Wir wünschen allen unseren Leserinnen und Lesern ein fröhliches Weihnachtsfest und ein gutes, gesundes und glückliches Neues Jahr.
Liebe Besucherin, lieber Besucher der NachDenkSeiten,
einen Jahresrückblick können wir uns und Ihnen ersparen. Dazu brauchen Sie einfach nur unser Archiv des Jahres 2006 durchscrollen. Sie finden dort Analysen und Berichte über die Politik der großen Koalition über die kommende Mehrwertsteuererhöhung, zur Föderalismusreform, zu den Renten-, Gesundheitsreformen oder zur Unternehmensteuerreform.
Wir haben die zurückliegenden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern kommentiert. Wir haben die programmatischen Äußerungen der zwei in diesem Jahr amtierenden SPD-Vorsitzenden unter die Lupe genommen und uns über die „neue Gerechtigkeit“ der Union Gedanken gemacht. Wir haben herausgearbeitet, dass sich der Bundespräsident offenbar als Überbleibsel der nicht zustande gekommenen schwarz-gelben Koalition versteht. Wir machen uns Sorgen um das zurückgehende Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Demokratie.
Häufig haben wir uns mit der herrschenden angebotsorientierten ökonomischen Lehre und ihren Protagonisten beschäftigt, und deren Positionen zur Lohnpolitik, zu Mindest-, Kombi- und Niedriglöhnen und zu den Ein-Euro-Jobs oder zum Mythos der Lohnebenkosten als irreführend dargestellt.
Wir haben die Gewinner und Verlierer der Privatisierungswelle und den Unsinn eines geplanten Börsengang der Bahn beschrieben.
Wir stellten das schädliche Vordringen der Hedge-Fonds in das Wirtschaftsgeschehen dar, berichteten über das Auseinanderdriften der Gesellschaft in arm und reich. Ausgiebig haben wir uns der Angstmache mittels der „demografischen Entwicklung“ entgegengestellt und wir versuchten uns gegen die Verunsicherungskampagne der Finanzdienstleister und ihrem Zusammenspiel mit Medien und der Politik zu wehren. Oft haben wir die Manipulationen der PR-Agenturen von der „Inititative Neue Soziale Marktwirtschaft“ oder dem „BürgerKonvent“ über die marktradikalen Think-Tanks von der Bertelsmann Stiftung bis zum Institut der Deutschen Wirtschaft aufs Korn genommen.
Wir haben Sie über die Job-Rotationen zwischen Politik und Wirtschaft auf dem Laufenden gehalten, auf Journalisten als Werbeträger und auf das Sponsoring in den Medien und den Einfluss der Sponsoren auf die Berichterstattung aufmerksam gemacht. Von der Dienstleistungsrichtlinie der EU bis zum Global Compact der UN erstreckte sich unser Themenspektrum. Wir haben in der Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen oder das Elterngeld Stellung bezogen.
Wir haben versucht gegen den Strom zu schwimmen und Tatsachen und Argumente gegen den Meinungsmainstream zu setzen. Haben wir mit den NachDenkSeiten im zurückliegenden Jahr etwas erreicht?
Scheinbar nicht. Die große Koalition setzt die Agenda-Politik fort, auf eine andere Wirtschaftspolitik warten wir vergeblich, die Privatisierung ganzer gesellschaftlicher Bereiche von der Wohnungswirtschaft bis zur Bildung schreitet voran. Der Abbau des Sozialstaats geht weiter.
Links und Rechts wird dem Glauben gehuldigt, dass man angesichts der Globalisierung eben nichts machen könnte, dass wir niemals mehr zu Vollbeschäftigung kommen könnten und dass wir uns auf ein niedrigeres Wohlstandsniveau einrichten müssten.
Vertrauen in die Politik hat ab- und Resignation hat zugenommen.
So könnte man meinen.
Wenn wir Herausgeber der NachDenkSeiten täglich unsere E-Mails öffnen, bekommen wir einen anderen Eindruck. Täglich erhalten wir hunderte von Briefen aus denen sich ergibt, dass es ein großes und vor allem sehr aktives Potential von Menschen in unserer Gesellschaft gibt, die anders denken, als uns der Meinungsmainstream Glauben machen will. Fast zehntausend Leserinnen und Leser schauen täglich auf die NachDenkSeiten, bei der Messung der sog. Page-Impressions pendeln wir im Monat um die Millionengrenze. Dabei sind wir doch nur ein kleiner Blog, dessen Weiterverbreitung nur darauf gründet, dass er von unseren Leserinnen und Lesern weiter empfohlen wird.
