Hinweise des Tages II
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Kampagnen hüben wie drüben
- Auf den Spuren des geheimen Kriegs
- Datenschützer Schaar rechnet mit Klage gegen Vorratsdatenspeicherung
- Koalitionsvertrag und die Verwaltungskosten der Jobcenter – Haushaltswahrheit?
- Ist es schon zu spät?
- Managergehälter: Das Verhältnis soll künftig der Aufsichtsrat bestimmen
- ESM soll marode Banken direkt retten
- Deutschland: reale Einzelhandelsumsätze schlapp wie eh und je
- BMW – Klassengesellschaft ab Werk
- Nkosazana Dlamini-Zuma über Afrika: „Wir sagen, wo wir hinwollen“
- Die Strategie der Spannung
- Wanka verspricht Bafög-Reform und Milliarden für Bildung
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Kampagnen hüben wie drüben
Ein Interview von Marietta Slomka mit SPD-Chef Sigmar Gabriel im ZDF heute journal sorgt für Aufregung. Beide lieferten sich gestern Abend ein Wortgefacht der besonderen Art. Slomka konfrontierte den SPD-Chef mit der Meinung des Leipziger Staatsrechtlers Christoph Degenhart, wonach der Mitgliederentscheid verfassungsrechtlich illegitim sei, weil dieser die Abgeordneten in der Ausübung ihres freien Mandats einschränken würde. Gabriel meint, alles Quatsch, findet aber nicht die richtigen Argumente. Dabei waren er und Slomka sich doch einig. Die SPD muss zustimmen.
Statt sich auf eine Diskussion mit Slomka einzulassen, hätte Gabriel auf den Koalitionsvertrag verweisen können, den Frau Slomka offenbar auch nicht wirklich gelesen hat, indem aber die Einschränkung des freien Mandats von CDU, CSU und SPD festgeschrieben wurde.
Quelle: Tautenhahn Blogpassend dazu: Gabriel hat Recht
[…] Gabriel hat Recht – und es scheint nötig, dass mal jemand wie er auf den Tisch haut. Man mag scharfe Kritik äußern am Ergebnis, das die SPD der Union abverhandelt hat und frech mit der Behauptung adelt, im Koalitionsvertrag werde »sozialdemokratische Handschrift« sichtbar. Man kann irre werden daran, dass die SPD-Spitze ein Ja ihrer Basis schon hinbiegen wird, weil die einzige Alternative bereits verbaut wurde.
Dass aber gegen den Versuch, mit basisdemokratischen Instrumenten für etwas Wiederbelebung in einer streckenweise schon stillgelegten Parteiendemokratie zu sorgen, teils absurde, teils die Grundlagen parlamentarischer Demokratie in Abrede stellende Argumente in Stellung gebracht werden, muss sich auch ein SPD-Vorsitzender nicht gefallen lassen.
Quelle: Neues Deutschland - Auf den Spuren des geheimen Kriegs
Die CIA betreibt ihr größtes Logistikzentrum in Europa mitten in Frankfurt. Von Stuttgart und Ramstein aus koordinieren die Amerikaner tödliche Drohnenangriffe in Afrika. Ein Dokument über den heimlichen Stützpunkt der USA im Anti-Terror-Krieg: Deutschland.
Quelle: Süddeutsche ZeitungAnmerkung JB: Wir hatten den Panorama-Beitrag zwar schon heute morgen in den Hinweisen – es schadet jedoch nicht, auf diesen wichtigen Beitrag auch noch ein zweites Mal hinzuweisen:
Die Operationen der US-Dienste in Deutschland
Quelle: NDR Panorama - Datenschützer Schaar rechnet mit Klage gegen Vorratsdatenspeicherung
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, rechnet mit neuen Klagen gegen die im Koalitionsvertrag vereinbarte Vorratsdatenspeicherung…
Ihm sei bislang nicht aufgefallen, dass die Koalition die Bürgerrechte stärken wolle.
Quelle: Focus - Koalitionsvertrag und die Verwaltungskosten der Jobcenter – Haushaltswahrheit?
Die BIAJ-Kurzmitteilung vom 27. November 2013 (siehe unten) ging (vermutlich vollkommen naiv) davon aus, dass sich die im Koalitionsvertrag genannte Anhebung des “Mitteleinsatz für die Eingliederung Arbeit(s)suchender” (1,4 Milliarden Euro) auf ein Haushaltsjahr bezieht. Dies scheint nicht der Fall zu sein. Sollte sich der genannte Betrag auf vier Haushaltsjahre (2014-2017) beziehen, reicht dieser Betrag (350 Millionen Euro pro Jahr) nicht einmal dafür, den Anschlag für den Bundesanteil an den “Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende” dem angemeldeten Mittelbedarf der Jobcenter anzupassen.
