Hinweise des Tages
- Thema Demographische Entwicklung in Deutschland
- “Warum sollen wir in Panik verfallen?“
Der Statistiker Gerd Bosbach rät zu Skepsis und Zurückhaltung bei weit in die Zukunft reichenden Bevölkerungsprognosen: “Es kann ganz anders kommen”. Viele Daten werden nach Ansicht des Professors dramatisiert: „Ich habe den Eindruck einer Kampagne. Im März hieß es, wir hätten die niedrigste Geburtenrate der Welt, beruhend auf einer Lüge des Berlin-Institutes für Bevölkerung und Entwicklung.“
Quelle: General-AnzeigerAnmerkung: Gerd Bosbach weist in dem Interview auf ein interessantes Buch von Prof. Ernst Kistler (Direktor am Internationalen Institut für Empirische Sozialökonomie INIFES gGmbH) hin:
- Buchtipp: Die Methusalem-Lüge – Wie mit demographischen Mythen Politik gemacht wird
Ständig wird vor den drohenden Auswirkungen des Methusalem-Staates gewarnt. Der Autor Ernst Kistler sieht dies kritisch und mahnt zur Vorsicht: Allzu oft stecken handfeste politische und wirtschaftliche Interessen dahinter. Das Buch räumt mit den Mythen vom Greisenstaat auf und zeigt in klaren Analysen, was uns wirklich erwartet.
Quelle: Website „Innovative Verwaltung“ der Gabler Verlag/GWV Fachverlage GmbH - Kein Grund, vor Angst zu erstarren
Innerhalb von drei Jahren hat das Statistische Bundesamt seine Modellrechnung für das Jahr 2050 geändert. Danach altert die Bevölkerung schneller und schrumpft stärker. Dennoch warnen Experten vor Panik: Auch künftig seien die sozialen Lasten zu schultern.
Quelle: VDI-Nachrichten
- “Warum sollen wir in Panik verfallen?“
- OECD-Chefökonom: “Angst auf der Verliererseite zu enden”
Die Globalisierung droht zu scheitern, warnt Jean-Philippe Cotis, Chefvolkswirt der OECD, im Interview mit manager-magazin.de. Um die offene Weltwirtschaft zu bewahren, gebe es vor allem ein Mittel: bessere Wohlfahrtsstaaten.
Quelle: Manager-Magazin - Wir können die Globalisierung umgestalten
Der amerikanische Nobelpreisträger für Wirtschaft, Joseph E. Stiglitz, spricht sich für einen weltweiten Gesellschaftsvertrag aus, der die Globalisierung demokratischer und gerechter gestaltet. Vorbild könne eine Vereinbarung sein, wie sie in einigen Staaten bereits zwischen Armen und Reichen oder Jungen und Alten bestehe, sagte Stiglitz.
Quelle: Deutschlandradio KulturKommentar AM: So sehr ich Stiglitz’ Arbeiten schätze, nicht alles, was er in diesem Interview sagt, kann ich nachvollziehen. Wenn er zum Beispiel sagt, in einigen Staaten gebe es einen Gesellschaftsvertrag zwischen Armen und Reichen, zwischen den Jungen und den Alten, dann stimmt das vielleicht für einige, wenige Staaten. Aber man muss doch sehen, dass die einigermaßen solidarischen Gesellschaftsordnungen heute massiv unter dem Druck der herrschenden Ideologie, nicht der Fakten, stehen. Immer noch ist die Ideologie des Deregulierens und Privatisierens im Vormarsch. So gut uns Optimismus tut, ein bisschen Realismus gehört auch dazu. Schon im Buch über die „Roaring Nineties“ ist mir aufgefallen, dass Stiglitz manche (Sonder-)Entwicklungen gerne ausblendet. So schrieb er über die guten neunziger Jahre, ohne die deutsche Besonderheit wahrzunehmen, dass schon damals Deutschland einen die Konjunktur zerstörenden Sonderweg ging. Bei uns gab es die „Roaring Nineties“ nicht.
Auch wenn Stiglitz es als ein Zeichen von Fortschritt wertet, dass die USA sich jetzt wegen ihres Desasters im Irak und in Afghanistan an andere Länder um Hilfe bittend wenden, dann kann ich das solange nicht als Fortschritt werten, wie dieses Hilfeersuchen der USA ja auch oder sogar vor allem als ein Ersuchen um militärische Hilfe gewertet werden kann. Die von Stiglitz gelobte Einsicht der USA kann für uns und die NATO bedeuten, dass wir immer tiefer in die militärischen Abenteuer der USA hineingezogen werden.
