Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Snowden exclusiv – Das Interview
  2. Lanz
  3. Orwell 2.0
  4. Antje Vollmer/Hauke Ritz: Mutwillig verspielt
  5. Was für ein Europa wollen Sie, Frau Wagenknecht?
  6. Paul Krugman – Paranoia of the Plutocrats
  7. Schäuble will kein Volkswirt, sondern Kaufmann sein
  8. Große Teile der bürgerlichen Mittelschicht sind dabei, sozial zu verrohen
  9. Pflegenotstand in Deutschland
  10. Sozialintegrative Leistungen der Kommunen im Hartz-IV-System: Ziele wurden nicht erreicht
  11. Krieg in Mali – Schutztruppen im Goldrausch
  12. This one map helps explain Ukraine’s protests
  13. Der geheime Krieg
  14. „Die Demokratie wird zerschreddert“
  15. Why There’s No Outcry
  16. Schwarz-Grün als Zukunftsoption?
  17. Gabriel warnt vor anti-europäischen Kräften
  18. Redezeit mit Andreas Kemper: Eine Alternative für Deutschland?

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Snowden exclusiv – Das Interview
    Nach sechs Monaten Vorbereitungszeit ist es NDR-Autor Hubert Seipel gelungen, das weltweit erste Fernsehinterview mit Edward Snowden nach dessen Flucht aus Hongkong zu führen.
    Quelle: ARD

    Anmerkung JB: Das Interview ist hoch interessant, der Rahmen, in dem es von der ARD präsentiert wurde, ist jedoch erbärmlich. Zunächst durften bei Günther Jauch der ehemalige US-Botschafter Kornblum und der designierte Chefredakteur von Bild.de Julian Reichelt aus Snowden einen Verräter machen und dabei unwidersprochen einem Millionenpublikum unverschämte Lügen auftischen und dann beklagte sich NDR-Journalist Thomas Berbner im Tagesthemen-Kommentar auch noch darüber, dass Snowden nach China und Russland gegangen ist und sich nicht den US-Behörden gestellt hat. Und das Interview selbst sendete die ARD zu nachtschlafender Zeit. So kann man einen echten Scoop versemmeln. Schade, ARD.

  2. Lanz
    1. Was in der Lanz-Petition fehlt
      Zehntausende Bürger unterschreiben gegen den ZDF-Moderator Markus Lanz. Die Petition trifft aber nicht den Kern des Problems: die Linksparteiphobie deutscher Journalisten
      Eine Welle der Empörung schwappt durch Deutschland: Mehr als 170.000 Menschen haben mittlerweile gegen den ZDF-Fernsehmoderator Markus Lanz unterschrieben. Man muss sich die Dimension verdeutlichen: Als Susanne Wiest vor wenigen Jahren eine Bundestags-Petition für ein bedingungsloses Grundeinkommen startete, unterschrieben 52.000 Menschen – damals war das ein Riesen-Erfolg und ging durch alle Medien.
      Quelle: der Freitag

      In einer Anmerkung verweist unser Leser M. auf einen Kommentar: Möglicherweise ist diese Petition gegen Markus Lanz einfach ein Signal gegen die RTLisierung des Öffentlich-Rechtlichen-Rundfunks.
      Ein Teil des Problems liegt nämlich darin, dass im Öffentlich-Rechtlichen-Rundfunk eben Leute wie Markus Lanz eingestellt werden, die bei den privaten Schmutz- und Schundkanälen und/oder ebensolchen Printmedien ausgebildet und sozialisiert wurden.
      Zu den Journalisten schrieb der verstorbene FAZ-Mitherausgeber in einem Leserbrief an den Spiegel: “… Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten[nämlich den Zeitungsbesitzern], ihre Meinung zu verbreiten. Journalisten, die diese Meinung teilen, finden sie immer. …” Der Volksmund fasst das kürzer: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.
      Zur sozialen Herkunft und der sich daraus häufig ergebenden politischen Einstellung von Journalisten schrieb Rolf Stumberger in Telepolis den aufschlussreichen Artikel: Plebejer müssen draußen bleiben.
      Eine Untersuchung für die Friedrich-Ebert-Stiftung befasst sich mit eben dem gleichen Thema: Journalistenschüler – Rollenselbstverständnis, Arbeitsbedingungen und soziale Herkunft einer medialen Elite [PDF – 364 KB].
      Schließlich sei noch Noam Chomskys Kritik der Intellektuellen genannt: Wachhunde der Machtelite.
      Dass der Springer-Konzern mit seinen Produkten BILD und WELT seit seiner Gründung gegen den Kommunismus, den Sozialismus und auch gegen die wirkliche Sozialdemokratie kämpft ist ja nun nichts Neues, sondern sein ausgewiesenes und ausgesprochenes Selbstverständnis.
      Dass der SPIEGEL seit gut 30 Jahren als Bildzeitung der Intellektuellen bezeichnet wird, ist auch kein Zufall.
      Kurz, in der seit ihrer Gründung auf Antikommunismus/ Antisozialismus getrimmten Bundesrepublik braucht man keine konspirativen Absprachen gegen die Partei Die Linke: das politisch-gesellschaftliche System als Ganzes steht gegen jede Partei und Person, die sozialistische Postitionen vertritt.
      Und natürlich gibt es konzertierte Kampagnen gegen die Partei die Linke, manmal liefert die Linke sogar selbst die Steilvorlagen dafür.

      Ergänzende Anmerkung J.K.: Diese von unserem Leser empfohlene Beiträge sind zwar schon etwas älter, bringt aber doch die Problematik bzw. das Elend des heutigen Journalismus ganz hervorragend auf den Punkt – bitte als Hinweise aufnehmen oder einen Themenblock daraus machen.
      Aus der sozialen Herkunft der Journalisten und den sozialen Selektionsmechanismen der entsprechenden Ausbildungsinstitutionen erklärt sich wohl auch oft die geradezu hasserfüllte Berichterstattung über die Linke. Offensichtlich schwingt dabei, wenn auch nicht immer bewusst, die Verachtung und die Furcht der Angehörigen des gehobenen Mittelstandes, vor der durch die Linke vermeintlich vertretenen Klientel mit. Dazu manifestiert sich darin sicher ebenfalls die zunehmende soziale Verrohung der bürgerlichen Mittelschicht. Die zehnjährige Langzeituntersuchung Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit der Forschergruppe um Wilhelm Heitmeyer in Bielefeld hat belegt, wie aggressiv, rassistisch und sozialverächtlich immer größere Teile des Bürgertums geworden sind. Und leider kommt man nicht umhin wieder darauf hinzuweisen, dass diese Entwicklung wesentlich durch die SPD und die Agenda 2010 angestoßen wurde.
      Eine sehr schöne illustration über die Gedankenwelt der heutigen Journalistengeneration liefert die im Artikel zitierte Reportage aus dem SZ-Magazin, das in der Tat eine Spielwiese unkritischer Lifestyle-Journaille ist, die dort ihre Systemtauglichkeit unter Beweis stellen darf. Den Beitrag des Herren Haberl zu lesen ist sehr entlarvend, wenn auch die Arroganz und Verachtung der nicht-bürgerlicher Lebenswelt, die aus dessen Zeilen trieft schwer zu ertragen ist.

