Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/WL)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Koalitionspoker
- Die Steuerpolitik der letzten Dekaden unterminiert die Soziale Marktwirtschaft
- Mindestlohn als Einstieg zu einer neuen Fesselung des Kapitals
- „Das Boot ist voll“
- Die EU bläst zur Jagd auf Steuersünder
- Steuermissbrauch und Verletzung der Menschenrechte
- Orwell 2.0
- Bundesamt für Verfassungsschutz – Mäßige Auskunftsfreude
- IWF mischt sich in Europas Geldpolitik ein
- Deutschland = konvergenter Währungsraum?
- EU-Bericht: In Europa leben 880.000 Sklavenarbeiter
- Armut in Europa
- RWE prüft vorzeitigen Rückzug aus Braunkohle
- Maut-System Toll Collect – Bund dealt mit Konzernen
- Freihandelsabkommen
- Teilen – ein super Geschäftsmodell. Share Economy als Etikettenschwindel
- In Memoriam: Hans-Werner Duweißtschonwer
- Syrien: Menschenrechtler berichten von Massaker
- US-Budget-Krise
- Prekär und befristet: Schlechte Arbeitsbedingungen für Nachwuchswissenschaftler
- Schulleistungsvergleich: Ostdeutsche Schüler rechnen besser
- Hochschulrätin Schavan
- Die interessanten Nutzungsbedingungen der deutschen Huffington Post
- “Ich gehe zu denen, die keine Stimme haben”
- Ergänzung zu unserem Hinweis 13 vom 11.10.2013
- Drohnen über Arizona
- Chinas Exportzahlen überraschend schwach
- Zwischen Kölsch und Avantgarde – Heinrich Pachl zum 70.
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Koalitionspoker
- SPD bei Betreuungsgeld zu Kompromiss bereit
Die SPD geht einen weiteren Schritt in Richtung Große Koalition. Nach SPIEGEL-Informationen signalisieren die Genossen Entgegenkommen beim Betreuungsgeld – das sie im Wahlkampf strikt abgelehnt hatten: Künftig sollen die Länder über die Auszahlung entscheiden.
Vor der zweiten Sondierungsrunde für eine Große Koalition rückt die SPD von ihrer harten Haltung bei der Abschaffung des Betreuungsgelds ab. Nach SPIEGEL-Informationen will die Parteispitze bei der Union für einen Kompromiss werben.
Demnach sollen die Bundesländer mit Hilfe einer Öffnungsklausel selbst entscheiden können, ob sie die Leistung auszahlen wollen oder nicht. Die Bundesländer, die das Betreuungsgeld abschaffen würden, könnten dann das gesparte Geld bei Bedarf in den Kita-Ausbau stecken. Hamburgs Erster Bürgermeister und stellvertretende SPD-Chef Olaf Scholz sagte dem SPIEGEL, er sei überzeugt, dass der Bund für das Betreuungsgeld “nicht zuständig ist”. Die Stadt Hamburg klagt vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Betreuungsgeld.
Quelle: Spiegel Online - Warum es (auch diesmal) keinen Politikwechsel geben wird
Deutschland nach der Wahl – aus Sicht einer solidarischen Moderne
Stell Dir vor, es gibt eine linke Mehrheit und keiner will sie. So oder so ähnlich stellt sich die politische Situation in Deutschland nach dem 22. September dar. Rein rechnerisch hat die politische Linke eine Mehrheit der Mandate im Bundestag erreicht, deutlicher noch im hessischen Landtag. Die Wählerinnen und Wähler haben das parteipolitische crossover – die parlamentarische Zusammenarbeit der Parteien links der Mitte – mit ihren Stimmen ermöglicht. Aber haben sie damit auch faktisch für eine Politik des sozialökologischen Umbaus dieser Gesellschaft gestimmt? Werden SPD, Grüne und Die Linke aus dem Wählervotum einen politischen Gestaltungsanspruch ableiten und entsprechende Regierungsmehrheiten bilden? Sind die genannten politischen Parteien überhaupt in der Verfassung, ein linkes Reformprojekt anzugehen? Man muss kein Hellseher sein, um die Prognose zu wagen: zumindest im Bund wohl eher nicht. Nicht zum ersten Mal in den letzten Jahren stehen wir vor einem politischen Umbruch, der möglich ist, aber nicht eintritt…
Eine breite mediale Front stemmt sich gegen ein linkes Projekt. „Die Linke“ ist als Partei im öffentlichen Diskurs weitgehend marginalisiert, die Möglichkeit einer rot-rot-grünen Alternative wird stets aufs Neue – und immer wieder erfolgreich – dämonisiert. Der massenmediale Kampf geht immer weiter.
Quelle: Axel Troost - Sondierungsgespräche/Koalitionsverhandlungen/schwarz-grün: Die Grünen haben Großes vor mit der Union
“Vorwärts und nicht vergessen” wurde lange vor allem mit der Sozialdemokratie in Verbindung gebracht. Da die Sozialdemokratie seit der Agenda 2010 aber nur noch selbst- und geschichtsvergessen vorwärts schreitet, will das alte Solidaritätslied nicht mehr so recht zur SPD passen. Dabei geben Geschichte und Gegenwart dem Lied so viel Aktualität: Entstanden ist es vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise 1929 und dem sozialen Elend, das sich damit verband. Gerade erst hat wiederum das Rote Kreuz Alarm geschlagen: In der Folge der Finanz- und Eurokrise würden in Europa 43 Millionen Menschen Hunger leiden. Das Rote Kreuz spricht von der “schlimmsten humanitären Krise seit sechs Jahrzehnten”. Was das alles mit Bündnis90/Die Grünen zu tun hat?
Nun, angesichts dieser Situation haben wir uns gefragt: Werden nach der SPD nun auch noch die Grünen ihr Erinnerungsvermögen verlieren? Doch die Grünen haben zum Glück vorgesorgt und vorsichtshalber schon vor der zurückliegenden Bundestagswahl ihre “9 Punkte für GRÜN – unsere Regierungsprioritäten” auf eine Karte gebannt. “Willst Du auch, dass diese Ziele nach der Bundestagswahl umgesetzt werden? DANN WÄHLE AM 22. SEPTEMBER MIT DER ZWEITSTIMME GRÜN”, heißt es dort einleitend. Die Grünen haben das, wie ich aus gut informierten Kreisen erfahre habe, nicht nur für die Wähler verfasst, nein, auch, um nicht wie die SPD zu enden. Hier sind sie, ihre Ziele:
Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft - Steuertanz der SPD
Ob Pkw-Maut oder Betreuungsgeld: Strittige Themen gibt es genug vor dem zweiten Sondierungsgespräch zwischen SPD und Union. In der Frage möglicher Steuererhöhungen geht es für Merkel, Seehofer und Gabriel jedoch um Prestige und Glaubwürdigkeit. Was die Lage für SPD-Chef Gabriel erschwert: Seine Genossen sind hier in drei Lager gespalten.
Die Vorentscheidung für eine Regierungsbildung in Deutschland dürfte in der kommenden Woche fallen. Union, SPD und Grüne wollen nach einer zweiten Runde von Sondierungsgesprächen festlegen, mit wem sie konkrete Verhandlungen über eine Koalition aufnehmen. Eine Neuauflage von Schwarz-Rot gilt derzeit als wahrscheinlichste Variante. (…)
Mit Argwohn vernahmen etliche Sozialdemokraten dann vor Wochenfrist eine Bemerkung Gabriels, wonach die SPD die Steuern nicht um des Prinzips willen anheben wolle, sondern zur Finanzierung wichtiger Projekte. Damit äußerte er sich auch im Sinne anderer namhafter SPD-Politiker wie etwa Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und seiner Stellvertreter im Parteivorsitz.
Insbesondere auf dem linken Flügel sieht man das ganz anders. Prompt meldeten sich dessen Vertreter zu Wort, darunter etwa Juso-Chef Sascha Vogt und Berlins SPD-Landeschef Jan Stöß. Die begreifen, wie auch Teile der Basis, höhere Steuern eher als ein Zeichen sozialer Gerechtigkeit denn als profane Geldquelle.
Quelle: Süddeutsche.deAnmerkung C.R.: Der SPD ist zu raten, aufzupassen, nicht in eine Falle der Neoliberalen zu laufen: Sie sollte sich nicht als Partei der Steuererhöhung präsentieren. Laut Wahlprogramm wird eine generelle Steuererhöhung nicht angestrebt, sondern lediglich eine sozial gerechte und längst überfällige Verteilung von oben nach unten.
Vielleicht sollten Gabriel und Steinbrück einfach einmal nachlesen, was die Stiftung der SPD, die Friedrich-Ebert-Stiftung, über die Steuerpolitik herausgearbeitet hat:
- SPD bei Betreuungsgeld zu Kompromiss bereit
- Die Steuerpolitik der letzten Dekaden unterminiert die Soziale Marktwirtschaft –
Warum wir eine gerechtere Steuerpolitik brauchen
Die Steuerpolitik der letzten Jahrzehnte hat zahlreiche regressive Entwicklungstrends realisiert und damit zu einer sinkenden Umverteilung der Steuerpolitik in Deutschland geführt. Zugleich stieg die Bedeutung der Transferprogramme für die Korrektur der Einkommensungleichheit und Armutsbekämpfung. Beide Entwicklungen untergraben langfristig die Legitimation des Sozial- und Steuersystems. Zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit unseres Wohlfahrtsstaates sind die Steigerung der progressiven
Struktur in der Einkommen-, Abgeltung- und Erbschaftsteuer sowie die Einführung
einer Vermögensteuer erforderlich.
