„Die sind doch schon mit 68 tot“
So schreibt der Berliner Tagesspiegel am 21.1.. Untertitel: „IG Metall und VW-Betriebsräte machen gegen die Rente mit 67 mobil. Die Beschäftigten finden das gut.“ Siehe zur Begründung auch das Nachwort aus „Machtwahn“.
Bitte unterstützen Sie diese Kampagne der IG-Metall. Auf den NachDenkSeiten finden Sie viele kritische Kommentare zu Medien in Deutschland. Den Bericht aus dem Tagesspiegel von Yasmin El-Sharif wollen wir ausdrücklich loben. Nicht loben werden wir jene aus dem Arbeitnehmerlager und anderen arbeitnehmernahen Verbänden, die sich für Privatvorsorge-Propaganda einspannen lassen. Albrecht Müller.
Der Artikel im Tagesspiegel ist nichts anderes als ein nackter Bericht von der Lage der arbeitenden Menschen in den meisten deutschen Betrieben: Stress, Auszehrung, Überbeanspruchung, krankmachend. Münteferings stures Festhalten an der Erhöhung des Renteneintrittsalters zeigt entweder, wie weit weg diese amtierenden Spitzen-Sozialdemokraten von ihrer Wurzel sind, oder/und es zeigt, wie politisch korrupt sie wie viele andere auch inzwischen geworden sind. Weil die meisten Menschen wegen der Anstrengung am Arbeitsplatz die bisherige Altersgrenze kaum erreichen werden, wirkt die Erhöhung als Rentenkürzung um 3,6% pro Jahr. Das ist ein weiterer Schritt in die Altersarmut. Dieser Eindruck ist beabsichtigt, damit möglichst viele das letzte zusammen kratzen, um privat ergänzend vorzusorgen.
Die IG-Metall verdient unsere Unterstützung auch deshalb, weil andere Einrichtungen und Verbände, von denen wir erwartet hätten, dass sie am gleichen Strang ziehen, inzwischen auf vielfältige Weise in die Marketingarbeit der Lebensversicherungskonzerne sich haben einspannen lassen.
Wir appellieren namentlich an:
- die Deutsche Rentenversicherung,
- den DGB,
- die Verbraucherverbände/Bundesverband und
- den Deutschen Volkshochschulverband.
Ziehen Sie Ihre Mitarbeit an der Propagandaaktion „Altersvorsorge macht Schule“ zurück. Sie sind vermutlich in gutem Glauben beigetreten. In der Realität sind Sie heute eine Art glaubwürdiger Schallverstärker der Vertriebsarbeit der privaten Rentenversicherer. Schauen Sie sich zum Beispiel diese Presseerklärung des zuständigen Ministeriums an. Es geht immer um die gleichen Lernziele: die gesetzlichen Rente reicht nicht mehr, die Privatvorsorge ist nötig und alternativlos.
Wir machen den vier genannten Einrichtungen einen Vorschlag für ein anderes Volkshochschul-Programm unter dem gleichen Titel „Altersvorsorge macht Schule“. Bieten Sie dazu einen Kurs mit folgenden Unterrichtseinheiten an:
- Warum das Umlageverfahren und damit die gesetzliche Rente mit 1,5% Verwaltungskosten um vieles preiswerter arbeiten als zum Beispiel die Riester-Rente mit rund 10%, das chilenische Modell mit 18% und viele andere private Systeme mit 25 und 40 %.
- Um wie viel höher müssen die Renditen liegen, um diese Kostenunterschiede aufzuholen?
- Was die verschiedenen Bundesregierungen bisher schon getan haben, um die Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Rente zu vermindern und damit das Vertrauen in diese staatliche Rente und das Umlageverfahren zu zerstören: zum Beispiel wurden die sozialen Kosten der deutschen Vereinigung den Beitragszahlern angelastet, zum Beispiel wurde rentenmindernd ein Nachhaltigkeitsfaktor eingeführt, zum Beispiel die künstliche Fixierung des Beitragssatzes, zum Beispiel die Erhöhung des Renteneintrittsalters.
- Die Risiken der gesetzlichen Rente im Vergleich zu verschiedenen Privatvorsorgesystemen. Über den Kollaps privater Altersvorsorgesysteme rund um den Globus.
- Über den Einfluss der privaten Versicherungswirtschaft auf die Wissenschaft – namentlich Rürup, Raffelhüschen, Miegel, Sinn, Börsch-Supan.
- … und auf die Politik.
- Die Verfilzung von Versicherungswirtschaft und Medien – dargestellt am Programmschwerpunkt demographischer Wandel des ZDF in der dritten Januarwoche 2007 und an der seit September 2005 laufenden gemeinsamen Kampagne von BILD und Allianz AG.
- Was machen jene Menschen, vermutlich die Mehrheit, die ihr gesamtes Einkommen für ihren bescheidenen Unterhalt brauchen oder sogar schon Schulden haben? Wie sollen Arbeitslose privat vorsorgen? (Wer nicht viel verdient oder arbeitslos ist, schaut auch bei der Privatvorsorge in die Röhre. Die Träger von „Altersvorsorge macht Schule“ könnten Tipps geben, wie man angenehm in die Röhre schaut)
- Wie passt die Werbung für mehr Privatvorsorge in die konjunkturelle Landschaft? Der Konsum ist doch eh schon die Schwäche der konjunkturellen Entwicklung? Wie passt dazu die Anregung, im Zuge des Kapitaldeckungsverfahrens und zum Aufbau eines Kapitalstocks noch mehr zu sparen?
(Hier könnten Sie zur Entlastung der Veranstalter darauf hinweisen, dass die meisten Privatvorsorger vermutlich eh nicht zusätzlich sparen, sondern Vermögen umschichten, also zum Beispiel Sparguthaben abbauen und dieses Geld in die Riester-Rente stecken, weil diese subventioniert ist. Schade nur, dass damit der ganze Schwindel aufflöge: auch beim Kapitaldeckungsverfahren wird der volkswirtschaftliche Kapitalstock nicht wesentlich vergrößert, was gesamtwirtschaftlich ohnehin problematisch wäre. Und dann würde sichtbar: Immer muss die arbeitsfähige Generation für die Rentnergeneration und die Generation der Kinder und Jugendlichen aufkommen – unabhängig davon, wie die Finanzierung der Altersvorsorge organisiert ist, über das Kapitaldeckungsverfahren oder das Umlageverfahren.) - Wie sieht die Verteilungsbilanz beim Ausbau der geförderten Privatvorsorge aus? In diesem letzten Kurs könnten Sie darstellen, wie die Umverteilung von unten nach oben funktioniert, wenn jene Familien, die ihr gesamtes Einkommen zur Versorgung brauchen, mit ihren Steuerzahlungen die Subventionen für die Förderrente, auch genannt Riester-Rente, bezahlen?
Damit hätten Sie ein interessantes Programm für mindestens 10 Unterrichtseinheiten Ihres Volkshochschul-Programms. Ihre Kursteilnehmer könnten mithilfe des Internets viele Materialien zu diesen Themen recherchieren. Sie fänden auch bei den NachDenkSeiten die passende Unterstützung. Über unsere Suchfunktion erreichten sie eine Fülle einschlägiger Hinweise und Daten.