Hinweise des Tages II
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Edathy
- Troika verursachte “sozialen Tsunami”
- Griechenland: Arbeitslosenquote bei 28%
- Matteo Renzi – Der Mann, der Italiens letzte Chance ist
- Um Kopf und Kragen gebaut – Das spanische Immobilien-Trauma
- Paul Krugman: Writing Off the Unemployed – Die Arbeitslosen werden abgeschrieben
- Das anonyme Heer der Schreibsklaven
- Ist Sigmar Gabriel ein Lohndrücker?
- Gemeinsame Agrarpolitik – Fluch oder Segen?
- Gewalt gegen Helferinnen in Hongkong: Aufstand der Hausmädchen
- Grenzschützer sollen Flüchtlinge aufs Meer geschleppt haben
- Wie Medienberichte ein Verstehen Afghanistans unmöglich machen.
- Wie kann Hochschulpolitik sich aktuellen und zukünftigen gesellschaftlichen Problemen stellen?
- Schröder – Sein trauriges Leben an der Macht
- Zu guter Letzt: Die neue deutsche Außenpolitik
- Werner Rügemer schreibt uns zu unserem Hinweis #8
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Edathy
- Nochmal zu Edathy
Die ganze Chose basiert auf einer Kundenliste, die in Kanada anfiel, als sie einen “Kinderpornoring zerschlagen” haben, wie die Presse berichtete. Tatsächlich war das aber kein Kinderpornoring sondern ein Versender von (nichtsexuellen) Nudistenfotos. Mag man anstößig finden, aber verboten ist es weder in Kanada noch hier. Der Laden hatte ein ganz normales Gewerbe angemeldet und hat auch brav Steuern gezahlt und sich sogar mit anderen Firmen gerichtlich über Trademarks gezankt. Wieso gab es dann überhaupt eine “Kinderpornoring-Hopsnahme”? Weil ein Kunde (EINER!) von dem Laden einen großen Stash an Kinderpornos hatte, und da haben sie sich gesagt, hey, der hat da legale Dinge gekauft, vielleicht sind noch andere von deren Kunden in Kinderpornokram verwickelt. Und seit dem gibt es anscheinend in diversen Ländern Hausdurchsuchungen bei Kunden von dieser Firma. Und zwar nur weil die legale Bilder bei einer Firma im Ausland geordert haben.
Quelle: FefeAnmerkung JB: Fefe hat vollkommen Recht. Es kann und darf in einem Rechtsstaat nicht sein, dass man für legale Dinge – egal wie unmoralisch sie sein mögen – strafrechtlich verfolgt wird. Und hier kommt gerade im Fall Edathy natürlich auch die politische Komponente ins Spiel. Die Behörden, die auf dieser Basis gegen Edathy ein Ermittlungsverfahren in Gang gesetzt haben, wussten sehr wohl, dass dieses Verfahren a) auf äußerst fragwürdiger Basis und b) gegen einen Politiker in Gang gesetzt wurde, der beim ersten Durchsickern der kleinsten Details von den Medien aufs Schafott geführt wird. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist ein zentrales Merkmal des Rechtsstaates. Wenn auf Basis fragwürdiger Hinweise, die noch nicht einmal ein Indiz für eine strafbare Handlung bieten, in Kauf genommen wird, dass die berufliche Karriere eines Menschen schweren Schaden nimmt, oder dass seine bürgerliche Existenz aufs Spiel gesetzt wird, so ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gegeben. Das Vorgehen der Behörden mag damit zu tun haben, dass Edathy sich während seiner politischen Arbeit im NSU-Ausschuss oftmals sehr kritisch mit ihnen auseinandergesetzt hat. Für Kritiker der Sicherheitsbehörden müssen jedoch die gleichen Gesetze gelten wie für jedermann. Eine ganz andere Ebene ist die moralische. Selbstverständlich kann man sich darüber aufregen, dass ein Politiker sich Nudistenbilder schicken lässt. Das ist ja auch der Grund, warum sicherheitspolitische Maßnahmen nie mit Dingen wie Copyright-Verletzungen oder politischen Äußerungen, sondern stets mit der abscheulichsten Sache, die man sich vorstellen kann, mit Kinderpornographie, begründet werden. Das darf unseren Blick für den Rechtsstaat aber nicht trüben.