Wir fühlen uns mit unserer Kritik auf den NachDenkSeiten zwar häufig als „einsame Rufer“, aber wir werden von einer ganz großen Zahl von Menschen unterstützt und bestärkt. Darüber freuen wir uns und das gibt uns die Kraft zum Weitermachen.
Wir wollen deshalb unseren Weihnachts- und Neujahrsgruß dazu nutzen, um uns bei allen zu bedanken, die uns im vergangenen Jahr tatkräftig geholfen haben,
- indem Sie uns auf interessante Fakten und Berichte und Studien aufmerksam gemacht haben,
- indem Sie Ihre Argumente und Ihre Gedanken mitgeteilt haben,
- indem Sie die NachDenkSeiten weiterempfohlen haben und nicht zuletzt
- indem Sie an unseren Förderverein gespendet haben.
Wir sind selbstkritisch genug, die NachDenkSeiten und das Netzwerk, das entstanden ist, nicht zu überschätzen, aber wenn wir allenthalben hören, wie beachtlich das Echo bei Journalisten, Politikern, Wissenschaftlern, Studierenden, Arbeitnehmern oder Arbeitslosen, bei Gewerkschaftern und Kirchenleuten ist, dann erfahren wir, dass wir zu einem Stück Vielfalt der öffentlichen Meinung, zur Aufklärung in der Gesellschaft und damit zu einer lebendigeren Demokratie beitragen.
Freilich, wir sind noch immer eine kleine Minderheit im öffentlichen Meinungsspektrum, aber wir konnten im Laufe des Jahres feststellen, dass die Mehrheitsmeinung unsicherer wird. So hat es ernsthafte Debatten um Journalisten als Werbeträger und um den Einfluss von PR auf die Medien gegeben. Es hat sich offenbar herumgesprochen, dass die „Experten“ Raffelhüschen, Miegel oder Rürup keine „unabhängigen“ Wissenschaftler sind, sondern sich als Werbeträger einschlägiger Wirtschaftsgruppen verdingen. Bertelsmanns „Gemeinnützigkeit“ wird zunehmend als gesellschaftliche Macht ohne Mandat erkannt. Alle Umfragen zeigen, dass eine große Mehrheit in der Bevölkerung am Sozialstaat, an einer solidarischen Gesellschaft festhalten will (siehe jüngst sogar eine Umfrage der INSM).
Die politischen Totschlagargumente von den Zwängen der „Globalisierung“ oder der „demografischen Entwicklung“ werden brüchiger. Die Behauptung, dass Steuerentlastungen von Unternehmen Arbeitsplätze schafften, wird als „Lebenslüge“ (Rüttgers) enttarnt. Selbst über Lohnerhöhungen, kann wieder offener diskutiert werden, wenn auch durch die Debatte um Investivlöhne schon wieder eine Gegenstrategie entwickelt wird.
Die evangelische Kirche hat die Armut in der Gesellschaft zu ihrem Thema gemacht.
Es gibt also viele positive Signale, für einen Meinungswandel. An diesem Wandel wollen wir gemeinsam mit Ihnen auch im nächsten Jahr weiter mitwirken. Deshalb lassen auch Sie nicht nach, Ihre Meinung offensiv zu vertreten, besuchen Sie weiter die NachDenkSeiten und helfen Sie weiter mit, die Meinungsvielfalt zu stärken, damit sich die Qualität der öffentlichen Debatte erhöht und damit letztlich auch die Qualität politischer Entscheidungen.
In dieser Hoffnung wünschen wir Ihnen persönlich und Ihren Familien ein nachdenkliches und doch fröhliches Weihnachtsfest, ein wenig Erholung zwischen den Jahren und ein glückliches, gesundes und gutes Neues Jahr.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Albrecht Müller, Ihr Wolfgang Lieb,
Ihr Webmaster Lars Bauer – www.medienpalast.de