    2. Georg Diez – Der Pesthauch des Konformismus
      Das unverschämte Interview von Markus Lanz mit Sahra Wagenknecht ist Ausdruck eines aggressiven Konformismus, der das gesamte ZDF durchzieht. Die Petition gegen den Moderator ist nur der gerechtfertige Aufschrei gegen das, was eigentlich das demokratische Fernsehen sein sollte. […]
      Denn das war der Kern, das Motiv, das eigentlich Verstörende an dem Auftritt von Markus Lanz – die Art und Weise, wie er sein Denken als das Denken der Mehrheit und als das einzig vernünftige und mögliche und wahre Denken präsentierte, alles auf die Spitze getrieben in der bekenntnishaften und zwanghaft wiederholten Quatschfrage an Sarah Wagenknecht: Für Europa oder gegen Europa, sind Sie für oder gegen Europa, sagen Sie schon, im Ernst, ernsthaft, kommen Sie schon, für oder gegen Europa!? Was sich anhörte wie: Sind Sie für uns oder gegen uns? Machst du mit oder bist du ein Verräter?
      Was sich hier zeigt, ist ein aggressiver Konformismus, der das Programm und das Denken dieses Senders durchzieht und letztlich im öffentlich-rechtlichen Dauergerede über die Quote wieder auftaucht – denn das Wort Quote ist ja nur ein anderes Wort für Mehrheit, ist die Quantifizierung von Qualität und die forcierte Homogenisierung von Geschmack. Und es hat weniger mit dem emanzipatorischen Aspekt von Masse zu tun, wie von öffentlich-rechtlicher Seite gern angeführt wird, und mehr, wie es Lanz im Grunde vorbildlich entlarvend vorgeführt hat, mit dem forschen, fordernden, “frechen”, wie Lanz sagen würde, Umgang mit allen, die sich nicht aufs ZDF-Niveau begeben wollen und die sich nicht damit zufriedengeben wollen, dass das Fernsehen verloren ist.
      Der Protest und die Petition gegen Markus Lanz sind damit vor allem ein Aufschrei gegen Stil, Inhalt und Zustand dessen, was eigentlich das demokratische Fernsehen sein sollte.
      Quelle: SPIEGEL Online
  3. Orwell 2.0
    1. Deutsch-amerikanische Freundschaft – Wenn ein Staatsfunktionär in einer Nebenbemerkung eine Verschwörungstheorie zur Verschwörungspraxis erklärt
      Vor einigen Wochen erregte bei “Beckmann” – Thema der Sendung war das Treiben der US-Geheimdienste in Deutschland – eine Einlassung von Werner Weidenfeld, dem ehemaligen Amerikakoordinator der Regierungen Kohl und Schröder, quasi nebenbei bemerkt, meine Aufmerksamkeit:
      “In den 12 jahren als Amerikakoordinator habe ich 3 Verhaltensweisen amerikanischer Regierungen kennengelernt: In dem Moment, wo man mit ihnen einer Meinung ist, sind wir die besten Freunde, wir umarmen uns … man hat Angst um seine Rippen, weil die Umarmungen so intensiv sind. Wenn wir in zweitrangigen Fragen nicht einer Meinung sind, dann sagt die amerikanische Regierung regelmäßig, das passiert mit uns, wo bleibt die Dankbarkeit in der Geschichte, wir haben die Freiheit und die Sicherheit der Deutschen erobert und erhalten und was passiert … wenn wir in einer ernsten Frage anderer Auffassung sind, dann kommt Geheimdienstmaterial auf den Tisch, das Deutschland belastet und entweder ihr macht mit oder ihr seid dran. Insofern gibts verschiedene Arten und die Amerikaner haben eine ganz klare Interessenlage.”
      Weidenfeld stellte klar, dass die US-Regierungen bei Widerspruch “befreundeter” Nationen also auch vor Erpressung nicht zurückschrecken.
      Quelle: der Freitag
    2. Online-Fernseher: Der Spion in deinem Wohnzimmer
      Sobald der Fernseher online ist, schickt er Daten an die Server des Herstellers. Das Fachmagazin “c’t” hat Smart-TVs nun genauer analysiert: Sie speichern Cookies mit eindeutiger Kennung, die Verschlüsselung hat Sicherheitslücken.
      In der aktuellen Ausgabe beschreibt die “c’t” unter anderem diese Beobachtungen:

      • Alle analysierten Geräte (je ein Modell der Hersteller LG, Panasonic, Philips, Samsung und Toshiba) schicken Daten an die Hersteller. Die “c’t” hat eines der größten Testlabors in Deutschland, doch die Experten können sich die Inhalte nicht erklären: “Welchen Zweck die Datenpakete der Smart-TVs an die Server der Hersteller erfüllen, konnten wir oft nicht einmal nach intensiver Recherche ergründen.” Das schafft kein Vertrauen. Im November hatten Tester enthüllt, dass LG-Fernseher Informationen über Dateien auf angeschlossenen USB-Laufwerken an den Konzern übermitteln.
      • Beim Wechseln der Sender tauscht der Fernseher Daten mit Servern der Sender aus. Grund dafür ist die bei den Geräten standardmäßig aktivierte HbbTV-Erweiterung. Fernsehsender können im digitalen Fernsehsignal angeben, welche URL ein Fernsehgerät beim Empfang aufrufen soll. Der HbbTV- Rückkanal kann unbemerkt die IP-Adresse des Nutzers und den Zeitpunkt des Aufrufs übertragen.
      • “c’t” hat festgestellt, dass viele TV-Sender kleine Textdateien mit eindeutiger Kennung im Speicher der Fernseher ablegen. Viele Privatsender überwachen die Nutzung des Rückkanals per Google Analytics.
      • Die Verschlüsselung übers Netz geschickter Daten hat bei den von “c’t” getesteten Smart-TVs gravierende Sicherheitslücken. In dem Artikel heißt es: “Wir konnten uns mit überschaubarem Aufwand in deren verschlüsselten Datenverkehr einklinken und fette Beute machen, darunter Zugangsdaten für Amazon (durch die Lovefilm-App) und Maxdome.”

      Die “c’t”-Redaktion rät Nutzern dazu, die HbbTV-Erweiterung zu deaktivieren. HbbTV-Senderportale kann man dennoch am Fernseher aufrufen, zum Beispiel über diese von der “c’t” eingerichtete Startseite.
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung JB: Mit anderen Worten: Smart-TVs verhalten sich so wie „echte“ Computer. Denn im Vergleich dazu, was die Betriebssysteme Microsoft Windows und Mac OS X und die installierten Programme (allen voran die Internetbrowser) an Nutzerinformationen durchs Netz schicken, sind die Smart-TVs Waisenknaben. Wer dies nicht will, kann beim Smart-TV auch ganz einfach das Netzwerkkabel kappen.