- Die Mär vom Milliardenmarkt
Wenn es um das Thema „Kinderpornografie“ (korrekter: Darstellungen sexuellen Missbrauchs von Kindern) geht, dann sind viele Journalisten wohl so geschockt, dass sie schlagartig sowohl ihren gesunden Menschenverstand als auch ihre Recherchefähigkeiten verlieren. Anders ist es kaum zu erklären, dass immer wieder die gleichen eklatanten Fehler passieren. So behauptet Rainer Leurs heute bei Spiegel Online, dass der Umsatz mit solchen Missbrauchsdarstellungen nicht klar sei, aber laut Schätzungen bei 18 Milliarden Dollar liegen würde. Quelle: eine nicht näher beschriebene Interpol-Schätzung „vor einigen Jahren“, aber wie so oft: kein Link, der Leser könnte dann ja die Quelle überprüfen. […]
Sprich: es gibt keinerlei belastbare Quelle für die Behauptung eines 18 oder gar 20 Milliarden US-Dollar großen Marktes. Einer plappert die „Schätzung“ des anderen nach, reißereische Zahlen werden veröffentlicht, seriöse Untersuchungen gehen unter. […]
Die Studie der Uni Hannover ist in der Zwischenzeit fertig, und hat das vorläufige Ergebnis bestätigt, dass es keinen relevante kommerziellen Markt gibt.
Auch wenn zu vermuten ist, dass sich das mit hidden services bei Tor ein klein wenig geändert hat: man kann nicht davon sprechen, dass der kommerzielle Vertrieb von Darstellugen sexuellen Missbrauchs von Kindern einen relevanten Markt oder gar Milliardenmarkt darstellt.
Quelle: Alvar Freude (AK Zensur)
- Nochmal zu Edathy
- Troika verursachte “sozialen Tsunami”
Schwere Vorwürfe aus dem Europaparlament: Die internationale Troika habe in den Krisenländern einen “sozialen Tsunami” ausgelöst, klagt der Beschäftigungsausschuss an.
Die “Men in Black” hätten sich dabei über die Europäische Sozialcharta und die Regeln der Internationalen Arbeitsorganisation ILO hinweggesetzt, heißt es in einem Bericht.
Quelle 1: Lost in EUrope
Quelle 2: EUObserver: MEPs accuse troika of causing ‘social tsunami’ - Griechenland: Arbeitslosenquote bei 28%
Wie das griechische Statistikamt (ELSTAT) heute berichtete, stieg die saisonbereinigte offizielle Arbeitslosenquote in Griechenland im November 2013 auf 28,0%, nach 27,7% im Vormonat. Die Quote der saisonbereinigten Jugendarbeitslosigkeit lag im November bei 61,4%. Da zeigt sie sich wieder, wie jeden Monat, die hässliche Fratze der angeblichen “Fortschritte”. Unbereinigt bei den Originaldaten kletterte die Arbeitslosenquote sogar auf 28,4%, nach 26,9% im Vorjahresmonat.