„Der Mitteleinsatz für die Eingliederung Arbeitssuchender wird um 1,4 Milliarden Euro angehoben.“ (Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, S. 89 unter der Zwischenüberschrift „Prioritäre Maßnahmen“; Arbeitsuchende dort mit “ss”)
Immerhin (ab 2014?): Aber ehrlicher und der Haushaltswahrheit näher kommend wäre (wenn denn die Arbeitsuchenden im Rechtskreis SGB II (Hartz IV) gemeint sind):
Der Mitteleinsatz für den Bundesanteil an den steigenden „Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ (Haushaltsstelle 1101/636 13) wird um 500 Millionen Euro angehoben, die Mittel für „Leistungen zur Eingliederung“ (Haushaltsstelle 1101/685 11) um 900 Millionen Euro.
Oder sollte es so sein, dass die Mittel für „Leistungen zur Eingliederung“ (von geplanten 3,903 Milliarden Euro) um 1,4 Milliarden Euro angehoben werden sollen und zudem die Mittel für den Bundesanteil an den „Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ (von geplanten 4,046 Milliarden Euro) auf den angemeldeten Bedarf der Jobcenter haushaltswahr veranschlagt (angehoben) werden?
Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) - Ist es schon zu spät?
Falls die Geheimdienste nicht rechtzeitig in ihre Schranken gewiesen werden, könnte es zu einem gesellschaftlichen Super-GAU kommen, meint Jeff Jarvis
Die offiziellen Mechanismen der Geheimdienstaufsicht in den USA und Großbritannien haben versagt. Uns bleibt nur noch die letzte Schutzinstanz: Das Gewissen des Einzelnen, der sich Machtmissbrauch widersetzt oder ihn publik macht, wenn er geschehen ist.
Bei einer Konferenz, die der Guardian in der vergangenen Woche in New York ausrichtete, habe ich eine hitzige Podiumsdiskussion über die NSA-Affäre moderiert. Es diskutierten: Der ehemalige US-Senator Bob Kerrey, der Mitglied der Untersuchungskommission zu den Anschlägen vom 11. September war, außerdem Professor Yochai Benkler, der einer der Direktoren des Berkman Center for Internet and Society ist, und die Journalistin Rebecca MacKinnon, die für den Thinktank New America arbeitet.
Quelle: Der Freitag - Managergehälter: Das Verhältnis soll künftig der Aufsichtsrat bestimmen
Die neue Bundesregierung plant laut Koalitionsvertrag die Gehälter von Manager/innen zu begrenzen. Um Transparenz herzustellen, soll künftig der Aufsichtsrat bei börsennotierten Unternehmen ein Maximalverhältnis zwischen der Gesamtvergütung der einzelnen Vorstandsmitglieder und den durchschnittlichen Arbeitnehmer/innen-Einkommen des jeweiligen Unternehmens festgelegt werden.
Über die Vorstandsvergütung soll dann künftig auf Vorschlag des Aufsichtsrats die Hauptversammlung der Eigentümer entscheiden. Das kritisiert DGB-Bundesvorstandsmitglied Dietmar Hexel: “Falsch ist die Absicht, die Hauptversammlung entscheiden zu lassen. Da haben Banken, Fonds und Heuschrecken das Sagen. Die werden kaum die Gier beschneiden.”
Quelle: ver.di News AbonnentenAnmerkung WL: Siehe dort auch die viel zu optimistische Einschätzung der Gewerkschaften bei der Regelung des Mindestlohns und bei der abschlagsfreien Rente nach 45 „Beitragsjahren“.
- ESM soll marode Banken direkt retten
Bisher blockierte die Bundesregierung, dass der Euro-Rettungsschirm Geldhäusern in Schieflage Kapital zuschießt. Doch nun hat die Kanzlerin öffentlich etwas anderes gesagt…
Merkels Antwort fiel überraschend klar aus: Droht ein Land nur deshalb den Zugang zum Kapitalmarkt zu verlieren, weil es eine Bank finanziell stützen muss, kann das Institut künftig direkt Geld aus dem Fonds erhalten.
