Hinweise des Tages

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(KR/WL)

  1. Vorbild?
    Unsere Politiker versuchen immer auf die gleiche Art und Weise etwas zu lernen. Sie schauen sich in der Welt um, entdecken ein Land, in dem es besser läuft, picken sich eine Sache heraus, die dort anders als zu Hause ist, und schon wissen sie, was wir machen müssen, um genauso erfolgreich zu sein. Von Heiner Flassbeck.
    Quelle: FR
  2. Einhundert Lobbyisten in der Regierung
    Die Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion legt die große Einflussnahme von Interessengruppen auf die Politik offen: In dem Schriftstück, das der Berliner Zeitung vorliegt, räumt die Regierung ein, dass in den vergangenen vier Jahren “insgesamt 100 externe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ganz oder teilweise von Unternehmen, Verbänden oder Gewerkschaften bezahlt wurden” in Ministerien sowie im Kanzleramt zeitlich befristet “tätig gewesen bzw. aktuell eingesetzt” sind. Die Abgesandten aus Industrie und Verbänden sind dabei in Einzelfällen sogar direkt mit der Formulierung von Gesetzestexten befasst.
    Quelle: Berliner Zeitung
  3. Umstrittener Nutzen der monetären Analyse
    Taugt die Entwicklung der Geldmenge, um frühzeitig Inflationsgefahren zu erkennen? EZB-Präsident Trichet warf sich an einer Tagung für die «monetäre Säule» in die Bresche. Dagegen hält Fed-Chef Bernanke den Informationsgehalt von monetären Daten für gering.
    Quelle: NZZ

    Kommentar von Orlando Pascheit: Lehrbuchmodelle gegen Wirtschaftspolitik. Beim mitverschuldeten mickrigen Wachstum der Eurozone stellt eine geringe Inflation kein Verdienst der EZB dar.

  4. Tabaksteuererhöhung brachte nicht mehr Geld ein.
    Die Hoffnung des Bundesfinanzministeriums, eine höhere Besteuerung von Tabak würde dem Fiskus mehr Geld einbringen, hat sich zerschlagen. Die Staatseinnahmen stiegen trotz zweifacher Steuererhöhung kaum an – dafür der Zigarettenschmuggel umso mehr.
    Quelle: SPIEGEL

    Kommentar eines NachDenkSeiten-Lesers: Jeder 12jährige konnte das voraus sagen, unsere Experten aber offensichtlich nicht.
    Liegt darin nicht die größte Gefahr?

  5. Dienstleistungsrichtlinie: Besser, aber nicht gut
    Die Dienstleistungsrichtlinie kommt. Nach der zweiten Lesung im November wird sie noch in diesem Herbst verabschiedet Aber sind die wesentlichen Probleme gelöst? Ist das neue Recht unbedenklich?
    Quelle: Hans Boeckler Stiftung, Magazin Mitbestimmung 11/2006
  6. Europäischer Dienstleistungsmarkt: Nicht auf halbem Weg stehen bleiben
    Den ersten Entwurf der Dienstleistungsrichtlinie haben die europäischen Gewerkschaften vehement abgelehnt. Dass das Herkunftslandprinzip abgewendet wurden, werten sie als Erfolg. Jetzt müssen sie einen Markt regulieren, den es längst gibt.
    Quelle: Hans Boeckler Stiftung, Magazin Mitbestimmung 11/2006
  7. Raus mit den Milliarden!
    Dividendenjäger dürfen sich die Hände reiben. Deutschlands Großkonzerne werden im Jahr 2007 so viel von ihrem Gewinn ausschütten wie nie zuvor. Um die Aktionäre bei Laune zu halten, gehen sie dafür mitunter an die Substanz.
    Quelle: SPIEGEL

    Kommentar: Die Sieger im Verteilungskampf um das Volkseinkommen verteilen die Beute unter sich.
    Siehe dazu auch den folgenden Hinweis.

  8. 385 Euro mehr pro Beschäftigtem?
    Der auf 4,2 Prozent sinkende Beitrag zur Arbeitslosenversicherung entlastet Erwerbstätige im kommenden Jahr angeblich um durchschnittlich 385 Euro pro Kopf. Um dieselbe Summe würden die Unternehmen für jeden ihrer Beschäftigten entlastet, teilte die Nürnberger Bundesagentur für Arbeit am Freitag mit.
    Quelle: Junge Welt

    Anmerkung eines NachDenkseiten-Lesers: Dies ist bei 27 Millionen sozialversicherten Arbeitnehmern eine Gesamtentlastung von 10,4 Milliarden Euro. Diese “Ersparnis” darf dann ja wohl direkt den Kapitaleinkommen zugerechnet werden.