Quelle: Querschüsse - Matteo Renzi – Der Mann, der Italiens letzte Chance ist
Matteo Renzi ist Italiens großer Hoffnungsträger. Ihm traut die Wirtschaft zu, das Land zu erneuern. Und er weiß: Scheitern ist diesmal einfach nicht drin. […]
Mit seinem Aufruf, das Land und seine Wirtschaft im Hauruck-Verfahren aus dem Sumpf zu holen, hat der jugendliche Politiker in Italien große Erwartungen geweckt. Renzi ist zugleich auch die letzte Hoffnung für die italienische Wirtschaft. Zwar betonen die Italiener immer wieder, dass sie Europas zweitwichtigstes Industrieland darstellen. Doch infolge der Krise sank Italiens Industrieproduktion um 25 Prozent. […]
Wie genau er das Land und seine Wirtschaft reformieren will, dazu äußerte sich Renzi bisher allerdings relativ vage. Auch deshalb ist sein Programm bisher eine Projektionsfläche für vielerlei Reformwünsche, die sich mitunter widersprechen. Vorgestellt hat Renzi bisher beispielsweise eine „Jobs Act“ für mehr Arbeitsplätze: Darin schlägt er einen neuen Arbeitsvertrag vor, der Entlassungen zunächst erleichtert und dem je mehr Rechte bieten soll, umso länger er beschäftigt ist.
Quelle: FAZAnmerkung JB: In der FAZ und anderen Medien wird Renzi als eine Art kleiner Schröder dargestellt, der die Wirtschaft durch „unpopuläre Reformen“ retten will. Ob das mal kein Schnellschuss ist? Renzi hat sich der Vergangenheit mehrfach gegen das Spardiktat aus Brüssel und Berlin stark gemacht. Dafür wurde er vom SPIEGEL noch vor wenigen Wochen als „Populist“ verunglimpft. In welche Richtung Renzi Italien steuern wird, ist noch vollkommen offen. Auf jeden Fall dürfte es für Brüssel und Berlin in Zukunft unbequemer werden, denn Renzi strotzt nur so vor Selbstbewusstsein.
- Um Kopf und Kragen gebaut – Das spanische Immobilien-Trauma
Spanien steckt noch immer tief in der Krise, auch wenn die Banken inzwischen gerettet sind. Viele Spanier sind nach dem Platzen der Immobilienblase hoch verschuldet und müssen bis an ihr Lebensende Schulden abbezahlen. Hunderttausende, darunter viele, die nie kreditwürdig waren, verlieren ihre auf Pump gekauften Häuser und Wohnungen. Zwangsräumungen sind deshalb, anders als in Italien und Griechenland, an der Tagesordnung.
Quelle: WDR 5 [MP3]Anmerkung Orlando Pascheit: Wer seinen Einblick in die spanischen Zustände schärfen möchte und Anfälle von Trübsinn nicht scheut – denn in vielem begegnen sich spanische und deutsche, europäische Zustände – sei auf den Roman von Rafael Chirbes: “Am Ufer” verwiesen. Ein kleiner Auszug:
“Bei mir zu Hause von der Terrasse aus sehe ich die unbewegten Kräne über dem halb fertigen Wohnblock, an manchen von ihnen hängt eine Schubkarre, und diese Schubkarren sind der Stempel unter die Katastrophe, meine Katastrophe, die Aufgabe meiner Projekte, das Zeichen dafür, dass die Kräne unbenutzt sind und die Firma pleite. Ich sehe die Wohnblocks, zum Teil reine Betonskelette, sonst Ziegel, unverputzt. … Die Kräne: ein Scherenschnitt am Himmel und daran schaukelnd die Schubkarre, wie ein Selbstmörder an seinem Strick.”
- Paul Krugman: Writing Off the Unemployed – Die Arbeitslosen werden abgeschrieben
1987 veröffentlichte mein Princeton-Kollege Alan Blinder ein ausgezeichnetes Buch mit dem Titel “Harter Verstand, weiches Herz”. Wie zu erwarten, war das eine Forderung nach einer entschlossenen, aber einfühlsamen Wirtschaftspolitik. Was wir dann tatsächlich bekamen – besonders, wenn auch nicht ausschließlich von republikanischer Seite – war leider das Gegenteil. Und man kann schwerlich ein besseres Beispiel für die hartherzige und schwachsinnige Politik der derzeitigen GOP finden, als das, was letzte Woche geschah, als die Republikaner zum wiederholten Male das Mittel des Filibuster anwandten, um die Unterstützung der Langzeitarbeitslosen zu verhindern.