Unabhängig von diesen kritischen Anmerkungen gilt: Es ist verdienstvoll, dass Stiglitz wieder einmal klarmacht, dass die Globalisierung auch eine Gestaltungsaufgabe ist und man gestalten könnte, wenn man wollte. - Trotz Aufschwung baut die Industrie Jobs ab
Im Zeitraum von Januar bis September beschäftigten die Betriebe im Bergbau und im Verarbeitenden Gewerbe im Schnitt rund 5,89 Millionen Menschen – das waren 0,8 % weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres, während der Umsatz um 6,5 % auf 1166 Milliarden Euro anstieg. Davon entfielen zwar 676 Milliarden auf das Inland, aber der Auslandsumsatz stieg deutlich stärker an (10,4%) als der Inlandsumsatz (3,8%).
Quelle: Statistisches BundesamtKommentar: Ohne eine Belebung der Binnenkonjunktur (vor allem durch angemessene Lohnsteigerungen) wird sich daran nichts ändern.
- Böckler Impus 18/2006
- Arbeitsmarkt: In der Ein-Euro-Sackgasse
Die Filialen der Arbeitsagentur setzen bei Arbeitslosen mit Vermittlungsschwierigkeiten nicht in erster Linie auf gezielte Qualifikation für den ersten Arbeitsmarkt – entgegen der Intention des Sozialgesetzbuches. Auf den Einzelfall zugeschnittene Fördermaßnahmen sind eher die Ausnahme als die Regel. Die Einsparungen bei der Qualifizierung gehen zu Lasten der Langzeitarbeitslosen. Wer vom Versicherungs- ins Fürsorgesystem rutscht, also vom Arbeitslosengeld I ins Arbeitslosengeld II, hat das Nachsehen. Die Arbeitsvermittler konzentrieren ihre Bemühungen auf Erwerbslose, die noch Arbeitslosengeld I beziehen und am Markt vergleichsweise gute Chancen haben.
Quelle: Hans-Böckler-Stiftung - Berufsausbildung: Die geparkten Bewerber
Knapp 50.000 Lehrstellen-Bewerber gelten als noch nicht vermittelt. Doch die Zahl derer, die keinen Platz gefunden haben, ist weit größer: Fast 350.000 absolvieren Praktika, jobben oder gehen wieder zur Schule.
Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
- Arbeitsmarkt: In der Ein-Euro-Sackgasse
- WSI-Mitteilungen 10/2006
- Was bewirken EU-Richtlinien in der Sozialpolitik? – Ein Ost-West-Vergleich
Lange Zeit wurde der Europäischen Union (EU) eine ernst zu nehmende soziale Dimension abgesprochen. Vorhandene rechtliche Maßnahmen wurden allenfalls als „kleinster gemeinsamer Nenner“ bezeichnet, da die Offene Methode der Koordinierung (OMK) keinen rechtsverbindlichen Charakter hat. Arbeitsrechtliche EU-Richtlinien blieben also häufig unbeachtet, aber nicht ohne Wirkung, wie dieser Beitrag zeigt.
Quelle: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung [PDF – 120 KB] - Europa zwischen Markt und Sozialstaat
Nach dem Scheitern des Verfassungsvertrages steht die EU jedenfalls
vor entscheidenden Weichenstellungen, vor allem was die soziale
Dimension betrifft. Welches der Szenarien sich letztendlich durchsetzt, hängt
weitestgehend vom Ausgang politischer Auseinandersetzungen in der
EU selbst, aber auch in ihren Mitgliedsstaaten ab. Vieles deutet darauf
hin, dass diese Auseinandersetzungen bereits begonnen haben.
Quelle: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung [PDF – 36 KB]
- Was bewirken EU-Richtlinien in der Sozialpolitik? – Ein Ost-West-Vergleich
- Buchrezension: “Die Wundertäter. Netzwerke der deutschen Wirtschaft 1942-1966“ von Nina Grunenberg
Die Wirtschaftsführer, die Westdeutschland aus den Trümmern des Nationalsozialismus aufbauten, dachten meist patriarchalisch, ständestaatlich, antikommunistisch; politisch waren sie rechts bis rechtsaußen angesiedelt. Nur die allerwenigsten, wie der Gründersohn Fritz Thyssen, der mit Hitler brach und 1939 emigrierte, fanden im Laufe der Jahre die Kraft, sich innerlich und äußerlich konsequent vom Nazi-Regime loszusagen.
Quelle: Deutschlandradio KulturKommentar: Die Rezension von Peter Merseburger liest sich stellenweise befremdlich:
- „Die Wirtschaftsführer, die Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufbauten, hatten mit dem heutigen Bild eines Managers nichts zu tun. Nina Grunenberg beschreibt sie in ihrem Buch “Die Wundertäter” als “farbige und knorrige Figuren…“
Woher mag Peter Merseburgs „heutiges Bild eines Managers“ stammen? Farbige und knorrige Figuren finden sich durchaus auch unter den Führungskräften von heute.
- „Und wurde der Krieg nach der deutschen Kapitulation wirtschaftlich nicht etliche Jahre weitergeführt – durch Demontagen, Patentbeschlagnahme und Produktionsverbote, um die deutsche Wirtschaft als Konkurrenten vom Weltmarkt fernzuhalten?“
Deutschland hatte Europa und die USA in einen Krieg mit Millionen Toten gestürzt. Ob Merseburger es wohl für möglich hält, dass für das Verbot, Flugzeuge und Panzer herzustellen, andere Motive ausschlaggebend waren?