  9. Eine Gebühr ohne Gegenleistung
    Die Einführung von Studiengebühren ist beschlossene Sache. Doch ein Richter des Bundesfinanzhofs kritisiert die Regelungen der Bundesländer – die Gebührengesetze seien verfassungswidrig.
    Quelle 1: Hans Boeckler Stiftung
    Quelle 2: Gutachten von Dr. Ludwig Kronthaler [PDF – 212 KB]
  10. Innovatives Eigentor
    Vertreter aus Wirtschaft und Industrie stellen dem Standort Deutschland im neuen Innovationsindikator ein mittelmäßiges Zeugnis aus. Doch die krude Selbstinszenierung verdient auch keine besseren Noten.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung WL: Was also will uns die deutsche Wirtschaft mit dem Innovationsindikator sagen? Vermutlich gar nichts, denn die eigentlichen Ansprechpartner sind ganz offenbar die politischen Entscheidungsträger, die mithilfe immer neuer Rankings motiviert werden sollen, die Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Industrie noch freundlicher zu gestalten als sie ohnehin schon sind. BDI-Präsident Jürgen R. Thumann ließ anlässlich der Vorstellung der aktuellen Studie jedenfalls wenig Zweifel daran, wie er sich Deutschlands Annäherung an die Weltspitze vorstellt. Siehe auch die Ausführungen zum Innovationsimperativ.

  11. Verunsicherung bis in die Mitte
    Unsichere Beschäftigung greift um sich. Doch die “Prekarisierung” nimmt nicht nur immer mehr Erwerbstätigen die Hoffnung auf eine planbare Perspektive. Sie verunsichert auch jene Arbeitnehmer, die noch ein unbefristetes Vertragsverhältnis, ordentliches Einkommen und Kündigungsschutz genießen. Ein fruchtbarer Boden für rechtspopulistische Ansichten, sagt Professor Klaus Dörre
    Quelle: Böckler Impuls 17/2006
  12. Privatisierung von Stadtwerken: “Selbstmord aus Angst vor dem Tod”
    Gutachter Professor Dr. Heinz Josef Bontrup warnt vor weiterem Verkauf von Anteilen der Städtische Werke AG in Kassel. Ein Verkauf “rechnet sich finanzwirtschaftlich überhaupt nicht”.
    Quelle: Hessische/Niedersächsische Allgemeine
  13. Die «Barbaren» melden sich zurück
    Je länger der Private-Equity-Boom anhält und je mehr Kapital den Fonds zufliesst, desto stärker deuten einzelnen Signale auf Übertreibungen hin. Es sind vor allem drei Phänomene, die in jüngster Zeit einen schalen Nachgeschmack hinterlassen: Die Investoren scheinen sich zunehmend kurzfristiger auszurichten, bei den involvierten Banken treten vermehrt Interessenkonflikte zutage, und der Vorwurf der Wettbewerbsbehinderung steht im Raum. Am Beispiel der Hertz-Transaktion lassen sich auch potenzielle Interessenkonflikte der beteiligten Banken erkennen. Merrill Lynch fungiert nämlich über ihre Private-Equity-Einheit nicht nur als Eigentümerin, sondern zusammen mit anderen Instituten auch als Kreditgeberin und schliesslich auch als IPO-Beraterin von Hertz. Sie hat also von Dividendenausschüttungen profitiert, als Kreditbank mitverdient und wird nun beim geplanten Börsengang Gebühren einnehmen. Der Anreiz, Investitionsobjekten möglichst viel Fremdkapital aufzubürden, ist bei solchen Interessenverquickungen naturgemäß gross.
    Quelle: NZZ
  14. Deutschlands Dumping legt Europas Aufschwung lahm
    Die Konjunkturaussichten im Euro-Raum haben sich in den letzten Tagen verschlechtert. Schuld daran ist das anhaltenden Lohn- und Steuerdumping Deutschlands.
    Quelle: Die Schweizer Zeitung „Blick“
  15. Studie: Managementfehler die häufigste Insolvenzursache
    Das Zentrum für Insolvenz und Sanierung der Universität Mannheim (ZIS) hat in einer repräsentativen Studie die wichtigsten Insolvenzursachen untersucht. An erster Stelle stehen nach Meinung von 79 Prozent der Befragten „Fehlendes Controlling“, gefolgt von „Finanzierungslücken“ (76 Prozent), einem „unzureichenden Debitorenmanagement“ (64 Prozent) und einer „autoritären, rigiden Führung“ (57 Prozent). Dazu kommen „ungenügende Transparenz und Kommunikation“ (44 Prozent), „Investitionsfehler“ (42 Prozent) und eine „falsche Produktionsplanung“ (41 Prozent).
    Quelle: Zentrum für Insolvenz und Sanierung der Universität Mannheim (ZIS)