Klingt vernünftig – solange man den Satz nicht umdreht. Dann nämlich lautet er: Ein Land muss demnächst nur noch lange genug insistieren, zur Hilfe nicht in der Lage zu sein, um sein Bankenproblem auf die Euro-Partner abwälzen zu können. Das entspricht kaum dem, was die bisherige Regierung in Sachen direkte Bankenrekapitalisierung hat verlauten lassen – und es ist das glatte Gegenteil dessen, was die SPD vor der Wahl zum Thema gesagt hat. Aus Sicht der Sozialdemokraten nämlich soll der mit bis zu 500 Milliarden Euro gefüllte ESM ein reiner Schutzschirm für Staaten bleiben.
Quelle: SZAnmerkung WL: Wenn die Meldung zuträfe, so wäre das ein erster Schritt zur Vernunft.
- Deutschland: reale Einzelhandelsumsätze schlapp wie eh und je
Same procedure as every month! Wie hier bei Querschuesse erwartet, dem ach so tollen Konsumklima in Deutschland folgen auf dem Fuße schlappe Daten zu den Einzelhandelsumsätzen. Das Statistische Bundesamt (Destatis) berichtete heute die Einzelhandelsumsätze für den Monat Oktober 2013. Die Einzelhandelsumsätze bei den unbereinigten nominalen Originaldaten stiegen um +0,8% zum Vorjahresmonat und die unbereinigten realen (preisbereinigten) Umsätze sanken um -0,2% zum Vorjahresmonat. Der Oktober 2013 hatte wie der Vorjahresmonat 26 offene Verkaufstage. Unter der Berücksichtigung der Saison- und Kalendereffekte sanken die nominalen Einzelhandelsumsätze um -0,4%, im Vergleich zum Vormonat und real ging es um -0,8% zum Vormonat abwärts!
Quelle: Querschuesse - BMW – Klassengesellschaft ab Werk
Die Leipziger BMW-Fabrik ist besonders effizient. Ein Schlüssel zum Erfolg: Schlecht bezahlte Arbeitskräfte von Fremdfirmen […]
Aber da ist noch die andere Seite: In keinem deutschen Automobilwerk ist der Anteil von Arbeitskräften fremder Firmen so hoch wie auf dem gut 200 Hektar großen BMW-Gelände. Menschen, die letztlich alle an denselben Autos bauen, werden sehr unterschiedlich behandelt – je nachdem, wo sie angestellt sind.
Die IG Metall hat gerade in bundesweiten Erhebungen nachgezählt, wie die Menschen in der Automobilindustrie arbeiten: 763.000 sind beim Hersteller fest angestellt, 100.000 als Leihbeschäftigte und 250.000 mit Werkverträgen.
In Leipzig ist der Anteil der Leiharbeiter und Werkverträgler besonders hoch. Gibt das Werk den Weg vor? Wird es über kurz oder lang in allen deutschen Fabriken ähnlich zugehen?
“Im BMW-Werk gibt es eine Fünf-Klassen-Gesellschaft”, kritisiert Bernd Kruppa, 50, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Leipzig. Was die “Klassen” trennt, sind vor allem die Lohnhöhe und der Grad der Unsicherheit des Arbeitsplatzes. Klasse 1: die BMW-Stammbelegschaft, Klasse 2: die direkt bei BMW beschäftigten Leiharbeiter, Klasse 3: die Beschäftigten der Werkvertragsunternehmen, Klasse 4: Leiharbeiter, die für diese Werkvertragsfirmen arbeiten, Klasse 5: Leiharbeiter bei Werkvertragsfirmen, deren Vertrag auch noch befristet ist.
Quelle: ZEIT - Nkosazana Dlamini-Zuma über Afrika: „Wir sagen, wo wir hinwollen“
Die Chefin der Afrikanischen Union will sich die Entwicklungsziele nicht vom Westen vorschreiben lassen. In 50 Jahren soll Afrika ein prosperierender Kontinent sein.
