Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (OP/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Koalitionsgespräche
  2. US-Top-Ökonom Adam Posen: „Deutschland ist ein Billiglohnland!“
  3. Inflation: Zu viel Porsche, zu wenig Suppenküche
  4. Verhindern, dass wieder aus wenig Geld so viel Schulden gemacht werden können
  5. Strafprozesse gegen Banken und Hedgefonds: Feilschen um die Freiheit
  6. The Bankruptcy Exemption
  7. Mindestlohn
  8. UDE: Entwicklung des Arbeitslosengeldes untersucht – Oft zu wenig zum Leben
  9. Von Armut bedroht
  10. Streikrecht im Visier
  11. Was kostet ein Beamter?
  12. Opfer der Automatisierung
  13. So blamierte Sonneborn die Deutsche Bank
  14. Dokumentarfilm “Master of the Universe” – Im goldenen Turm
  15. Zu guter Letzt: Klimakonferenz in Warschau

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Koalitionsgespräche
    1. Ulrike Herrmann – Als lebten sie nicht in Europa
      Die deutsche Politik lebt auf einem eigenen Kontinent, der nicht Europa heißt. In den aktuellen Koalitionsverhandlungen spielt die Eurokrise also kaum eine Rolle. Stattdessen wird Normalität inszeniert und so getan, als wäre das Thema Mindestlohn schon die größte Herausforderung, vor der Deutschland steht. Diese Verdrängung wird brutale Folgen haben. Im Mai 2014 finden die Europawahlen statt – die nahezu in der gesamten Eurozone als ein Votum gegen Deutschland und gegen Kanzlerin Merkel ausfallen werden. … werden viele rechte und linke Populisten in das Europaparlament einziehen, die die ohnmächtige Wut ihrer Landsleute artikulieren. Nur ein Beispiel: In Frankreich dürften die meisten Stimmen an die rechtspopulistische Front National gehen, die für einen Austritt aus dem Euro ist. Populismus wird gern als eine Verirrung der Wähler abgetan. Doch das ist zu einfach. Die Deutschen müssen einsehen, dass der Kurs von Angela Merkel gescheitert ist. Ihre europaweiten Spardiktate sind kontraproduktiv, weil sie in anderen Ländern nur Arbeitslosigkeit produzieren. Die Populisten stellen also eine Frage, die legitim ist: Was bringt uns der Euro noch? Für viele Länder ist der Euro tatsächlich schädlich, wenn die Gemeinschaftswährung bedeutet, dass sie bedingungslos den Weg in die Massenarbeitslosigkeit antreten müssen. Der Euro steht kurz vor dem Crash. – Es wird sich bald rächen, dass die deutschen Koalitionäre so tun, als würden sie auf einem eigenen Kontinent namens Deutschland sitzen.
      Quelle: taz

      Anmerkung Orlando Pascheit: In einem weiteren Artikel zitiert Ulrike Herrmann aus dem gemeinsamen Papier von Union und SPD: “Die Arbeitslosigkeit ist in vielen Mitgliedstaaten weiter unerträglich hoch, insbesondere für Jugendliche. …. Damit Europa dauerhaft einen Weg aus der Krise findet, ist ein umfassender politischer Ansatz erforderlich, der Strukturreformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit und eine strikte, nachhaltige Haushaltskonsolidierung mit Zukunftsinvestitionen in Wachstum und Beschäftigung in sozial ausgewogener Weise verbindet.”

      Auf der vorletzten Biennale war in einen Klostergarten mit dem Gesicht zur Wand eine Reihe von Menschenfiguren aufgestellt. Die letzte Figur schlug immerzu ihren Kopf an die Wand. Heute nähere ich mich endlich dem Sinn dieser Installation.

    2. Neue Signale: SPD offen für Koalition mit den Linken
      Keine „Ausschließeritis“ gegenüber der Linkspartei mehr – das fordern neben SPD-Linken wie Stegner nun auch Parteivorstand und die Konservativen der Partei. Die Linke reagiert prompt mit einem Angebot.
      Vor dem SPD-Parteitag plädieren neben führenden Parteilinken auch der SPD-Parteivorstand und konservativer Seeheimer Kreis für eine Öffnung für eine Koalition mit der Linkspartei. „Wir sollten auf dem Bundesparteitag das Signal geben, dass wir künftig keine Ausschließeritis mehr betreiben”, sagte Parteilinker und Schleswig-Holsteins Landeschef Ralf Stegner zu „Spiegel Online”. „Wenn wir bestimmten Koalitionsoptionen von vornherein eine Absage erteilen, machen wir es der Union auf lange Sicht einfach und stärken gleichzeitig die Linkspartei.”
      Berlins SPD-Chef Jan Stöß forderte mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 ebenfalls einen Öffnungsbeschluss zur Linkspartei. „Es muss das letzte Mal gewesen sein, dass wir über das Stöckchen der Union springen und vor einer Bundestagswahl die Zusammenarbeit mit der Linken ausschließen”, sagte Stöß zu „Spiegel Online”. „Es wäre ein wichtiges Signal, wenn beim Bundesparteitag diese Lehre aus dem Wahlergebnis gezogen würde, dass wir von der Ausschließeritis endgültig kuriert sind.”…
      Aber was 2017 sei, werde 2017 entschieden. Er gebe daher bei der SPD nichts mehr auf „irgendwelche Beschlüsse“, fügte Riexinger mit Blick auf den SPD-Bundesparteitag Ende dieser Woche hinzu
      Quelle: Handelsblatt

      Anmerkung C.R.: Und was passiert, wenn die nächste Bundestagswahl nicht 2017 ansteht? Was geschieht z.B., wenn die Koalitionsverhandlungen zwischen Unionsparteien und SPD scheitern – wonach es zugegbenermaßen derzeit nicht aussieht?