      Passend dazu: Telekom versendet Kontodaten unverschlüsselt
      Die Telekom hat an Millionen Kunden Informationen zur SEPA-Umstellung samt unverschlüsselter Kontoverbindung per E-Mail verschickt. Das gefällt den Verbraucherschützern aus Rheinland-Pfalz nicht, doch das Bonner Unternehmen ist sich keiner Schuld bewusst.
      Schließlich hätten sich die Kunden selbst entschieden, ihre Rechnungen per E-Mail zugeschickt zu bekommen. Bisher waren in den Rechnungen der Telekom nur die ersten Ziffern der Kontonummer abgedruckt.
      Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz und ein Sprecher der Datenschutzbeauftragten des Bundes, Andrea Voßhoff, kritisieren am Samstag in der Mainzer “Allgemeinen Zeitung” die ungeschützte E-Mail-Versendung der sensiblen Daten. “Offenbar fehlt der Telekom hier die Sensibilität für den Datenschutz”, sagt der Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, Christian Gollner.
      Der Sprecher der Datenschutzbeauftragten versprach, dass man der Sache nachgehe und “auf eine datenschutzgerechte Gestaltung des Rechnungsversands” drängen werde.
      Quelle: SWR

  4. Antje Vollmer/Hauke Ritz: Mutwillig verspielt
    Nach dem Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs begann eine neue Epoche westlicher Außenpolitik, die durch die neokonservative Strategie geprägt war. Viele der damals formulierten überschwänglichen Ziele und Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Stattdessen häufen sich Misserfolge, für die die Namen Irak, Afghanistan, Libyen, Syrien, Georgien und seit kurzem auch Ukraine stehen. Wie ist es zu dieser Situation gekommen? Und gibt es überhaupt noch Alternativen zu einer geopolitischen Interessenpolitik, die offensichtlich so wenig erfolgreich ist?

    1. Der Sieg im Kalten Krieg und seine strategischen Illusionen…
    2. Vision und Fehleinschätzung Michael Gorbatschows…
    3. Das Zerschellen einiger westlicher Illusionen an der realen Welt…
    4. Gibt es noch eine Rückkehr zur Diplomatie, zur Entspannungspolitik und zum Völkerrecht?…

    Es gab einmal andere Politik-Methoden, in jener Zeit, als die Welt noch nahe am Abgrund eines nuklearen Weltkrieges stand und unter der Knute rassistischer Diktaturen litt. Willy Brandt und Egon Bahr entwickelten sie gegenüber der (nicht-reformierten) SU, Henry Kissinger und Richard Nixon gegenüber der (maoistischen) VR China, Nelson Mandela innerhalb des Apartheid-Regimes Südafrika. Es war eine Politik des Dialogs ohne Vorbedingungen, die auf Entspannung, Wandel durch Annäherung, Offenheit für innere Reformen, Versöhnungsbereitschaft mit den Eliten der gegnerischen Seite und das Bewusstsein einer gemeinsamen Welt-Verantwortung setzten, nicht auf den Sieg des Stärkeren oder auf die Demütigung des Besiegten. Aus dieser Politik ist der KSZE-Prozess entstanden, eine Stärkung der UNO, eine Überwindung der Blockkonfrontation, eine Politik der vertrauensschaffenden Maßnahmen und gemeinsamer Sicherheitspartnerschaften.
    Wenn alle neokonservativen Illusionen und Weltherrschaftsträume verflogen sind, bleibt uns hoffentlich noch Zeit genug, dahin zurückzukehren.
    Quelle: FR

    Anmerkung WL: Selbst wenn man nicht allen Thesen folgen mag, ein wirklich lesenswerter und zum Nachdenken anregender Artikel über die von der neokonservativen Strategie bestimmte westliche Außenpolitik nach dem Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs.

  5. Was für ein Europa wollen Sie, Frau Wagenknecht?
    Im Tagesspiegel-Interview “Die EU ist ein Hebel zur Zerstörung der Demokratie” hat die Vize-Vorsitzende der Linken die Europäische Union heftig kritisiert. Jetzt antwortet Wagenknecht unserem Leser, was sich aus ihrer Sicht ändern muss – und warum sie trotzdem für mehr Europa ist. (…)
    Die Europäische Union (EU) hat ein Problem mit Demokratie: In Griechenland und Italien übernahmen zeitweise nicht gewählte, ehemalige Topbanker die Regierungsgeschäfte. Die Parlamente durften in der Euro-Krise Bankenrettungen nur noch abnicken, um das „Vertrauen der Finanzmärkte“ zu gewinnen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) griff die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei Volkswagen, die Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen oder das Streikrecht an. Und selbst Europaabgeordnete kennen die Details der Verhandlungen der EU-Kommission über das Freihandelsabkommen mit den USA nicht, während über 600 Wirtschaftslobbyisten exklusiven Zugang zu allen Dokumenten haben. Die nationalen Regierungen spielen daher oft über die Brüsseler Bande, wenn sie zu feige sind, Angriffe auf Demokratie und Sozialstaat zu verantworten.
    Das zerstört die europäische Idee. Die Europawahlen sind längst eine Zwei-Klassen-Wahl, weil Menschen mit geringen Einkommen kaum noch wählen. Demokratie bedeutet nach einer Definition der Antike auch, dass sich die Interessen der Mehrheit durchsetzen. Demokratie ist daher der Schlüssel, um Europa den Reichen und Mächtigen zu nehmen. Die EU ist eine Vertragsgemeinschaft. Der Vertrag von Lissabon verpflichtet auf einen weitgehend ungehemmten Wettbewerb bzw. den Wettlauf um die niedrigsten Löhne, ökologische und soziale Standards. Die EU-Verträge enthalten auch ein Aufrüstungsgebot. Eine Änderung der Verträge ist jedoch nur mit Zustimmung aller 28 Mitgliedsstaaten möglich. Daher fordert Die Linke eine Neugründung der EU mit neuen Verträgen, die Volksabstimmungen unterworfen werden. Gesetzentwürfe der Linken für Volksabstimmungen zu EU-Verträgen wurden aber von den anderen Parteien im Bundestag bisher stets abgelehnt.
    Quelle: Der Tagesspiegel

    Anmerkung C.R.: Es ist noch gar nicht so lange her, da waren die von Frau Wagenknecht formulierten Positionen mit der SPD verbunden.