Was man über die Langzeitarbeitslosigkeit in Amerika weiß?
Zunächst einmal, dass sie so hoch ist, wie fast noch nie. Normalerweise haben die Langzeitarbeitslosen – Leute, die 27 Wochen oder mehr ohne Arbeit sind – zwischen 10 und 20 Prozent aller Arbeitslosen ausgemacht. Diese Zahl liegt heute bei 35,8 Prozent. Trotzdem hat man die erweiterte Arbeitslosenunterstützung, die 2008 eingeführt worden war, jetzt auslaufen lassen. Folglich erhalten nur wenige der Langzeitarbeitslosen irgendeine Form von Unterstützung.
Zweitens liegt man laut einer Untersuchung Josh Mitchells vom Urban Institute falsch in der Annahme, der stereotypische Langzeitarbeitslose gehöre zur Gruppe jener Leute – nicht weiß, schlecht ausgebildet und so fort. Die Hälfte der Langzeitarbeitslosen sind nicht-hispanische Weiße. College-Absolventen verlieren ihren Job nicht so leicht wie weniger gut Ausgebildete, aber wenn das doch geschieht, dauert es tatsächlich länger, bis sie wieder in den Kreis der langfristig Beschäftigten aufgenommen werden. Und bei Beschäftigten über 45 ist es besonders wahrscheinlich, dass sie lange arbeitslos bleiben.
Quelle: New York Times - Das anonyme Heer der Schreibsklaven
Erfahrungen einer Autorin mit Textagenturen im Internet
Ebbe in der Haushaltskasse, keine Aufträge in Sicht – da muss die Freiberuflerin neue Wege finden, um das nötige Kleingeld aufzutreiben. Unter Suchworten wie „Geld verdienen im Internet“ stoße ich schnell auf die Online-Textagenturen, die neuerdings wie Pilze aus dem Boden schießen. Hier kann jeder als Autor agieren, der von sich glaubt, einer zu sein. Man meldet sich an, absolviert einen kurzen, leicht zu bestehenden Eignungstest und wird mit einem automatisch erstellten Schreiben als neuer Autor im Portal begrüßt.
Nun loggt man sich ein und findet ein wirres Durcheinander von Schreibaufträgen vor: Hier will ein Modedesigner seine neueste Kollektion in einer Pressemitteilung vorstellen, da wird ein Infotext zum Sauerland verlangt, und dort wünscht sich der Betreiber eines Gartenportals einen Beitrag über Dahlienknollen. Alle diese Schreibaufträge werden in einem sogenannten Pool gelistet und harren des Autors, der sie erledigt. Wer immer sich zutraut, den Text zu schreiben, klickt einfach auf „Annehmen“ und hat den Zuschlag. Er schreibt seinen Text, sendet ihn an den Kunden, und wird, wenn dieser zufrieden ist, mit dem zuvor in der Auftragsbeschreibung avisierten Honorar entlohnt.
Quelle: M – Menschen – Machen – Medien - Ist Sigmar Gabriel ein Lohndrücker?
Es klingt wie ein Skandal: Ausgerechnet ein sozialdemokratischer Wirtschaftsminister hat in seinem ersten Jahreswirtschaftsbericht nichts besseres zu tun, als Lohnzurückhaltung zu fordern. So zumindest wurde es berichtet.
In Wahrheit ist das alles eine ziemliche Ente. In dem Bericht steht:
„Gute Arbeit muss sich einerseits lohnen und existenzsichernd sein. Andererseits müssen Produktivität und Lohnhöhe korrespondieren, damit sozial versicherungspflichtige Beschäftigung erhalten bleibt.“
Die Lohnentwicklung soll sich also an der Produktivität orientieren – ja woran denn sonst? Das Problem in Deutschland war ja, dass in den vergangenen Jahren die Zunahme der Löhne hinter der Zunahme der Produktivität (plus Zielinflation) zurückblieb.