      Über ein Scheitern dieser Koalitionsverhandlungen wird derzeit gar nicht gesprochen. Die mediale Berichterstattung setzt einfach so einen Erfolg der Verhandlungen voraus. Weshalb eigentlich?

    3. Die Macht der CSU: Old Schwurhand und die drei Amigos
      Da sitzen sie an großen Tischen, verhandeln einen Koalitionsvertrag, streiten über die besten Ideen zum Geldausgeben und demnächst auch über Regierungsposten: die Christdemokraten, die Sozialdemokraten – und noch eine Partei, eine 7,4-Prozent-Partei, die Christsozialen aus Bayern. Und sie sitzt ja nicht nur dabei, die CSU. Sie gibt den Takt vor, lässt die Muskeln krachen, stellt Bedingungen, ohne Ausländermaut auf deutschen Straßen keine Koalition, keine größeren Kompetenzen für die Europäische Union. Tut so, als wäre sie wer. Und die beiden anderen Parteien spielen das Spiel mit, weil sie es ja schon immer mitgespielt haben. Seit 1949. Als wäre es das Normalste der Welt. Dabei ist es eine groteske Anomalie. Für die es nicht den geringsten Grund gibt.
      Quelle: Tagesspiegel
  2. US-Top-Ökonom Adam Posen: „Deutschland ist ein Billiglohnland!“
    Die Kritik am deutschen Wirtschaftsmodell reißt nicht ab. Nun teilt der US-Ökonom Adam Posen kräftig aus.
    „Deutschland liegt in gleich fünf Punkten daneben,“ sagte Posen im Interview mit dem Sender CNBC. Dann zählt das langjährige Mitglied im Rat der Bank von England seine Kritikpunkte auf: „Erstens zahlt Deutschland seinen Arbeitnehmern keinen der Produktivität entsprechenden Lohn. Es bringt seine Beschäftigten um die Früchte ihrer Arbeit. Zweitens investiert es nichts, weder im öffentlichen noch in den privaten Sektor.“ Beides zusammen führe drittens dazu, dass „Deutschland als Billiglohnland konkurriert.“
    Das war aber noch nicht alles: „Viertens zockt Deutschland andere Länder ab, weil seine Exporte durch den schwachen Euro subventioniert werden. Und fünftens nimmt es anderen Ländern Marktanteile weg, indem es Deflation exportiert.“
    Posens Fazit: „Deutschlands Wirtschaftspolitik verursacht überall Probleme.“ Auf den Einwand der Reporterin hin, dass Deutschland den Wechselkurs des Euro gar nicht manipuliere, räumt Posen dies zwar ein. Er kritisiert jedoch, dass Deutschland das System manipuliere und nicht genug tue, um die globalen Ungleichgewichte abzubauen. So leiste Deutschland nicht genug Transferzahlungen an die Krisenländer in Südeuropa und blockiere außerdem eine expansivere Geldpolitik.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Immerhin berichtet das Handelsblatt über dieses Interview. Allerdings kann sich Chefredakteur von Handelsblatt Online Oliver Stock in seinem Tagesrückblick folgenden bissigen Kommentar nicht verkneifen: „Herr Posen, wir machen folgendes mit Ihnen: Sie kommen uns zu Weihnachten besuchen. Zur Weihnacht gibt der Deutsche durchschnittlich 273 Euro für den Gabentisch aus. Weil er nicht weiß wofür, rennt er am 24. Dezember vormittags noch verzweifelt durch die Kaufhäuser. So sieht das Land aus, das zu niedrige Löhne zahlt. Halleluja. Auch Top-Ökonomen können irren“

  3. Inflation: Zu viel Porsche, zu wenig Suppenküche
    Die Preise in Deutschland scheinen stabil zu sein. Doch die offiziellen Zahlen trügen. Auch die Mini-Inflationsrate von etwa 1,2 Prozent seit Oktober 2012, die das Statistische Bundesamt am Dienstag veröffentlichen wird, steckt zu viel Porsche und zu wenig Suppenküche: Bei der Berechnung der Verbraucherpreise gewichten die Statistiker faktisch die Bedürfnisse von Wohlhabenden stärker als die von Armen. Wer arm ist, muss mit einer weit höheren Preissteigerungsrate leben. “Die “allgemeinen Verbrauchsgewohnheiten”, wie sie Destatis zugrunde legt, entsprechen nicht der Praxis der einzelnen Konsumenten. Der Warenkorb und die Gewichtung seiner einzelnen Bestandteile spiegeln bestenfalls einen sozialen Querschnitt der deutschen Konsumgesellschaft wider. Studien von Sozialwissenschaftlern zeichnen jedoch ein gänzlich anderes Verbraucherverhalten im unteren Einkommensdrittel: So geben Millionen Bürger aufgrund der in den vergangenen Jahren deutlich gestiegenen Mieten einen weit höheren Anteil ihres Einkommens für Wohnraum aus.
    Quelle: taz