Quelle: WISO direkt [PDF – 213 KB] - Mindestlohn als Einstieg zu einer neuen Fesselung des Kapitals
Die politischen Sondierungen im Nachgang der Bundestagswahlen über eine mögliche Regierungsbildung sind noch nicht weit fortgeschritten. Im Unterschied zu den verhandelnden Parteiführungen gibt es laut aktueller Umfrage bei einer deutlichen Mehrheit der Wahlbevölkerung allerdings ein klare Erwartung an eine künftige Regierung: Ein gesetzlicher Mindestlohn ist demnach unverzichtbar.
83% der Befragten geben an, dass sie sich wünschen, dass sich die Parteien auf die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns einigen. Nach Parteien aufgeteilt bedeutet dies: 93% der SPD-Anhänger wollen einen Mindestlohn, 86% der Grünen- und sogar 74% der Anhänger von CDU/CSU. Angenommen, ein gesetzlicher Mindestlohn wird eingeführt, denken 35% der Befragten, er solle bei 8,50 Euro liegen. Für 56% der Deutschen sollte ein Mindestlohn über dieser Grenze liegen. Sogar 45% der CDU/CSU-Anhänger hätten gerne einen Mindestlohn über 8,50 Euro pro Stunde.
Diese Ergebnisse unterstreichen, dass ohne einen flächendeckenden Mindestlohn eine Regierungsbeteiligung der Sozialdemokratie schwer vorstellbar ist. Der Hintergrund für die breite Forderung nach einer entsprechenden Regelung für den Preis der Arbeitskraft ist eine enorm verschärfte Ungleichheit. Seit den 1990er Jahren ist die Lohnungleichheit in Deutschland deutlich gewachsen. Fast ein Viertel aller deutschen Beschäftigten bezog im Jahr 2010 einen Niedriglohn, das heißt weniger als 2/3 des mittleren Lohns. (…)Quelle: Sozialismus aktuell
- „Das Boot ist voll“
- Der Stiefel ist voll
Zwei Senatoren wollen illegale Einwanderung als Straftatbestand abschaffen. Dagegen hetzt auch Beppe Grillo in rechtspopulistischer Manier. (…)
Über seinem Post zur illegalen Einwanderung prangt das Foto einer armen, alten, natürlich italienischen Rentnerin; die Frau wühlt am Markt im Müll, um sich ein paar Tomaten aus den Abfällen zu klauben, und Grillo schreibt: „Dieser Änderungsantrag (zur Abschaffung des Straftatbestands illegale Einwanderung, die Red.) ist eine Einladung an die Immigranten aus Afrika und dem Nahen Osten, sich auf den Weg nach Italien zu machen. Lampedusa steht vor dem Kollaps, und Italien geht’s auch nicht besonders gut. Wie viele Klandestine können wir aufnehmen, während jeder achte Italiener nicht genug zu essen hat?“
Immer wieder ist gerätselt worden über die Natur des M5S. „Eigentlich links“ erschien sie vielen, schließlich hatten sich da junge, kritische, informierte Bürger aufgemacht, um die italienische Politik zum Tanzen zu bringen, und viele ihrer Forderungen konnten Linke ohne weiteres unterschreiben: Stopp der Anschaffung von F35-Kampfflugzeugen, Stopp des Baus der Hochgeschwindigkeitsstrecke im Susatal, Grundsicherung für alle Bürger, umweltfreundliche Energie- und Abfallpolitik.
Jetzt aber ist „das Boot voll“, jetzt essen illegale Einwanderer der italienischen Oma die letzte Tomate weg. Grillo ist in bester Gesellschaft, in der Gesellschaft der Le Pens, der Wilders, der Straches – all jener rechtspopulistischen Parteien, die das Immigranten-Gesocks einfach nicht haben wollen. Es ist eine mehr als deutliche Klarstellung: für die Wähler, die Aktivisten, die Parlamentarier des M5S. An ihnen liegt es, ob sie diese offen rechtspopulistische Positionierung in der Ausländerpolitik mitmachen wollen.
Quelle: LampedusaplattformAnmerkung unserer Leserin M.G.: Grillo ist in bester Gesellschaft, in der Gesellschaft der Friedrichs, der Le Pens, der Wilders, der Straches – all jener rechtspopulistischen Parteien, die das Immigranten-Gesocks einfach nicht haben wollen
- Friedrich warnt vor Zuwanderung
Für den Innenminister ist das Boot voll. Er befürchtet, mehr Zuwanderung ins deutsche Sozialsystem. Die SPD spricht von „Zynismus“.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat nach dem Urteil des Landessozialgerichts in Nordrhein-Westfalen, rumänischen Migranten Sozialleistungen zu gewähren, vor mehr Zuwanderung in das deutsche Hartz-IV-System gewarnt.
„Wenn das Urteil rechtskräftig werden sollte, liegt es auf der Hand, dass es einen Anreiz für weiteren Zuzug bietet“, sagte Friedrich der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post vom Samstag. Er verwies auf die „erheblichen Unterschiede“ der Lebensverhältnisse und Durchschnittsverdienste in Europa.
Das Landessozialgericht von Nordrhein-Westfalen hatte in einem am Donnerstag verkündeten Urteil erstmals arbeitslosen rumänischen Migranten Hartz-IV-Leistungen gewährt. Hielten sich EU-Ausländer nach längerer, objektiv aussichtsloser Arbeitssuche weiter im Bundesgebiet auf, hätten sie Anspruch auf diese Grundsicherung, begründete das Gericht die Entscheidung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann vor dem Bundesarbeitsgericht angefochten werden.
Quelle: taz.de - Friedrichs Feldzug – Hohe Mauern um Deutschland
Joachim Gauck hat am Wochenende davor gewarnt, im Kampf gegen den Hunger in der Welt nachzulassen. »Noch immer stirbt alle zehn Sekunden ein Kind unter fünf Jahren, weil es an Nahrung fehlt, sagte der Bundespräsident anlässlich der »Woche der Welthungerhilfe«, die am gestrigen Sonntag begann.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat seinen Präsidenten sofort richtig verstanden und am gleichen Tag vor »mehr Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme« gewarnt. Erschreckt hat ihn ein Urteil des Landessozialgerichts von Nordrhein-Westfalen, das am Donnerstag EU-Bürgern ohne Arbeit, die sich schon lange in Deutschland aufhalten, ein Recht auf Arbeitslosengeld II nach der Hartz-IV-Gesetzgebung zugesprochen hatte. »Wenn das Urteil rechtskräftig werden sollte, liegt es auf der Hand, daß es einen Anreiz für weiteren Zuzug bietet«, hetzte Friedrich am Wochenende in der Rheinischen Post.
Quelle: junge Welt - Satire: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich erhält Friedensnobelpreis
Der Friedensnobelpreis geht dieses Jahr an Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich. Das verkündete das Nobelpreiskomitee am Mittag in Stockholm. Friedrich wird damit für seine außerordentliche Leistung in der Asylpolitik gewürdigt. Mit der rigorosen Ablehnung von mehr Flüchtlingen schaffe Deutschland Frieden in Deutschland und Europa.
Quelle: Migazin
- Der Stiefel ist voll
- Die EU bläst zur Jagd auf Steuersünder
Vergangenes Jahr hat die EU-Kommission mit der Ausarbeitung einer Gesamtstrategie zu Steuerflucht begonnen, in der auf einmal eine ganze Reihe von Forderungen zivilgesellschaftlicher Akteure wie Tax Justice Network und Attac aufgegriffen wurden. Die EU will weit über die Bekämpfung der Steuerhinterziehung durch reiche Privatpersonen (etwa mithilfe eines Kontos in der Schweiz) hinausgehen, die früher fast allein im Fokus der europäischen Politik stand, und künftig auch ernsthaft die Steuervermeidungstricks der Unternehmen ins Visier nehmen.
(…)
Inhalt:- Der Aktionsplan der EU-Kommission
- Teil A – Steuervermeidung
- Bekämpfung der doppelten Nichtbesteuerung von Konzernen
- Länderspezifische Berichterstattung durch Unternehmen
- Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage
- Der Aktionsplan der OECD
- Teil B – Steuerhinterziehung
- Bekämpfung von Steueroasen
- Offenlegung der wirtschaftlichen Berechtigung
- Automatischer Informationsaustausch
- FATCA und die Auswirkungen auf Europa
- Ausblick und Exkurs: Wie die USA das Schweizer Bankgeheimnis knackten
- Teil A – Steuervermeidung
Quelle: Axel Troost
- Der Aktionsplan der EU-Kommission
- Steuermissbrauch und Verletzung der Menschenrechte
Ein neuer Bericht des International Bar Association’s Human Rights Institute (IBAHRI) behandelt Steuermissbrauch aus der Perspektive von Menschenrechtspolitik. IBAHRI beauftragte die Projektgruppe “Illegale Finanzströme, Armut und Menschenrechte” zu analysieren, welchen negativen Einfluss unerlaubte Finanzflüsse – speziell Steuermissbräuche – auf Armut beziehungsweise die wirkungsvolle Umsetzung von ökonomischen, sozialen und kulturellen Rechten hat.
Der Bericht untersucht Verantwortlichkeiten und Lösungen, um Steuermissbrauch entgegenzutreten und präsentiert spezifische Empfehlungen an Staaten, Wirtschaft und Juristen.
Die Projektgruppe wirft eine Vielzahl von Fragen auf:- Wo verläuft die Grenze zwischen legitimer Steuerplanung, illegitimer Steuervermeidung und illegaler Steuerhinterziehung?
- Welche Arten von Steuerstrukturen und -transaktionen haben den größten Einfluss auf die Einkünfte von Industrie- und Entwicklungsländern?
- Was wären die effektivsten Reformen, um Steuermissbrauch entgegenzutreten?
- Wo liegen die Verantwortlichkeiten von Staaten und Wirtschaftsunternehmen, diese Reformen umzusetzen?
- Welche Rolle kommt Anwält_innen und Rechtsberatungen in diesem Feld zu?
