Hinweise des Tages
- Sebastian Dullien: Irrtum Generationengerechtigkeit
Analysen zur Generationengerechtigkeit sind bestenfalls brauchbar als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für unterbeschäftigte Volkswirte – oder als Argument, mit dem junge Politiker ohne spezifische Fachkenntnisse Einfluss und Posten einfordern können. Ob die Gesellschaft dadurch gerechter wird, ist eher zweifelhaft.
Quelle: FTDKommentar eines Lesers: „Nehmt diesen Artikel bitte ins Tagebuch (nicht nur als Hinweis) auf. Er bringt die wesentlichen Argumente zum Thema Generationengerechtigkeit auf den Punkt.“
- Ideologie
Der Vorschlag, die Neuverschuldung zu verbieten, läuft darauf hinaus, den Staat zu kastrieren. Ihm würde damit die Möglichkeit aus der Hand genommen, gegen Konjunkturkrisen anzugehen. Stattdessen müsste er in einer solchen Situation die Steuern erhöhen und/oder die Ausgaben kürzen, was die Talfahrt beschleunigen würde. Dahinter steckt die gleiche Ideologie, die schon den “dummen” europäischen Stabilitätspakt gebar. Es ist der Glaube neoliberaler Kreise, dass die Wirtschaft von staatlichem Handeln erlöst werden muss.
Quelle: FR - Exportwirtschaft wird begünstigt
Der Anteil der Investitionen am Bruttoinlandsprodukt lag im vergangenen Jahr bei 17,1 %, der Anteil der Sozialleistungen bei 31 %. Für das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft ein Beleg dafür, dass Deutschland seine Zukunft verfrühstückt. Nach Ansicht des Chemnitzer Ökonomen Fritz Helmedag sind die Sozialleistungen so hoch, weil die Investitionen so deutlich gesunken sind. Das Grundproblem in Deutschland, so der Ökonom, seien nicht zu hohe Sozialleistungen oder zu hohe Löhne, sondern die zu geringe Nachfrage – Folge einer Wirtschaftspolitik, die auf sinkende Löhne setze.
Quelle: VDI nachrichten - Management auf dem Rückzug in vorindustrielle Zeiten
Markus Wendt und Erich Feldmeier über Massenentlassungen als Unternehmensstrategie: „Seit mehreren Jahrhunderten wird fein säuberlich die Abschreibung jeder Schraube und jeglichen verbrauchten Rohstoffs in Kostenstellen erfasst. Weitere Produktionsfaktoren wie Führungsstil, Vertrauen und Respekt sind in Buchhaltungssystemen nicht vorgesehen. Die Ochsengespanne aus vorindustriellen Zeiten sind noch heute in Unternehmen des 21. Jahrhunderts im Einsatz. Investitionen zum Erhalt oder gar zur Steigerung von Kapitalwerten sind in jedem Bereich eines Unternehmens selbstverständlich – mit Ausnahme des Kostenfaktors Personal natürlich.“
Quelle: VDI-Nachrichten - Thema Mannesmann-Prozess
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Mannomann
Die Öffentlichkeit weiß jetzt ziemlich genau, was Anfang 2000 auf den Chefetagen von Mannesmann abging. Und die Mischung aus Gier und Chuzpe, die die beteiligten Akteure damals an den Tag legten, reicht nicht einmal für einen moralischen Freispruch dritter Klasse.
Quelle: FR
Kommentar von Orlando Pascheit: Wieder einmal klafft eine bedenkliche Lücke zwischen Recht und Gerechtigkeit. Die Einstellung von Prozessen gegen Geldauflage nach Paragraph 153 a Strafprozessordnung war ursprünglich für Massendelikte von geringer Schuld gedacht. Dass heute durch das Rechtspflegeentlastungsgesetz von 1993 dieser Paragraph für solche heiklen und im öffentlichen Interesse liegende Verfahren zur Anwendung kommen kann, ist der eigentliche Skandal.