    Anmerkung JB: Es ist richtig, dass die offizielle Messung der Verbraucherpreise den durchschnittlichen Warenkorb abbildet und somit für soziale Gruppen, die vom Durchschnitt abweichen, nicht sonderlich aussagekräftig ist. Problematisch ist jedoch die von der taz ins Spiel gebrachte Einbeziehungen der Mieten. Hier gibt es nämlich sehr große regionale Unterschiede. Während die Mieten im Süden und einigen Metropolen in der Tat deutlich gestiegen sind, entwickeln sie sich in den nördlichen und östlichen Bundesländern (Ausnahme Hamburg und Berlin) deutlich unter der allgemeinen Preissteigerung. Im Durchschnitt sind die Mieten daher auch in den letzten zwanzig Jahren inflationsbereinigt gefallen und nicht gestiegen. Im Schnitt liegen die Mieten im Jahr 2013 inflationsbereinigt um 23,33 Prozent unter dem Niveau von 1993. Da die meisten Journalisten aus Hamburg, Berlin oder München stammen, spielt dies in der medialen Berichterstattung meist jedoch keine Rolle. Und das ist ja auch verständlich, was interessiert einen Berliner, der mit hohen Mietsteigerungen zurecht kommen muss, auch die Mietpreisentwicklung in Frankfurt Oder? Als kleiner Trost für die „Großstädter“ sei jedoch angemerkt, dass auf dem Lande andere Kostenfaktoren eine große Rolle spielen – so schlägt die Entwicklung der Benzinpreise für Berufspendler auf dem Lande ungleich höher zu als für Großstädter. Auch dieser Faktor geht nur sehr unzureichend in die allgemeine Preissteigerung ein.

    dazu: Verbraucherpreise Oktober 2013: + 1,2 % gegenüber Oktober 2012
    Die Verbraucherpreise in Deutschland lagen im Oktober 2013 um 1,2 % höher als im Oktober 2012. Die Inflationsrate – gemessen am Verbraucherpreisindex – hat sich damit weiter abgeschwächt (September 2013: + 1,4 %). Eine niedrigere Teuerungsrate wurde zuletzt im August 2010 mit + 1,0 % ermittelt. Im Vergleich zum Vormonat September 2013 sank der Verbraucherpreisindex im Oktober 2013 um 0,2 %. … Die Preiserhöhung bei Nahrungsmitteln lag mit + 4,2 % im Oktober 2013 weiterhin deutlich über der Gesamtteuerung. Mehr als vor einem Jahr mussten die Verbraucher im Oktober 2013 vor allem für Speisefette und Speiseöle (+ 14,0 %; darunter Butter: + 28,0 %) sowie für Molkereiprodukte und Eier (+ 8,5 %; darunter H-Milch: + 19,9 %; Quark: + 13,4 %; Joghurt: + 6,6 %) zahlen. Deutlich teurer waren auch Fleisch und Fleischwaren (+ 3,9 %). Bei Obst (+ 4,2 %) und Gemüse (+ 2,5 %) fiel der Preisauftrieb im Vergleich zu den letzten Monaten geringer aus.
    Quelle: Statistisches Bundesamt