Der Bericht
- enthält einen detaillierten Überblick über Steuermissbrauchspraktiken und Schattenfinanzzentren, die Geheimhaltung ermöglichen,
- untersucht die Verbindungen zwischen Steuermissbrauch, Armut und Menschenrechten,
- zieht Fallstudien von Brasilien, Jersey und Ländern der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) heran,
- legt nahe, dass Steuermissbrauch eine Verletzung der menschenrechtlichen Pflichten und Verantwortlichkeiten von Staaten und Unternehmen darstellen könnte,
- und vermittelt Empfehlungen an Staaten, Wirtschaft und Jurisdiktion das Problem zu lösen.
Quelle: blog steuergerechtigkeit
- Orwell 2.0
- “Sie beschränken unsere Freiheit zu denken”
“Wer lügt, dem passiert nichts. Wer die Wahrheit sagt, wird verfolgt”: Bei seinem ersten Auftritt seit zwei Monaten kritisiert Whistleblower Edward Snowden die US-Regierung scharf. Seine Gesprächspartner in Moskau: ehemalige US-Agenten.
“Die Überwachung bringt nicht mehr Sicherheit, sondern weniger”: Mit drastischen Worten hat sich der US-Whistleblower Edward Snowden zu Wort gemeldet. In den ersten öffentlich gemachten Videoaufnahmen seit August warnt er vor der Staatsspionage, die wie “eine Art riesiges Netz ganze Bevölkerungen unter Überwachung stellt”. (…)
In den Ausschnitten des Gesprächs erhebt Snowden erneut schwere Vorwürfe gegen die US-Regierung. “Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem die Justiz sich weigert, hochrangige Offizielle zu bestrafen, die den Kongress vor laufenden Kameras belogen haben”, sagt er. “Zugleich lassen sie sich von nichts dabei aufhalten, diejenigen Menschen zu verfolgen, die die Wahrheit sagen.”
Auf der ganzen Welt werde den Menschen inzwischen klar, dass Geheimdienstprogramme “uns nicht mehr Sicherheit geben, sie schwächen unsere Wirtschaft, unsere Länder, sie beschränken unsere Freiheit zu reden, zu denken, zu leben und kreativ zu sein, Beziehungen zu haben”, sagt Snowden in dem Video weiter.
Quelle: Süddeutsche.de - The NSA Isn’t Foiling Terrorist Plots
There’s still no credible evidence that the NSA’s massive digital surveillance has disrupted any terrorist plots.
Admittedly we do not know how all terrorist plots have been detected. But going by what we do know, the conclusion is simple: terrorist plots have been foiled in all sorts of ways, few of which had anything to do with mass digital surveillance. True, in the case of the dismantlement of the Sauerland Cell in Germany in 2007, NSA information played a role. But whether the authorities got this information from “digital dragnet surveillance” or from more individualized and targeted monitoring is hard to tell…
The first credible piece of evidence that these programs are doing any good in the fight against terrorism has yet to surface. Until such evidence is provided, the Obama administration is only eroding the trust of the citizens it is claiming to protect.
Quelle: Foreign Policy in Focus
- “Sie beschränken unsere Freiheit zu denken”
- Bundesamt für Verfassungsschutz – Mäßige Auskunftsfreude
…beim Kölner Verwaltungsgericht ist eine Klage von Petra Pau anhängig. Die Abgeordnete, seit 2006 Vizepräsidentin des Bundestages, will sämtliche vom BfV über sie geführte Akten einsehen. Die Personenakte musste ihr das Bundesamt schon 2009 – wenn auch weitgehend geschwärzt – vorlegen. Jetzt will Pau aber auch die Berichte sehen, die in der sogenannten Sachakte des Dienstes zusammengefasst sind.
Das BfV wehrt sich vehement und begründet dies in einem Schriftsatz seines Anwalts unter anderem mit einem „unvertretbaren Verwaltungsaufwand“. So tauche Paus Name unter anderem in 175 vollständig eingescannten Zeitungen auf. Diese Publikationen müssten vollständig ausgewertet werden, was etwa 262,5 Stunden dauern würde, heißt es. Für weitere 225 Dokumente mit Paus Namen aus der Sachakte legt der Anwalt jeweils 33,6 Minuten „für die bloße Durchsicht“ zugrunde, was 126 Stunden ergeben würde – inklusive des Anklickens der Seiten. Weitere 100 Stunden schließlich würden anfallen für die schriftliche Auflistung von Fundstelle und Gegenstand der Informationen. Dabei sei noch nicht einmal der Zeitaufwand für eine Prüfung schutzwürdiger Interessen des Amtes oder dritter Personen berücksichtigt.
Summa summarum sei ein Sachbearbeiter mindestens 60 Arbeitstage mit der Aufbereitung der Pau-Akte beschäftigt, schätzt der BfV-Anwalt. Zudem befürchtet das Bundesamt bei einem Erfolg der Auskunftsklage eine Antragsflut.
Quelle: Stuttgarter Zeitung - IWF mischt sich in Europas Geldpolitik ein
Streit zwischen den Weltenrettern: Der IWF verlangt von den Zentralbanken bessere Absprachen – und eine Abkehr vom strikten Kurs der Preisstabilität. Doch diese Forderungen kommen nicht gut an.
Sich unbeliebt zu machen gehört zum Geschäft des Internationalen Währungsfonds. Der IWF ist dafür da, notleidende Staaten finanziell zu stützen, doch er tut dies nur gegen strenge Auflagen und hat sich deshalb in seiner Geschichte praktisch überall verhasst gemacht, wo er als Helfer auftrat.
Doch in Europa schlüpft die Organisation zunehmend in eine etwas andere Rolle: Sie geht nicht primär den Krisenländern auf die Nerven, sondern den anderen Euro-Ländern.
Dass der IWF ihnen vorwirft, in ihrer Krisenpolitik zu langsam und zu zögerlich zu sein, gehört mittlerweile seit drei Jahren zum Standard-Repertoire des Fonds – auch wenn das “Euro-Bashing” zuletzt etwas nachließ. In den vergangenen Monaten gab es umso mehr Streit über die richtige Strategie für Griechenland. Und pünktlich zu seiner Jahrestagung in Washington hat der IWF eine weitere Front eröffnet: Nun geht es um die richtige Geldpolitik.
Quelle: Die WeltAnmerkung unseres Lesers G.B.: Auf deutsch-ökonomische Betonköpfe ist immer Verlaß. Sie bleiben stur, ahnungslos und so lernunfähig wie die Tea-Party.
- Deutschland = konvergenter Währungsraum?
Während die Spannweite in Euroland von ca. 50% des deutschen Niveaus bis etwa 110% reicht, reicht sie innerhalb Deutschlands „nur“ von gut 70% bis 110% (Ausreißende Miniländer jeweils ausgenommen). Insgesamt ist Deutschland also ein deutlich konvergenterer Wirtschafsraum als die Eurozone. Das mag nun nicht allzu überraschend sein, ebenso wenig wie die Tatsache, dass ein Großteil der Divergenz zwischen Ost- und Westdeutschland besteht. Für sich betrachtet sind die alten und die neuen Bundesländer jeweils sehr konvergierte Wirtschaftsräume, jedenfalls wenn man das nominale BIP/Kopf betrachtet. (…)
Auch wenig überraschend verhält es sich entsprechend mit den Investitionen. Die wirtschaftlich prosperierenden Länder können mit starken Investitionsquoten aufwarten, wohingegen die ärmeren Länder sich am unteren Ende der „Nahrungskette“ aufhalten: (…)
Insgesamt zeugt Deutschland bei den Investitionen aber ein eher tristes Bild. Die Investitionsquote ist seit der Wiedervereinigung in einem zwar schwachen, aber doch stetigen Abwärtstrend – all den brillanten „Strukturreformen“, Lohn- und Steuersenkungen zum Trotz! Der Wirtschaftsraufschwung der letzten Jahre beruhte in kaum einer Weise auf einem Anziehen der Investitionstätigkeit, sondern fast ausschließlich auf Exportüberschüssen, also einem Anstieg der Nettoauslandsverschuldung der deutschen Handelspartner. Ein reines Ponzi-Game, das ungehindert weiterläuft.
Quelle: Querschüsse - EU-Bericht: In Europa leben 880.000 Sklavenarbeiter
Es sind erschreckende Zahlen, die nach SPIEGEL-Informationen ein Ausschuss des Europäischen Parlaments ermittelt hat: In der EU leben Hunderttausende Menschen wie Sklaven, ein Viertel von ihnen wird sexuell ausgebeutet. Der volkswirtschaftliche Schaden geht in die Milliarden.
Rund 880.000 Menschen in der Europäischen Union gelten als Sklavenarbeiter, mehr als ein Viertel von ihnen wird sexuell ausgebeutet. Das geht nach Informationen des SPIEGEL aus einem Bericht des CRIM-Komitees hervor. Das Komitee ist ein Sonderausschuss des Europäischen Parlaments, der organisiertes Verbrechen, Geldwäsche und Korruption in Europa untersucht.
Demnach machen organisierte Verbrecherbanden allein mit Menschenhandel jährlich Profite in Höhe von rund 25 Milliarden Euro. Dadurch wird in der EU jährlich ein volkswirtschaftlicher Schaden in dreistelliger Milliardenhöhe angerichtet.
Insgesamt treiben 3600 internationale kriminelle Organisationen ihr Unwesen. Neben den 25 Milliarden aus dem Menschenhandel bringe ihnen der illegale Handel mit Körperorganen und Wildtieren 18 bis 26 Milliarden Euro ein. Der Schaden durch Cybercrime summiere sich auf 290 Milliarden Euro.
Quelle: Spiegel Online - Armut in Europa
- Suppenküchen verbreiten sich in ganz Europa
43 Millionen Europäer können sich nicht genug zu essen leisten. In England entsteht jetzt die erste Suppenküche seit dem 2. Weltkrieg. Dramatisch ist die Lage aber auch in Italien, Spanien und Griechenland.