  6. Paul Krugman – Paranoia of the Plutocrats
    Rising inequality has obvious economic costs: stagnant wages despite rising productivity, rising debt that makes us more vulnerable to financial crisis. It also has big social and human costs. There is, for example, strong evidence that high inequality leads to worse health and higher mortality.
    But there’s more. Extreme inequality, it turns out, creates a class of people who are alarmingly detached from reality — and simultaneously gives these people great power.
    The example many are buzzing about right now is the billionaire investor Tom Perkins, a founding member of the venture capital firm Kleiner Perkins Caufield & Byers. In a letter to the editor of The Wall Street Journal, Mr. Perkins lamented public criticism of the “one percent” — and compared such criticism to Nazi attacks on the Jews, suggesting that we are on the road to another Kristallnacht.
    Quelle: New York Times
  7. Schäuble will kein Volkswirt, sondern Kaufmann sein
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will in seinem Amt ein vorsichtiger Kaufmann sein. Die Medien nehmen es hin und applaudieren sogar, wenn er verspricht, im Jahr 2015 keine neuen Schulden mehr aufnehmen zu wollen (Wie oft hat das ein Finanzminister schon versprochen?). Doch was ein vorsichtiger Kaufmann im Bundesfinanzministerium zu suchen hat, interessiert niemanden. Nur wird in diesem Haus keine Fachkraft für Betriebswirtschaft benötigt, sondern jemand, der volkswirtschaftliche Zusammenhänge versteht und danach handelt. Das tut Schäuble aber nicht. (…)
    Inflation gleich Instabilität. Das ist ein weiterer Tiefpunkt in der Diskussion, die so arm an volkswirtschaftlichen Sachverstand ist. Die ominösen zwei Prozent Inflation sind ja nicht aus der Luft gegriffen und haben auch nicht viel mit Wahlkampf zu tun, wie Schäuble unseren hörigen Medien in die Blöcke diktiert, sondern gehen auf eine Zielvereinbarung zurück, die einzuhalten sich auch Deutschland bei der Gründung der Währungsunion verpflichtet hat. Worauf sonst sollte sich eine Währungsunion auch verständigen, wenn nicht auf eine Harmonisierung der Lohnstückkostenentwicklung, die die Inflation bestimmt? (…)
    Der sähe es hingegen gerne, wenn alle sparen so wie er, irgendwann einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen und am Ende keine neuen Schulden mehr machen würden. Dann, so Schäubles Überzeugung, stünden auch die anderen wirtschaftlich so gut da wie die teutonische “Wachstumslokomotive” mit ihren lächerlich mickrigen 0,4 Prozent BIP-Zuwachs im abgelaufenen Jahr. In diesem desaströsen Klima der verordneten Sparsamkeit investiert nur niemand mehr, obwohl gerade Schäuble und die deutsche Wirtschaft weiterhin darauf hoffen. Sie haben ja bis jetzt auch davon profitiert. Denn ohne die Schuldner des Auslands, die man mit erhobenen Zeigefinger ordentlich beschimpft und maßregelt, gäbe es keinen Exportüberschuss, den man bejubeln könnte.
    Einem Volkswirt mit makroökonomischen Sachverstand wäre das wohl klar, einem studierten Juristen, der gern ein Kaufmann sein möchte aber nicht. Der hat zu komplizierten ökonomischen Sachfragen nämlich nix zu sagen, und flüchtet sich daher ins Prozedurale, sagt Heiner Flassbeck.
    Quelle: Tautenhahn Blog

    Passend dazu: Schäuble “Europa ist auf einem guten Weg”
    Mario Draghi und Wolfgang Schäuble sehen Vertrauenskrise überwunden
    In den Chor der Stimmen in Davos, die eine Erholung in Europa sehen, fielen am Freitag auch EZB-Chef Mario Draghi und der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble ein. “Wenn man sich die Situation heute anschaut und mit der vor einem Jahr vergleicht, dann ist viel geschehen” , sagte der Chef der Europäischen Zentralbank, der eine “fragile Erholung”, aber noch Konjunkturrisiken sieht.
    Ähnlich war fünf Stunden davor der Befund von Schäuble ausgefallen: “Europa ist nicht mehr der Kern der Besorgnis.” Aller Skepsis, auch hier in Davos, zum Trotz sei es gelungen, den Euro “aus einer gefährlichen Vertrauenskrise herauszubringen”, sagte Schäuble. Europa sei noch nicht ganz über den Berg, “aber schon auf der Höhe von Davos, Europa ist auf einem guten Weg.”
    Ebenso unisono gab es Lob für Griechenland. Draghi sprach von “bedeutenden”, Schäuble von “größeren” Fortschritten. Der deutsche Finanzminister fügte hinzu: Die griechische Bevölkerung habe schwere Einschnitte hinnehmen müssen. “Ich wollte das nicht in Deutschland durchsetzen müssen.”
    Quelle: derStabdard.at

    Anmerkung C.R.: Leidet der deutsche Bundesfinanzminister an Realitätsverlust? Schwere Einschnitte muss die deutsche Bevölkerung seit Jahrzehnten erleiden. Bereits unter der Kohl-Regierung ging es mit dem deutschen Sozialstaat bergab; unter der rot-grünen Bundesregierung Schröder-Fischer gab es eine enorme Beschleunigung des Sozialabbaus, die bis heute kein Ende gefunden hat.
    Der stets erzkonservative Schäuble bleibt seiner Rolle als Technokrat treu. Er kann offensichtlich eine Sache lediglich verwalten, jedoch nicht einmal ansatzweise progressiv gestalten.

  8. Große Teile der bürgerlichen Mittelschicht sind dabei, sozial zu verrohen
    Jutta Ditfurth über den verwandlungsfähigen Kapitalismus, den zunehmenden Rassismus, den ausbleibenden Widerstand
    Die Publizistin, Soziologin und politische Aktivistin Jutta Ditfurth setzt sich seit Jahrzehnten kritisch mit dem Kapitalismus und dem politischen Zeitgeschehen auseinander. Im Gespräch erklärt sie, warum Reformen und Parteien nichts am Kapitalismus ändern und weshalb die Revolution noch immer nicht ausgebrochen ist. (…)

    Frau Ditfurth, in Ihrem Buch “Zeit des Zorns” schreiben Sie: “Der Kapitalismus ist durch Reformen nicht in eine humane Gesellschaft zu überführen.” Haben Sie überhaupt noch Hoffnung in die Parteipolitik?

    Jutta Ditfurth: Nein. Reformen sind ja heute keine Reformen mehr, also keine wirklichen Verbesserungen der Lage der Menschen. Wenn eine Reform angekündigt wird, ist das eher eine Drohung, denn es folgt meistens eine Verschlechterung der sozialen Lage, spätestens durch die Hintertür. Durch das, was heute “Reformen” genannt wird, sind keine Änderungen hin zu sozialer Gleichheit und wirklicher Freiheit in einer dann humanistischen Gesellschaft möglich.
    Aber nicht nur Parteien sind reformistisch, sondern auch etliche soziale Bewegungen sind es. Selbst wenn in einer bestimmten historischen Phase die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse gewisse Verbesserungen, sogenannte “Reformen” für Mensch und Natur zulassen, sind diese nicht von Dauer, denn sobald der emanzipatorische Druck nachlässt, werden diese wieder abgeräumt.
    Die dem Kapital eigene gnadenlose Konkurrenz und Profitmaximierung erzwingen die Spaltung der Gesellschaft in wenige Reiche und viele Arme. Der Brutalität und der Vernichtungslogik des Kapitals sind weltweit keine Grenzen gesetzt. Der Staat des Kapitals und seine Parteien sind Ausdruck dieser kapitalistischen Gewaltverhältnisse. Linke Flügel staatstragender Parteien sind gestutzte Flügel, sie fliegen nie zu den Wurzeln des Problems.

    Aber gerade in den Jugendorganisationen der Parteien finden sich doch häufig Leute, die wirklich etwas ändern wollen.