  4. Verhindern, dass wieder aus wenig Geld so viel Schulden gemacht werden können
    Der Wirtschaftsjournalist Thomas Fricke glaubt nicht an die Rationalität der Märkte. Thomas Fricke im Gespräch mit André Hatting: ” … im Kern sehe ich diese aktuelle Krise im Grunde genommen als so einen vorläufigen, wahrscheinlich vorläufigen, Höhepunkt einer Entwicklung, die eben in den 80er-Jahren begonnen hat mit der sehr starken Liberalisierung der Finanzmärkte, die wiederum eine sehr starke Instabilität der Finanzmärkte mit sich gebracht hat. … im Grunde genommen fast permanent Krisen in irgendeiner Form, Finanzblasen, dann Immobilienmärkte, die überhitzt haben und dann wieder gecrasht sind und so weiter. … und ist eben mit dieser furchtbaren Krise, die wir seit 2007 erleben, zu einem vorläufigen Höhepunkt gekommen. … Im Grunde genommen handelt jeder Einzelne eigentlich gar nicht irrational, weil wenn irgendwo eine Blase entsteht, wenn die Kurse plötzlich sehr stark hochgehen, ist es für den Einzelnen durchaus rational zu sagen, ich steige da ein. Weil wenn er einsteigt und der Nachbar einsteigt und der Kollege noch einsteigt, dann werden natürlich die Kurse weiter steigen, und dann sieht man sich natürlich darin bestätigt. … solange die Blase nicht platzt. … die Gefahr ist schon relativ groß, dass wir da vor dem nächsten Crash stehen. … dass der Dax, der Wert der Aktien der Unternehmen, im Laufe dieser Zeitspanne ein Vielfaches von dem gestiegen ist, gewachsen ist verglichen zu dem Anstieg der realen Wirtschaftsleistung der Unternehmen. .. die Unternehmenswerte, also die Aktien, sollen ja eigentlich den Wert der Unternehmen spiegeln, und wenn das über einen so langen Zeitraum so drastisch voneinander abweicht, muss man eben auch vermuten, dass dahinter eine Blase steckt, dass da einfach sehr viel heiße Luft steht, die viel zitierte Liquidität, die jetzt gerade da ist, dass halt viel Geld im Umlauf ist, was halt Anlage sucht, und dann ist man halt wieder in so einer Spekulationswelle.
    Quelle: Deutschlandradio
  5. Strafprozesse gegen Banken und Hedgefonds: Feilschen um die Freiheit
    Die Deals mehren sich, Verursacher der Finanzkrise feilschen um ihre Freiheit: JP Morgan wird nach einem Vergleich voraussichtlich 13 Milliarden Dollar wegen dubioser Hypothekengeschäfte zahlen. Die Bank of America wird wohl noch einmal sechs Milliarden Dollar überweisen müssen, weil sie den Immobilienfinanzierern Fannie Mae und Freddie Mac faule Kredite untergejubelt hat. Auch bei den Tricksereien mehrerer Großbanken um den Referenzzins Libor stehen weitere Milliardenvergleiche an. Was genau die Banker oder der gerissene Cohen verbrochen haben, wissen wir nicht. Die Staatsanwaltschaft sagt, dass sein gesamtes Unternehmen auf Täuschung beruht, über Jahrzehnte hinweg soll SAC sich Bilderbuchrenditen ermogelt haben. Wenn das stimmt, ist die Strafe viel zu niedrig. Wenn es nicht stimmt, hätte es keine Strafe geben dürfen. Niemand weiß, was gerecht ist. Schließlich war die Wahrheitsfindung zu mühsam.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung Orlando Pascheit: Der Spiegel schreibt zum Fall Cohen: “Die außergerichtliche Einigung zeigt, dass die große Sause an der Wall Street vorerst vorbei ist.” Und zitiert gleichzeitig den New Yorker FBI-Chef George Venizelos: “Betrug und Gesetzesbruch, waren nicht nur erlaubt, sondern durften fortdauern”. Dass unter diesen Umständen Steve Cohen sich mit einem Privatvermögen von zuletzt 9,4 Milliarden Dollar in den Ruhestand begibt, scheint den Spiegel nicht zu stören. Sein Image-Sturz sei tief. Das ist doch Quatsch, allmählich gleicht doch unter Amerikas Bankern die Strafzahlung einem Ritterschlag.

  6. The Bankruptcy Exemption
    […] The big and important news is that bankruptcy cannot work for large, complex financial institutions in the United States, at least not using the current bankruptcy code. On this there was complete unanimity among the country’s top financial-sector lawyers, some of whom work for big banks.
    More specifically, if any such companies were to go bankrupt – as Lehman Brothers did in September 2008 – then global financial panic and potential chaos would follow, on the scale of fall 2008 or greater. There were three reactions to this stark agreement on the facts. […]
    Because big banks cannot go bankrupt, they have an unfair advantage against everyone else in the financial sector. The counterparty risk of trading with them is lower, and thus they are regarded as a better credit risk than would otherwise be the case. This allows them to place bigger bets, which in turn creates more risk for the macroeconomy.
    The intent behind Title I of Dodd-Frank is clear. If large complex financial institutions cannot go bankrupt, then they must be forced to change the scale and nature of their operations until each and every company is small enough and simple enough to fail without disrupting the world economy.
    Quelle: NYT Economix
  7. Mindestlohn
    1. Robert von Heusinger: Der Mindestlohn und sein Preis
      Die Mehrheit der Bürger will ihn. Die zivilisierten kapitalistischen Länder haben ihn. Und die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD werden ihn nun endlich auch nach Deutschland bringen: den einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn. Er wird, so viel ist sicher, die sozialdemokratische Errungenschaft des schwarz-roten Regierungsprogramms sein. Gar nicht sicher ist indes, ob er auch zum Erfolg wird. Denn die 8,50 Euro pro Stunde, auf denen die SPD beharrt, sind zu viel des Guten. Das gilt gewiss für Ostdeutschland und wahrscheinlich auch für Gesamtdeutschland. Was passiert, wenn die ersehnte Einführung des Mindestlohns sich als Flop herausstellen sollte? Richtig, die Gegner werden triumphieren. Und das sind in der deutschen Wirtschaftsforschung und -politik sehr viele. Fast alle Forschungsinstitute und Denkfabriken in Deutschland sind gegen den Mindestlohn. Scheitert er, weil er zu Beginn zu hoch angesetzt worden ist, siegt die ideologische Schule gegenüber der pragmatischen ein weiteres Mal. – Der Mindestlohn stoppt die Spirale nach unten. Indem er die Schwächsten schützt, hilft er auch den Zweitschwächsten. Da der niedrigste Lohn, der für den Hilfsarbeiter, öffentlich ist, wird der Vorarbeiter mehr verlangen – und auch bekommen. So beeinflusst der Mindestlohn die Lohnstruktur im untersten Segment. Und über höhere Einkommen kann der richtig gesetzte Mindestlohn sogar Jobs schaffen und für Wachstum sorgen, was deutschen Ökonomen nie einleuchten wird, aber durch Studien eindrucksvoll belegt ist.
      Quelle: Berliner Zeitung