Das Rote Kreuz spricht in einer neuen Studie von der «schlimmsten humanitären Krise seit sechs Jahrzehnten» in Europa. 43 Millionen Bürger seien auf Suppenküchen und Spenden angewiesen, heißt es. Laut dem Bericht ist in 17 EU-Ländern gar ein Fünftel der Bevölkerung arm.
Wie die britische Zeitung «The Independent» berichtet, werde die Hilfsorganisation in Großbritannien in diesem Winter zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg wieder Lebensmittel ausgeben. Immer mehr Briten seien auf fremde Hilfe zum Überleben angewiesen, schreibt das Blatt. Darum wolle das Rote Kreuz wieder Lebensmittel sammeln und verteilen. (…)
Die Caritas warnt, dass nun eine «zweite Welle der Verarmung» drohe. Der Grund: Die Familien können wegen der Sparpolitik der Regierung ihrer traditionellen Unterstützungsfunktion nicht länger gerecht werden.
Quelle: 20 Minuten - Britische Regierungsstudie: Mittelschichtskinder werden ärmer als ihre Eltern
Die heutige junge Generation wird den Lebensstandard ihrer Eltern nicht mehr erreichen: Was auch für Deutschland vermutet wird, stellt eine Regierungsstudie für Großbritannien schon fest. Verantwortlich dafür seien auch hohe Studiengebühren und Immobilienpreise.
Eine britische Regierungskommission sieht die materielle Zukunft der heutigen Mittelschichtskinder wenig rosig. Voraussichtlich werde diese Generation die erste seit mehr als einem Jahrhundert sein, die den Wohlstand ihrer Eltern nicht mehr erreichen wird, stellen die Autoren einem Bericht der zum “Guardian”-Verlag gehörenden Wochenzeitung “Observer” zufolge fest.
Offiziell soll der Bericht einer vom konservativen Premierminister David Cameron eingesetzten Kommission erst am kommenden Donnerstag im Parlament vorgelegt werden. Das Gremium aus Fachleuten wurde vor drei Jahren damit beauftragt, Kinderarmut und die soziale Durchlässigkeit der britischen Gesellschaft zu erforschen. Der “Observer” beruft sich auf vorab zugespielte Ergebnisse des Berichts.
Die Erkenntnisse der Kommission sind derart brisant, dass ihre Veröffentlichung verschoben wurde – eigentlich sollte sie bereits vor dem Parteitag der regierenden Tories in der vorvergangenen Woche präsentiert werden. Denn die britische Öffentlichkeit debattiert ohnehin über die “ausgequetschte Mittelschicht”, die unter der Wirtschafts- und Finanzkrise am stärksten gelitten habe.
Quelle: Spiegel Online - Interview mit Richard Wilkinson: «Wir schaffen uns die Probleme ständig neu»
Der britische Gesundheitswissenschaftler Richard Wilkinson kennt die Ursache der meisten sozialen Probleme: das ungleich verteilte Geld…
Seine Gleichung ist denkbar einfach: Je grösser die Einkommensunterschiede in einem Land sind, desto ausgeprägter sind die sozialen Probleme. Von Teenager-Schwangerschaften bis zu Mordraten. Dass die Politik nichts gegen die Ungleichheit unternimmt, hält Richard Wilkinson für «die größte Verletzung von Menschenrechten in modernen Gesellschaften»…
Reichtum, Macht und Status gehen immer zusammen. Und das ist kein Zufall, dass Status, Macht und Reichtum stets zusammenkommen…
Es werden so viele Artikel geschrieben und Meinungen vertreten, die den Interessen der Rechten dienen oder den finanziellen Wünschen der Reichen. So werden reine Annahmen zu unwiderlegbaren Fakten. Diese Elite profitiert etwa von der Überzeugung, Unternehmen würden abwandern, wenn wir in das System eingreifen. Oder dass unsere Wirtschaft von einigen wenigen Talenten abhängig ist, die eben entsprechend entlöhnt werden müssen. Das stimmt einfach nicht…
Quelle: Tageswoche.chAnmerkung C.R.: Die Erkenntnisse des britischen Gesundheitswissenschaftlers lassen sich ohne große Bedenken auf die Situation in Deutschland übertragen: Die Ursache für die meisten soziale Probleme sind auch hier das ungleich verteilte Geld.
- Suppenküchen verbreiten sich in ganz Europa
- RWE prüft vorzeitigen Rückzug aus Braunkohle
Der Konzern spielt einen früheren Ausstieg aus Garzweiler durch. Politiker fordern Planungssicherheit für Mitarbeiter und Anwohner.
Die Krise von RWE sorgt im rheinischen Braunkohle-Revier für Aufregung. Der Konzern spiele intern ein Szenario für den vorzeitigen Ausstieg aus der Braunkohle-Förderung durch, heißt es in Unternehmenskreisen. Eigentlich ist geplant, Braunkohle im Tagebau Garzweiler bis zum Jahr 2045 abzubauen. Doch weil infolge der Energiewende auch immer mehr Braunkohle-Kraftwerke Verluste machen, sinkt der Bedarf an Braunkohle. Entsprechend gebe es erste Planspiele bei RWE, den Abbau einzustellen, wenn die Kohle in den Gebieten gefördert worden ist, in denen Siedlungen bereits dem Tagebau weichen mussten, heißt es weiter. Das wäre 2017/2018.
RWE dementierte zwar, dass es hierzu konkrete Überlegungen gibt. “RWE hält an seinen bisherigen Planungen zur Fortführung des Tagebaus Garzweiler II unverändert fest”, erklärte Vorstandschef Peter Terium auf einen entsprechenden Bericht der “Süddeutschen Zeitung”. “Braunkohle als heimischer Energieträger ist ein wichtiger Teil des Erzeugungsportfolios im RWE-Konzern.” Garzweiler II mit einem jährlichen Fördervolumen von bis zu 40 Millionen Tonnen sei fester Bestandteil der Zukunftsplanung des Unternehmens. (…)
Der Fraktions-Chef der Grünen im NRW-Landtag, Reiner Priggen, vermutet taktisches Kalkül: “Ich halte die angeblichen Gedankenspiele von RWE für eine Drohung als Begleitmusik für die Koalitionsverhandlungen.” RWE wolle sich nur bei der neuen Bundesregierung Subventionen für die Kohleverstromung sichern. NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) betonte dagegen die Rolle der Braunkohle: “Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir in Deutschland die konventionellen Energieträger und insbesondere die heimische Braunkohle noch lange brauchen. Sie liefern das unverzichtbare Backup für die Energiewende.” RWE sei ein verlässlicher Partner für die Region.
Der Umweltverband BUND forderte dagegen, mit Planspielen ernst zu machen. Garzweiler müsse stillgelegt und der klimaverträgliche Ausstieg aus der Kohleverstromung eingeleitet werden.
Quelle: RP OnlineAnmerkung unseres Lesers F.S. zur Äußerung des NRW-Wirtschaftsministers: Was also heißt: Neben weiteren schon angekündigten Strompreiserhöhungen sollen auch zusätzlich neue Subventionen des Landes NRW für das RWE fließen. Zahlen müssen es natürlich die Bürger – doppelt.
Die SPD in NRW war schon immer ein zuverlässiger politischer Garant des Stromversorgers. Der Konzern denkt nunmehr wieder voraus. Mutti und die SPD werden es gemeinsam in Berlin sobald schaukeln, liebe Stromzahler. - Maut-System Toll Collect – Bund dealt mit Konzernen
Im Rechtsstreit um den Fehlstart des Maut-Systems Toll Collect will sich die alte Regierung noch schnell mit den Betreibern Daimler und Telekom einigen – selbst wenn der Staatskasse Milliarden Euro entgehen sollten…
Kurz vor der Bundestagswahl hatte die FAZ von einem neuen Verfahrensvorschlag berichtet: Das Wirtschaftsministerium empfehle in einem internen Papier, sich mit „einmaligen Schadensersatzleistungen von rund 2,5 Milliarden Euro“ zu begnügen. Im Verkehrsministerium will man einen solchen Plan nicht kennen.
Fakt ist: So entginge dem Staat mehr als die Hälfte der geforderten Summe. Tatsächlich hieß es schon früher, der Bund wolle die großen deutschen Konzerne nicht zu sehr schwächen – zumal er an der Telekom mit über 30 Prozent beteiligt ist…
Doch auch mit einer geminderten Schadenssumme geben sich Daimler und Telekom nicht zufrieden. Bereits Ende 2012 hatte diese Zeitung aus Verhandlungskreisen erfahren, dass der Bund prüfte, den Konzernen sogar für den reduzierten Schadensersatz einen finanziellen Ausgleich zu bieten – etwa durch höhere Vergütung für den Maut-Betrieb oder Forschungsförderung…
Diese Zeitung hatte nun erstmals Einblick in die Gutachten, die als „streng vertraulich“ eingestuft wurden. Das Bild ist eindeutig: Das Konsortium lief sehenden Auges ins Desaster…
Quelle: Berliner ZeitungAnmerkung P.R.-S.: Wenn die Recherchen der Berliner Zeitung richtig sind, scheint der Schadensersatzanspruch des Bundes gegen Daimler/Telekom eigentlich begründet: Da die Konzernchefs bei der Vertragsunterzeichnung unstreitig wissentlich falsche Fertigstellungstermine genannt hätten, liege eine Haftung für den dem Bund entgangenen Gewinn auf der Hand.
Wenn der Bund dennoch ohne wichtigen Grund auf einen Teil der Forderung verzichtet, stellt sich die strafrechtliche Frage der Untreue zulasten des Bundes.
Die für eine solche Zahlung genannten Motive machen die Sache nicht besser:- Die deutschen Konzernen hätten für den geforderten Schadensersatz keine Rückstellungen gebildet: Das wirft eher die Frage nach der Ahndung von Verstößen gegen Rechnungslegungsvorschriften auf.