Das Interesse der Angeklagten ist klar und braucht nicht erörtert zu werden. Völlig unklar und seltsam ist das überraschende Einlenken der Staatsanwaltschaft, und sollte das Gericht diesem Deal zustimmen, käme dies einer Zurückweisung der Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs gleich. Die Botschaft an die Öffentlichkeit wäre, dass unser Rechtsstaat den wirtschaftlich Mächtigen Ausnahmen ermöglicht. Selbst die Höhe der Buße ist angesichts des Jahreseinkommens von Ackermann oder der geflossenen Prämienzahlungen ein Witz. -
Ende eines Prozesses
Mit einem Vergleich könnte einer der spektakulärsten Wirtschaftsprozesse Deutschlands enden. Ein kläglicher Kuhhandel.
Quelle: SZ
Kommentar: Der auf den ersten Blick so kritisch wirkende Kommentar des SZ-Autors Marc Beise erweist sich bei genauerem Hinsehen als einseitig und oberflächlich. Klaus Zwickel wird für sein Versagen als Arbeitnehmervertreter zwar zu Recht scharf kritisiert. Für Ackermann hingegen bringt Beise befremdlich viel Sympathie zum Ausdruck. Dieser habe den Prozess als „Fegefeuer“, als „Martyrium“, erlebt und sei „in der Öffentlichkeit zum Zerrbild des bösen Kapitalisten degeneriert“.
Marc Beises Bewertungen enthalten einen Widerspruch, den er nicht bemerken konnte, weil er die Sicht auf Ackermanns gesellschaftliche Verantwortung auf die Frage nach persönlichem Fehlverhalten in einem konkreten Fall einschränkt.
Einerseits hält er Josef Ackermanns „Leistung fürs eigene Unternehmen, dessen Mitarbeiter und Eigentümer“ für „ziemlich gut“. Andererseits glaubt er, der Chef der Deutschen Bank habe „sich geläutert“ und „über gesellschaftliche Zusammenhänge, über die Rolle der Wirtschaft und die Verantwortung von Managern“ dazugelernt.
Ackermanns Leistung besteht darin, die Deutsche Bank auf eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent zu trimmen. Dass bereits eine permanente Zielvorgabe von 15 Prozent (von der gerne behauptet wird, sie sei notwendig, um im weltweiten Wettbewerb anspruchsvolle Anleger anzulocken) mit gesellschaftlichem Verantwortungsbewusstsein unvereinbar ist, hat Heiner Flassbeck gut begründet:-
„Banken produzieren nämlich nichts. Sie nehmen Geld auf von den einen und leihen es weiter an andere. Produzieren, im Sinne von Herstellen der Produkte, die an die Konsumenten verkauft werden, wie auch im Sinne des Erwirtschaftens des Zinses, tun allein die Unternehmen. (…)
Alles, was in einer Wirtschaft verdient wird, muss real erwirtschaftet werden. In einer Wirtschaft, die real um 2½ % wächst, können alle 2½ % mehr real erhalten, also etwa 5-6 % nominal. Da man auf Dauer anderen Gruppen nichts wegnehmen kann, weil die die Kunden der Unternehmen sind, gilt das insgesamt auch für die Unternehmen und deren Verdienste. Da nur aus diesen Verdiensten die Rendite der Finanzanlagen fließt, kann auch diese, real gerechnet, auf lange Sicht nicht höher sein.“
Quelle: Flassbeck-Artikel „Neue Ökonomie und alte Regeln“ [PDF – 16 KB] -
„Fünfzehn Prozent Rendite bedeutet schon in normalen Zeiten, dass es eine enorme Umverteilung innerhalb der Gesellschaft gibt. Da logischerweise nur verteilt werden kann, was erwirtschaftet wird, und jährlich höchstens 5 bis 6 % (inklusive 2 bis 3 % Preissteigerung) erwirtschaftet werden, sind 15 % für die Kapitalseite gleichzusetzen mit der Aufforderung an die Arbeitsseite und den Staat, eine massive Umverteilung der Einkommen auf Dauer hinzunehmen bzw. aktiv zu bewerkstelligen.“
Quelle: Flassbeck-Artikel „15 und 4 – Über die Verteilung des Wohlstands der Nationen“ [20 KB]
Gibt es irgendwelche Anzeichen dafür, dass Dr. Josef Ackermann in Zukunft etwas anderes tun wird als bisher, nämlich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln Kapitalrenditen in volkswirtschaftlich unverantwortlicher Höhe durchzusetzen? Ob er es noch immer für richtig hält, dass im Zuge einer Unternehmensübernahme dem einen oder anderen Raffke einige Extra-Millionen zugeschoben wurden, verliert vor diesem Hintergrund an Bedeutung.