      Anmerkung Orlando Pascheit: Zunächst ein kleiner Hinweis: Karl Brenke, Arbeitsmarktexperte am DIW geht davon aus, dass etwa ein Sechstel aller Arbeitnehmer in Gesamtdeutschland zu niedrigen Löhnen arbeiten, in Ostdeutschland ist es fast ein Viertel. Fast. – Generell wäre zunächst einmal darauf hinzuweisen, das diejenigen, die in Ostdeutschland oder auch im Westen, mit einem Lohn von unter 8,50 Euro arbeiten müssen, mit Steuermitteln aufgefangen werden müssen, da diese Löhne nicht die Reproduktionskosten der Arbeit decken. Und warum kommt Heusinger nicht darauf, dass über die gestiegene Kaufkraft auch der teurere Friseur bezahlt werden kann, der sich wiederum mehr leisten kann usw. Nichts spricht gegen eine Expertenkommission, die die Regierung berät, aber die Verantwortung für eine gesunde Volkswirtschaft sollte schon bei der Politik bleiben. Was sollen die Koryphäen einer Mainstream-Wirtschaftswissenschaft in eine solchen Kommission, die noch an die Effizienz des reinen Marktes glauben, Arbeitgeber, die von den idyllischen Arbeitsbedingungen in den Schwellenländern träumen und Arbeitnehmervertreter, die in Zeiten sprudelnder Gewinne keine Wirksamen Lohnerhöhungen durchzusetzen vermochten. – Wirklich seltsam ist, dass so ganz selbstverständlich über den Mindestlohn unter Produktivitätsgesichtspunkten diskutiert wird, aber die heutigen Spitzenlöhnen inne wohnende Produktivität nicht einmal im Ansatz hinterfragt wird.

    2. Man müsste die Arbeitszeiten streng kontrollieren
      Karl Brenke im Gespräch mit André Hattig. Selbst wenn die neue Regierung einen Mindestlohn gesetzlich festlegen würde, gäbe es für viele Betriebe und Branchen Möglichkeiten, den zu umgehen. … Eine Möglichkeit ist natürlich, dass man reguläre Beschäftigung beispielsweise in Minijobs umwandelt. Aber eine andere Möglichkeit – und das ist sehr viel einfacher – ist, dass man Überstunden nicht bezahlt. Wir haben jetzt schon das Phänomen, dass von denjenigen Personen, die Lohn unter 8,50 Euro verdienen, ungefähr eine Million Überstunden leistet, die nicht durch entsprechendes Geld oder durch Freizeit ausgeglichen werden. Das ist ein schwieriger Punkt. Und ein zweiter Punkt ist: Wir haben ungefähr eine weitere Million von Personen, die überhaupt keine Arbeitszeitregelungen haben. Zum Teil hängt das damit zusammen, dass der Arbeitgeber natürlich versucht, Kosten zu sparen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Jobs, wo das durchaus rational ist. Sehen Sie mal den Taxifahrer – der hat eine Umsatzbeteiligung, der hat keinen Stundenlohn. Oder der Zeitungsausträger – der wird bezahlt nach der Zahl der ausgetragenen Zeitungen und nicht nach der Zeit, die er an Aufwand für das Austragen der Zeitungen hat.
      Quelle: Deutschlandradio

      Anmerkung Orlando Pascheit: An anderer Stelle verweist Karl Brenke darauf, dass eine betriebliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer eine starke Position zur Durchsetzung von Mindestlöhnen habe. Allerdings sei den SOEP-Daten zufolge lediglich knapp ein Drittel derjenigen Arbeitnehmer, die weniger als 8,50 Euro je Stunde verdienen, in einem Betrieb tätig, der einen Betriebsrat hat. Von den Arbeitnehmern, die mehr verdienen, hätten zwei Drittel eine solche Interessenvertretung.

    3. Hundt im Interview: «Mindestlohn trifft die Schwächsten»
      Der scheidende Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hat vor gravierenden Nachteilen eines gesetzlichen Mindestlohns gewarnt.
      «Ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn trifft vor allem die Schwächsten auf dem Arbeitsmarkt: Langzeitarbeitslose, gering Qualifizierte und junge Menschen, die keine Ausbildung haben», sagte Hundt.
      Dies zeige die deutlich höhere Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit in allen europäischen Ländern mit gesetzlichem Mindestlohn. Die SPD verteidigte ihre Kernforderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. Dies zählt zu den Hauptstreitpunkten in den Koalitionsverhandlungen mit der Union.

      Anmerkung J.K: Eigentlich nichts Neues aus dieser Ecke. Es zeigt sich aber wieder einmal der Zynismus dieser Herren. Als ob Hundt das Schicksal von „Langzeitarbeitslose, gering Qualifizierte und junge Menschen, die keine Ausbildung haben“, jemals interessiert hätte.