    Jutta Ditfurth: Einigen glaube ich, dass sie es ernsthaft wollen. Aber diese Jugend-Organisationen bürgerlicher Parteien sind Durchlauferhitzer. Die Parteispitzen sagen sich: Lass die jungen Leute sich dort mal austoben. Wir prüfen dann, wer bereit ist, seine “linken Illusionen” aufzugeben, wer nützlich für uns ist. Die Partei macht Angebote: Stipendien, Jobs, soziale Reputation. Die Anpassungsbereiten fischen sie sich raus. So ist das schon immer gewesen.

    Wenn von der Parteipolitik nichts zu erwarten ist: Wo ist sie dann, die Revolution? Wo ist die Wut der Bevölkerung auf die kapitalistische Ausbeutung? Wo sind zum Beispiel all die Ausgestoßenen und all die drangsalierten Sozialhilfeempfänger?

    Jutta Ditfurth: Es ist ein verbreiteter Irrtum zu glauben, dass die Gedemütigtsten und Ausgebeutesten gleichsam automatisch das revolutionärste Bewusstsein besitzen. Manchmal wissen linke AktivistInnen wenig von den sozialpsychologischen Voraussetzungen politischen Bewusstseins. Da spielt doch vieles eine Rolle.
    Manche Menschen sind über einen langen Zeitraum so kaputt gemacht und entmutigt worden, dass sie froh sind, mit ihren Angehörigen jeden einzelnen Tag zu überstehen. Andere schuften sich in zwei oder drei Jobs frühzeitig ins Grab. Wieder andere fliehen vor der Ausweglosigkeit für sich und ihre Kinder in verschiedene Suchtformen oder träumen sich weg. Und diejenigen, die es irgendwie schaffen, sich durchzuschlagen, stoßen dann auf unsichtbare Mauern in dieser Gesellschaft: perfide soziale Selektionssysteme, undurchlässige Strukturen. Der kritisch denkende Teil junger Menschen, ob aus proletarischen, kleinbürgerlichen oder bürgerlichen Familien, wird in oft hierarchischen, verschulten Ausbildungseinrichtungen der Ideologie der herrschenden Verhältnisse ausgesetzt – und wer trotzdem ernsthaft Veränderungen durchsetzen will, stößt, grob gesagt, auf zwei Reaktionsweisen des Staates: Zuckerbrot oder Peitsche, Integrationsangebot oder Repression.
    Quelle: Telepolis

  9. Pflegenotstand in Deutschland
    Stärker als die Angst vorm Tod ist heute oft die Angst, im Pflegeheim dahinzusiechen. Zweieinhalb Millionen Pflegebedürftige gibt es in Deutschland. 2050 werden es 5 Millionen sein. Das Pflegepersonal ist meist miserabel bezahlt und lebt im Dauerstress. (…)
    Dieses Land gehört umgesteuert. Statt mit supergünstigen Exportpreisen Partnerstaaten in den Ruin zu treiben, sollten wir uns menschenwürdige Lebensbedingungen auch für pflegebedürftige alte Menschen gönnen. Das erfordert auch einen kräftigen Zuwachs bei den Bruttolöhnen, damit über höhere Sozialbeiträge angemessene Pflege endlich bezahlt wird. Leisten kann sich das Deutschlands Wirtschaft allemal.
    Quelle: WDR

    Anmerkung unseres Lesers C.M.: man wird ja leider auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk so dermassen mit schlechten Nachrichten und Meinungen überschüttet, dass mir gestern ein Kommentar im Radioprogramm von WDR5 überraschend positiv aufgefallen ist. In “Politikum” kam Stefan Welzk zu Wort, der den Knackpunkt bei der Pflegeversicherung pointiert auf den Punkt bringt. Man könnte leicht den Begriff “Pflege” auch durch “Rente, Krankenversorgung, Wirtschaftsinvestitionen, oder Arbeitslosenunterstützung ersetzen. NDS-Leser wissen das sicher schon alles, aber es ist doch auch mal schön, auf erfreuliche Ausnahmen im Einheitsbrei hinzuweisen.

  10. Sozialintegrative Leistungen der Kommunen im Hartz-IV-System: Ziele wurden nicht erreicht
    Warum auch acht Jahre nach Einführung von Hartz-IV der ganzheitliche Unterstützungsansatz nicht eingelöst wurde Einleitung Mit Hartz IV wurde die größte Sozialreform in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland umgesetzt wurde (…)
    Mit der Hartz-IV-Reform sollten Arbeitslose soziale und arbeitsmarktliche Integrationshilfen aus einer Hand erhalten. Doch aktuelle Berichte aus dem Bundesarbeitsministerium und dem Berliner Senat zeigen: auch acht Jahre nach der Einführung von Hartz-IV sind diese Ziele nicht erreicht. Der DGB fordert rechtliche und finanzielle Korrekturen.
    Quelle 1: DGB
    Quelle 2: DGB – Arbeitsmarkt aktuell [PDF – 549 KB]

    Passend dazu: Laut @Bundesagentur hat jemand, der #Sozialleistungen empfängt, kein Recht auf eine #ehrenamtlicheTätigkeit.

    Quelle: Twitter

  11. Krieg in Mali – Schutztruppen im Goldrausch
    Wer deutsche Medien konsumiert, der entdeckt rund um den anhaltenden Mali-Bürgerkrieg die alten abgegriffenen Vokabeln: Die “Mission” (SPIEGEL) ist wieder da, auch der neutrale “Einsatz” (FAZ), der wohl leider “robust” sein wird, feiert seine Auferstehung. Die extrem bescheuerte SÜDDEUTSCHE ZEITUNG lässt sogar den Begriff “Schutztruppe” wieder aufleben. Weil die deutsch-französische Brigade bald nach Mali marschiert. Als wisse sie nicht, dass unter dem euphemistischen Namen “Schutztruppe” schon einmal deutsche Mörderbanden in Afrika marodierend unterwegs waren. Und natürlich geht es, wie schon vor einem Jahr, als die französischen Truppen einen angeblich kurzen Rein-Raus-Krieg in Mali führen wollten, nur um eine “Sicherung”, das klingt wie Versicherung und kann nicht so schlimm sein. “Deutschland bereitet Afrika-Einsatz vor” so lautet die durchgängige Schlagzeile. Und bestenfalls erfährt der Medienkonsument noch, dass die deutschen Truppen die französischen in Mali entlasten sollen, weil die gerade in der Zentralafrikanischen Republik beschäftigt sind. Vermutlich auch mit einer “Mission”.
    Was man in den deutschen Medien nicht findet, ist das Wort “Gold”. Zwar haben mehr als ein Drittel der Bevölkerung in Mali keinen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser. Zwar liegt die durchschnittliche Lebenserwartung dort bei 48,1 Jahren. Aber in Mali gibt es jede Menge Gold.
    Quelle: Rationalgalerie

    Anmerkung WL: Siehe dazu „Von-der-Leyen-Pläne – Mehr Verantwortung für Afrika“, „Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen kündigte am Wochenende an, der Schwerpunkt eines stärkeren militärischen Beitrages zur Stabilisierung afrikanischer Krisenländer werde in Mali liegen. Sie sagte der Zeitschrift „Der Spiegel“, Deutschlands Verbündete, allen voran die Franzosen, erwarteten, dass die Bundeswehr ihre Ausbildungstätigkeit in Mali verstärke; vorstellbar sei eine Erhöhung des deutschen Kontingents um 70 auf 250 Soldaten.
    Dieses aktualisierte Ausbildungsmandat für Mali müsste in den beiden Sitzungswochen des Bundestags im Februar beschlossen werden.“
    Ob Mutter von der Leyen auch so locker über einen „stärkeren militärischen Beitrag“ in Afrika reden würde, wenn sie befürchten müsste, dass einer ihrer Söhne oder gar Töchter dort Kriegsdienst leisten müsste.