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„Banken produzieren nämlich nichts. Sie nehmen Geld auf von den einen und leihen es weiter an andere. Produzieren, im Sinne von Herstellen der Produkte, die an die Konsumenten verkauft werden, wie auch im Sinne des Erwirtschaftens des Zinses, tun allein die Unternehmen. (…)
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Mannomann
- Zum HARTZ IV-Fehlurteil des Bundessozialgerichts
- Zum Leben zu wenig
Wie ein Arbeitsloser rechnet
Quelle: FR - “Hartz-IV-Armut ist verfassungsgemäß”
“Ich finde es natürlich gut, dass das Urteil so ausgegangen ist”, erklärte Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD). Der Regelsatz von 345 Euro monatlich plus Wohngeld sei sorgfältig berechnet worden. “Das ist ja keine willkürliche Festsetzung, sondern das gründet sich auf eine Einkommens- und Verbrauchsstatistik”, sagte er zur Begründung. “Da wird genau festgestellt, was ist die Basis für ein Existenzminimum.”
Quelle: SPIEGELKein Kommentar.
- Zum Leben zu wenig
- Kirchlicher Segen für Agenda 2010
- Katholiken und Protestanten billigen die Demontage des Sozialstaats.
Quelle: TAZ - Das „gemeinsame Wort“ der Kirchen ist zu mutlos und zu neoliberal.
Quelle: TAZ - Wenn die zwei Großkirchen, die bei der sogenannten Ökumene keinen Schritt vorankommen, plötzlich mit einem »Gemeinsamen Wort« das deutsche Volk beglücken, ist Vorsicht geboten.
Quelle: Neues Deutschland
Quelle: Das gemeinsame Dokument der beiden Kirchen [PDF – 228 KB]
- Katholiken und Protestanten billigen die Demontage des Sozialstaats.
- Zu den Wahlen in Holland
- Gegen das kalte Holland
Die Niederlande vor dem Umbruch: “Die Wähler haben sich ganz eindeutig gegen das kalte Holland der Christdemokraten entschieden”. Premier Balkenende ist nur scheinbar Wahlsieger. Der wirkliche heißt Jan Marijnissen.
Quelle: TAZ - Jenseits der Dogmen
Hollands Sozialisten haben sich als einzig linke Option profiliert.
Quelle: TAZ
- Gegen das kalte Holland
- Betriebsräte wettern gegen Rentenpläne
Die Betriebsratschefs deutscher Autokonzerne wie DaimlerChrysler, BMW und Porsche kritisierten in einem Brief an Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) entschieden das Tempo, mit der das gesetzliche Renteneintrittsalter auf 67 Jahre heraufgesetzt werden soll. In dem Schreiben, das der Berliner Zeitung vorliegt, bezweifeln die mächtigen Arbeitnehmervertreter, dass die Erwerbsquote älterer Beschäftigter schnell erhöht werden könne: “Bittere Realität ist heute, dass ein Großteil der Arbeitsplätze unter so hohem Wettbewerbsdruck steht, dass die an sich notwendigen Investitionen in altersgerechte Modelle Arbeit so verteuern würde, dass ein weiterer massiver Abbau von Arbeitsplätzen die Folge wäre.”
Quelle: Berliner Zeitung - Beck drängt auf Einführung von Investivlöhnen
Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck hat am Samstag auf einer Programmkonferenz seiner Partei in Berlin für die Einführung eines Investivlohns geworben. Er bot Kanzlerin Angela Merkel nach dem CDU-Parteitag in Dresden ein persönliches Gespräch darüber an.
Quelle: FAZKommentar von Orlando Pascheit: Immer wieder, vor allem in Wahljahren, entdeckt die Politik die Tatsache der ungleichmäßigen Verteilung des Kapitals in Deutschland. In diesem Jahr ist es wohl die wachsende Unbeliebtheit der Regierungsparteien, welche über die Idee der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand eine Versöhnung zwischen den enorm gestiegenen Unternehmensgewinnen und den stagnierenden Arbeitnehmereinkommen suggerieren soll.