- Die Regierung will nicht, dass die deutschen Konzerne zu sehr belastet werden. Das wirft die Frage einer unzulässigen Beihilfe auf
Aber beides rechtfertigt keine Zahlung – wenn man es nicht als die Aufgabe des Staates ansieht, den Konzernen (NICHT NUR den Banken) gewinnträchtige Geschäfte zuzuschanzen und die Verluste den Steuerzahlern (hauptsächlich den kleinen und mittleren Unternehmern und Arbeitnehmern) aufzubürden. StamoKap?
- Freihandelsabkommen
- EU-US trade deal will lead to a race to the bottom where only big business wins
As the second round of negotiations on the proposed EU-US trade agreementkick off in Brussels next week, a new report published by the Seattle to Brussels Network (S2B) today reveals the true human and environmental costs of an EU-US Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP/TAFTA). The report shows that the promises of job creation and growth are illusions; and that the real impetus behind a deal comes frommajor EU and US corporations that have joined forces to remove as many labour, health and environmental standards as possible in a devastating race to the bottom.
Quelle: Corporate Europe Observatory - Herbstratschlag des Attac-Netzwerks bringt Kampagne gegen Freihandelsabkommen auf den Weg
Blockupy und Kampagne gegen Steuervermeidung großer Konzerne werden 2014 weitere Schwerpunkte sein
Beim Herbstratschlag des Attac-Netzwerks, der von Freitag bis zum heutigen Sonntag in der Fachhochschule Düsseldorf tagte, beschlossen 200 Aktivstinnen und Aktivisten thematische Schwerpunkte für das kommende Jahr. Eine Kampagne gegen das geplante Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) wird 2014 zu einem Kernpunkt der Attac-Arbeit.
Seit Juli verhandeln Europäische Union und USA das Abkommen, dem eine neoliberale Freihandelsideologie zugrunde liegt, die Attac grundsätzlich ablehnt. “Der Freihandel bedient vor allem die Interessen der Konzerne und schränkt die Gestaltungsmöglichkeiten der Gesellschaft massiv ein”, so Roland Süß vom Attac-Koordinierungskreis. Das Abkommen ist ein Trojanisches Pferd, in dem vieles drinnen ist, das man erst sichtbar machen muss.” Attac will die Aspekte und Gefahren der geheimen Verhandlungen an die Öffentlichkeit bringen und das Abkommen stoppen.
Quelle: Attac
- EU-US trade deal will lead to a race to the bottom where only big business wins
- Teilen – ein super Geschäftsmodell. Share Economy als Etikettenschwindel
In den nuller Jahren entstanden überall in Europa lauter neue Plattformen für derlei Dienstleistungen. Dann kam es zu einer für Internet-Start-ups typischen Entwicklung: Erst wird darum gekämpft, sich als Marktführer durchzusetzen, indem man einen kostenlosen Service anbietet; ist das geschafft, werden den Nutzern auf der Website 12 Prozent “für eine sichere Abwicklung” abgenommen. Im Zuge dieser Kommerzialisierung hat sich etwa die französische Nummer eins auf dem Mitfahrmarkt, covoiturage.fr, in BlablaCar umbenannt und erobert den europäischen Markt; ihr deutscher Konkurrent Carpooling (mitfahrgelegenheit.de) etabliert sich gerade in Frankreich. Inzwischen haben jedoch Nutzer auf eigene Faust neue Gratisplattformen gegründet wie covoiturage-libre.fr, bessermitfahren.de oder flinc.org.
Auch Carsharing gilt als kultureller und ökologischer Fortschritt. Plattformen wie autonetzer.de organisieren die Vermietung von Fahrzeugen zwischen Privatpersonen. Dominiert wird der Markt allerdings von Autovermietungen mit riesigen Fuhrparks, die ihr Angebot nur flexibilisiert haben (Vermietung nach Minuten und per Selbstbedienung). Die Autolib-Flotte aber, die von der Stadt Paris mit der Firma Bolloré nach dem Vorbild des öffentlichen Fahrradverleihsystems Vélib angeschafft wurde, ersetzt eher öffentliche Verkehrsmittel, als dass sie die Menge der Autos reduziert.
Bei den Unterkünften läuft es ähnlich…
Quelle: Le Monde diplomatiqueAnmerkung: Siehe auch das Inhaltsverzeichnis der aktuellen Ausgabe von Le Monde diplomatique mit vielen interessanten Beiträgen
- In Memoriam: Hans-Werner Duweißtschonwer
Ich bin noch nicht ganz in der Form, wieder zusammenhängende Gedanken in längere Texte zu fassen. Daher hole ich noch einmal einen Artikel hoch über ein Highlight des neoliberalen Irrsinns, die Hymne “Wirtschaft ohne Konsum”. Interessant finde ich im Rückblick auch, dass Sinns Selbstbeweihräucherung und seine schalen Ausreden wie immer mit der falschen Analyse einhergehen. In dem unten verlinkten Artikel in der FAZ redet er die Krise klein und sieht selbstverständlich weder eine Eurokrise aufziehen noch eine sogenannte “Staatsschuldenkrise”, die unmittelbar bevorstand.
Hans-Werner Sinn hält sich noch immer für berufen, dem Volk und der Welt zu erklären, was es zu denken habe. Es gibt keinen Bereich des öffentlichen Lebens, in den er sich nicht einmischt. dass er als Hobbyhistoriker ein antisemitischer Propagandist ist, ist eine Sache. dass er als Ökonom ein Totalausfall ist, eine andere. Jetzt geriert er sich auch noch als Umweltpolitiker.
Quelle: Feynsinn - Syrien: Menschenrechtler berichten von Massaker
Syrische Rebellen haben nach Angaben von Menschenrechtlern Anfang August ein Massaker in mehreren alawitischen Dörfern verübt. Mindestens 190 Zivilisten seien ermordet worden, meldet Human Rights Watch.
Bei dem Überfall am 4. August auf zehn Dörfer in der Küstenprovinz Lattakia hätten Dschihadisten und Aufständische dabei 67 der Zivilisten regelrecht hingerichtet, schrieb die Menschenrechtsorganisation in einem am Freitag veröffentlichten Bericht.
Für den Bericht führte Human Rights Watch (HRW) nach eigenen Angaben 35 Interviews, darunter mit mehreren Überlebenden des Angriffs. Die Organisation erstellte bei ihrer Untersuchung vor Ort eine Liste mit den Namen der Toten. Danach befinden sich 57 Frauen und 18 Kinder unter den Opfern. Die 67 Menschen, die gezielt hingerichtet wurden, seien nicht bewaffnet gewesen und hätten keine Bedrohung dargestellt, teilweise hätten sie sich sogar auf der Flucht befunden, schrieb Human Rights Watch.
Quelle: DW - US-Budget-Krise
- Paul Krugman: Umgang mit der Zahlungsunfähigkeit
Nun haben die Republikaner also vielleicht beschlossen, die Schuldengrenze bedingungslos anzuheben – Einzelheiten sind noch nicht bekannt. Vielleicht ist das das Ende dieser speziellen Erpressungstaktik, aber vielleicht auch nicht, denn bestenfalls wird es nur eine sehr kurzfristige Anhebung geben. Die Gefahr, dass wir die Schuldengrenze erreichen, bleibt bestehen, besonders wenn die GOP weiterhin Anstoß an der dem Haushaltsstillstand zugrunde liegenden Politik nimmt.
Quelle: New York Times - Die Budget-Krise seit Monaten geplant – A Federal Budget Crisis Months in the Planning
Shortly after President Obama started his second term, a loose-knit coalition of conservative activists led by former Attorney General Edwin Meese III gathered in the capital to plot strategy. Their push to repeal Mr. Obama’s health care law was going nowhere, and they desperately needed a new plan.
Out of that session, held one morning in a location the members insist on keeping secret, came a little-noticed “blueprint to defunding Obamacare,” signed by Mr. Meese and leaders of more than three dozen conservative groups.It articulated a take-no-prisoners legislative strategy that had long percolated in conservative circles: that Republicans could derail the health care overhaul if conservative lawmakers were willing to push fellow Republicans — including their cautious leaders — into cutting off financing for the entire federal government.
Quelle: New York TimesAnmerkung N.K.: Eine vorzügliche Analyse über den Hintergrund der Budget-Krise, die das Ganze als ein von langer Hand geplantes Manöver der Ultrarechten (Team Partei und Lobbytruppen wie die Heritage Foundation) darstellt.
- It May Be Hard to Believe, But GOP Will Become Even More Extreme, Respected Political Forecasters Say
Focus groups find the GOP in a battle for its political survival.
The Republican factions leading the war on Obamacare, the federal government shutdown—and attacking other Democratic priorities such as preserving safety nets, expanding civil rights and regulating big business—are going to become more extreme and intransigent, top Democratic pollsters have concluded.
“Understand that the base thinks they are losing politically and losing control of the country… and [feel] a little powerless to change course,” the analysis by Stan Greenberg, James Carville and Erica Seifert found after a series of focus groups in three red states this summer. “They think Obama has imposed his agenda, while Republicans in DC let him get away with it.”
Their Democracy Corps report is an illuminating profile of the GOP’s three main factions: the Tea Partiers leading today’s brinkmanship, the evangelicals lining up behind them, and overlooked but still significant moderates. At the front of this stampede are right-wingers who believe they are fighting for political survival in an era where white-run America is vanishing and they’ve lost the culture war.
In this paranoid world, Obamacare is Armageddon, the setting for the final battle between good and evil, and the rallying cry that unites the party’s factions.
“Republicans shut down the government to defund or delay Obamacare,” the report said. “This goes to the heart of Republican base thinking about the essential political battle. They think they face a victorious Democratic Party that is intent on expanding government to increase dependency and therefore electoral support. It starts with food stamps and unemployent benefits; expands further if you legitimize the illegals; but insuring the uninsured dramatically grows those dependant on government. They believe this is an electoral strategy—not just a political ideology or economic philosophy. If Obamacare happens, the Republican Party may be lost, in their view.”