    Anmerkung: Was werden uns dagegen im Allgemeinen für Sündenböcke als Gründe für die Insolvenzen vorgegaukelt: Globalisierung und internationaler Wettbewerb, zu hohe und nicht wettbewerbsfähige Lohnkosten, zu hohe Steuern, Bürokratie usw.usf.

  16. Mehrwertsteuererhöhung als Mogelpackung
    Die kommende Mehrwertsteuererhöhung wird von Unternehmen benutzt, um heimlich die Preise heraufzusetzen – manchmal bis zu 40 Prozent und mehr
    Quelle: Telepolis
  17. Indiens Wirtschaftswunderwelt: Armut auf dem Lande, Reichtum an der Börse
    Die Wirtschaft wächst mit beachtlichen Raten, die Börse boomt – aber weniger als zwei Prozent aller Haushalte in dem südasiatischen Land investieren überhaupt Geld in Aktien. Jeder zweite Inder kann nicht richtig lesen und schreiben. Das Land feiert seine Industriekönige und Software-Ingenieure. Doch zwei Drittel aller Beschäftigten finden ihr Auskommen in der Landwirtschaft. Die Verlierer nimmt kaum jemand wahr.
    Quelle: Spiegel Online
  18. Studie am Wissenschaftszentrum Berlin: Mitbestimmte Aufsichtsräte: Kooperatives Klima, offene Diskussion
    Das Arbeitsklima in mitbestimmten Aufsichtsräten ist meist kooperativ. Gleichzeitig wird in der Mehrzahl der Gremien offen und kontrovers diskutiert. Entscheidungen fallen überwiegend im Konsens, doch auch Mehrheitsentscheidungen und der Einsatz der Doppelstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden kommen vor. Das zeigen aktuelle Zwischenergebnisse einer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Untersuchung am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB).
    Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
  19. Telekom-Chef Ricke geht, Christoph Daum kommt!
    Quelle: FAZ

    Anmerkung: Entschuldigung, die Überschrift war natürlich eine Freudsche Fehlleistung. Aber die Parallelen zwischen Profifußball und Industriemanagement drängen sich einfach auf. Da hat man zwar keine Ahnung, warum die Telekom 1,5 Millionen Festnetzkunden verloren hat und auf der Börsentabelle schlecht dasteht, aber der McKinsey-Typ im Aufsichtsrat vom Schwesterunternehmen Post, Zumwinkel, sah nun, gedrängt von der Heuschrecke und dem 4,5 %-Anteilseigner Blackstone, keine andere Wahl, als den Trainer, pardon den Vorstandsvorsitzenden zu wechseln. Der Neue, natürlich nicht Christoph Daum, sondern René Obermann ist ja auch einschlägig ausgewiesen, er ist kein Zögerer und Zauderer wie Ricke, er ist zackig dabei bei T-Mobile 19.000 Stellen abzubauen und 45.000 Mitarbeiter auszugliedern.
    Das prädestiniert ihn natürlich zum Nachfolger. Von einer unternehmerischen Idee, wie man den Marktanteil der Telekom wieder ausdehnen und neue Beschäftigungschancen schaffen könnte, hat man in der bisherigen Diskussion nichts gehört. Das ist ja auch nicht so wichtig, Hauptsache man hat einen Sündenbock in die Wüste geschickt. Vielleicht trainiert Kai-Uwe Ricke jetzt bald den 1. FC Köln. Ach nein, jetzt habe ich schon wieder das Spielfeld verwechselt.
    Ich wüsste schon, warum Telekom im Festnetz so viele Kunden verloren hat: Wenn man den Kunden-Service nur noch auf Call-Centers verlagert, wo angelernte Kräfte (wo auch immer in der Welt) nichts anderes erklären können, als dass sie nicht zuständig sind und einen auf die nächste Call-Center-Nummer verweisen, wo man das gleiche Spiel wieder erlebt usw. usf., dann wendet man sich nach 30 Anrufen ohne Lösung seines Problems einfach an einen anderen Anbieter, der sich dann mit der Telekom herumschlagen darf. Selbst wenn der teurer ist, dann spart man wenigstens Zeit und Nerven.

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