Ganz abgesehen davon, dass, wenn der Investivlohn zu einem variablen Bestandteil der Entlohnung wird, dies bei schlechter Konjunktur oder fallenden Aktienkursen für den Arbeitnehmer zu kaum zu verkraftenden Abschlägen führt, dürfte eine für alle Arbeitnehmer geltende Unsetzung beträchtliche Schwierigkeiten machen.
Eine vermögenspolitische Gleichbehandlung würde ja nicht nur die Belegschaften der Großunternehmen in Industrie und Bank- und Versicherungswirtschaft betreffen, sondern müsste auch die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes und der mittelständischen Wirtschaft erfassen. - Zeichnet sich eine neue Studenten-Elite ab, vielleicht sogar eine neue Geld-Elite?
Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerkes, über die Gefahr falscher Prioritätensetzung: „Die Schieflage hat unsere Sozialerhebung im Jahre 2003 verdeutlicht, die einen starken Rückgang in der Mittelschicht verzeichnet. Die Gruppe, deren Elterneinkommen über den Baföggrenzen liegt, das aber zu gering ist, um den Kindern das Studium finanzieren zu können, meidet zusehends den akademischen Ausbildungsweg. Generell studieren von 100 Kindern, deren Väter der Herkunftsgruppe “niedrig” angehören, nur elf. Bei den Kindern der Herkunftsstufe “hoch” studieren von 100 Kindern 81. Wo man Bildungsreserven ausschöpfen könnte, liegt auf der Hand. Wenn sich die Rahmenbedingungen aber verschlechtern, wird sich die Entscheidung der unteren Gruppen gegen ein Studium verfestigen.“
Quelle: VDI-Nachrichten - Pisa-Studie: Kritiker bezweifeln wissenschaftlichen Wert der Erhebung
Neu gegenüber den vorausgegangenen Pisa-Studien ist die massive Kritik, die in den vergangenen Tagen durch das Buch “Pisa & Co. – Kritik eines Programms” öffentlich geworden ist. Die Quintessenz der Herausgeber, der Potsdamer Mathematik-Didaktiker Thomas Jahnke und Wolfram Meyerhöfer: Mit Pisa sei “ein Prozess eingeleitet, der auf Standardisierung und Operationalisierung von Bildung gerichtet ist, und damit auf intellektuelle Verarmung und Formalisierung, auf geistige Enge und Orientierung am Mittelmaß”.
Quelle: VDI-Nachrichten - Kann man gute Bildung kaufen?
Die deutschen Privatschulen verzeichnen einen Boom, ihre Wartelisten werden länger. Das Pisa-Fiasko und Gewalt unter Schülern lassen Eltern nach Alternativen suchen. Privatschul-Gegner warnen vor einer Spaltung der Gesellschaft.
Quelle: SPIEGEL - Unterschicht: Das doppelte Integrationsproblem der Deutschen
Die Elite schottet sich gegen Migranten und Ostdeutsche ab. Kein Wunder, dass sie das Gros der Unterschicht bilden. Aber die Debatte über das neue Reizwort des politischen Raums hört dort auf, wo sie eigentlich interessant werden könnte. Deutschland braucht eine Affirmative Action nach amerikanischem Vorbild, eine gezielte Förderung nach oben. Von Alexander Wendt (Professor of International Security an der Ohio State University, USA).
Quelle: WELT - Die neuen Dunkelmänner
Das Engagement von Finanzfirmen im Mediensektor stößt auf Misstrauen. Kritiker befürchten, dass nur noch die Rendite zählt und so das journalistische Gut geschädigt wird.
Quelle: NZZ - Neue Pläne für Staatsstreich in Venezuela?
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es am 4. Dezember in den großen Städten Venezuelas zu ausgedehnten Oppositionsprotesten kommen. Da die privaten Medien kontinuierlich falsche Umfragewerte verbreiten – die einen möglichen Sieg der Opposition vorhersagen -, glauben inzwischen weite Teile der venezolanischen Bevölkerung an einen Vorsprung von Manuel Rosales. Die Frage ist nur, wird es auch zu einem neuen Staatsstreich kommen?
Quelle: IndymediaKommentar: Das Thema verdient trotz aller berechtigten Kritik an Chavez Aufmerksamkeit.