    4. Schweiz: Kantonaler Mindestlohn von 20 Franken
      Der Kanton Neuenburg könnte als erster Schweizer Kanton einen Mindestlohn einführen. Die Regierung schlägt als Untergrenze 20 Franken pro Stunde vor, was einem Bruttolohn von 3640 Franken pro Monat entspricht. Das Neuenburger Stimmvolk hatte sich im November 2011 für Mindestlöhne ausgesprochen. Eine parlamentarische Initiative aus den Reihen der Linksaussenpartei solidaritéS wurde damals mit einem Ja-Anteil von 54,6 Prozent angenommen. Die Umsetzungsvorlage soll im Februar ins Neuenburger Kantonsparlament kommen, sagte der Neuenburger Staatsrat Jean-Nat Karakash (sp.) am Montag vor den Medien. – In den Kantonen Genf und Waadt wurde das Anliegen hingegen abgelehnt. Im Kanton Jura wurde eine Initiative angenommen, die Mindestlöhne in den Branchen, welche keinen Gesamtarbeitsvertrag haben, vorschreibt. In den Kantonen Wallis und Tessin gelangen ähnliche Vorlagen wie in Neuenburg in den kommenden Monaten zur Abstimmung. Auch auf Bundesebene gibt es eine Initiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, die einen Mindestlohn von 4000 Franken pro Monat bei 42 Arbeitsstunden pro Woche verlangt. Über diese befinden derzeit die eidgenössischen Räte. Eine Volksabstimmung ist für 2014 vorgesehen.
      Quelle: NZZ
  8. UDE: Entwicklung des Arbeitslosengeldes untersucht – Oft zu wenig zum Leben
    Das Arbeitslosengeld reicht oft nicht zum Leben. Jeder fünfte Mann und sogar rund 45 Prozent der Frauen mussten Ende 2011 mit weniger als 600 Euro im Monat auskommen. Sie liegen damit unter Hartz IV (Grundsicherung einschließlich Wohn- und Heizkosten: 671 Euro) und hätten Anspruch auf Aufstockung. Lediglich jeder zehnte kurzzeitig Erwerbslose hat jedoch 2012 davon Gebrauch gemacht. Das zeigen Berechnungen des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) aus Daten der Bundesanstalt für Arbeit, die soeben im Internet-Portal Sozialpolitik-Aktuell veröffentlicht wurden.
    Quelle: idw
  9. Von Armut bedroht
    Hartz IV-Empfänger bekommen immer weniger Geld, weil der Niedriglohnsektor immer weiter wächst. Eine große Gefahr meint unsere Autorin.
    Wer wenig verdient, erhält auch wenig Arbeitslosengeld, wenn er seinen Job verliert. In Deutschland blüht der Niedriglohnsektor, und viele Frauen haben nur eine Teilzeitstelle. Deshalb erhalten viele Erwerbslose nur ein sehr geringes Arbeitslosengeld. Eine kräftigere Lohnentwicklung und mehr Vollzeitstellen würden auch Menschen helfen, die ihre Stelle verlieren. Es ginge ihnen finanziell besser und sie könnten mit mehr Ruhe eine neue Arbeit suchen.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  10. Streikrecht im Visier
    Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) läßt nicht locker. Der Unternehmerverband will die kommende Bundesregierung unbedingt dazu bringen, eine gesetzliche Einschränkung des Streikrechts auf den Weg zu bringen. Davon jedenfalls berichtet der Marburger Bund (MB): »Derzeit läßt die BDA nichts unversucht, die Unterhändler in der zuständigen Koalitionsarbeitsgruppe ›Arbeit und Soziales‹ massiv in ihrem Sinne zu beeinflussen«, heißt es in einer Mitteilung der Ärzteorganisation. Sie wäre ebenso Opfer eines Antistreikgesetzes wie die Lokführergewerkschaft GDL, die Pilotenvereinigung Cockpit, die Unabhängige Flugbegleiter-Organisation (UFO) und die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF). Letztlich aber würde eine gesetzliche Einschränkung des Grundrechts auf Streik alle Beschäftigtenorganisationen treffen.
    Quelle: Junge Welt
  11. Was kostet ein Beamter?
    Der Datenskandal um die Debeka erreicht jetzt die Ämter. Die Staatsanwaltschaft Koblenz will wissen, ob Geld fließen musste, damit Beamte Tausende Adressen an Mitarbeiter der privaten Krankenversicherung weitergaben.
    Die Datenaffäre bei Deutschlands größter privater Krankenkasse Debeka könnte nun auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Die Staatsanwaltschaft Koblenz leitete am Montag Ermittlungen gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Bestechung, Bestechlichkeit und der Verletzung von Dienstgeheimnissen ein, wie die Behörde mitteilte. Sie richten sich sowohl gegen – namentlich bisher nicht bekannte – Mitarbeiter der Versicherung als auch gegen Mitarbeiter von Personalverwaltungen in staatlichen Behörden. Manifestiert sieht die Staatsanwaltschaft ihren Verdacht durch Strafanzeigen, die zum Teil anonym eingegangen seien, sowie durch Unterlagen, die die Debeka selbst freiwillig zur Verfügung gestellt habe. (Az.: 2055 UJs 36395/13)
    „Es besteht der Verdacht, dass Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung, insbesondere der Personalverwaltungen Versicherungsvertretern der Debeka-Gruppe gegen Entgelt die Anschrift und weitere persönliche Daten der zur Einstellung in den öffentlichen Dienst vorgesehenen Bewerber mitgeteilt haben“, teilte die Staatsanwaltschaft mit. „Diese Daten sollen von den Versicherungsvertretern dazu benutzt worden sein, den zur Einstellung in den öffentlichen Dienst vorgesehenen Bewerbern den Abschluss einer Krankenversicherung und sonstigen Versicherungen anzutragen.“
    Quelle: Handelsblatt