    Anmerkung M.S.: Im TV-Interview mit Bettina Schausten, bereitet die neue „Verteidigungs“-Ministerin die Öffentlichkeit auf zukünftige mögliche militärische Einsätze unter deutscher Beteiligung in Afrika vor. Sie bedient sich dabei der manipulativen Konstruktion, Kampfeinsätze könnten Flüchtlingselend und „Einwanderungsproblematik“ gleichzeitig verhindern, indem sie zur Stabilisierung des afrikanischen Kontinents beitrügen. Raffinierter Weise bedient sie dabei rechte Überfremdungsängste und linke, christliche, humanitäre Empathie mit den Flüchtlingen gleichermaßen. Dies deutet nicht nur auf eine ausgeprägt zynisch-opportunistische Grundhaltung der Ministerin hin – es ist auch inhaltlich absurd:
    Von der Leyen will der Öffentlichkeit weismachen, dass die Konflikte in Afrika und das Flüchtlingselend der Boatpeople vor Lampedusa und anderswo militärisch zu lösen seien. Sie sind es genauso wenig, wie sie es in Afghanistan waren. (Im Gegenteil hat der von Frankreich und Großbritannien gestützte Umsturz in Libyen neue Fluchtgründe geschaffen, etwa für die Schwarzafrikaner, denen der Hamburger Senat jüngst jede ernste Hilfe verweigert hat).
    Wohl aber könnte eine grundlegende Umkehr in der europäischen Agrarpolitik sehr viel zur Befriedung und Entwicklung des Kontinents beitragen.
    Ein Beispiel : Die EU gibt jährlich viele Steuermilliarden an Agrarsubventionen aus, es ist – anders als von Jörges in seinen Wagenknecht-Anwürfen behauptet der größter Einzelposten im EU-Haushalt (nicht der Posten für Soziales). Kein geringer Teil davon fließt in die Förderung von Massentierhaltung. Die Überproduktion allein in der deutschen Fleischproduktion wird auf über 15% geschätzt. Die Haltungs- und Umweltbedingungen sind als katastrophal zu bezeichnen. Anschließend werden weitere Steuer-Milliarden verteilt, damit die europäische Lebensmittelindustrie die Überschüsse in Staaten der 3. Welt exportieren kann (in meiner Kindheit wurde das übrigens noch als Entwicklungshilfe verkauft). Tatsächlich zerstören bekanntlich die massenhaften Lebensmittelimporte aus der EU die Grundlage der regionalen Produktion in Afrika, weil kein Kleinbauer mit den subventionierten europäischen Dumpingpreisen konkurrieren kann.
    Ein konsequentes Zurückfahren der schädlichsten aller Subventionen könnte eher zur Befriedung des afrikanischen Kontinents beitragen – die Äußerungen der neuen „Verteidigungs“-Ministerin können es nicht.
    Sie lassen vielmehr Schlimmes befürchten: Vielleicht ist ihr das Elend der Betroffenen in Afrika in Wahrheit reichlich egal, vielleicht interessiert sie sich für Verbesserungen für diese Menschen genauso wenig, wie sie sich als Arbeitsministerin für die von ihr mitverantwortete Rentenmisere interessiert hat oder für die Situation der Leiharbeiter und Niedriglöhner. Offenbar sind das Dinge, die man auf dem heimischen Reiterhof schnell hinter sich lässt.

    passend dazu: Bundeswehr wirbt um Minderjährige
    Um den Bedarf an Soldaten zu decken, greift Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auch auf Minderjährige zurück. Diese werden auch an der Waffe ausgebildet, wie die Bundesregierung in einer unserer Zeitung vorliegenden Antwort auf eine Anfrage der Linken bestätigte.
    Allein im Jahr 2012 wurden nach offiziellen Regierungsangaben 1216 freiwillig Wehrdienstleistende und Soldaten auf Zeit unter 18 Jahren eingestellt.
    Die Praxis erscheint der Linken-Verteidigungsexpertin Katrin Kunert höchst problematisch angesichts der unter deutscher Federführung stehenden Anstrengungen, die Rekrutierung von Kindersoldaten zu verhindern. Mit ihrer “Doppelmoral” erweise die Regierung dem Anliegen einen “Bärendienst”, meint Kunert. Der UN-Ausschuss für die Rechte der Kinder habe die Bundesregierung schon 2008 aufgefordert, das Mindestrekrutierungsalter auf 18 Jahre anzuheben.
    Quelle: Rhein-Zeitung

  12. This one map helps explain Ukraine’s protests
    Here’s why this matters for what’s happening in Ukraine now: Since it declared independence in 1991, the country has been politically divided along these ethnic-linguistic lines. In national elections, people from districts dominated by that majority group (Ukrainian-speakers who are ethnically Ukrainian) tend to vote for one candidate. And people from districts with lots of ethnic Russians or Russian-speakers tend to vote for the other candidate.
    To see what I mean, check out these two maps that show the results of Ukraine’s 2004 and 2010 presidential elections, both of which were very close. Yanukovych lost the 2004 vote (on the second round of voting, that is; the first round was annulled after protests over fraud allegations) by 52 to 44. But he won in 2010 by 49 to 45 percent. In both cases, you can see a clear and consistent regional divide. Maps of other presidential and parliamentary elections look very similar.
    Ukraine’s ethno-lingistic political division is sort of like the United States’ “red America” and “blue America” divide, but in many ways much deeper — imagine if red and blue America literally spoke different languages. The current political conflict, which at its most basic level is over whether the country will lean toward Europe or toward Russia, is like the Ukrainian equivalent of gun control, abortion and same-sex marriage all rolled into one.
    Based on the protests in Kiev, it can sure look like Ukrainians want their country to integrate with the European Union and turn away from Russia. But a November poll found slightly different attitudes: 45 percent said they wanted the EU deal, 14 percent said they wanted to join with the Russian-led trade union, and 41 percent said they were undecided or wanted neither. In other words, joining the EU is about as popular as not joining the EU, both of which are more popular than snuggling up to Moscow.
    Quelle: The Washington Post

    Anmerkung unseres Lesers L.H.: Zwar erschien dieser bereits im Dezember 2013, allerdings veranschaulichen die darin verwendeten Karten sehr deutlich die demografischen Wurzeln der Auseinandersetzungen. Sehr interessant ist außerdem der Verweis auf eine Umfrage vom November 2013: Demnach waren zwar 45% der Befragten für den Assoziationsvertrag mit der EU und nur 14% für eine Annährung an Russland; allerdings sagten auch 41% dass sie entweder unentschlossen waren oder keines der vorgeschlagenen Bündnisse unterstützten. Dies widerspricht der westlichen Berichterstattung, welche nahelegt, dass sich die “ukrainische Bevölkerung” gegen ihre Regierung erhebt. “Die” ukrainische Bevölkerung ist eben tief gespalten und fühlt sich sicherlich nicht unisono von Klitschko, Timotschenko, oder den Nationalisten vertreten.