Quelle: ZEIT Herdentrieb - Gemeinsame Agrarpolitik – Fluch oder Segen?
Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU, kurz GAP genannt, regelt Normen und Subventionen für die Landwirtschaft in den Mitgliedsländern. Dabei stoßen bei beteiligten Staaten unterschiedliche Interessen aufeinander. Die Doku gibt einen Überblick über die historische Entwicklung und lässt Landwirte und Politiker zu Wort kommen.
Quelle: arte - Gewalt gegen Helferinnen in Hongkong: Aufstand der Hausmädchen
Misshandlung als Berufsrisiko: In Hongkong arbeiten Hunderttausende Frauen aus Südostasien als Haushaltshilfen, viele unter schlimmen Bedingungen. Ein besonders brutaler Fall rückt ihr Leid auf die politische Agenda. Indonesien droht schon mit einem Hausmädchen-Embargo. Zwar sind sie in 320.000 Haushalten der Stadt unverzichtbarer Bestandteil des täglichen Lebens, doch Respekt genießen die Frauen selten. Drei von fünf geben in einer Umfrage an, sie würden mit rauem bis beleidigendem Ton behandelt. Jede Fünfte klagte über körperliche Übergriffe, sechs Prozent auch über sexuellen Missbrauch. Zudem sind sie abhängig von ihren Arbeitgebern. Amnesty International zufolge müssen die meisten von ihnen ihre Pässe abgeben, wenn sie die Arbeit antreten. Daher kommt wohl auch die Furcht, Misshandlungen anzuzeigen. Diese Angst könnte nun weichen, auch wegen des Falles von Erwiana Sulistyaningsih. Der Mann, für dessen Haushalt sie verantwortlich war, verprügelte die junge Indonesierin monatelang immer wieder, bis sie nicht einmal mehr zur Toilette laufen konnte. Bilder der Frau, mit zugeschwollenem Gesicht in einem Krankenhaus-Rollstuhl, schockieren die Öffentlichkeit. Ihr Peiniger muss sich für seine Gewaltausbrüche vor Gericht verantworten. Es ist nicht der erste Fall dieser Art in der jüngsten Vergangenheit. Vergangenes Jahr wurde bekannt, dass ein Hausmädchen mit einem heißen Bügeleisen malträtiert wurde. – Und die Regierung der chinesischen Sonderwirtschaftszone? Sie scheint die Drohungen aus Jakarta nicht ernst zu nehmen. Sollten indonesische Helferinnen zu Hause bleiben, würde man einfach mehr aus Myanmar holen, tönen Politiker.
Quelle: Süddeutsche ZeitungAnmerkung Orlando Pascheit: Bislang sind solche Meldungen und schlimmere aus Saudi-Arabien und den Golfstaaten zu lesen. Bei den Vertretungen der Philippinen in diesen Staaten gehen jeden Tag an die hundert telefonische Hilferufe von Hausmädchen ein, die geschlagen oder vergewaltigt wurden oder die keinen Lohn bekommen. Das Traurige ist, dass diese Berichte seit Jahrzehnten kommen und gehen, ohne dass sich irgendetwas ändert. Diejenigen, die derzeit wieder einmal für westliche Werte in Russland oder der Ukraine eintreten, bleiben blind gegenüber den Misshandlungen des weltweiten Proletariats, der “Reservearmee” an ausländischen Arbeitern und Angestellten, die in Abstufungen auch hierzulande manches zu erleiden haben. – Abgesehen davon habe ich schon öfters gehört, dass auch deutsche Diplomaten oder Mitarbeiter von Entwicklungsorganisationen gegenüber ihrem Hauspersonal in Entwicklungsländern äußerst herablassend auftreten.
- Grenzschützer sollen Flüchtlinge aufs Meer geschleppt haben
Zwölf Flüchtlinge ertrinken vor den Augen der griechischen Küstenwache. Womöglich sterben sie gerade ihretwegen.