Quelle: AussenGedanken - Die Strategie der Spannung
Die Verelendung zunehmender Teile der griechischen Bevölkerung unter dem Druck der deutschen Spardiktate begünstigt in wachsendem Maße das Erstarken der extremen Rechten. Dies zeigen Analysen über den griechischen Rechtsextremismus und aktuelle Umfrageergebnisse. Demnach profitieren von den politischen Verwerfungen, die aus dem Berliner Austeritätszwang resultieren, immer stärker ultrarechte bis neonazistische Parteien, die personell und politisch Kontinuitäten zur griechischen Militärdiktatur der Jahre 1967 bis 1974 aufweisen. Die offen neonazistische Partei Chrysi Avgi, von deren Anführern einige inhaftiert sind, kommt in Umfragen inzwischen auf beinahe ein Zehntel der Stimmen. Ihre gewalttätigen Attacken vor allem auf Migranten werden von Beobachtern mit “SA-Methoden” in Verbindung gebracht. Chrysi Avgi orientiert sich deutlich am historischen deutschen Nationalsozialismus und hält Kontakt zur NPD und zu anderen deutschen Neonazis. Auf diese haben die Massenveranstaltungen der griechischen NS-Partei beflügelnde Wirkung.
Quelle: German Foreign Policy - Wanka verspricht Bafög-Reform und Milliarden für Bildung
23 Milliarden Euro will die Große Koalition in den nächsten vier Jahren mehr ausgeben. Einen großen Teil, mit neun Milliarden Euro immerhin mehr als ein Drittel, planen Union und SPD für Bildung und Forschung ein. Aber wofür genau ist das Geld gedacht?
Die neun Milliarden verteilen sich nach ihren Worten so: “Eine Milliarde wird es für die Kitas geben, fünf Milliarden für die allgemeine Bildung und die Hochschulen und drei Milliarden für die Forschung.” Zudem wirbt Wanka für eine Grundgesetzänderung, damit der Bund dauerhaft in Hochschulen investieren könne.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung WL: Man fragt sich, was Johanna Wanka, die derzeitige Bundesbildungsministerin und Verhandlungsführerin der CDU in der Arbeitsgruppe Bildung, eigentlich während der Koalitionsverhandlungen gemacht hat. Da erklärt sie jetzt „Wir machen eine BaföG-Reform, aber im Koalitionsvertrag ist diese Passage gestrichen.
Wanka erzählt zwar, dass es eine Milliarde für Kitas, fünf Milliarden für die allgemeine Bildung und die Hochschulen und drei Milliarden für die Forschung geben wird. Das ist reichlich unpräzise. Die Frage ist, gibt es diese Mittel zusätzliche oder handelt es sich dabei nur um die Fortführung längst beschlossener Programme. Im Übrigen fließen gut zwei Drittel der Forschungs- und Entwicklungsausgaben in den Unternehmenssektor.
Bund und Länder gaben 2011 für die Helmholtz-Zentren 3,5 Milliarden Euro, die Institute der Fraunhofer-Gesellschaft 1,8 Milliarden Euro, die Institute der Max-Planck-Gesellschaft 1,6 Milliarden Euro und die Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft 1,2 Milliarden Euro aus.
Die außeruniversitären Forschungseinrichtungen erhalten nach dem Pakt für Forschung und Innovation jährlich einen Etatzuwachs von drei Prozent. Das sind rund 150 Millionen Euro. Nun soll – so Wanka – der Bund die Zuwächse dort allein übernehmen und die Länder sollen die dadurch eingesparten Komplementärmittel (Finanzierungsschlüssel bei der Helmholtz-Gemeinschaft und bei den Fraunhofer-Gesellschaften liegt 90% Bund/10% Länder, die Sitzlandquote bei den Zuschüssen zur Max-Planck-Gesellschaft beträgt etwa 50%) in die Grundfinanzierung der Hochschulen umlenken.
Wie Frau Wanka errechnet, dass durch die Übernahme des Zuwachses von rund 150 Millionen die Länder ein Prozent ihrer gesamten Grundfinanzierung für die Hochschulen erhöhen könnten, ist nicht nachvollziehbar. Außerdem ist eine offene Frage, ob die Länder, die die Grundfinanzierung seit vielen Jahren zurückfahren (müssen), überhaupt bereit und in der Lage sind die Entlastung bei den außeruniversitären Forschungseinrichtungen in die Grundfinanzierung der Hochschulen umzuschichten.
Der Anreiz für die Länder, die Bundesmittel zu ergänzen, wird wegfallen.
Die ganze Finanzrochade ist auch nur deshalb notwendig, weil sich die Koalitionspartner nicht dazu durchringen konnten, das grundgesetzliche Kooperationsverbot von Bund und Ländern bei der dauerhaften Finanzierung von Hochschulen aufzuheben.
Wenn man bei einer solchen Grundgesetzänderung nahe bei einer Einigung war, warum hat man dies nicht wenigstens als Auftrag in die Koalitionsvereinbarungen geschrieben.