Quelle: AlterNetAnmerkung unseres Lesers U.R.: Für Eure Leser vielleicht interessante Analyse der US-Republikaner.
- Paul Krugman: Umgang mit der Zahlungsunfähigkeit
- Prekär und befristet: Schlechte Arbeitsbedingungen für Nachwuchswissenschaftler
Quelle 1: DLF Radio on demand [Audio – mp3]
Quelle 2: Manuskript der Sendung - Schulleistungsvergleich: Ostdeutsche Schüler rechnen besser
Schüler im Osten Deutschlands sind in Mathe und Naturwissenschaften im Durchschnitt leistungsstärker als ihre westdeutschen Altersgenossen. Das geht aus dem neuen Leistungsvergleich der Bundesländer hervor. Bei dem Test wurde das Wissen von 44.000 Neuntklässlern geprüft.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung G.L.: Ich wundere mich, warum die Bildungspolitik Schulleistungsvergleiche im Stile von PISA nicht kritischer hinterfragt. Auch die Die Kritik ist viel zu zahm. Diese Studien sind m.E. nicht nur wertlos, sondern dysfunktional:
- Rangplätze, die von der Testindustrie gern verwendet werden, weil sie in den Medienredaktionen begeistert aufgenommen werden, sind völlig sinnlose Messwerte. Würde die Politik sich auf solche “Messwerte” verlassen, wenn es sich um Entscheidungen über die Kostenvoranschläge für neue Schulgebäude handelt? Bringt man dann die Angebote nur in eine Rangreihe? Ist es nicht wichtig zu wissen, welche absoluten Kosten in Euro sich dahinter verbergen? Wir wissen nichts, was bei den Schultests der “mittlerere Rangplatz” wirklich bedeutet. Wenn, wie ich vermute, die Messwerte eng beieinander liegen und vielleicht sogar nicht wirklich fachliche Kompetenzen messen, sondern irgendetwas anderes, dann sollten wir nicht über den Unterricht in unseren Schulen diskutieren, sondern über die Testindustrie.
- Wie groß ist überhaupt die Streuung der Ergebnisse von Land zu Land, nicht nach den künstlich aufgeblähten und willkürlich transformierten PISA-Punktwerten, sondern nach der Zahl der gelösten Aufgaben? Sind diese Unterschiede überhaupt nennenswert? Liegt Baden-Württemberg mehr als eine halbe Aufgabe hinter Sachsen?
- Wie ausgelesen ist die Schülerpopulation, die getestet wurde? Die neuen Bundesländer haben mit den höchsten Anteil von Förderschülern unter den deutschen Bundesländern. Er ist deutlich höher als den meisten alten Bundesländern. Allein die hohe Selektivität sächsischer Schulen treibt die Testmittelwerte nach oben, ohne dass die Schulen Sachsen besser sein müssen. Wenn die wirklichen Unterschiede eh nicht groß sind, können schon geringe Unterschiede bei den Selektionsraten zu großen Rangunterschieden bei den Tests führen.
- Wie ernst werden diese Art der Tests von Schülern in den verschiedenen Ländern genommen? Mit wie viel Lust und Interessen nehmen sie an diesen Tests teil? Wie hoch war die Ausfallrate? Korrelierte die Ausfallrate mit der Höhe der Testwerte? Aus anderen Studien gibt es Hinweise, dass die höher befähigten Schüler kritischer gegen solche Tests eingestellt sind als weniger fähige Schüler. Wenn das so ist, kommt es zu paradoxen Befunden: Je schlechter die Schüler, umso besser die Testwerte. Als Gegenmaßnahme ist Druck mittels Benotung hoch problematisch. Die Tests stimmen nicht mit den Bildungszielen unserer Schulen überein und würden daher die Kluft zwischen Unterricht und Bildungszielen vergrößern, wenn sie notenrelevant werden. Zudem gilt es als gesichertes Wissen, dass mit dem Druck die Korruption zunimmt; schon jetzt schicken Lehrer schwache Schüler am Testtag nach Hause, um den Mittelwert zu steigern.
- Mathematikdidaktiker und Lernpsychologen kritisieren die Aufgaben in Mathe-Tests. Es wird zwar immer wieder darauf verwiesen, dass an der Entwicklung der Aufgaben Mathematiklehrer beteiligt waren, aber ich weiß von renommierten Mathematikdidaktikern, dass sie sich aus den Beiträten zurückgezogen haben, nachdem die Testmacher ihre Aufgaben abgelehnt und durch minderwertige Aufgaben ersetzt haben, weil die besser in das Prokrustes-Bett der verwendeten Testtheorie passen. Schon seit Jahren wird daher von Experten heftige Kritik an den Vergleichstests geübt, die nach den Vorgaben der Klassischen Testtheorie oder, neuerdings, nach der Item-Response-Theorie konstruiert sind. Diesen statistischen Theorien liegen versteckt simple Kompetenztheorien zugrunde, die mit den Erkenntnissen der Psychologie nicht vereinbar sind.
- Die Testmacher sind weitgehend immun gegen Kritik. Dass die Realität nicht zu ihrer Theorie passt, merken auch die Testmacher. Aber das führt nicht dazu, wie in der seriösen Wissenschaft, dass sie ihre falsche Theorie durch eine bessere ersetzen, sondern dazu, dass sie die Aufgaben in den Tests so lange austauschen, bis die Wirklichkeit zur Theorie passt. Seit vielen Jahren kritisieren renommierte Experten diese Probleme in Fachzeitschriften und in Büchern. Die Testmacher haben sich dazu m.W. noch nie ernsthaft geäußert. Stattdessen weiß ich von persönlichen Angriffen auf Kritiker. Es geht halt um viel Geld.
- Dies ist nicht die einzige Manipulation, die m.E. gegen die Regeln der Wissenschaft verstößt. Die Multiplikation der Testwerte mit großen Zahlen, um Unterschiede imposanter erscheinen zu lassen, ist vielleicht eine lässliche Sünde. Aber für bedenklich halte ich die Transformation der Rohtestwerte, so dass ihre Verteilung eine Glockenkurve bildet. Glockenkurven wurden von Gauss erfunden, um Messfehler zu beschreiben, nicht die Verteilungen realer Dinge.
- Die Testaufgaben, die zur statistischen Theorie passen, haben meist nur einen oberflächlichen Bezug zu der Kompetenz, die sie messen sollen. Wenn man sie allen Distraktoren, dem überzogenen Zeitdruck und dem sonstigen Beiwerk entkleidet, das sie künstlich schwer machen sollen, bleiben oft nur sehr triviale Fach-Aufgaben übrig. Hier dominiert, wie schon erwähnt, der Wunsch der Statistiker, mit den Tests möglichst große Unterschiede zu produzieren. Daher werden durch “Itemselektion” valide Testaufgaben weggeworfen und durch “trennscharfe”, aber wenig valide Aufgaben ersetzt. Auf diese Weise wird verhindert, dass sich die Modellvorstellungen der Bildungsforscher über die Fachkompetenz als falsch erweisen.
- Die wichtigste Frage der Testkonstruktion ist, ob die Testwerte überhaupt etwas Wichtiges messen: Wie gute lassen Testwerte beruflichen Erfolg, Lebensglück, Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit, Nicht-Kriminalität, Diskussionsfähigkeit, Wirtschaftskraft oder sonst etwas vorhersagen, was von Belang ist? Es gibt viele Leute, die durchaus die Preise im Supermarkt vergleichen können, aber bei einer wortlastigen Test-Aufgabe mit dieser Aufgabe nicht klarkommen.
Schaut man sich die Statistiken an, scheint — mit einigen Ausnahmen — zu gelten: Je mittelmäßiger die Testwerte bei PISA sind, desto höher ist der Wirtschaftserfolg einer Nation, desto niedriger die Staatsverschuldung, desto geringer die Kriminalitätsrate, desto höher das Umweltbewusstsein und die Urteils- und Diskursfähigkeit. Mittelmäßig PISA-Testwerte stellen nicht unser Bildungssystem in Frage, sondern die Test-Industrie. (Ich bin durchaus der Meinung, dass unsere Schulen nicht optimal sind und stark verbessert werden könnten.)
Niemand weiß, wie stark diese Kritik zutrifft, aber sie ist plausibel und durch viele Studien erhärtet. Die Tests müssten unbedingt kritisch untersucht werden, bevor man die Testwerte ernst nimmt und Schlüsse daraus zieht.
Die Empirische Bildungsforschung nimmt unter fast allen Wissenschaften eine merkwürdige Ausnahmestellung ein. Zum einen scheint sie sich selbst zu genügen; Fragen der Validität und Nützlichkeit scheinen ihr fremd. Genügt es, dass diese Studien sehr viel kosten, um ihnen unbegrenztes Vertrauen entgegen zubringen? Zum anderen kommen bei ihr, um eine Analogie zu benutzen, die Daten direkt vom Acker auf den Tisch, bevor sie auf der Grundlage der Lern- und Kognitionspsychologie reflektiert und einer kritischen Fachdiskussion unterzogen werden. In den Naturwissenschaften werden alle Untersuchungsergebnisse auf Herz und Nieren geprüft, bevor sie publiziert werden. Selbst da passiert es immer wieder, dass sie später aufgrund von kollegialer Kritik widerrufen werden müssen.