    dazu: Musterknabe erschüttert Versicherungsbranche
    Versicherungsvertreter der Debeka waren jahrzehntelang schneller als andere. Sie hatten wertvolle Beamtenadressen gekauft. Das ist nicht erlaubt. Was der zweifelhafte Adressenhandel bedeutet und was sich ändern könnte.
    Quelle: Handelsblatt

  12. Opfer der Automatisierung
    Eine kürzlich als Working Paper der Oxford Martin School veröffentlichte Studie kommt zu dem Ergebnis, das 47 Prozent aller Jobs in den USA sehr wahrscheinlich in naher Zukunft der Automatisierung zum Opfer fallen werden. Die Prognose beruht auf der Analyse der Merkmale von gegenwärtigen Arbeitsplatzbeschreibungen, die es wahrscheinlich machen, dass die betreffenden Tätigkeiten in naher Zukunft von Robotern oder Computern übernommen werden können. – McDonald’s Europa hat dieses Frühjahr 7.000 Touchscreen-Computer bestellt, die nach und nach die Arbeit von Kassierern und Kassiererinnen übernehmen sollen. Amazon gab 2012 die Übernahme des auf die Herstellung von Lagerrobotern spezialisierten Unternehmens Kiva Systems bekannt, dessen Fabrikate bald wohl anstelle menschlicher Arbeitskräfte in den Warendepots des Versandhändlers herumkurven werden. Ähnlich Foxconn: Bereits 2011 kündigte der taiwanesische Technik-Großkonzern an, in nächster Zukunft eine Million Roboter anzuschaffen, um damit Arbeitsplätze zu ersetzen. Nicht nur im Billiglohn-Bereich jedoch sind laut neuester Prognosen Jobs von der Automatisierung bedroht, sondern auch im Mittelstand. Buchhalter, Anwälte, Personalentwickler und Dozenten müssen sich Sorgen machen, wie Frank Rieger und Constanze Kurz aktuell in ihrem Buch “Arbeitsfrei. Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen werden” zeigen.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Orlando Pascheit: “Aber es wird kommen am Ende eine Zeit, in der die Menschen zu einer großen Klugheit und Geschicklichkeit in allen Dingen gelangen werden und erbauen werden allerlei Maschinen, die alle menschlichen Arbeiten verrichten werden wie lebende, vernünftige Menschen und Tiere; dadurch aber werden viele Menschenhände arbeitslos, und die Magen der armen, arbeitslosen Menschen werden voll Hungers werden” schrieb um 1860 herum der Schriftsteller und christliche Mystiker, Jakob Lorber. So mögen manche solche Nachrichten aufnehmen. Und niemand wird leugnen, dass der technische Fortschritt z.B. für viele chinesischen Arbeiter in der oben genannten Firma Foxconn (1,2 Millionen Beschäftigte in China) ein Fluch sein wird. Genauso wenig ist zu leugnen, dass der technische Fortschritt ein Segen ist. Chancen bestünden, diesen aufzufangen, wenn bei Produktinnovationen und Prozessinnovationen – auch bei Dienstleistungen – die jobschaffenden Nachfrageeffekte gegenüber den Einspareffekten überwiegen würden, hat man noch vor kurzem argumentiert. Aber wenn auch geistige Arbeit automatisiert wird, wird die Zahl der Erwerbstätigen rapide zurückgehe. Und natürlich führt das exzessive Profitstreben unserer Ökonomie dazu, dass jedmögliche vermessbare Arbeit automatisiert wird. Die Menschen, die sich in dieser automatisierten Welt bewegen, werden dann nur noch danach ausgetauscht, wie sie und wie lange sie im automatisierten Produktionsprozess funktionieren. Sie werden dabei immer unter Vollauslastung arbeiten müssen, die der Automat vorgibt. Wir näheren uns damit einer Aussage, die auch gegen Ende der 1850er formuliert wurde: ” In den Produktionsprozess des Kapitals aufgenommen, durchläuft das Arbeitsmittel aber verschiedne Metamorphosen, deren letzte die M a s c h i n e ist oder vielmehr ein a u t o m a t i s c h e s S y s t e m d e r M a s c h i n e r i e (System der Maschinerie; das a u t o m a t i s c h e ist nur die vollendetste adäquateste Form derselben und verwandelt die Maschinerie erst in ein System), in Bewegung gesetzt durch einen Automaten, bewegende Kraft, die sich selbst bewegt; dieser Automat bestehend aus zahlreichen mechanischen und intellektuellen Organen, so daß die Arbeiter selbst nur als bewußte Glieder desselben bestimmt sind.” (Karl Marx, Grundrisse… ). – Irgendwann wird die Zahl derer, die im Zuge der Automatisierung der Welt über kein Einkommen verfügen, so gestiegen sein, dass sich die Frage stellt, wie das Gemeinwesen finanziert wird. Dann werde die alten Modelle wie z.B. die Maschinensteuer aktualisiert werden wie sie sich z.B. Frank Rieger mit der Vergesellschaftung der Automatisierungsdividende erhofft: “Mit der bisherigen Steuerphilosophie kann die nächste Automatisierungswelle daher den sozialen und finanziellen Zusammenbruch von Staat und Gesellschaft innerhalb weniger Jahre verursachen. … Die Alternative: ein schrittweiser, aber grundlegender Umbau der Sozial- und Steuersysteme hin zur indirekten Besteuerung von nichtmenschlicher Arbeit und damit zu einer Vergesellschaftung der Automatisierungsdividende. Wenn es gelingt, Deutschland kompatibel mit der nächsten Technologiewelle zu machen, wenn die Struktur unserer Steuer- und Sozialsysteme so gestaltet wird, dass mehr Automatisierung zu mehr realem, fühl- und messbarem Wohlstand für alle im Lande führt und dadurch der soziale Frieden langfristig erhalten bleibt, stellt dies einen Wettbewerbsvorteil von historischen Dimensionen dar. Sobald Automatisierung nicht mehr mit angezogener Handbremse – dem sprichwörtlichen Heizer auf der Elektrolokomotive – stattfindet, weil automatisch alle von den Produktivitätsfortschritten profitieren, sind moderne Wunder möglich.”