Immer wieder holt Sabur Azizi die Fotos hervor: Sie zeigen seinen Sohn Behzad und seine Frau Elahe, beide lächeln, sehen erleichtert aus. Ihr Blick erzählt von dem großen Glück, es nach einer Flucht vorerst in Sicherheit geschafft zu haben, an einen Ort, wo man bei schönem Wetter sogar schon sein Ziel am Horizont sehen kann. Europa.
Azizi hat es nach Griechenland geschafft. Doch was ist das schon wert? Er sitzt in einem Hotelzimmer in Athen, er weint. Die Fotos von seiner Frau und seinem Sohn sind keinen Monat alt, und doch zeigen sie eine Welt, wie sie nie mehr sein wird. Beide sind ertrunken, eingeschlossen im Wrack eines Fischerbootes, gestorben in der Nacht, die Azizi nie vergessen wird und in der sich auch die Irrungen und Wirrungen der europäischen Flüchtlingspolitik in ihrer ganzen Drastik zeigen.
Quelle: Süddeutsche Zeitung - Wie Medienberichte ein Verstehen Afghanistans unmöglich machen.
Kabul — Nachrichten O-Ton: „… hat erneut ein massiver Anschlag die afghanische Hauptstadt Kabul erschüttert.“ In den deutschen Nachrichtensendungen klingen Meldungen aus Afghanistan immer gleich. Das Stakkato der Schreckensmeldungen erweckt den Eindruck, als habe eine Taliban-Armee Kabul umringt und als sei es nur noch eine Frage von Stunden, bis die letzte Bastion der afghanischen Regierung in die Hände bärtiger Gotteskrieger fiele.
Ein Realitätscheck könnte dieses Bild eigentlich schnell korrigieren. Denn kaum ein Anschlag in Kabul und tatsächlich nur ganz wenige in anderen Landesteilen werden von mehr als einem halben Dutzend Attentäter ausgeführt. Sicher, für die Opfer ändert das nichts. Doch bemerkenswert ist: Würden genau diese Attacken in westlichen Ländern stattfinden, würden dieselben Medien sie differenzierter als das bezeichnen, was sie sind „Terroranschläge“. Doch kaum geht es um Afghanistan, spielen Details kaum noch eine Rolle, denn wie man längst weiß, „nichts ist gut in Afghanistan“.
Quelle: AussenGedanken - Wie kann Hochschulpolitik sich aktuellen und zukünftigen gesellschaftlichen Problemen stellen?
Der ehemalige Berliner Bildungssenator Jürgen Zöllner macht im Oktoberheft der Neuen Gesellschaft/Frankfurter Hefte Vorschläge für die Hochschulgrundfinanzierung nach 2017. Damit stößt er eine wichtige Debatte an. Seine Diagnosen sind richtig, allein seine Schlüsse zeugen von einer ambitionslosen Hochschulpolitik, wie sie für die letzte Dekade kennzeichnend war, und ignorieren die Zukunftsprobleme im System, findet Rainald Manthe.
[…] Zöllner fordert, Nicht-EU-Bürger durch Studiengebühren für ausländische Studierende an der Finanzierung der deutschen Hochschulen zu beteiligen. […] Das Experiment Studiengebühren ist in Deutschland jedoch gescheitert, der politische Wille ging in eine andere Richtung. Warum dies nun an einer wehrloseren Gruppe von ausländischen Studierenden noch einmal probiert werden soll, in einem wohlhabenden Land wie Deutschland, bleibt völlig unklar. Will Deutschland dem Fachkräftemangel wirksam begegnen, sollten ausländische Studierende mit Kusshand angeworben werden, anstatt sie durch diskriminierende Studiengebühren abzuschrecken. Darüber hinaus schafft dieses Modell beinahe zwangsläufig zwei Klassen von Studierenden: die Zahlenden, und die Privilegierten. […]
Es ist gut, dass Jürgen Zöllner sich immer wieder mit Ideen zu Wort meldet – denn ihm wird im Gegensatz zur jungen Generation zugehört. Seine Vorschläge greifen jedoch nicht die wirklich drängenden Probleme der deutschen Hochschulen und des deutschen Bildungssystems auf, allen voran das große Gerechtigkeitsdefizit. Die Hochschulpolitik muss sich von ihrer Orientierung an Exzellenz und Wettbewerb lösen. Sie muss Antworten auf die fehlende Chancengerechtigkeit, den Fachkräftemangel und den demographischen Wandel finden. Ein erster Schritt wären stabile, planungssichere Hochschulfinanzen.