- „Und: die (die Wirtschaftsführer, KR) trotz ihrer braunen Vergangenheit eine erstaunliche Karriere machten.“
Tatsächlich zählt es zu den weniger rühmlichen Seiten der deutschen Nachkriegsgeschichte, dass eine braune Vergangenheit der Karriere viel zu selten hinderlich war. Man könnte auch „trotz“ durch „wegen“ ersetzen. Das wäre ähnlich richtig.
- „Ob sie ihnen historisch gerecht wird, bleibt allerdings die Frage. Mussten sie im Kriege nicht als Soldaten der Wirtschaft dienen, ob sie wollten oder nicht? … Vielleicht überfordert sie ihre “Wundertäter” im nach hinein, wenn sie ihnen zwar unerhörte Energie bescheinigt und Respekt vor ihrer Aufbauleistung bekundet, sich jedoch erschreckt zeigt über ihre moralische Unempfindlichkeit.“
Merseburger ignoriert mit seiner Apologetik, dass die Wirtschaftsführer mit ihren überaus erfolgreichen Anstrengungen zur Steigerung der Produktion nicht nur die Kapitulation der Deutschen Wehrnacht hinauszögerten, sondern auch dazu beitrugen, ein System zur industriellen Massenvernichtung von Menschen in Konzentrationslagern aufrechtzuerhalten.
- Fast-Super-Gau in Schweden
Reaktorunfall im Sommer. Im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark sei es im Sommer fast zu einem Super-Gau gekommen; das legt einem Medienbericht zufolge ein interner Bericht der deutschen Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) nahe.
Quelle: WirtschaftswocheKommentar eines NachDenkSeiten-Lesers: „Ich habe lange keine solche Masse an Konjunktiven mehr gesehen wie in der jüngsten WiWo-Meldung zum Reaktordesaster Forsmark. Bemerkenswert, wie eine Zeitung, die sonst bedenkenlos Thesen als Fakt ausgibt, plötzlich in Möglichkeitsformen schwelgt, sobald eine überprüfbare Aussage gegen Vattenfall oder Eon ginge.“
- Die Tchiboisierung des Zeitungsgeschäfts – am Beispiel der Süddeutschen Zeitung
Natürlich ist die SZ nicht Tchibo. Aber wie der bundesweit vertretene Kaffeeröster kann sie vom Verkauf ihres ursprünglichen journalistischen “Kerngeschäfts” allein nicht mehr überleben – zumindest nicht auf dem bislang erreichten und gehaltenen Qualitätsniveau. So hält sie ihr
redaktionelles Angebot durch aktiv und aggressiv beworbene Zusatzgeschäfte mit eigens zugerüsteten Kulturgegenständen über Wasser, wobei sie bislang ihr kulturelles und redaktionelles Renommee als verkaufsförderndes Kapital einsetzt – und ihre (un)abhängigen Feuilletonredakteure als deren Laufburschen, Kellner oder Schlepper zum Kundenservice dienstverpflichtet.
Quelle: Berliner Zeitung - Abschreckend
Jüngst wurden die aktuellen Studierenden-Zahlen für das Fach Volkswirtschaftslehre an deutschen Universitäten veröffentlicht. Die Zahl der Studierenden, die sich mit der Analyse nationaler und internationaler volkswirtschaftlicher Zusammenhänge auseinander setzen, ist in den vergangenen zwei Jahren um mehr als 13 Prozent gesunken.
Quelle: FR - NPD-Verbot: Die Diskussion hat mit der Realität nur wenig zu tun
Der Rechtsextremismus in der Mitte der Gesellschaft und der sie repräsentierenden Gruppierungen verhindert, den mit der ökonomischen Globalisierung einhergehenden, sich zunehmend verstärkenden Verteilungskämpfen politisch angemessen, also im globalen Maßstab zu begegnen.
Quelle: FR - Monopol der Wohltaten
Mit den Buffet-Milliarden erweitert die Gates-Foundation ihre finanziellen Möglichkeiten auf das Doppelte. Kontrolliert der Microsoftchef nach der Softwarebranche nun auch die globale Gesundheit?
Quelle: ZEIT - Jean-Claude Juncker, erstaunliche Einsichten eines konservativen Europäers:
„Es wird der Zeitpunkt kommen, dass sich große Teile der Arbeitnehmer gegen die systematische Verunsicherung wehren werden, weil sie sich in diesem Europa und ihren nationalen Staaten nicht mehr aufgehoben fühlen.”
Quelle: FR - Machen Sie doch einfach mal mit beim Worst EU Lobby Awards 2006
Quelle: EU Lobby Awards - Zahlenspiele über die aufkommensneutrale Unternehmersteuerreform
Quelle: FR