden gestiegen.

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Nach ersten vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes waren die öffentlichen Haushalte zum Jahresende 2006 insgesamt mit 1 485,4 Milliarden Euro am Kreditmarkt verschuldet. Man kann Gift darauf nehmen, dass die Meldung über die schwindelerregende Summe von 1,5 Billionen Euro, wieder einen öffentlichen Rummel über die zu hohe Staatsverschuldung auslöst und Forderungen nach einem weiteren Abbau staatlicher Leistungen vor allem im Sozialbereich folgen. Kaum jemand wird die Frage stellen, ob mit der Verschuldung in Deutschland nicht auch die Einkommen von Menschen, die so hohe Einkommen haben, dass sie dem Staat Geld leihen können, steigen. Wolfgang Lieb.

Heiner Flassbeck hat deshalb unlängst in einem Beitrag in der FR vorgeschlagen, „neben die Schuldenuhr eine Uhr zu stellen, die den Vermögenszuwachs in jeder Sekunde in Deutschland misst (…) Dann würden die staunenden Fernsehzuschauer oder die staunenden Touristen vor dem Büro des Steuerzahlerbundes in Berlin aber sehen, dass die Vermögensuhr viel schneller läuft als die Schuldenuhr und würden sich vielleicht fragen, wieso das bei ihnen persönlich eigentlich nicht der Fall ist.“

Heiner Flassbeck weiter: „Müssten nicht diejenigen, die so gerne den Schuldenrechner zeigen, fordern, die Gruppen der Gesellschaft, die enorm hohe Ersparnisse haben, so zu besteuern, dass sie einen größeren Teil der allgemeinen Lasten tragen, statt genau für diese Gruppe, wie in den vergangenen Jahren in großem Stil geschehen, dauernd die Steuern zu senken? Deutschland hatte im vergangenen Jahr die niedrigste Steuerquote aller Zeiten. Warum wird gerade da der Schuldenrechner so häufig bemüht, statt zu sagen, es könne etwas im Lande nicht in Ordnung sein, wenn der Staat so große Aufgaben hat, sich aber ausgerechnet die Wohlhabenden im Land nicht mehr an deren Finanzierung beteiligen wollen.
Perfide wird die Sache aber dadurch, dass man die einzige Art und Weise, wie der Staat das Geld auf Zeit von denen zurückholen kann, auf das er durch seine Steuersenkung verzichtet hat, mit Mitteln wie der Schuldenuhr verteufelt. Dann bleibt “natürlich” nur die Lösung, die kleinen Leute via Kürzung des Sozialhaushalts dafür sorgen zu lassen, dass der Staat die zukünftigen Generationen nicht belastet.“

Die Schuldenrechnerei sei auch deswegen besonders dümmlich, weil man ja nur eine Uhr daneben stellen müsste, die die Einkommen zählte, die dem Staat in den vergangenen Jahren durch seine unverantwortliche Steuersenkungspolitik entgangen sind, und schon würde das Tempo der Uhr erheblich relativiert.

Hätten denn nicht die berühmten “Leistungsträger”, die den Staat über Jahre gedrängt haben, Steuern für sie zu senken, damit sie mehr leisten können, nun dem Staat das Geld in Form von Staatsanleihen zurückgegeben, und würden nicht gerade diese „Gewinner“, die offenbar gar nicht gewusst haben, was sie sonst mit ihrem Geld machen sollten als es dem Staat zu leihen, sich durch Steuerentlastungen und durch Zinsgewinne doppelt die Taschen gefüllt?

Ergänzung AM:

Angesichts der Schulden- und Spardebatte ist es gut, sich zu vergegenwärtigen, wie sich die staatliche Gesamtverschuldung in den letzten Jahren entwickelt hat. Die folgende Grafik zeigt zum Beispiel, dass in den neunziger Jahren der Schuldenzuwachs extrem hoch war. Sicher eine Folge der deutschen Vereinigung und der Art, wie sie gemacht und finanziert worden ist. Jedenfalls kann man da schon sagen, dass die pro-zyklischen Sparversuche von 1992 ff. Nichts gebracht haben. Die Neuverschuldung ging zurück, als die Konjunktur 1998 bis 2000 besser wurde. Und sie stieg erneut massiv an, als die Sparpolitik des Sparkommissars Hans Eichel zur Wirkung kam: 2002, 2003, 2004. Wiederum prozyklisch.

 

Abbildung: Jährlicher Anstieg der Gesamtverschuldung der öffentlichen Haushalte (in Milliarden Euro) zwischen 1988 und 2005 (Juni)

Jährlicher Anstieg der Gesamtverschuldung der öffentlichen Haushalte (in Milliarden Euro) zwischen 1988 und 2005 (Juni)

Quelle: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Hrsg.): Die Chance nutzen – Reformen mutig voranbringen, Jahresgutachten 2005/06, Wiesbaden 2005, S. 79*.