    Interessant wäre zu einer derartigen Freisetzung von Arbeit ein Beitrag von Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker, die sich zwar nicht mit einer Vergesellschaftung der Automatisierungsdividende, aber mit dem ähnlich gelagerten bedingungslosen Grundeinkommen beschäftigt haben und dieses ablehnen. Dieses Grundeinkommen zerstöre die ökonomische Basis, aus der heraus es bezahlt werden soll.

    Um nicht ganz in einem Horrorszenario zu enden, sei auf die Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich bei Porsche verwiesen. Anscheinend hat man begriffen, dass die Zeit, unter der der Mensch unter andauernder Vollauslastung arbeiten kann, begrenzt ist.

  13. So blamierte Sonneborn die Deutsche Bank
    Und es kommt doch auf den Sender an: Im Oktober lief in der ZDFneo-Sendung „Sonneborn rettet die Welt“ ein Interview des Satirikers Martin Sonneborn mit einem Mitarbeiter der Deutschen Bank. Das Gespräch mit einem Bank-Angehörigen ist bestes Anschauungsmaterial in Sachen Fremdschämen. Trotzdem sorgte das Stück für keine große Welle. Das änderte sich schlagartig, als am Freitag die „heute show“ im ZDF-Hauptprogramm den Clip einfach recycelte. Seitdem lacht Deutschland über die Deutsche Bank.
    Quelle: Meedia

    Videoausschnitt von der “Heute Show”

    Anmerkung unseres Lesers Q.: Liebes Nachdenkseiten-Team, das Sonneborn-Interview zeigt gut, wie die Kommunikation zwischen Deutscher Bank und Journalisten oft abläuft: Die Bank gibt die Spielregeln vor, und die Presse spielt mit – egal, wie sinnvoll die Äußerungen der Bank inhaltlich erscheinen mögen.
    Beliebt sind nach meinem Wissen auch so genannte “Off-the-Records”-Informationen, die Pressesprecher oder PR-Berater der Bank an ausgewählte Journalisten weitergeben. Diese werden zum Beispiel als Angaben “aus Unternehmenskreisen” oder “aus dem Umfeld der Bank” zitiert. Der Wahrheitsgehalt dieser Aussagen (die natürlich oft dem Zweck dienen, die Bank in ein besseres Licht zu rücken) wird von tagesaktuell arbeitenden Journalisten selten überprüft – Hauptsache, es liegt irgend etwas vor, das man schreiben kann.
    Natürlich kommuniziert nicht nur die Deutsche Bank mit Journalisten “im Off”. Und natürlich muss es weiterhin möglich sein, sich anonym in der Öffentlichkeit zu äußern – so wie ich es hier auch mache. Wenn aber die Deutsche Bank ihre Botschaften auf diese Art verbreiten lässt (oft mit der Begründung, dass sie als börsennotiertes Unternehmen ja offiziell nicht viel sagen dürfe), fällt unter den Tisch, dass sie einen eindeutigen Interessenkonflikt hat. Wenn ein Journalist aus “informierten Kreisen” zitiert, mag das bei weniger informierten Lesern schließlich den Eindruck erwecken, dass die geheime Quelle besonders zuverlässig sei.

  14. Dokumentarfilm “Master of the Universe” – Im goldenen Turm
    Marc Bauder wollte eine Doku über die Finanzwelt drehen. Niemand wollte vor die Kamera, Banken verweigerten eine Drehgenehmigung. Dann traf er Rainer Voss. Der ehemalige Investmentbanker redet so saftig über die kalte Bankenwelt, dass man auch nach 90 Minuten nicht genug hat.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  15. Zu guter Letzt: Klimakonferenz in Warschau

    Quelle: Harm Bengen

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