Quelle: Was bildet Ihr Uns ein - Schröder – Sein trauriges Leben an der Macht
Quelle: SternAnmerkung JK: Zur Manipulation bzw. Meinungsmache des Monats hätte ich auch etwas anzubieten. Und zwar die Titelstory des aktuellen Stern – “Schröder, sein trauriges Leben nach der Macht”. Man fragt sich wirklich welche Intention dahinter steckt? Soll man diesen Mann wirklich bedauern? Den Mann, der mit der Durchsetzung der Agenda 2010 einen gesellschaftlichen Umbruch in Gang gesetzt hat wie es ihn in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie gegeben hat. Mit einer nie gekannten sozialen Polarisierung. Der Mann, der damit Millionen Menschen dem repressiven und demütigenden Hartz IV System ausgeliefert hat. Der, das staatliche Rentensystem zerstört hat, damit sich sein Kumpan Maschmeyer die Taschen voll stopfen konnte. Der Mann, der mit dem Lohn- und Sozialdumping der Agenda 2010 den Grundstein für die Eurokrise und das Elend der Menschen in Griechenland, Spanien und Portugal gelegt hat. Der sich nun mit seinen diversen Berater und Vorstandsjobs selbst unverschämt die Taschen füllt, soll man mit diesen Mann wirklich Mitleid haben?
Natürlich war Schröder mit seiner Anbiederung an die herrschenden Eliten und dem Wunsch ganz oben dazu zugehören schon immer eine jämmerliche Gestalt und so schon immer bemitleidenswert. - Zu guter Letzt: Die neue deutsche Außenpolitik
Quelle: Stuttmann Karikaturen
- Werner Rügemer schreibt uns zu unserem Hinweis #8 von heute morgen
In der Anmerkung zu Hinweis #8 wurde Werner Rügemer heute morgen auf den NachDenkSeiten schwer kritisiert. Die NachDenkSeiten bedauern die Formulierungen „wider besseres Wissen” und „das suggeriert”, da sie den von uns sehr geschätzten Autoren Werner Rügemer unnötig anfreifen. Zum Thema schreibt uns Werner Rügemer folgendes:„Warum sollten in den USA die ILO-normen gelten, obwohl alle US-Regierungen sie bis heute nicht ratifiziert haben? Die USA haben zwar einige der genannten ILO-normen in reduzierter form in ihr arbeitsrecht aufgenommen. aber sie haben sie erstens dem ILO-Übrerprüfungsverfahren entzogen, zweitens haben die US-Regierungen spätestens seit Ronald Reagan die Aufsichtsbehörde National Labor Relations Board (NRLB) so abgewrackt, dass sie kaum handlungsfähig ist. Drittens haben 24 US-Staaten durch eigene Gesetze (Right To Work Laws, eine irreführende Bezeichnung, denn es geht z.B. um das Recht für Unternehmen, Streikbrecher einzusetzen) die Anwendung der nationalen Gesetze eingeschränkt. Und folgendes: in den USA gilt ein gesetzlicher Mindestlohn, das klingt gut – aber die 7,25 US-$ (= 5,44 Euro) sind ja wohl ein Hohn?! Was haben die Beschäftigten vom Gesetz?“