Warum hat die Empirische Bildungsforschung diese Ausnahmestellung? Kein anderer Anbieter für öffentliche Auftraggeber (Architekten, Baufirmen, Büroausstatter etc.) kommt derart leicht an Aufträge, ohne die Qualität seiner Leistung prüfen zu lassen. Warum ignorieren OECD, Kultusminister und Wissenschaftsredaktionen einfach die fundierte Kritik an PISA & Co., die von hoch angesehenen und kompetenten Wissenschaftlern veröffentlicht wurde? (…) Warum akzeptieren die Kultusminister, dass PISA vorbei an demokratisch legitimierten Institutionen seine eigenen Bildungsstandards definiert? Warum dringen sie nicht darauf, dass die prognostische Validität und Nützlichkeit solcher Tests nachgewiesen wird? - Hochschulrätin Schavan
- Frau Doktor geht nicht so einfach
Annette Schavan ist keine, die sich einfach degradieren lässt. Obwohl die Universität Düsseldorf der einstigen Bildungsministerin den Doktortitel wegen Plagiats entzogen hat, führt sie ihn weiterhin und erklimmt damit neue Karriereleitern. Im September wurde Dr. phil. Schavan erst als Direktkandidatin in den Bundestag gewählt, am Tag darauf wählte der Senat der Elite-Universität München sie einstimmig zur Hochschulrätin. Doch letztere Wahl stößt bei Wissenschaftlern auf Unverständnis. Der Hochschulverband sagte süddeutsche.de am Donnerstag, die Berufung von Frau Schavan widerspräche dem akademischen Comment und sei ein Affront gegenüber den Kollegen der Universität Düsseldorf. Die taz hatte zuvor einen anonymen Brief mit dem offiziellen Briefkopf der Uni München erhalten, in dem es heißt: “Diese Entscheidung hat unter den wissenschaftlichen Mitarbeitern zu breitem Entsetzen geführt.” Der Konvent der Mitarbeiter sei nicht der Absender, sagte der Vorsitzende Bernhard Emmer. Aber die Vorgeschichte der neuen Hochschulrätin sei problematisch, meint Emmer, der auch Senatsmitglied ist. An an einer weiteren Elite-Universität, der Freien Universität Berlin, darf Schavan sich sogar noch Professorin nennen. Das Katholische Seminar bestätigte der taz, dass sie im Wintersemester eine Lehrveranstaltung als Honorarprofessorin gebe. Man warte das Ergebnis des Rechtsstreits ab, teilte der Präsidiumssprecher mit. Aus formaljuristischer Sicht gäbe es derzeit keine Bedenken.
Quelle: taz - Streit um Annette Schavan eskaliert
Anmerkung Orlando Pascheit: Hochschulrat ist nicht irgendein Posten!
Vor allen aber, was entnehmen Studenten diesem Vorgang? Exzellente Wissenschaft beruht vor allem auf Schein. Oder übertragen: Um diesen Schein zu bekommen, ist jedes Mittel recht. - Stellungnahme des AK Gewerkschaften zur Berufung der Elite- und Plagiatsministerin Schavan in den Hochschulrat der Ludwig-Maximilians-Universität München
Annette Schavan, Bundesforschungsministerin a.D., wird ins höchste Gremium der LMU berufen. In der Abstimmung des Senats, in dem LMU-Studierende mit Stimmrecht vertreten sind, gab es keine Gegenstimme oder vorausgehende öffentliche Diskussion zu diesem Personalvorschlag. LMU-Präsident Huber meint, Schavan werde dem Hochschulrat „sowohl aus wissenschaftspolitischer als auch fachwissenschaftlicher Perspektive eine wichtige Bereicherung sein“…
Der Hochschulrat der LMU ist, ganz wie in einem Konzern, der „Aufsichtsrat“ der Universität: Er trifft die wichtigsten Strukturentscheidungen, inklusive der Entscheidung über die Grundordnung, und er wählt den/die Präsident*in. Er besteht zum einen aus zehn nach berufsständischem Schlüssel wählbaren Senatsmitgliedern, das sind also unabhängig von ihrer jeweiligen Stimmenzahl mehrheitlich Professor*innen (in der Regel Männer). Die fast 50.000 Studierenden der LMU haben im Senat zwei studentische Vertreter*innen (davon bis 1. Oktober ein Mitglied im Hochschulrat), die nicht-professoralen Uni-Angestellten haben auch nur zwei Hochschulratsitze. Der Hochschulrat besteht zum anderen aus genauso vielen externen Mitgliedern, die in einem intransparenten Verfahren von der Bayerischen Staatsregierung berufen werden. Prominentestes externes Mitglied ist Roland Berger, Gründer der gleichnamigen Münchner Unternehmens- und Strategieberatungsagentur – ein Symbol neoliberaler „Umstrukturierung“.
Quelle: AK Gewerkschaften - Gedanken zur Aufnahme von Frau Schavan in den Hochschulrat meiner Universität
Quelle: erlebt, Der Universitätsalltag eines Wissenchaftlers
- Frau Doktor geht nicht so einfach
- Die interessanten Nutzungsbedingungen der deutschen Huffington Post
Gerade habe ich erstmals einen Blick auf die Nutzungsbedingungen der Huffington Post geworfen und mich doch sehr gewundert. Diese Nutzungsbedingungen sprechen nicht unbedingt dafür, dass Autoren gut beraten sind, dort kostenlos etwas zu veröffentlichen. Denn obwohl kein Honorar bezahlt wird, möchte die Huffington Post eine umfangreiche Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte.
Die Rechtseinräumung ist zwar nicht ausschließlich, das heißt, man kann seinen Text anschließend auch noch anderweitig verwerten, aber ansonsten äußerst weitreichend. Die Rechtseinräumung ist zeitlich und örtlich unbeschränkt, gilt also weltweit. Das Recht soll zudem übertragbar sein und beinhaltet insbesondere auch das Recht zur Vergabe von Unterlizenzen. Die Rechtseinräumung erfolgt nicht nur gegenüber der Huffington Post Deutschland (Tomorrow Focus Content & Services GmbH), sondern außerdem auch gegenüber AOL Europe und MEDIA & CIE S.E.N.
Schließlich wird auch noch ein Recht zur Bearbeitung eingeräumt, insbesondere die Möglichkeit der Zusammenfassung, Kürzung und Übersetzung sowie der Erstellung davon abgeleiteter Werke.
Diese weitreichende Rechtseinräumung ist angesichts des Umstands, dass keinerlei Vergütung bezahlt wird, starker Tobak und wirft die Frage auf, ob eine solche Rechtseinräumung in Nutzungsbedingungen AGB-rechtlich überhaupt möglich und mit dem grundsätzlichen Anspruch des Urhebers auf angemessene Vergütung (§ 32 UrhG) vereinbar ist.
Quelle: Carta - “Ich gehe zu denen, die keine Stimme haben”
Swetlana Alexijewitschs Dankesrede zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
Die weißrussische Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch wurde am Sonntag mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt. Die 65-jährige Autorin lebt nach Jahren des Exils wieder in ihre Heimat lebt. Dort trotz sie den Gefahren, die ihr durch das Regime drohen. Am Mittag bedankte sie in der Frankfurter Paulskirche für den Friedenspreis mit der folgenden Rede.
Quelle: DLF - Ergänzung zu unserem Hinweis 13 vom 11.10.2013 (HdT II)
Unser Leser R.B. schreibt uns:In seinem Buch „Violettbuch Kirchenfinanzen“ räumt Carsten Frerk detailliert mit der allgemein verbreiteten Behauptung auf, dass die staatlichen Leistungen an die christlichen Großkirchen Ausgleich für die Säkularisation und die damit einhergegangenen „Enteignungen der Kirchen“ seien. Frerk hat sich mit eigenen Augen im stets für diese These herangezogenen Reichsdeputationshauptschluss von 1803 kundig gemacht: „Da steht nichts von Entschädigung.“ Ganz abgesehen davon, dass die damals betroffenen Gebiete der katholischen Kirche nicht gehört hätten. „Es handelte sich um Lehen im Eigentum des Kaiserreichs.“ Lediglich der Erhalt der Dome und eine (lebenslange) Apanage nur für die damals konkret entthronten geistlichen Landesherren seien vereinbart worden. Und der eigentliche Kirchenbesitz an Ländereien sei nicht angetastet worden.
Alle anderslautenden Behauptungen und die aktuelle Praxis bezeichnet Frerk als „Erfolg des kirchlichen Lobbyismus und die Phantasie der Staatskirchenrechtler“ und als eindeutig grundgesetzwidrig.
Hier eine Übersicht der staatlichen Kirchensubventionen auf Basis des „Violettbuch Kirchenfinanzen“ von Carsten Frerk.
Hier ein Vortrag von Carsten Frerk zum Violettbuch Kirchenfinanzen.
Florian Kolf schreibt: „Doch da die Kirche nicht entschädigungslos auf die regelmäßige Zahlung verzichten dürfte, werden sich mögliche Verhandlungen wohl zäh gestalten. Und die Politik dürfte vor einer größeren Einmalzahlung zurückschrecken.“ Es entzieht sich meinem gesunden Menschenverstand, dass man die Kirchen, die sich mit Hilfe kirchenfreundlicher Politiker jahrzehnte- oder gar jahrhundertelang unberechtigte Subventionen ergaunert haben, noch durch eine Einmalzahlung abfinden möchte. Nach meinem Empfinden müssten da eher die Kirchen etwas zurückzahlen. Im Brockhaus-Lexikon von 1824 soll man übrigens folgende Feststellung [PDF – 503 KB] nachlesen können: „Die Säkularisation enthält, aus rechtlichem Gesichtspunkt betrachtet, durchaus nichts Ungerechtes, da die geistlichen Regenten nicht durch den Willen der von ihnen regierten Völker, sondern durch bloße Anmaßung zu ihrer Herrschaft gelangt waren, mithin kein wohl erworbenes Recht hatten.“ - Drohnen über Arizona
Die Aufrüstung gegen Einwanderer verwandelt das Grenzland zwischen den USA und Mexiko in eine Kriegszone
Erst bei einem Besuch der jährlichen Expo kapiert man wirklich, dass die Grenzregionen der USA eine Art “Ground Zero” darstellen: die Basis für Aufstieg und Wachstum eines wild wuchernden Überwachungsstaats. Am 27. Juni dieses Jahres stimmte der Senat in Washington für ein neues Einwanderungsgesetz unter dem offiziellen Titel: “Border Security, Economic Opportunity, and Immigration Modernization Act”.(1) Der mehr als 1 000 Seiten umfassende Gesetzestext soll angeblich Millionen von Immigranten, die heute ohne Papiere in den USA leben, den Erwerb der US-Staatsbürgerschaft ermöglichen – wenn auch unter vielen einschränkenden Bedingungen. Aber derselbe Text enthält auch das Versprechen, den größten Grenzkontroll- und Überwachungsapparat aufzubauen, den das Land je gesehen hat. Wird dieses Programm umgesetzt, besäßen die USA “die am stärksten militarisierte Grenze seit dem Fall der Berliner Mauer”. So jedenfalls die stolze Erklärung des republikanische Senators John McCain, Mitglied der “Gang of Eight”, die den Gesetzentwurf im Senat eingebracht hat.