  13. Der geheime Krieg
    Konstanze Kurz und Frank Rieger haben in der FAZ ein sehr wichtiges Thema angerissen: High-Tech Waffen, dort etwas reißerisch “Killerroboter” genannt. Der Artikel streift alle wichtigen Aspekte, ich möchte aber den Fokus etwas anders setzen und damit auf Folgen aufmerksam machen, die m.E. aktuell gerade fatal sind. Im Artikel wird dies durch den Satz skizziert:
    “Militärs und Geheimdienstler schaffen Fakten, weitgehend unbeeinträchtigt von politischer und demokratischer Kontrolle“.
    Das genau ist der gelebte Albtraum, auf den wir zugehen, ein weiterer Fall für das, was ich “Theorie der Verschwörung” nenne. Die Strukturen sind von der Art, die jene Sicherheitsdienste und Geheimpolizeien, die sich ihrer bedienen, selbst ausdrücklich “konspirativ”, also verschwörerisch nennen. Während auf der einen Seite – dort ganz öffentlich – Legalität unterwandert wird durch schriftliche Verabredungen, die gegen die Verfassungen verstoßen, auf denen sie letztendlich fußen, wird in der Praxis zunehmend geheim gehandelt. Der Einsatz von Hightechwaffen und Überwachungstechnik bringt genau das mit sich: Es entfällt sowohl die staatliche Kontrolle als auch die der Öffentlichkeit.
    Die Geheimniskrämerei, einhergehend mit Datenmissbrauch und Willkür, findet dabei vielschichtig statt. Der Drohnenangriff geschieht auf Basis geheim erhobener Daten und deren Auswertung durch geheim operierende Dienste, um nach der einsamen geheimen Entscheidung eines Einzelnen oder kleiner geheimer Gremien zum Einsatz zu kommen. Dies ist schlimmer als jede Verschwörung, denn es pervertiert die Basis der Macht, die den Entscheidern verliehen ist: Diese verlangt Gewaltenteilung, gegenseitige Kontrolle, öffentliche Rechtfertigung und die Einhaltung der Grundrechte. Jede einzelne dieser grundlegenden Anforderungen an einen demokratischen Rechtsstaat wird ins Gegenteil verkehrt.
    Quelle: Feynsinn

    passend dazu: Wenn Geheimdienste nicht wissen, wen sie töten
    Obamas Fünfjahres-Bilanz: 2.400 Todesopfer bei 390 “verdeckten Drohnenangriffen”
    Seit dem Amtsantritt Obamas, der sich gestern zum fünften Mal jährte, haben die USA 390 “verdeckte Drohnenangriffe” ausgeführt. Meist über die CIA. 330 Angriffe galten allein Zielen in Pakistan. Als weitere dem Beschuss von Drohnen ausgesetzte Länder nennt das Bureau of Investigative Journalism den Jemen und Somalia.
    Nach den Informationen der für Recherchen der Einsätze von bewaffneten Drohnen bekannten Organisation (siehe dazu die Kampfdrohnen-Übersicht) haben die Exekutionen im Auftrag des Friedensnobelpreisträgers mehr als 2.400 Todesopfer gefordert.
    Die Journalisten des Bureau machen termingerecht zum Obama-Amtsjubiläum erneut darauf aufmerksam, dass der Hoffungsträger des Politik-Wechsels beim Gebrauch dieser Angriffswaffe seinen Vorgänger George W. Bush bei Weitem übertrifft. Unter dessen Amtszeit werden lediglich 51 Angriffe verzeichnet.
    Quelle: Telepolis