Quelle: Le Monde diplomatiqueAnmerkung Orlando Pascheit: Es ist schon erstaunlich, wie sich die beiden Wohlstandszonen EU und USA ähneln. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und die damalige österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner beklagten März 2012 einen “signifikanten” Anstieg von Asylbewerbern in ihren Ländern. Die Ursache dieser “illegalen Migrationsströme” liege an der griechisch-türkischen Grenze”, sagte Mikl-Leitner. “Diese Grenze ist offen wie ein Scheunentor.” Zusammen mit ihren Kollegen aus Belgien, Frankreich, den Niederlanden, Schweden und Großbritannien entwickelten Friedrich und Mikl-Leitner einen Maßnahmenkatalog, um die illegale Einwanderung in die EU einzudämmen. U. a. wurde Griechenland ermahnt, mehr zu tun. Desweiteren drohten die sieben EU-Länder, im Schengenraum zeitweilig Grenzkontrollen einzuführen, wenn ein Land wie Griechenland die EU-Außengrenze nicht schützen könne. Ende 2012 konnte Griechenland Vollzug melden: Die zehn Kilometer langen Mauer zur Türkei steht. Für den Bau wurden mehr als 6000 Kubikmeter Beton, 800 Tonnen Stahl und 370 Kilometer verschiedener Stacheldrahtsorten verbraucht. Flüchtlingen verbleibt jetzt nur noch der Weg über den Fluss Mariza oder durch die Meerenge, die die türkische Küste von einer Reihe von griechischen Inseln trennt. In Griechenland selbst sollen etwa 500.000 legale und ebenso viele illegale Migranten leben. Ihnen schlägt im krisengeschüttelten Griechenland so viel Hass entgegen, dass die Migranten vor ihren Botschaften Schlange stehen, um in ihre Heimatländer zurückkehren zu können. Auch unser Umgang mit Flüchtlingen steht nicht zum besten. Und in der Reaktion auf Lampedusa wird mehr vom Kampf gegen organisierte Schleuserbanden (Friedrich) als von der konkreten Aufrüstung von Frontex zur Seenotrettung von Flüchtlingen gesprochen – hier könnte Aufklärungsdrohnen gute Dienste leisten. Auch die Aufforderung zur Bekämpfung der Fluchtursachen in den Heimatländern der Flüchtlinge ist nur wohlfeil (Stegner, SPD). Wenn jetzt einige Schwellenländer Wohlstandssteigerungen erfahren haben, so liegt das doch zumeist an der gestiegenen Rohstoffnachfrage bzw. der Preisentwicklung als an einer gelungenen Entwicklungszusammenarbeit. Zudem weist Dirk Messner, Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik, darauf hin, dass eben nicht die Ärmsten, sondern eher die untere Mittelschicht auswanderungswillig ist. Nur sie kann sich Preise der Schlepper leisten.
Wir erheben uns oft moralisch über die USA, dabei besteht kein Unterschied zwischen den Toten, welche in den leeren Landstrichen entlang der US-Grenze, und denjenigen, die auf dem des Mittelmeeres liegen.
- Chinas Exportzahlen überraschend schwach
China ist abhängig vom Export wie kaum ein anderes Land. Doch die Ausfuhrzahlen sind nun überraschend eingebrochen. Gerät jetzt wieder die gesamte chinesische Wirtschaft unter Druck?
Kaum ein Land reagiert so empfindlich wie China, wenn es in anderen Ländern der Welt nicht rund läuft: Denn China ist extrem abhängig vom Export. Die neuesten Ausfuhrzahlen des Landes, treiben deshalb so manchem Analyssten die Sorgenfalten ins Gesicht: Denn Chinas Exporte sind überraschend eingebrochen. Die Ausfuhr der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ging um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zurück, wie die Zollbehörde am Samstag in Peking berichtete.
Im August hatten die Exporte noch um 7,2 Prozent zugelegt. Analysten hatten für September eigentlich ein Plus von rund 5,5 Prozent erwartet. Die Importe lagen hingegen mit einem Plus von 7,4 Prozent leicht über den Erwartungen.
Die neuesten Daten für den Außenhandel befeuern auch Sorgen um das weitere Wirtschaftswachstum des Welt-Konjunkturtreibers China. Dabei hatten in den vergangenen Wochen wieder einige Konjunkturindikatoren nach oben gezeigt. Chinas Wirtschaft wuchs 2012 nur noch um 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – so langsam wie seit 1999 nicht mehr. Und auch im ersten Halbjahr dieses Jahres geriet Chinas Wachstum zunehmend unter Druck. Im ersten Quartal lag es bei 7,7 Prozent, im zweiten Quartal nur noch bei 7,5 Prozent.
Quelle: FAZDazu: China und der Nahe Osten: Die widerstrebende Weltmacht
China hat die USA überholt und ist nun größter Importeur von Erdöl aus dem Nahen Osten. Das verändert die geostrategische Rolle der Volksrepublik radikal. Die Regierung in Peking wird Verantwortung als Weltmacht übernehmen müssen.
Seit ein paar Tagen ist es offiziell: China hat die USA abgelöst und importiert mehr Öl aus den Opec-Staaten als jedes andere Land der Welt. Das ist gut für die Scheichs am Golf und die noch nicht hinweggefegten Regimes in Saudi-Arabien, im Irak und in Iran. Es ist auch gut für Deutschlands Autobauer, deren Produkte in China reißenden Absatz finden. Weniger gut ist es für die Chinesen selbst, über deren Städten sich jetzt im Herbst wieder der Smog verdichtet, ein eher unerfreulicher Beweis dafür, wie rund der Motor der chinesischen Wirtschaft immer noch läuft.
Vor allem aber setzt der Wechsel an der Spitze der Öl-Importeure allmählich einen Grundsatz der Weltpolitik außer Kraft, der fast 60 Jahre lang galt: Der Westen brauchte Öl aus dem Nahen Osten, also sorgte die Supermacht des Westens dafür, dass das Öl sicher fließt. Die Stabilität des Nahen Ostens ist ein teures Gut, die Patrouillenfahrten der US-Flugzeugträger zwischen dem Suez-Kanal, der Straße von Hormus und dem Horn von Afrika haben Milliarden verschlungen – von Amerikas Kriegen in der Region zu schweigen.
Wie lange wird Amerika diese Kosten noch tragen? Und wann fängt China an, selbst Geld und politisches Kapital in die Stabilität des Nahen Ostens zu investieren? Es sind schließlich vor allem Pekings Energielieferanten und -korridore, um die es künftig geht.
Peking folgt bislang einem sehr klugen und im Wortsinn billigen außenpolitischen Prinzip. Der Reformer Deng Xiaoping fasste es mit der Sentenz “taoguang yanghui” zusammen, sinngemäß: “Verbirg deine Stärke und warte ab.” Diese Doktrin der Zurückhaltung hat dem Reich der Mitte in der Vergangenheit viel Ärger und Geld erspart. Aber damals war China nicht der Krösus, der es heute ist, und nicht die Weltmacht, die es inzwischen sein will.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung C.R.: China hat längst Verantwortung in der Welt übernommen: Siehe z.B. die friedliche Syrien-Resolution der Vereinten Nationen.
Was Köpfen westlich denkender Prägung offenbar schwer zu vermitteln ist: Chinas Rolle wird offensichtlich nicht die eines Weltpolizisten sein, wie sie andere Staaten allzu oft einnahmen. Chinas Außenpolitik ist insbesondere von der Souveränität und dem Wunsch wachsender Unabhängigkeit vom Ausland (daher u.a. der rasante Ausbau erneuerbarer Energieversorgung) geprägt. - Zwischen Kölsch und Avantgarde – Heinrich Pachl zum 70.
Heinrich Pachl war ein Polit-Kabarettist im besten Sinne des Wortes: Schnell, zornig, moralisch und vertrauensstörend. Ob Umweltskandale, Rassismus oder Kölner Klüngel – zeitnah und stets aktuell setzte er seine Pointen genau da an, wo es weh tat. Ein Kopf, in dem ununterbrochen die Assoziationen brodelten. Und die reichten vom Tresen nebenan und dem Wochenmarkt in Köln-Nippes bis hinein in die große Weltpolitik. In den späten 70ern war er bei Hausbesetzungen dabei. Später schrieb und spielte er Programme zusammen mit Kollegen wie Richard Rogler, Matthias Beltz und Arnulf Rating. Bis kurz vor seinem Tod im April 2012 tourte er unermüdlich und mischte politisch mit, ob Sarrazin-Debatte, Rettung des Kölner Schauspielhauses oder Mai-Demo. Eine wehmütige Erinnerung an eine Stimme, die fehlt.
Quelle: wdr5Anmerkung WL: In Erinnerung an einen großen Kabarettisten und guten Freund.