  14. „Die Demokratie wird zerschreddert“
    „Jeder sollte ein Anarchist sein“: Ein Gespräch mit dem Linguisten Noam Chomsky über die Krise des Neoliberalismus, die kriminelle Energie in den Banken und die unterschiedlichen Lesarten seiner Sprachtheorie. (…)
    Die Etablierung großer Wohlfahrtsstaaten waren eine der größten Errungenschaften Europas. Dann wurde Hand an sie gelegt. Ich erinnere mich an ein Interview von Mario Draghi, der in die Kameras sagte: „Der Wohlfahrtsstaat ist tot.“ Er sagte nicht, ob er dies wünsche oder nicht, sondern nur, dass es so ist. Das ist ein Einschnitt. Es ist in der Tat so, dass einige Wirtschaftsmacher die zivilisatorischen Errungenschaften Europas unterlaufen. Dasselbe gilt für Amerika. (…)
    Heute stehen alle ratlos da. Weder Liberalismus noch Keynesianismus haben Antworten auf die Krise.
    Das stimmt nicht. Die Krise von 2007/2008 war das Resultat eines kriminellen Verhaltens der Großbanken. Das gilt für die USA, für Spanien und andere Schauplätze. Es ist eine Krise des Neoliberalismus. Das Prinzip der Deregulierung, der Sicherungspakete für die Banken, die angeblich too big to fail sind, das alles führte in ein Desaster. In den 50er und 60er Jahren lief es gut, weil die Strukturen des New Deal griffen und die Banken taten, was sie zu tun haben. Doch seit den 80ern ist die Deregulierung fortgeschritten, haben Investmentbanken das traditionelle Bankgeschäft in den Hintergrund gedrängt. Das alles führte in die Krise. Und wenn wir nichts dagegen tun, wird die nächste Krise auf uns warten.
    Also hilft doch Keynes?
    Wir können diese Probleme mit Hilfe der keynesianischen Methoden lösen. Was wir aber zurzeit hier debattieren, ist, wie wir das Schuldendefizit reduzieren. Darum kümmert sich die politische Klasse. Der einzige Grund hierfür ist, dass die Finanzmärkte sich auf die Defizite konzentrieren. Ihr politischer Einfluss ist so riesig, dass die politische Klasse sich mit ihren Vorgaben befasst und sich auf die Staatsausgaben konzentriert. Defizit ist eine gute Sache in einer Phase der Rezession, es sorgt für eine Stimulierung der Nachfrage. Wenn keine Nachfrage im Markt vorhanden ist, gibt es die Möglichkeit, dass die Regierung sie stimuliert. Aber das ist nicht das, was die Finanzmärkte wollen. Es ist aber das, was die Bevölkerung will. Sie will Arbeit, das Hauptproblem ist die Arbeitslosigkeit und nicht das Defizit. Die Demokratie wird auf diesem Weg zerschreddert.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  15. Why There’s No Outcry
    People ask me all the time why we don’t have a revolution in America, or at least a major wave of reform similar to that of the Progressive Era or the New Deal or the Great Society.
Middle incomes are sinking, the ranks of the poor are swelling, almost all the economic gains are going to the top, and big money is corrupting our democracy. So why isn’t there more of a ruckus?
The answer is complex, but three reasons stand out.
    First, the working class is paralyzed with fear it will lose the jobs and wages it already has.
    In earlier decades, the working class fomented reform. The labor movement led the charge for a minimum wage, 40-hour workweek, unemployment insurance, and Social Security.
    No longer. Working people don’t dare. The share of working-age Americans holding jobs is now lower than at any time in the last three decades and 76 percent of them are living paycheck to paycheck.
    No one has any job security. The last thing they want to do is make a fuss and risk losing the little they have.
    Besides, their major means of organizing and protecting themselves — labor unions — have been decimated. Four decades ago more than a third of private-sector workers were unionized. Now, fewer than 7 percent belong to a union.
    Second, students don’t dare rock the boat. (…)
    Reformers and revolutionaries don’t look forward to living with mom and dad or worrying about credit ratings and job recommendations.
    Third and finally, the American public has become so cynical about government that many no longer think reform is possible.
    Quelle: Robert Reich
  16. Schwarz-Grün als Zukunftsoption?
    Vier Monate nach der Landtagswahl und einen Monat nach dem Abschluss des Koalitionsvertrages für die künftige schwarz-grüne Regierung in Hessen ist der bisherige Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) wiedergewählt worden. Er erhielt mit 62 Stimmen eine Stimme mehr, als die Koalitionspartner CDU und Grüne im Landesparlament Mandate haben.
    Bouffier führt die erste schwarz-grüne Koalition in einem Flächenland. Er führte seit 2010 eine schwarz-gelbe Koalition. In der neuen Koalition stellt die CDU acht Minister. Die Grünen haben zwei Ressorts erhalten. Neben dem erweiterten Wirtschaftsressort übernehmen sie das Umweltministerium. (…)
    Die SPD kritisiert zu Recht: »Der dringend notwendige Politikwechsel ist im Koalitionsvertrag der künftigen schwarz-grünen Landesregierung leider nicht erkennbar. Obwohl die schwarz-gelbe Mehrheit bei der Landtagswahl abgewählt wurde, wird sich in zentralen landespolitischen Fragen voraussichtlich nur wenig ändern. Der Koalition fehlt eine politische Perspektive”, sagt Oppositionschef Thorsten Schäfer-Gümbel.
    »Die schwarz-gelbe Stillstandskoalition wird durch eine schwarz-grüne Koalition des kleinsten gemeinsamen Nenners abgelöst.« Besonders deutlich sei dies in der Bildungspolitik, für die im Grunde nur der Ist-Zustand festgeschrieben worden sei. »Alles Weitere wurde auf einen Bildungsgipfel vertagt, der nur dann sinnvoll sein kann, wenn insbesondere die CDU zu substantiellen Veränderungen bereit ist. Davon scheint sie noch weit entfernt zu sein.«
    Die Verlierer der neuen Koalition sind ausgemacht: Die Kommunen müssen sich auf schwere Zeiten einstellen und ebenso die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst. Mit dem unveränderten Fortbestand des Kinderförderungsgesetzes werden die Rahmenbedingungen für die Kitas verschlechtert. Die Energiewende droht weiter zu erlahmen. Und beim Lärmschutz und dem Frankfurter Flughafen sind die vollmundigen Ankündigungen der Bürgernähe ebenfalls auf der Strecke geblieben.
    Ob diese Koalition und ihre Ziele wirklich eine neue Etappe im politischen System einleiten, darf angesichts der fragwürdigen Kompromisse bezweifelt werden.
    Quelle: Sozialismus aktuell
  17. Gabriel warnt vor anti-europäischen Kräften
    Gegen “dumme Parolen” von links und rechts und die “Feinde Europas” wendet sich SPD-Chef Sigmar Gabriel beim außerordentlichen Parteitag – und stimmt so die Genossen auf die Europawahl ein. Die Delegierten wählen Yasmin Fahimi zur neuen Generalsekretärin – mit einem beachtlichen Ergebnis.
    Auf dem außerordentlichen Bundesparteitag der SPD in Berlin ist Yasmin Fahimi zur neuen Generalsekretärin gewählt worden. Mit 88,5 Prozent Stimmen erzielte die 46-Jährige, die aus dem Vorstand der Gewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie kommt, ein überzeugendes Ergebnis – mit dem sie die Voten übertrifft, die ihre Vorgängerin Andrea Nahles in der Vergangenheit einfuhr. Fahimi löst Nahles ab, die in der großen Koalition dem Arbeitministerium vorsteht und deswegen den Posten der Generalsekretärin aufgibt.
    Quelle: Süddeutsche.de

    Anmerkung C.R.: Auf dem Parteitag versuchte die SPD-Spitze, die Partei als die einzige „Europapartei“ zu präsentieren. Viele Jahre hat die Partei die Geschicke Europas anderen überlassen und zu oft lediglich „abgenickt“, was Merkel für die EU wollte: Bankenrettungen und faktischer Abbau des Sozialstaats nach deutschem Vorbild a la Agenda 2010.

    Dazu: Die Marionetten von Angela Merkel
    Alexis Tsipras, Politiker der Europäischen Linken, hat dem sozialdemokratischen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz vorgeworfen, er handle wie ein Kandidat Merkels. […]
    Tsipras zeigte sich „verwundert“, nachdem er vor ein paar Tagen ein Interview von Martin Schulz gelesen habe, in dem Schulz die Ansicht äußerte, dass Bundeskanzlerin Merkel zu Unrecht für jede negative Entwicklung in Europa verantwortlich gemacht werde. Sie sei eine von insgesamt 28 Regierungschefs, die gemeinsam Entscheidungen treffen, hatte Schulz gesagt.
    „Ist Herr Schulz ein Kandidat der Sozialdemokraten oder ein Kandidat von Frau Merkel und der CDU?“, sagte Tsipras. „In seinem Interview hat Schulz mir den Eindruck gegeben, dass er öffentlich seinen Wunsch kundgetan hat, Frau Merkels bevorzugter Kandidat für Europa zu sein. Die Frage ist, ob die soziale Basis der Sozialdemokraten diesen Wunsch teilt.“
    Quelle: taz

  18. Redezeit mit Andreas Kemper: Eine Alternative für Deutschland?
    Die erst im April 2013 gegründete Partei “Alternative für Deutschland” (AfD) hat neun Monate später bereits rund 17.000 Mitglieder. Sie rechnet sich gute Chancen aus, in das Europäische Parlament einzuziehen.
    Gast: Andreas Kemper, Soziologe, Autorin, Moderation: Sabine Brandi
    Die Sperrklausel bei Europawahlen liegt bei nur drei Prozent. Schon bei der Bundestagswahl im Herbst 2013 erzielte die AfD aus dem Stand 4,7 Prozent und scheiterte knapp an der dort gültigen Fünfprozenthürde – obwohl sie zu diesem Zeitpunkt vielen Wahlberechtigten noch gar nicht bekannt war. Wichtigster Anliegen der neuen Partei – ein offizielles Parteiprogramm gibt es bislang nicht – ist der Austritt Deutschlands aus der Euro-Zone, ein zentrales europapolitisches Thema also. Die politisch eher weniger bedeutsame Europawahl nutzten die Wähler in der Vergangenheit immer wieder für die Abgabe von Proteststimmen.
    Quelle: WDR

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